Suchttherapie 2016; 17(03): 144-145
DOI: 10.1055/s-0036-1585480
Mitteilungen aus den Gesellschaften
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin e. V.

Further Information

Publication History

Publication Date:
16 August 2016 (online)

Anhörung zum Cannabiskontrollgesetz am 6.4.2016 in Berlin und Interview der Drogenbeauftragten

Der Entwurf eines Cannabiskontrollgesetzes (CannKG) ist ein von der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen am 20. März 2015 in den deutschen Bundestag eingebrachter Gesetzesentwurf, der zum Ziel hat, Volljährigen einen rechtmäßigen Zugang zu Cannabis als Genussmittel zu ermöglichen und zugleich dem Jugend- und Verbraucherschutz sowie der Suchtprävention zu dienen. Dieser Entwurf wurde in der Folge in den Medien kontrovers diskutiert. Am 6.4.2016 fand in Berlin eine Expertenanhörung statt, bei der verschiedene Verbände, u.a. auch die Dt. Gesellschaft für Suchtmedizin eingeladen war. Aufgrund des besonderen Befragungsmodus (Zeit für Befragung und Antworten je nach Mehrheitsanteilen der Parteien im Bundestag) kamen mehrheitlich die Kritiker des Gesetzes zu Wort und verwiesen auf die Erfolge der bisherigen Drogenpolitik, auf Änderungsmöglichkeiten des Betäubungsmittelgesetzes sowie auf die Gefährdung von jugendlichen Konsumenten. Unterstützer des Gesetzesvorlage widersprachen den Erfolgen der bisherigen, eher auf Sanktionen gestützte Drogenpolitik bei unvermindert hoher Rate von Cannabiskonsumenten in der Bevölkerung sowie auf die erhebliche Belastung der Ordnungs- und Strafverfolgungsbehörden beim Umgang mit dem häufigen Kleinstmengenbesitz von Cannabinoiden.

Weitere Infos: https://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse18/a14/anhoerungen/cannkg-inhalt/404366Drogen-politik abhängig von Mehrheiten

In diesem Zusammenhang verwies die Drogenbeauftragte des Bundestages in einer Sendung des ZDF Morgenmagazins Anfang Juni 2016 darauf hin, dass mit einer Freigabe für Cannabinoide das Signal gesetzt werde, die Substanz sei harmlos. Für eine Freigabe könne sie national und international keine Mehrheiten erkennen. In einer Demokratie brauche Sie aber Mehrheiten um selbst glaubwürdig zu bleiben. Sie setzte daher weiterhin auf Prävention und Aufklärung, die auch zu einer Verringerung des Konsums bei Jugendlichen geführt habe.

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2758864/Keine-Mehrheiten-fuer-Cannabis-Freigabe?bc=svp;sv0;kua 2758782

Kommentar:

Die Bundesregierung und deren Politik ist hinsichtlich der aktuellen Versorgungspolitik für Alkohol-, Tabak und Drogenkranke sehr von ihrem sehr konservativen Politikansatz überzeugt. Dem zufolge ist die aktuelle Drogenpolitik wie auch die Versorgung der Betroffenen sehr gut aufgestellt, jede Änderung würde Risiken beinhalten. Außerdem, so gibt die Drogenbeauftragte ja in ihrem Fernsehinterview an, möchte sie selbst keine Positionen beziehen und diese durchsetzen, sondern macht ihre Politik von den herrschenden Mehrheiten abhängig.

Eine „Betroffenheitspolitik“ gegen die gesundheitlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen von Stimulantien ist sicherlich besser als überhaupt kein Ansatz, reicht aber a. S. der Versorgung (in meinem Fall ein psychiatrisches Krankenhaus mit 2 psychiatrischen Institutsambulanzen in der Allgemeinversorgung) überhaupt nicht aus, zumal neben den Opioiden vor allem Alkohol und Tabak die meisten Todesfälle bekanntermaßen zumindest mitverursachen. Bessere Vernetzung, Prävention und elaborierte „stepped care“ Konzepte werden sehnlichst vermisst.

Prof. Dr. med. Ulrich W. Preuss


#