Z Geburtshilfe Neonatol 2016; 220(04): 144
DOI: 10.1055/s-0042-111934
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Geburtshilfe
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Prävention von Frühgeburten – Kann ein Zervixpessar Frühgeburten verhindern?

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Publication Date:
29 August 2016 (online)

Hintergrund: Frühgeburtlichkeit ist eine der Hauptursachen perinataler Morbidität und Mortalität. Bei den überlebenden Kindern ist darüber hinaus das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen deutlich erhöht, sodass der Prävention von Frühgeburten erhebliche Bedeutung zukommt. Die optimale Methode dafür ist aber noch nicht gefunden – ob die Einlage eines Pessars helfen kann, haben Nicolaides et al. untersucht.

Methoden: Die internationale Arbeitsgruppe hat in 16 Zentren weltweit insgesamt 924 Schwangere ab dem 16. Lebensjahr in eine offene, randomisierte Studie aufgenommen. Bei den Frauen war bei der routinemäßigen Ultraschalluntersuchung zwischen Woche 20 und 24 + 6 eine Zervixlänge von 25 mm oder weniger aufgefallen, sie wurden in der Folge nach dem Zufallsprinzip 1 von 2 Gruppen zugewiesen:

  • Anlage eines Pessars, das die Zervix nach sakral verlagert und sie so vom direkten Druck des schwangeren Uterus entlasten soll (n = 460) oder

  • zuwartendes Verhalten bei regelmäßigen Kontrolluntersuchungen und ansonsten regelrechter Therapie (n = 464)

Frauen mit liegender Cerclage und mit vorzeitigem Blasensprung waren ausgeschlossen. Als primären Endpunkt beurteilten die Wissenschaftler die Häufigkeit von spontanen Frühgeburten vor der abgeschlossenen 34. Woche, sekundäre Endpunkte umfassten u. a. Geburtsgewicht, perinatale Todesfälle und Komplikationen sowie die Notwendigkeit spezieller Behandlungsmaßnahmen, z. B. Verlegung auf eine Neugeborenenintensivstation, Fototherapie, Bluttransfusionen und / oder maschinelle Beatmung.

Ergebnisse: Die Auswertung ergab in der Gruppe mit Pessar eine spontane Frühgeburt bei 55 Teilnehmerinnen (12 %), in der Kontrollgruppe waren es 50 Teilnehmerinnen (10,8 %), und somit keinen signifikanten Unterschied. Diese Ergebnisse blieben auch erhalten, wenn medizinisch indizierte Geburtseinleitungen vor der 34. Woche miteinbezogen wurden. Auch die Adjustierung im Hinblick auf die Zervixlänge bei Studienbeginn (dichotomisiert nach ≤ 15 mm oder darüber), zusätzlichen Einsatz von Progesteron, geburtshilfliche Anamnese und Antibiotikagabe änderte die Aussage nicht. Ebenso waren die sekundären neonatalen Outcomes in den beiden Gruppen vergleichbar.

In der Pessargruppe berichteten mehr Teilnehmerinnen über einen neu aufgetretenen oder vermehrten vaginalen Ausfluss (46,8 vs. 13,8 % in der Kontrollgruppe) und subjektive Missempfindungen im Beckenbereich (11,4 vs. 3,4 %). Aus Vaginalabstrichen isolierte Pathogene umfassten am häufigsten Candida albicans, Gruppe-B-Streptokokken und Gardnerella vaginalis, mit ähnlichen Raten in den beiden Gruppen.

Fazit

Nach diesen Daten wird die Häufigkeit von Frühgeburten durch prophylaktische Einlage eines Zervixpessars nicht vermindert, fassen Nicolaides et al. zusammen. Dabei waren die unerwünschten Wirkungen durch ein Pessar akzeptabel und im Wesentlichen subjektiv, die Rate vaginaler Infektionen war nicht erhöht. Einschränkend gilt, dass die beobachtete Rate von Frühgeburten deutlich höher lag als erwartet (ca. 11 statt ca. 6 %), was die Aussagekraft der Studie senken könnte. Darüber hinaus lehnten fast 900 eigentlich infrage kommende Schwangere die Studienteilnahme ab, sodass statt der zunächst geplanten 1600 Frauen nur etwas mehr als 900 aufgenommen wurden.

Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim