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DOI: 10.1055/s-0042-120491
Prävention und Therapie von Diabetes-Folgeerkrankungen
Publication History
Publication Date:
25 November 2016 (online)
Menschen mit Diabetes mellitus sind heute kaum mehr durch die hyperglykämische Stoffwechselentgleisung gefährdet, sondern vielmehr durch die kardiovaskulären Komplikationen der Stoffwechselstörung. Letztere sind nicht nur gegenüber Nicht-Diabetikern deutlich häufiger, sondern leider auch die wichtigste Todesursache dieser Patienten. Besonders Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 weisen zusätzliche Risikofaktoren wie Hypertonie, Fettstoffwechselstörung, Übergewicht und Hyperglykämie auf, die das kardiovaskuläre Risiko der Betroffenen noch weiter erhöhen. Da all diese Erkrankungen keine Symptome verursachen, werden sie auch häufig nicht früh und konsequent genug kontrolliert.
Das aktuelle Schwerpunktheft der Diabetes aktuell „Prävention und Therapie von Diabetes-Folgeerkrankungen“ könnte mehrere Duzend Kapitel haben, würde dann aber immer noch nicht alle Aspekte des Themas abdecken. Wir haben uns daher im vorliegenden Heft auf einige wenige Themenbereiche beschränkt, wobei wir insbesondere auf das kardiovaskuläre Risiko der Patienten mit einem Diabetes mellitus Typ 2 fokussieren.
Spätestens seit der „Rosiglitazon-Affäre“, die der Kardiologe Dr. Steven E. Nissen, Cleveland (Ohio, USA), ausgelöst hat, stehen die Antidiabetika bezüglich ihrer kardiovaskulären Sicherheit auf dem Prüfstand: Die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA („Food and Drug Administration“) verlangt inzwischen kardiovaskuläre Sicherheitsstudien, bei denen die „neuen“ blutzuckersenkenden Wirkstoffe ihre kardiovaskuläre Sicherheit - in Form einer Nicht-Unterlegenheit bezüglich schwerer kardiovaskulärer Ereignisse („major adverse cardiovascular events“; MACE) - nachweisen müssen. Vieles hat sich in den letzten Jahren für die „neuen“ Therapiestrategien dahingehend getan, doch für die „alten“ und „etablierten“ Strategien werden solche Daten nicht gefordert. Prof. Thomas Forst, Mainz, diskutiert in seinem Artikel die Vor- und Nachteile der einzelnen Substanzen und verweist auch ausführlich auf die neuesten - für alle erfreulichen - Ergebnisse für den SGLT2-Hemmer Empagliflizon.
Natürlich wurden auch für die inkretinbasierten Therapien Daten rund um ihre kardiovaskuläre Sicherheit und Risikoreduktion erhoben. Dr. Jörg Lüdemann, Falkensee, und Prof. Stephan Jacob, Villingen-Schwenningen, beleuchten die aktuellen Ergebnisse für diesen Therapieansatz, und diskutieren vor allem die Daten der in diesem Jahr vorgestellten LEADER-Studie mit Liraglutid, bei der ebenfalls eine signifikante Reduktion der kardiovaskulären Ereignisse (MACE) gesehen wurde.
Diese neuen Studien stellen auch einige Fragen an die bisherigen Erklärungsversuche, warum alle früheren Studien (z. B. UKPDS, ADVANCE, ACCORD, VADT) keine Verbesserung der kardiovaskulären Ereignisse oder der Mortalität erbrachten … - beispielsweise, wenn man den viel diskutierten „Legacy“-Effekt betrachtet.
Eine immer wichtiger werdende Aufgabe ist die Betreuung von Menschen mit Diabetes mellitus und einer Herzinsuffizienz. Warum wir in unserer täglichen Praxis immer mehr herzinsuffiziente Diabetiker sehen, hat viele unterschiedliche Gründe. Prof. Christian Schneider und Dr. Roman Pfister aus Köln erläutern in ihrem Beitrag, welche Probleme durch die antihyperglykämische Therapie bei Menschen mit Herzinsuffizienz versursacht werden können - und auch, welchen Vorteil einige der neueren Interventionen für diese Patientengruppe haben können. Sie empfehlen, die Auswahl der eingesetzten Antidiabetika differenziert und evidenzbasiert zu treffen.
Prof. Matthias Leschke, Esslingen, beschreibt die Besonderheiten bei Menschen mit akutem Koronarsyndrom und bekanntem (oder unbekanntem) Diabetes mellitus. Für diese Patienten haben die letzten Jahre viele und wesentliche Verbesserungen gebracht. Diese sind auch für den deutlichen Anstieg der Lebenserwartung insbesondere auch der Patienten mit Diabetes mellitus verantwortlich. Dazu ist jedoch auch in der Nachsorge ein breites kardioprotektives Risikomanagement erforderlich.
Ein in der Praxis oft zu wenig beachtetes Themengebiet ist die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK). Über die Bedeutung, die Diagnostik und die Therapie dieser Diabetes-Folgeerkrankung gibt Dr. Holger Lawall, Ettlingen, einen umfassenden Überblick. Denn die periphere arterielle Verschlusskrankheit spielt gerade bei der leider immer noch viel zu häufigen Komplikation des „diabetischen Fußes“ eine bedeutende Rolle. Eine gut organisierte und gut strukturierte interdisziplinäre Zusammenarbeit kann allerdings dazu beitragen, Amputationen zu vermeiden.
Wir hoffen, Ihnen mit dieser Auswahl an Themen ein paar neue und nutzbringende Informationen an die Hand zu geben - und würden uns freuen, wenn Sie diese in Ihre tägliche Arbeit mit Ihren Patienten einbringen könnten.
Ihr Prof. Dr. Stephan Jacob, Villingen-Schwenningen