kma - Klinik Management aktuell 2019; 24(S 02): S8-S9
DOI: 10.1055/s-0039-1687928
Topthema Patient Care
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart

Selbstauskunft per App: Neues Kommunikationstool für Patient und Krankenhaus

Lisa Ströhlein
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
10. April 2019 (online)

 

Die Geschichte einer Krankheit gibt entscheidende Hinweise auf deren Ursache und künftige Behandlung: Die Anamnese ist damit eine wichtige Station in der „Patient Journey“. Die Thieme Gruppe hat eine App zur Patientenselbstanamnese entwickelt. Mit Hilfe der App sollen sich Patienten künftig aktiv auf ihren Krankenhausaufenthalt vorbereiten und die Kommunikation mit Ärzten und Pflegepersonal optimieren können.


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(l.) Vom Patienten eingegebene Antworten … Foto: Thieme Compliance(o.)Durchgängige Informationen: Vom Patienten zu Hause bis in die klinischen Prozesse.(Symbolfoto: Adobe Stock/WavebreakmediaMicro)

Digitale Anwendungen und IT-gestützte Prozesse können Kliniken dabei helfen, ihre Abläufe zu verbessern und trotz steigender Patientenzahlen und sinkender Ressourcen eine optimale Patientenversorgung zu gewährleisten. Hier knüpft das neue Angebot an: Es bereitet Patienten auf die stationäre Aufnahme im Krankenhaus vor. Zunächst sollen sie anhand von strukturierten Fragebögen Auskunft über ihre Krankheitsgeschichte geben – das sind Informationen, die für die weitere Behandlung und Pflege relevant sein könnten. Die Selbstanamnese soll den Patienten die Möglichkeit geben, diese Fragen bereits im Vorfeld der Behandlung per App in Ruhe und von zu Hause aus zu beantworten. „Recherchen zeigen, dass viele Patienten gerne aktiver und früher in den Behandlungsprozess eingebunden werden möchten“, sagt Alexander Wahl, Partnermanager bei Thieme Compliance. „Durch schwierige Kommunikationsprozesse in den Krankenhäusern müssen Patienten außerdem häufig an verschiedenen Stationen mehrfach dieselben Fragen beantworten.“ Hinzu kommt, dass in der Kommunikation zwischen den Patienten und Fachkräften im Krankenhaus viele Informationen verloren gehen, weil der Patient den medizinischen Jargon nicht versteht oder durch die ungewöhnliche Situation unter Stress steht.

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… übersetzt die App in medizinische Fachsprache.(Foto: Nick_H / pixabay.com; Screen: RECOM)

Kommunikation möglich machen

Die beiden Unternehmen der Thieme Gruppe, Thieme Compliance und RECOM, haben einen Lösungsansatz entwickelt, in dem zwei bestehende Angebote miteinander verknüpft werden: Die mobile Software zur Patientenaufklärung E-ConsentPro und die Pflegeassessment- und Dokumentationstools aus der digitalen Patientenakte RECOM-GRIPS bieten bereits wertvolle Bausteine, die intelligent miteinander verbunden den Anamneseprozess durchgängig unterstützen. Ausgehend von einem Katalog fachsprachlicher Fragen aus dem pflegerischen Basisassessment (BAss), entwickelt von der Fachgesellschaft Profession Pflege, identifizierte ein Projektteam eine Submenge an allgemeinverständlichen Fragen. Über die App kann der Patient die Fragen beantworten und erhält gleichzeitig Informationen zur Vorbereitung der Patientenaufklärung. Auf die Frage „Können Sie selbstständig Treppensteigen?“ bietet die App beispielsweise die Auswahlmöglichkeiten „ich kann selbständig Treppen hinauf- und hinabsteigen“, „ich kann nur wenige Treppenstufen selbst überwinden“ oder „ich kann zwar selbständig Treppen steigen, brauche aber Begleitung, da ich leicht hinfalle“. Neben den pflegerischen Fragen kann der Patient in der App auch Fragen zu Vorerkrankungen oder zur Medikamenteneinnahme beantworten. Dabei wird er anhand von verschiedenen Oberkategorien zu den für ihn relevanten Fragen geleitet.

Die erhobenen Daten stehen für die klinischen Prozesse direkt zur Verfügung und können beispielsweise in die digitale Patientenakte RECOM GRIPS übermittelt werden. „Die größte Herausforderung, die wir zu meistern hatten, war der strukturierte Transport und die Übersetzung der patientenbezogenen Angaben“, erklärt RECOM-Geschäftsführer Jörg Gohl. „Wir mussten in der Applikation sicherstellen, dass die Daten konsistent erfasst und so übermittelt werden, dass die Pflegekraft die gleichen Antworten in ihrer Sprache vorfindet, die der Patient in seiner Sprache zu Hause eingegeben hat.“ Der Schlüssel für die Rückübersetzung der Patienten- in die medizinische Fachsprache ist die semantische Interoperabilität der Fragenkataloge.

Die App kann dem Patienten sowohl beim Hausarzt als auch von der Klinik zur Verfügung gestellt werden. „Sie bietet ihm die Möglichkeit, sich aktiv an seiner Behandlung zu beteiligen und die versorgungsrelevanten Fragen in Ruhe und nicht in der „Ausnahmesituation“ Klinikaufnahme zu beantworten“, erklärt Gohl. „Das Klinikpersonal erhält so schon frühzeitig gut überlegte Antworten, die im Behandlungsprozess zielgerichtet gelenkt werden und an den Stellen zur Verfügung stehen, wo sie benötigt werden.“ So müssen Patienten nicht doppelt befragt werden, wodurch das Krankenhaus Zeit spart, aber auch die Patientenzufriedenheit erhöht werden kann. Dies gilt auch für den Prozess der Patientenaufklärung, da den Ärzten auch hier die Ergebnisse der Patientenselbstauskunft direkt in E-ConsentPro mobile für die weiteren Aufklärungsschritte in der Klinik zur Verfügung stehen. „Mit der Anbindung an andere Systeme wie das klinische Informationssystem, stellen wir sicher, dass die entscheidenden Informationen zur richtigen Zeit am richtigem Ort zur Verfügung stehen“, ergänzt Wahl.

Die Patient Journey

Die Patient Journey ist der metaphorische Ausdruck für die Stationen, die ein Patient zur Behandlung einer Krankheit im Gesundheitswesen durchläuft. Die „Reise“ beginnt meist beim Haus- oder Facharzt und mündet in eine Überweisung in das Krankenhaus. Dort durchläuft der Patient alle Stationen der Versorgung von der Aufnahme über die Behandlung bis zur Entlassung mit eventuell anschließender Rehabilitation in einer Klinik oder durch einen ambulanten Pflegedienst. Thieme möchte die Patienten und die unterschiedlichen Berufsgruppen im Krankenhaus unterstützen – durch digitale Angebote, die so miteinander verzahnt sind, dass sie sich ideal in die Abläufe von Kliniken integrieren lassen.

Erste Einblicke in die Lösung erhalten Interessierte auf der DMEA 2019, wo eine erste Version der App live präsentiert wird. Im Herbst 2019 ist geplant die App mit dem neuen E-ConsentPro-Release auszuliefern.


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(l.) Vom Patienten eingegebene Antworten … Foto: Thieme Compliance(o.)Durchgängige Informationen: Vom Patienten zu Hause bis in die klinischen Prozesse.(Symbolfoto: Adobe Stock/WavebreakmediaMicro)
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… übersetzt die App in medizinische Fachsprache.(Foto: Nick_H / pixabay.com; Screen: RECOM)