Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0042-119989
Sepsis – häufig unerkannt und unterschätzt
Publication History
Publication Date:
17 February 2017 (online)
Sepsis – häufig unerkannt und unterschätzt
Leider ist auch in Zeiten der modernen und hochtechnisierten Medizin die Sepsis nach wie vor mit einer hohen, dem Myokardinfarkt vergleichbaren Sterblichkeit von ca. 35% vergesellschaftet. Es ist deshalb ungemein wichtig, die Sepsis frühzeitig zu erkennen und die geeigneten Maßnahmen in die Wege zu leiten. Dem Rettungsdienst kommt dabei die entscheidende Rolle zu, durch eine suffiziente Diagnosestellung und den Transport des Patienten in eine geeignete Klinik nicht unnötig Zeit zu verschenken.
Typischerweise finden wir Patienten mit unspezifischen Symptomen vor: Bewusstseinstrübung, Sättigungsabfall, Tachykardie, Hypotonie, Tachypnoe und schweres Krankheitsgefühl. Oft sind diese Symptome nicht sofort einem speziellen Krankheitsbild zuzuordnen. In aller Regel ist dann die Messung der Körperkerntemperatur zielführend – eine Maßnahme, die einfach und schnell durchzuführen ist. Leider wird das Fiebermessen häufig immer noch nicht regelhaft durchgeführt, obwohl es bei der Befunderhebung ein absolutes „Must Do“ darstellt und zur Messung der Vitalparameter immer dazugehören sollte. Dazu ist wichtig zu wissen, dass die Sepsis nicht immer durch hohes Fieber gekennzeichnet ist, sondern in seltenen Fällen auch mit einer Hypothermie einhergehen kann.
Generell ist nahezu jeder Infektionsherd in der Lage, Anschluss an das Blutgefäßsystem zu gewinnen und Krankheitserreger in den Kreislauf einzuschwemmen. Je nach Immunstatus des Patienten sowie der Menge und Pathogenität der Keime kann die Bakteriämie dann über das Stadium des SIRS (Systemic Inflammatory Response Syndrome) in eine Sepsis übergehen. Infektionen des Urogenitaltrakts und der Lunge sind die häufigsten Ursachen und gerade bei älteren Menschen in Altenheimen ganz typische Auslöser einer Sepsis. Aber auch Infektionen der Haut, des Darms, der Galle, der Meningen oder des gynäkologischen und Hals-Nasen-Ohren-Bereichs kommen als Sepsisauslöser in Betracht, um nur einige wichtige zu nennen.
Außer den Hochbetagten gehören auch Frühgeborene, (z.B. durch Zytostatikabehandlung) Immunsupprimierte, frisch Operierte, Alkohol- und Drogenabhängige, Menschen mit Fremdkörpern (z.B. Implantate und Verweilkatheter), Diabetiker, Leberzirrhotiker und Menschen mit einer Krebserkrankung zu den Personen, die einem erhöhten Sepsisrisiko ausgesetzt sind. Es können aber auch ansonsten kerngesunde Menschen betroffen sein. Denken Sie also bei schwer erkrankten Patienten, bei denen die Krankheitsursache zunächst unklar ist, immer auch an die Möglichkeit einer Sepsis – und vergessen Sie nicht, Fieber zu messen! Inwieweit eine initiale Antibiotikatherapie und die Abnahme von Blutkulturen sinnvoll sind und Einzug in den Rettungsdienst halten werden, müssen weitere Studien und Untersuchungen zeigen.
So, nun wünsche ich Ihnen viel Spaß bei der Lektüre der beiden sehr interessanten Titelthemenbeiträge zum Umgang mit Sepsis im Rettungsdienst (ab S. 26) und in der Klinik (ab S. 38).
Herzlichst Ihr
Volker Wanka