Kinder- und Jugendmedizin 2010; 10(04): 203-210
DOI: 10.1055/s-0038-1628974
Nephrologie
Schattauer GmbH

Das nephrotische Syndrom im Kindesalter[*]

Nephrotic syndrome in childhood
I. Klaassen
1   Pädiatrische Nephrologie, Zentrum für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
,
M. Kemper
1   Pädiatrische Nephrologie, Zentrum für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
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Publikationsverlauf

Eingegangen am: 02. Dezember 2009

angenommen am: 11. Dezember 2009

Publikationsdatum:
27. Januar 2018 (online)

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Zusammenfassung

Das nephrotische Syndrom (NS) ist eine seltene, aber wichtige Nierenerkrankung im Kindesalter. Es ist definiert durch eine massive Proteinurie (>1 g/m²/Tag), die zur Hypoalbuminämie (<25 g/l) und Ödemen führt. Im ersten Lebensjahr liegen meist genetisch bedingte oder syndromale Störungen vor. Die häufigste Ursache bei Kindern jenseits des ersten Lebensjahres ist das idiopathische nephrotische Syndrom, welches bei 90 % die Minimal-Change-Glomerulonephritis (MCNS) und bei etwa 10 % die fokale segmentale Glomerulosklerose (FSGS) umfasst. Die MCNS ist in der Regel steroidsensibel, allerdings kann der Verlauf durch häufige Rezidive kompliziert werden, sodass eine erweiterte und oftmals lang andauernde immunsuppressive Therapie erforderlich werden kann. Hier sind als Therapieoptionen Levamisol, Cyclophosphamid, und Cyclosporin A zu nennen (Stufenschema). Neuere Behandlungsmöglichkeiten umfassen die Mycophenolsäure oder den monoklonalen Antikörper Rituximab, der bei besonders therapierefraktären Patienten eingesetzt wird. Bei Steroidresistenz und FSGS spielt die Behandlung mit Cyclosporin A eine entscheidende Rolle und hat die Prognose in den letzten Jahren deutlich verbessert. Bei den genetisch bedingten Formen ist bislang keine kausale Therapie möglich, hier sind insbesondere Maßnahmen zur Reduktion der Proteinurie (z. B. ACE-Inhibitoren) sinnvoll. Zusammenfassend ist das Spektrum nephrotischer Erkrankungen eine klinische Herausforderung. Fortschritte sowohl der Grundlagenforschung als auch der klinischen Forschung haben sich jedoch positiv auf die Prognose niedergeschlagen.

Summary

The nephrotic syndrome (NS) is a rare but important disease in childhood. Massive proteinuria (>1 g/m²/day) leads to hypoalbuminemia (<25 g/l) and thus edema. In the first year of life it is most frequently due to genetic causes or syndromes. After that it is most frequently caused by the idiopathic nephrotic syndrome, which compromises the steroid sensitive nephrotic syndrome (minimal change glomerulonephritis, MCNS) in 90 % of cases and the steroid resistant focal segmental glomerulosclerosis (FSGS) in approximately 10 % of patients. SSNS can be complicated by frequent relapses or steroid dependency. In this situation alternative treatment with cylophosphamide, levamisole or cyclosporine A may be necessary. Recently the benefit of mycophenolic acid or rituximab has been demonstrated. FSGS may lead to end-stage renal disease if untreated. The prognosis of this disorder has however improved considerably with cyclosporine treatment. Genetic or syndromic causes of NS no specific treatment is available yet, however antiproteinuric treatment (e. g. ACE inhibitors should be started). In summary nephrotic syndrome is an important disorder in childhood and advances in treatment and molecular biology have had an important impact on prognosis.

* Professor Dr. Dirk E. Müller-Wiefel zum 65. Geburtstag gewidmet