Z Geburtshilfe Neonatol 2016; 220(05): 193
DOI: 10.1055/s-0042-117083
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Neonatologie
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Spurenelement-Supplementation – Verbessert Eisengabe die motorische Entwicklung von Säuglingen?

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Publikationsdatum:
20. Oktober 2016 (online)

Hintergrund: Die motorische Entwicklung von Säuglingen hängt von einer Reihe von Faktoren ab, darunter auch die ausreichende Verfügbarkeit von Vitaminen und Spurenelementen. Auch Eisen kommt dabei eine wesentliche Rolle zu, und ein Eisenmangel in der Schwangerschaft und Säuglingsperiode ist keine Seltenheit. Eine Studie aus China hat den Einfluss der Eisensupplementation während der Schwangerschaft und im 1. Lebensjahr des Kindes untersucht.

Methoden: Rosa Angulo-Barroso et al. nahmen zwischen Juni 2009 und Dezember 2011 zunächst 2371 Schwangere in eine 2-teilige randomisierte Studie auf. In die jetzige Auswertung gingen 1196 Säuglinge aus diesen Schwangerschaften ein.

Das Design bestand aus 4 Gruppen, die im Verhältnis 1:1:1:1 randomisiert wurden:

  • Plazebo für die Schwangere und den Säugling (n = 288 Kinder)

  • Plazebo für die Schwangere und Eisen für den Säugling von Woche 6 bis Monat 9 (ca. 1 mg / kg elementares Eisen in Form von 3-wertigem organisch gebundenem Eisen) (n = 305 Kinder)

  • Eisen für die Schwangere (300 mg Eisensulfat pro Tag bis zur Geburt) und Plazebo für den Säugling (n = 298 Kinder)

  • Eisen für die Schwangere und Eisen für den Säugling (n = 305 Kinder)

Als primären Endpunkt beurteilten die Wissenschaftler die motorischen Fähigkeiten der Kinder im Alter von 9 Monaten mithilfe der Peabody Developmental Motor Scale – Second Edition (PDMS-2). Sekundäre Endpunkte umfassten die neurologische Entwicklung, beurteilt mit der Infant Neurologic International Battery (INFANIB) und die Verhaltensentwicklung mit der Behavior Rating Scale (BRS) der Bayley Scales of Infant Development – Second Edition.

Ergebnisse: Die Auswertung ergab für den primären Endpunkt signifikant bessere Ergebnisse in den Gruppen 2 und 4, also bei den Kindern, die in der Säuglingsperiode Eisen erhalten hatten. Zwischen diesen beiden Gruppen dagegen zeigten sich keine relevanten Unterschiede, die zusätzliche Eisensupplementation der Mutter hatte also keinen Einfluss auf dieses 9-Monats-Ergebnis.

Dabei waren die Vorteile sowohl beim Gesamtpunktwert des PDMS-2 nachweisbar als auch in den 3 Subskalen Reflexe, Haltung in Ruhe (z. B. Haltungskontrolle, Halten des Gleichgewichts, Aufrichten aus der Bauchlage) sowie Bewegungsmuster (Krabbeln, Aufstehen). Die Gesamtwerte der BRS und der INFANIB zeigten keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Bei der Beurteilung des Tonus von Kopf und Stamm, eine Subskala des INFANIB, schnitten aber ebenfalls die Kinder besser ab, die als Säuglinge Eisen erhalten hatten.

Fazit

Bei Säuglingen kann die Supplementation von Eisen in den ersten 9 Lebensmonaten die motorische Entwicklung bis zu diesem Zeitpunkt verbessern, fassen die Autoren zusammen. Die pränatale Supplementation dagegen scheint auf diesen Parameter ohne Einfluss. Nun müssen weitere Studien die biologische Grundlage dieses Zusammenhangs untersuchen. Eisen ist besonders für die Funktion der Oligodendrozyten und die Myelinbildung erforderlich. Dementsprechend könnte die Ausbildung der kortikospinalen und kortikostriatalen Bahnen, die bei der Geburt noch nicht vollständig myelinisiert sind, von der postnatalen Eisengabe profitieren. Das gilt insbesondere in Regionen, in denen ein Eisenmangel gehäuft auftritt.

Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim