Dialyse aktuell 2016; 20(06): 274-275
DOI: 10.1055/s-0042-110411
Fachgesellschaften
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Dialysis Outcomes and Practice Patterns Study (DOPPS)

Pflegende der Nephrologie und internationale Forschung
Alois Gorke
1   Murnau
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
25. Juli 2016 (online)

 

Der Europäische Fachverband für Pflegepersonal in der Dialyse und Transplantation und weiteres paramedizinisches Personal zur Unterstützung von Pflege, Therapie und Support von Nierenpatienten (EDTNA/ERCA) sah von Beginn an als Hauptthemen seiner Arbeit „Bildung, Standardisierung und Forschung (Education, Standards, Research)“ für Pflegende und Betreuende von Nierenpatienten. Während Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Standards in Pflege, Behandlung und Betreuung uns heute als selbstverständlich für den Pflegeprozess erscheinen, ist die Forschung das unabdingbare und trotzdem in vielen Ländern noch fehlende Element, das den Pflegeprozess vervollständigt und voranbringt, die Pflegepraxis überprüft sowie anpasst und sein Ergebnis verbessert.


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Als professionell Pflegende müssen uns der Prozess, Aufwand und die Ergebnisse unserer Arbeit wichtig sein. Dies gehört als Schlüsselelement zur professionellen Pflege. Rozella M. Schlotfeldt, PhD, Registered Nurse (RN), FAAN (1916–2005) sagte es 1977 so: „The key predictor of nursing‘s eventual fulfilment as a socially significant, scientific, humanistic, learned profession is commitment to research”, oder auf Deutsch: „Der Schlüsselfaktor für die eventuelle Erfüllung der Pflege als sozial signifikanter, wissenschaftlicher, humanistischer und erlernter Beruf ist ein Bekenntnis zur Forschung.“ Dr. W. Edwards Deming wird zitiert mit dem Satz: „Auf Gott können wir vertrauen, für alles andere brauchen wir Daten …“

Die EDTNA/ERCA ist seit vielen Jahren an der Forschung in der Nephrologie beteiligt. Für einen internationalen Pflege- und Fachverband ist dies verpflichtend wegen der unterschiedlichen Ausbildung, Arbeitsfelder, Aufgaben und Berufskarrieren seiner Mitglieder und deren Anforderungen an das Erstellen, die Präsentation und Publikation wissenschaftlicher Arbeit.

Die EDTNA/ERCA war bis 1995 am ERA/EDTA-Registry beteiligt, hat mit dem CRP (Collaborative Research Program) eigene Themen beforscht und hat dieses Projekt mit der Erstellung einer Praxisdatenbank für Ergebnisse der Pflege in der Nephrologie fortgeführt. Seit 2005 ist die EDTNA/ERCA Partner von „Arbor Research – Collaborative for Health“ im DOPPS-Projekt.

DOPPS-Programm

Das DOPPS-Programm erfasst Daten der Hämodialysespraxis in einer Längsschnittstudie weltweit um klinische Praxis mit dem größten Nutzen für Patienten herauszufinden [1]. Die Studie begann 1996 und hat seither Daten aus 20 Ländern auf 4 Kontinenten zur Hämodialysepraxis erfasst. PD-DOPPS erfasst Daten der Peritonealdialysepraxis, CKD-DOPPS Daten von Nierenpatienten unter konservativer Therapie vor Beginn der Nierenersatztherapie.

DOPPS-Daten zeichnen sich durch einheitliche und von Forschungsassistenten unterstützte Datenerfassung aus, beteiligte Dialysezentren (20 pro Land in Europa) werden randomisiert ausgewählt, die Daten sind hoch repräsentativ, ihre Erfassung vertritt 70 % der weltweiten Dialysepopulation. Inzwischen liegen Daten von mehr als 85 000 Dialysepatienten vor, Daten mit speziellen Fragestellungen von mehr als 15 000 Patienten [2].

Es herrscht ein offener Zugang zu einer Datenbank mit 217 Präsentationen und/oder 150 begutachteten Publikationen mit Auswahl nach Suchkriterien ([Tab. 1]). Der Forschungsprozess bei DOPPS ist gut beschrieben, Forscher sind eingeladen, nach eigenen Thesen und Fragestellungen mit DOPPS-Daten zu arbeiten, Erkenntnisse zu finden, Schlüsse zu ziehen und zu diskutieren.

Tab. 1 Auswahl von DOPPS-Daten.

Auswahl der Kategorien von Patientendaten

Auswahl von Zentrumsdaten (erfasst durch ärztliche und pflegerische Leitung)

  • Ursache der ESRD

  • demografische und Mortalitätsdaten

  • Anamnese (inkl. 72 komorbiditätsbezogenen Faktoren)

  • bestimmte Ergebnisse der Prädialysebehandlung

  • Ergebnisse einer monatlichen Laborroutine

  • Medikamentenverordnungen

  • Hospitalisierung und Prozedere

  • Gefäßzugang: Gebrauch, Handhabung und Beurteilung

  • Verordnung der Dialysedosis und erreichte Dialyseleistung

  • Lebensqualität

  • Patientenzufriedenheit

  • diagnostizierte und empfundene Depression bei Patienten  nach [3]

  • Anämie und Eisentherapie

  • antihypertensive Therapie

  • ärztliche Praxis

  • Aus- und Fortbildung

  • Beginn und Ende der HD

  • Behandlungsabläufe

  • Charakteristika des Zentrums

  • Dialysedosis, Dialysierflüssigkeit und deren Anpassung

  • Diät- und Ernährungsaspekte

  • Dialysegeräte und Dialysatoren

  • Dienstplanpraktiken

  • Gefäßzugangspraktiken

  • Gesundheitspflege

  • Immunisierung

  • Krankenversicherung

  • lokaler Dialysemarkt

  • Info-System

  • Krankenhaus und ambulante Praxis

  • Mineralstoffwechsel (Kalzium und Phosphat)

  • Qualitätsmanagement

  • Patientenfluktuation

  • Pflegekräfte und Techniker

  • Praxis der Labortests

  • Standards mit Vorschriften und Praxis

  • Sozialarbeit

  • zentrumsspezifische Personaleinsatzpraxis

  • Wiederverwendung von Dialysatoren  nach [4]

DOPPS hat Werkzeuge entwickelt wie den Dialyse Praxis Monitor. Hier sind Daten aus Deutschland, Kanada und den USA zur Standarddialyse und -therapie bearbeitet, werden dauernd weiterentwickelt und stehen permanent zur Verfügung [5].

Für die Pflege steht eine Reihe von Ergebnissen in Publikationen zur Verfügung, mit der jeder einzelne von uns, das Team oder das Zentrum seine Praxis und Ergebnisse mit weltweiten Daten vergleichen kann. Die pflegerelevanten Daten fallen uns nicht platt auf den Kopf, sie sind relevante Hinweise, stehen aber auch zwischen den Zeilen der medizinischen Daten, haben in jedem Fall die Kraft, unsere Praxis zu bestätigen oder in Frage zu stellen, Pflege zu ändern und zu entwickeln.

Die EDTNA/ERCA stellt eine Gruppe von Forschungsassistenten, ehrenamtliche Kollegen aus der Pflege, die die Zentren in den 7 europäischen Ländern bei der Erfassung und Weiterleitung von Daten an Arbor Research, Anträgen an Ethikkommissionen und behördliche Probleme unterstützen. Die Gruppen wird von einer Lt. Krankenschwester aus Spanien geleitet (Anna Marti I Monros), der deutsche Forschungsassistent ist Martin Schünnemann, FKP, aus Jena.

Viele Kollegen fragen, warum erfasste Daten bestimmter Kategorien nicht bearbeitet und publiziert sind, wie Infektionsdaten der Patienten, im Vergleich Zentrum- und Personalstrukturen und entsprechende Präventionsmaßnahmen. Das Fehlen einer solchen Auswertung liegt am Forschungsprozess bei Arbor Research: Sie nimmt die Auswertungen von Standarddaten als kontinuierliches Follow-up vor, aber für die Auswertung nach speziellen Fragestellungen sind Forschungsgruppen eingeladen.


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Fazit

DOPPS bietet einzelnen und allen Berufsgruppen, die am Prozess der Pflege, Unterstützung und Therapie von Nierenpatienten beteiligt sind, die Möglichkeit, ihre Praxis im Vergleich zu den Ergebnissen von Dialysezentren weltweit zu sehen, aber auch die Praxis des eigenen Landes mit dem eigenen Zentrum zu vergleichen. Der Erkenntnisgewinn kann zu einer Veränderung der eigenen Sicht, dem Versuch der Veränderung der eigenen Praxis und letztlich zu einer Verbesserung der persönlichen oder gemeinsamen Pflege und des Ergebnisses beim Patienten führen.

Alois Gorke, Murnau

EDTNA/ERCA Supervisory Board Member

EDTNA/ERCA Brand-Ambassador Germany

Thomas Fernsebner

Akademie nephrologischer Berufsgruppen e. K.

Bürgerwaldstraße 1

83278 Traunstein

E-Mail: info@nephro-weiterbildung.de

Internet: www.edtnaerca.org


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