Nervenheilkunde 2008; 27(09): 823-840
DOI: 10.1055/s-0038-1627224
Originaler Artikel
Schattauer GmbH

Psychoonkologie

Zur Bedeutung psychischer Prozesse bei KrebserkrankungenPsycho-oncologyCancer and psychological response coping with cancer
V. Tschuschke
1   Abteilung für Medizinische Psychologie, Institut für Psychosomatik und Psychotherapie, Universitätsklinikum Köln
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Publikationsverlauf

Eingegangen am: 07. April 2008

angenommen am: 03. Mai 2008

Publikationsdatum:
22. Januar 2018 (online)

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Zusammenfassung

Psychoonkologie ist ein vergleichsweise junges interdisziplinäres Feld unterschiedlicher medizinischer und psychosozialer Grundberufe bei der Erforschung der Rolle psychischer und sozialer Mechanismen bei der Entstehung von oder im Zusammenhang mit dem Verlauf von Krebserkrankungen. Der derzeitige Stand der psychoonkologischen Forschung umfasst bereits einige 10 000 evidenzbasierter Studien, darunter eine große Zahl randomisiert-kontrollierter Studien. Voreilige Schlussfolgerungen im Hin-blick auf die Rolle psychischer bzw. sozialer Faktoren bei der Entstehung von Krebserkrankungen sind jedoch in jeder Hinsicht verfrüht, sowohl in positiver wie in negativer Hinsicht. Das Gleiche gilt für die Rolle psychischer und sozialer Faktoren auf ihren Einfluss auf den Verlauf der Erkrankungen und die dadurch möglicherweise bedingte Überlebenszeit. Die Bestreitung eines relevanten Einflusses psychosozialer Variablen auf den Krankheitsverlauf müssen derzeit als rein ideologisch bezeichnet werden wie ebenfalls ihre unkritische Postulierung. Der Stand der Forschung findet gleich viele empirische Belege für einen signifikanten Einfluss wie für das Gegenteil. Die Gründe für das Patt der Forschung dürften in methodologisch unzureichenden Studien liegen, die z. B. Coping unzureichend erfassen, die Professionalisierung psychoonkologischer Therapeuten nicht ausreichend berücksichtigen und ungenügend die Komplexität beteiligter Variablen erfassen.

Summary

Psycho-oncology is a rather young multi-disciplinary field of research aiming at the investigation of the contribution of psychosocial variables to the onset of cancer and the progression of the disease as well. The actual knowledge covers several 10 000 evidence-based studies, amongst them a major number of randomized-controlled studies. Conclusions regarding the role of psychological and social factors in causing cancer are premature in either direction, pro and contra. The same holds true for the role of psychological and social variables in respect to their impact on the process of the diseases and their possible impact on survival time. Arguments in either direction – be it pro or contra – are based ideologically solely at this time. The reasons for this undecided situation lie in insufficient studies, which take not into account proper measurements of coping, a qualified training of therapists in psycho-oncology, and in invalid studies which do not integrate enough variables of the highly complex interaction between somatic and psychosocial variables.