Einleitung
Die Bedeutung des pH-Wertes bei der Hautreinigung ist hinreichend untersucht und belegt und hat das Konzept eines sauren Syndets mit pH 5,5 wissenschaftlich untermauert [1]. Ebenso sind Eigeneffekte, protektive und regenerative Auswirkungen von Emulsionen bekannt [2]
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[7]. Gegenstand der vorliegenden Untersuchungen war es, in zwei voneinander unabhängigen Studien der Frage nachzugehen, inwieweit in Anlehnung an das Konzept der Hautreinigung mit Syndets im leicht sauren pH-Bereich auf den Eigeneffekt einer hydrophilen Emulsion und der Auswirkung auf den protektiven und regenerativen Effekt durch Änderung des pH-Wertes Einfluss genommen werden kann.
Material und Methodik
Es wurden zwei hydrophile Prüfemulsionen mit pH 5,5 und pH 9,0 überprüft, die beide folgende identische Zusammensetzung hatten:
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Aqua
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Petrolatum
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Myreth-3 Myristate
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Glycerin
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Cetearyl Alcohol
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Tocopheryl Acetate
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Ceteareth-20
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Dimethicone
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Sodium PCA
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Citric Acid
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Sodium Carbomer
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Parfum
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Benzyl Alcohol
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Phenoxyethanol
Zur Erreichung eines pH-Wertes von 9,0 wurde Zitronensäure in der Wasserphase mit 0,03 % zugesetzt und die Creme dann mit 0,60 36 % NaOH 45 % eingestellt. Für die Stabilisierung eines pH-Wertes von 5,5 wurde 0,25 % NaOH 45 % verwendet.
Protektiver Effekt
Probandenkollektiv
Die Prüfformulierungen wurden bei 25 gesunden freiwilligen Probanden angewendet. In die Studie wurden Probanden mit einem Mindestalter von 18 Jahren nach dem Zufallsprinzip eingeschlossen. Akute Hauterkrankungen oder die Verwendung von Externa im Bereich der Testareale innerhalb der letzten drei Wochen galten als Ausschlusskriterium. Ebenso konnten schwangere und stillende Frauen nicht an der Studie teilnehmen. Alle Probanden waren über den Testablauf genau unterrichtet und hatten ihr ausdrückliches Einverständnis erklärt. Das Kollektiv setzte sich aus 3 Männern (Durchschnittsalter 36 Jahre, Altersspanne 30 – 43 Jahre) und 22 Frauen (Durchschnittsalter 43 Jahre, Altersspanne 19 – 58 Jahre) zusammen.
Versuchsaufbau
Während einer 7-tägigen Behandlungsphase wurden jeweils 200 µl der Testformulierungen an der Volarseite eines Unterarmes auf definierte Testfelder 3 × tgl. standardisiert aufgetragen. An jedem Arm standen 3 Testfelder der Größe 5 cm × 5 cm zur Verfügung. Zwei Testfelder dienten der Applikation der Prüfpräparate. Ein Testfeld blieb als Kontrolle unbehandelt. Nach 7 Tagen Behandlung erfolgte eine standardisierte Waschung mit 0,01 N Natriumlaurylsulfat. Der irritative Effekt der Waschung wurde nach 30 und 90 Minuten beurteilt.
Regenerativer Effekt
Probandenkollektiv
Nach identischen Voraussetzungen wurden die Prüfformulierungen ebenfalls bei 25 gesunden freiwilligen Probanden untersucht. Das Kollektiv setzte sich aus 3 Männern (Durchschnittsalter 41 Jahre, Altersspanne 35 – 44 Jahre) und 22 Frauen (Durchschnittsalter 43 Jahre, Altersspanne 18 – 60 Jahre) zusammen.
Versuchsaufbau
An der Volarseite beider Unterarme wurde über 7 Tage ein standardisierter repetitiver Waschtest mit 0,01 N Natriumlaurylsulfat zur Provokation einer irritativen Schädigung der epidermalen Barrierefunktion durchgeführt [8].
An die einwöchige Waschphase schloss sich eine ebenfalls ein-wöchige Behandlungsphase an. Dabei wurden auf die definierten Testfelder der Größe 5 cm × 5 cm 3 × tgl. jeweils 200 µl der Prüfformulierungen appliziert. Ein benachbartes Testfeld blieb als Kontrollfeld unbehandelt.
Beurteilung der Testreaktionen
Die Testreaktionen wurden anhand der Hornschichtfeuchtigkeit mit dem Corneometer CM 820 von Courage und Khasaka [9] und transepidermalen Wasserverlustes mit dem Tewameter TM 210 von Courage und Khasaka erfasst [10]. Die Bestimmung der dermalen Durchblutung erfolgte mit der Laser-Doppler-Flowmetrie mittels des Periflux der Fa. Servomed [11]. Der pH-Wert der Hautoberfläche wurde mit den ph-Meter PH 900 von Courage und Khasaka gemessen [12].
Statistische Auswertung
Die Ergebnisse wurden nach vorheriger Varianzanalyse mit dem Friedman-Test nach dem Wilcoxon-Test für verbundene Stichproben statistisch ausgewertet. Die Fragestellung wurde zweiseitig formuliert. Die Darstellung der Ergebnisse in den Abbildungen bezieht sich auf die Absolutwerte und deren Median.
Ergebnisse
Eigeneffekt und protektive Auswirkung
pH-Wert der Hautoberfläche
Zu Beginn der Untersuchung (T0) wurde in den Testfeldern ein pH-Wert von pH 5,2/5,1 als Ausgangswert gemessen. Nach 7 Tagen Behandlung ist durch die Behandlung mit der Emulsion mit pH 9,0 der pH-Wert auf pH 5,4 angestiegen. Durch Verwendung der Emulsion mit pH 5,5 blieb ein pH-Wert von 5,1 erhalten. Durch die standardisierte Waschung mit NLS ist nach Vorbehandlung mit pH 9,0 der pH-Wert auf 6,1 angestiegen. Durch Vorbehandlung mit der Emulsion pH 5,5 lag der Anstieg bei pH 5,6 und beim unbehandelten Kontrollfeld bei pH 5,9 ([Abb. 1]).
Abb. 1 Eigeneffekt einer hydrophilen Emulsion in Abhängigkeit vom pH-Wert und dessen protektive Auswirkung, pH Meter.
Hornschichtfeuchtigkeit
Während der Behandlungsphase haben beide Emulsionen zu einer vergleichbaren Verbesserung der Hornschichtfeuchtigkeit geführt. Statistisch signifikante Unterschiede konnten nicht festgestellt werden. Ebenso haben beide Emulsionen der Austrocknung durch den Waschvorgang entgegengewirkt, ohne dass sie statistisch voneinander differenziert werden konnten ([Abb. 2 a]).
Abb. 2 a Eigeneffekt einer hydrophilen Emulsion in Abhängigkeit vom pH-Wert und dessen protektive Auswirkung, Corneometerie; b Tewameterie; c Laser-Doppler-Flowmetrie.
Transepidermaler Wasserverlust
Während der Behandlungsphase hat die Emulsion mit pH 5,5 gegenüber der unbehandelten Kontrolle und der Emulsion mit pH 9,0 zu einer statistisch signifikanten Reduktion des transepidermalen Wasserverlustes geführt. Ebenso konnte dem Anstieg des transepidermalen Wasserverlustes durch den Waschvorgang durch die Emulsion mit pH 5,5 statistisch signifikant entgegengewirkt werden. Der höchste Anstieg des transepidermalen Wasserverlustes war nach Vorbehandlung mit der Emulsion mit pH 9,0 gegeben ([Abb. 2 b]).
Laser-Doppler-Flowmetrie
Nach 7 Tagen Behandlung hat die Formulierung mit pH 5,5 zu einer Minderung der dermalen Durchblutung geführt. Durch den Waschvorgang zeigte sich ein irritativ bedingter Anstieg der dermalen Durchblutung. Dem konnte durch die Emulsion mit pH 5,5 vollständig entgegengewirkt werden ([Abb. 2 c]). Allerdings sind die Ergebnisse nur tendenziell und konnten statistisch nicht untermauert werden.
Regenerativer Effekt
pH-Wert der Hautoberfläche
Als Ausgangswert wurde in den Testfeldern ein pH-Wert von 5,2/5,25 gemessen. Durch den Waschvorgang ist der pH-Wert auf pH 5,6 angestiegen. Nach zwei Tagen Behandlung lag der pH-Wert bei der unbehandelten Kontrolle bei pH 5,6, bei der Emulsion mit pH 5,5 bei pH 5,4 und bei der Emulsion mit pH 9,0 bei pH 5,8. Nach 7 Tagen Behandlung hatte sich bei beiden Emulsionen ein pH-Wert von pH 5,3 eingestellt. Bei der unbehandelten Kontrolle lag der pH-Wert bei 5,5 ([Abb. 3]).
Abb. 3 Regenerativer Effekt einer hydrophilen Emulsion in Abhängigkeit vom pH-Wert, pH Meter.
Hornschichtfeuchtigkeit
Der Waschvorgang hat zu einem Verlust an Hornschichtfeuchtigkeit geführt. In der Behandlungphase haben beide Emulsionen in vergleichbarer Weise die Hornschichtfeuchtigkeit verbessert. Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den beiden Prüfemulsionen konnten nicht festgestellt werden ([Abb. 4 a]).
Abb. 4 a Regenerativer Effekt einer hydrophilen Emulsion in Abhängigkeit vom pH-Wert, Corneometerie; b Tewameterie; c Laser-Doppler-Flowmetrie.
Transepidermaler Wasserverlust
Die Waschphase hat einen irritativ bedingten Anstieg des transepidermalen Wasserverlustes mit sich gebracht. Während der Behandlungsphase haben beide Emulsionen gegenüber der unbehandelten Kontrolle zu einer Reduktion des transepidermalen Wasserverlustes geführt, die bei der Emulsion mit pH 5,5 statistisch signifikant ausgeprägter war als bei der Emulsion mit pH 9,0 ([Abb. 4 b]).
Laser-Doppler-Flowmetrie
Die Waschphase hat zu einem Anstieg der Durchblutung geführt, die durch die Behandlung reduziert werden konnte. Statistisch signifikante Unterschiede konnten nicht dokumentiert werden ([Abb. 4 c]).
Diskussion
Im Rahmen unterschiedlicher Studien wurde auf Eigeneffekte von Emulsionen und deren protektive und regenerative Auswirkungen hingewiesen. Dabei konnten irritative Erscheinungen [4]
[7], Verbesserung der Hydratation [5]
[6], protektive [2] und regenerative Nutzeffekte [8] nachgewiesen werden. Bei all diesen Untersuchungen wurde die Bedeutung des pH-Wertes der Emulsion nicht berücksichtigt. Bislang haben sich nur wenige Autoren mit der Auswirkung des pH-Wertes einer Emulsion beschäftigt. Buraczewska und Lodèn haben den Einfluss des pH-Wertes einer Feuchtigkeitscreme bei der Regeneration der epidermalen Barrierefunktion nach Irritation durch Natriumlaurylsulfat überprüft [13]. Dabei konnten sie keine Unterschiede zwischen pH 4,0 und pH 7,5 feststellen. Unsere Studie grenzt sich davon ab, da sich durch einen pH-Wert von 5,5 Nutzeffekte gegenüber einem pH-Wert von 9,0 belegen ließen. Als Eigeneffekt ließ sich anhand des transepidermalen Wasserverlustes eine stabilisierende Wirkung auf die epidermale Barriere feststellen, die nur bei pH 5,5 gegeben war. Ebenso überwog der regenerative Effekt nach Irritation durch Natriumlaurylsulfat bei der Emulsion mit einem pH-Wert von 5,5.
Zu Beginn unserer Untersuchungen bewegte sich der pH-Wert der Hautoberfläche bei Werten zwischen pH 5,1 und pH 5,25. Dies entspricht in unseren von weiblichen Probanden dominierten Kollektiven der Beobachtung von Luebberding et al. [14]. Die Applikation der Emulsion mit einem pH-Wert von 9,0 hat am sichtlichsten zu einer Anhebung des pH-Wertes der Hautoberfläche geführt. Allerdings wurden Werte von pH 5,7 und pH 6,1 nach Waschung nicht überschritten. Damit ist einerseits eine hohe Pufferkapazität der Haut belegt [15], andererseits ist es bemerkenswert, dass bereits geringe Verschiebungen des pH-Wertes der Hautoberfläche messbare Veränderungen an der epidermalen Barrierefunktion erkennen lassen. Dadurch wird das Konzept von Ali und Yosipovitch gestärkt, die auf die Bedeutung des sauren pH-Wertes für die ß-Glucocerebrosidase und die saure Sphingomyelinase hingewiesen haben, die beide von übergeordneter Bedeutung für die Synthese der epidermalen Ceramide sind [16].
Unsere Untersuchungen geben Hinweise darauf, dass nicht nur bei der Hautreinigung, sondern auch bei der Verwendung von Emulsionen ein pH-Wert von 5,5 Nutzeffekte an der epidermalen Barrierefunktion mit sich bringt. Dies sollte bei Präparaten für empfindliche Haut mit gestörter epidermaler Barrierefunktion berücksichtigt werden.