Der Gesundheitsbereich ist heute einer der größten Wirtschaftszweige. Gesundheitsberufe
sind von einer hohen gesellschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Bedeutung. Alle
personenbezogenen Gesundheitsberufe erfüllen für den Patienten wichtige Aufgaben.
Sie sichern die Versorgungsqualität und optimieren diese beständig.
Herausfordernder Wandel im Gesundheitswesen
Herausfordernder Wandel im Gesundheitswesen
Dabei stehen die strukturellen, rechtlichen, ökonomischen und gesundheitspolitischen
Herausforderungen in einem engen Zusammenhang mit den Auswirkungen des demografischen
und sozialen Wandels. Darüber hinaus verändert sich das Krankheitsspektrum – und damit
auch die Arbeitsbedingungen aller im Gesundheitswesen Tätigen. Auch die Altersstruktur
der Mitarbeiter in nephrologischen Einrichtungen wandelt sich ([Abb. 1]): Zum einen scheidet aktuell bzw. in naher Zukunft ein großer Anteil sehr erfahrener
([Abb. 2]), gut qualifizierter Mitarbeiter ([Abb. 3]) aus, anderseits fehlt es an qualifiziertem Nachwuchs, weswegen sich derzeit ein
personeller Engpass entwickelt.
Abb. 1 Altersstruktur von 156 Befragungsteilnehmern (Mitarbeiter in nephrologischen Einrichtungen).nach
[11]
Abb. 2 Berufsjahre von 156 Befragungsteilnehmern (Mitarbeiter in nephrologischen Einrichtungen).nach
[11]
Abb. 3 Qualifikation von 202 Befragungsteilnehmern (Mitarbeiter in nephrologischen Einrichtungen).(Quelle:
Studie der AfnP e. V. 2011/2012)
Dementsprechend liegt die Befürchtung nahe, dass der Anteil der examinierten Pflegekräfte
und Fachweitergebildeten aus ökonomischen Gründen und mangels Nachwuchs durch entsprechend
minderqualifizierte Kräfte ersetzt wird und sich die Versorgungsstrukturen verändern.
Die Veränderungen des Patienten-Pflege-Schlüssels haben zu mehr Arbeit und mehr Verantwortung
bei weniger Gehalt geführt [1]. Wie sich dies auf die Qualität der Pflege auswirken wird, bleibt abzuwarten.
Personalstruktur mit Outcome der Patienten assoziiert
Personalstruktur mit Outcome der Patienten assoziiert
Die pflegerische Qualifizierung und ihre Rahmenbedingungen haben eine hohe Bedeutung
in Hinblick auf das Outcome der Patienten. Zudem sind auch Zusammenhänge zwischen
der Arbeitsbelastung bzw. der Personalbesetzung der Pflegenden und des Outcomes beschrieben.
Vor allem im amerikanischen Raum ist der Zusammenhang zwischen Ausbildung und den
Ergebnissen der Versorgung bzw. Komplikationen seit Jahren hinlänglich erkannt. So
verbessert ein hoher Anteil examinierter Pflegekräfte die Ergebnisqualität, während
der Einsatz von Aushilfskräften, Hilfskräften und angelerntem Personal diese jedoch
verschlechtert. Beispielsweise ist die Zahl der Pflegenden statistisch relevant mit
der Rate nosokomial erworbener Infektionen assoziiert [2].
Eine aktuelle Arbeit mit Daten von über 400 000 Patienten aus 9 europäischen Ländern
untermauert den Zusammenhang zwischen dem Ausbildungsniveau der Pflegekräfte und dem
Sterblichkeitsrisiko der Patienten nach einem operativen Eingriff [3]: In der RN4Cast-Studie war das Risiko nach einer Operation zu versterben um 30 %
geringer, wenn 60 % der Pflegenden mit einem höherem Ausbildungsniveau für die Pflege
von 6 Patienten zuständig waren als wenn bei einem Anteil von nur 30 % an hoch qualifiziertem
Personal gleichzeitig eine höhere Zahl an Patienten zu betreuen war. Die Autorinnen
leiten davon 2 zentrale Annahmen ab:
Der ständigen Weiterentwicklung eines Fachs kommt daher eine Schlüsselrolle bei den
sich ständig veränderten Rahmenbedingungen zu [4], [5], [6], [7].
Die Veränderungsdynamik führt zu neuen Strukturen von Handlungs- und Verantwortungsspektren
mit erhöhten Wissensanforderungen. Dabei muss die berufliche Kompetenz von neuen (pflege)wissenschaftlichen
Erkenntnissen und gesellschaftlichen Veränderungen geprägt sein.
Heute bedeutet ein Arbeiten in einem Gesundheitsberuf „lebenslanges Lernen“ [4], [7]. Dazu kommt die verstärkt geforderte berufliche Spezialisierung, die eine interdisziplinäre
und multiprofessionelle Zusammenarbeit in einem multidisziplinären Team voraussetzt.
Eine effiziente und effektive Gesundheitsversorgung erfordert demnach auch eine gute
kooperativ organisierte und vernetzte Gesundheitsversorgung.
Aufgaben der Pflege bei der Betreuung nierenkranker Menschen
Aufgaben der Pflege bei der Betreuung nierenkranker Menschen
Die Nierenersatztherapie ist keine isolierte technische Behandlung. Dies belegen schon
die 216 Pflegediagnosen der „North American Nursing Diagnosis Association“ (NANDA),
von denen 120 die auf nephrologische Patienten zutreffen. Die Aufgabe der Pflege ist
dabei, nierenkranke Menschen in den verschieden Stadien der Niereninsuffizienz zu
versorgen – vom Beginn der Erkrankung bis zum Tod (präventiv, akut, Rehabilitation,
chronisch, palliativ).
Zu den unterschiedlichen Behandlungsverfahren zählen Akut- und Spezialverfahren, Peritoneal-
und Hämodialyse, deren Heimverfahren und die Transplantationsnachsorge, die allesamt
hoch qualifiziertes und individuell geschultes Personal verlangen. Der kompetenzbasierte
Rahmenlehrplan der nephrologischen Fachweiterbildung bildet die Grundlage für diese
Handlungskompetenzen [8].
Wichtig im Rahmen der Betreuung nierenkranker Menschen ist auch die „wohnortnahe medizinische
Versorgung“. Dies wird allerdings immer schwieriger, da dafür nicht ausreichend Hausarztpraxen
zur Verfügung stehen. Aus diesem Problem heraus ist die Delegation ärztlicher Aufgaben
an nicht ärztliche Fachkräfte entstanden. [9]. Dazu trat am 22.03.2012 die „Richtlinie über die Festlegung ärztlicher Tätigkeiten
zur Übertragung auf Berufsangehörige der Alten- und Krankenpflege zur selbstständigen
Ausübung von Heilkunde im Rahmen von Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3c SGB V“ des Gemeinsamen
Bundesausschusses (G-BA) in Kraft.
Der ständige Ausbau ambulanter Versorgungsstrukturen führt zu einer Fülle von neuen
Anforderungen [10]:
-
eigenständige Koordinationsleistungen/Überleitungsmanagement (z. B. Terminkoordination
in anderen Facheinrichtung, Absprachen mit Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten)
-
Beratung und anleitende Unterstützung von Angehörigen, Patienten oder dem Pflegedienst
-
Präventionsmaßnahmen (Folgeschäden vermeiden, gesundheitsfördernder Ansatz).
Laut der der Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist gerade die Gesundheitsförderung
ein wichtiges Konzept. Sie formuliert das Ziel „[...] allen Menschen ein höheres Maß
an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung
ihrer Gesundheit zu befähigen“.
Der Wissenschaftsrat wiederum weist in seinen aktuellen Empfehlungen zu hochschulischen
Qualifikationen für das Gesundheitswesen darauf hin, dass die Komplexität in den Aufgabenbereichen
der Pflege, der Therapieberufe (Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie) und des Hebammenwesens
v. a. im Hinblick auf die Edukation und Beratung der Patienten, die Versorgung mit
vermehrt technischer Unterstützung sowie die Versorgungssteuerung gestiegen ist [7].
Um die steigenden Anforderungen an Beratung, Anleitung und Koordination leisten zu
können, benötigen die Fachkräfte im Gesundheitswesen immer mehr Fach-, aber auch Sozial-
und Personalkompetenz – insbesondere auch bei der Versorgung multimorbider, chronisch
kranker nephrologischer Patienten, einem physisch und psychisch sehr anspruchsvollen
Versorgungsprozess, in dem die spezifischen Bedürfnisse und Belange der Patienten
aller Altersstufen zu berücksichtigen sind.
Das multiprofessionelle Team in der Nephrologie
Das multiprofessionelle Team in der Nephrologie
Im nephrologischen Arbeitsfeld arbeiten zunehmend mehr Mitarbeiter mit unterschiedlichen
Qualifikationsrahmen (vgl. Kasten auf Seite 334). Daraus ergeben sich tagtäglich folgende
Fragen:
-
Wem kann ich welche Aufgabe delegieren?
-
Ist der Mitarbeiter dafür ausreichend qualifiziert oder muss dieser noch geschult
werden?
-
Delegation aus haftungsrechtlichen Gesichtspunkten
-
Welche Qualifikationen werden benötigt, um die Patientenversorgung sicherzustellen
und dabei auch die Patientensicherheit nicht aus den Augen zu verlieren?
Das professionell pflegende Team in nephrologischen Einrichtungen setzt sich also
aus verschiedenen Berufsgruppen, mit unterschiedlichem Qualifikationsniveau zusammen.
Um diese multidisziplinären Möglichkeiten optimal einzusetzen gilt es, die einzelnen
Ausbildungsinhalte zu kennen. Nur dann ist es möglich, die individuellen Mitarbeiter
entsprechend ihren Fähigkeiten einzusetzen oder bei Bedarf entsprechend weiterzubilden.
Daher führen wir Sie in einigen der nächsten Ausgaben der Dialyse aktuell durch den „Dschungel“ der verschiedenen Gesundheitsberufe sowie deren Tätigkeitsprofile,
die sich aus den unterschiedlichen Ausbildungen bzw. Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen
ergeben.
Abb. 4 AfnP-Fragebogen zum multidisziplinären Team in der Dialyse (über www.afnp.de herunter zu laden).(Quelle: AfnP e. V.)
AfnP - Gesundheitsberufe und Qualifikationen der Mitglieder
In der AfnP-Mitgliederdatenbank sind verschiedenste Gesundheitsberufe bzw. Qualifikationen
zu finden. Insbesondere die examinierten Krankenpflegekräfte sind in der Regel meist
langjährige Mitarbeiter, die noch über eine Vielzahl an Zusatzqualifikationen wie
eine Fachweiterbildung oder eine leitende Position verfügen. Diese Gruppe ist besonders
motiviert, sich auch durchaus in Eigenregie fort- und weiterzubilden. Folgende Gesundheitsberufe
(Grundqualifikation) sind derzeit unter den AfnP-Mitgliedern zu finden:
-
Altenpfleger/Altenpflegerin
-
Anwenderberater(in)
-
Arzt/Ärztin, Assistenzarzt(in)
-
Arzthelfer/in; Medizinische Fachangestellte (MFA)
-
Bachelor in Nursing
-
Bachelor Gesundheits- und Sozialmanagement
-
Bachelor in Education
-
Bachelor Medizinmanagement
-
Diätassistent(in)
-
Diplom Gesundheits-, Krankenpfleger(in)
-
Diplom Pflegefachfrau/-mann
-
Diplom Sozialpädagogin
-
Gesundheits- und Krankenpfleger(in)
-
Kinderkrankenschwester/ Kinderkrankenpfleger
-
Krankenschwester/Krankenpfleger
-
Lehrer/in für Pflegeberufe
-
Techniker; Dipl. Ing. (FH) Medizintechnik; Dipl. Ing. Medizintechnik, Sicherheitsingenieur
Viele der AfnP-Mitglieder haben auch anerkannte Weiterbildungsmaßnahmen absolviert:
-
Arzthelfer(in)/medizinische Fachangestellte in der Dialyse
-
Bachelor angewandte Gesundheitswissenschaft
-
Diabetesassistent(in) DTG
-
Diabetologe(in)
-
Dipl. Betriebswirt FH
-
Dipl. Pflegepädagoge FH
-
Diplom Betriebswirt (VWA)
-
Diplom Medizinpädagoge
-
Diplom Pharmareferent(in)
-
Ernährungstherapie/VDD
-
Facharzt für Innere Medizin
-
Fachlehrer(in) Labortechnik und Krankenpflege
-
Fachschwester/-pfleger für Anästhesie und Intensivmedizin
-
Fachweiterbildung für Transplantation
-
Fachweiterbildung Intensiv- und Dialysepflege
-
Fachweiterbildung Nephrologie
-
Fachweiterbildung Praxisanleiter(in); Mentor
-
Fachwirt für amb. medizinische Versorgung
-
Heilpraktiker
-
Hypertensiologe (DHL)
-
Hypnotiseur
-
Lehrer/in für Gesundheitsberufe
-
LSP-Trainer
-
Medizintechniker(in)
-
Pflegemanagement FH
-
Pflegepädagoge
-
Podologin
-
Praxisanleiter
-
QMB zertifizierter Wundmanager
-
QMb/Auditor
-
Rettungsassistent
-
Sozialökonom
-
staatlich geprüfte Pharmareferent(in)
Darüber hinaus haben viele AfnP-Mitglieder auch eine oder mehrere der folgenden Zusatzqualifikationen
erworben:
-
Anämiekoordinater
-
Arbeitssicherheitsbeauftragte(r)
-
Brandschutzhelfer
-
Burnouttherapeut
-
Datenschutz-, Strahlenschutz-, Laserschutzbeauftragter, Gefahrstoffbeauftragter
-
enterale Ernährungstherapie
-
Geräte, EDV-Beauftragter
-
Leitungsfunktion, PDL, Stationsleitung
-
LSP-Trainer
-
Hygiene-Beauftragter in der Dialyse
-
Kinästhetiktrainer
-
medizinische Fußpflegerin
-
Medizinproduktberater
-
Mentor; Praxisanleiter
-
Praxismanager
-
Pain Nurse
-
Public Health Qualifikation
-
Qualitätsmanagement/Qualitätsbeauftragte(r)
-
Study-Nurse
-
Wundmanager ICW
An dieser Stelle braucht die AfnP e. V. Ihre Mithilfe: Sind in Ihren Einrichtungen
noch weitere Qualifikationen vorhanden? Bitte informieren Sie uns bis zum 30. November
2016. Einen entsprechenden Fragebogen finden Sie unter www.afnp.de (zur Ansicht siehe [Abb. 4]). Vielen Dank für Ihre Mithilfe!