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DOI: 10.1055/s-0042-109689
Aus der Gutachtenpraxis: CI-Implantation bei anerkannter Lärmschwerhörigkeit und nachfolgender lärmunabhängiger Ertaubung – Muss die Krankenkasse oder die Berufsgenossenschaft die Kosten übernehmen?
From the Expert’s Office: The CI-Implantation with Recognized Occupational Hearing Impairment and Following Deafness Irrespective of Noise: Does Health Insurance or Employer's Liability Insurance Coverage have to Take Over the Costs?Publication History
Publication Date:
08 July 2016 (online)
Einleitung
Schwerhörige Patienten werden heute sehr viel häufiger mit Cochlea-Implants versorgt als noch vor Jahren. Zurzeit werden in Deutschland jährlich ca. 4 000–5 000 CI-Implantationen durchgeführt. Vor Jahren war die Indikation für ein Implantat auf eine vollständige beiderseitige Ertaubung begrenzt und nur, wenn diese nach erfolgtem Spracherwerb eingetreten war. Nach der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie „Cochlea-Implant Versorgung und zentral-auditorische Implantate“ (Stand 05/2012) ist eine CI-Versorgung heute dann angezeigt, wenn mittels bester herkömmlicher schallverstärkender Hörgeräte kein ausreichendes Sprachverstehen mehr erzielt werden kann. Generell gilt die Empfehlung, dass Patienten mit nur 30% und weniger Einsilberverstehen für eine CI-Implantation geeignet sind. Bei kleinen Kindern, bei denen eine sprachaudiometrische Untersuchung noch nicht möglich ist, wird aufgrund der tonaudiometrischen Hörschwelle entschieden. Als Richtmaß gilt ein Hörverlust von 90dB oder mehr ab 1 000 Hz und höher. Dies bedeutet, dass nicht nur bei der vollständigen Taubheit, sondern auch bei der an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit eine CI-Implantation sinnvoll sein kann. Bei tauben Erwachsenen, die schon vor oder während des Spracherwerbs ertaubt waren, kann eine CI-Versorgung heute in ausgewählten Fällen ebenfalls indiziert sein. Seit Jahren gehört nun auch die einseitige Ertaubung, selbst bei Normalhörigkeit des Gegenohres, zu den Implantations-Indikationen.
Aufgrund der Häufigkeit der heute durchgeführten CI-Implantationen kommt es hin und wieder zu Streitfragen, zu denen Gutachter Stellung nehmen müssen. Ein Behandlungsfehler wird z. B. vermutet, wenn die Elektrode vom Arzt bei der Nachbehandlung versehentlich z. B. aufgrund unübersichtlicher Verhältnisse entfernt wurde ([Didczuneit-Sandhop 2013]). Manche Krankenkassen weigern sich nach wie vor, die Kosten bei einer einseitigen CI-Implantation zu übernehmen. Als Gegenargument weisen sie auf frühere Leitlinien, die zum Operationszeitpunkt Gültigkeit hatten, hin oder auf eine hauseigene, interne Richtlinie ([Michel u. Brusis 2013]), oder der MDK nimmt Bezug auf die unrealistische WHO 4 –Tabelle.
In der letzten Zeit gibt es immer wieder gerichtliche Auseinandersetzungen darüber, ob die Kosten einer CI-Implantation von der Berufsgenossenschaft oder der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden müssen, wenn der Patient mit einer anerkannten Lärmschwerhörigkeit später aus anderer Ursache ertaubt. Im Folgenden soll über 3 derartige Fälle berichtet werden:
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Literatur
- 1 Brusis T. Aus der Gutachtenpraxis: Festbeträge für Hörgeräte in der gesetzlichen Krankenversicherung. Laryngo-Rhino-Otol 2015; 94: 184-188
- 2 Didczuneit-Sandhop B, Brusis T. Aus der Gutachtenpraxis: Iatrogene CI-Dislokation bei drei Fällen: Komplikationen bei der Nachbehandlung oder Behandlungsfehler?. Laryngo-Rhino-Otol 2013; 92: 41-43
- 3 Koch J, Wagemann W. Gibt es eine Taubheit durch Lärm? Arbeitsmed. Sozialmed. Arbeitshyg. 1967; 1: 27
- 4 Michel O, Brusis T. Aus der Gutachtenpraxis: CI-Implantation bei einseitig Ertaubten. Muss die Krankenkasse die Kosten übernehmen?. Laryngo-Rhino-Otol 2013; 92: 479-481
- 5 Michel O, Brusis T, Wolf U. Aus der Gutachtenpraxis: Die neue Rahmenvereinbarung über die Versorgung mit Hörsystemen (VbgHG) in der gesetzlichen Unfallversicherung vom 01.01.2015. Laryngo-Rhino-Otol 2015; 94: 328-330