Notfallmedizin up2date 2016; 11(04): 407-424
DOI: 10.1055/s-0042-121850
Forschungsergebnisse für die Praxis
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Notfallmedizinische Forschungsergebnisse 2015/2016 für die Praxis

Teil 2: Neurologische Notfälle, Atemwegsmanagement, Trauma, pädiatrische Notfälle
Jochen Hinkelbein
,
Stefan Braunecker
,
Christopher Neuhaus
,
Hendrik Drinhaus
,
Michael Bernhard
,
Manuel Struck
,
Dan Bieler
,
Heiko Trentzsch
,
Holger Thiele
,
Dominique Singer
,
Bernd W. Böttiger
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
14. Dezember 2016 (online)

Preview
Kernaussagen

Neurologische Notfälle

  • Die prähospitale Therapie des Schlaganfalls beschränkt sich in der Regel auf

    • Untersuchung,

    • Anamnese,

    • raschen Transport in eine geeignete Zielklinik und

    • Stabilisierung der Vitalparameter.

Für den prähospitalen Einsatz von Magnesiumsulfat konnte kein neuroprotektiver Nutzen nachgewiesen werden.


Atemwegsmanagement

Keine statistisch signifikanten Unterschiede wurden zwischen dem Einsatz der Larynxmaske und des Larynxtubus zur Ventilation im Rettungsdienst gefunden.


Traumapatienten

  • Volumentherapie

    • Ob ein restriktives Volumenmanagement der traditionellen, aggressiven Flüssigkeitssubstitution überlegen ist, kann nicht eindeutig beantwortet werden.

  • Luft-/bodengebundene Rettung

    • Von der luftgestützten Rettung profitieren am meisten Patienten nach schwerem Trauma und bestehendem Schock.

  • Schockraumdiagnostik

    • Bei der Untersuchung der Frage, ob es einen Unterschied gibt in der Mortalität zwischen Versorgungskonzepten mit direkter Total-Body CT (TBCT) und konventionellem Röntgen und ergänzender selektiver CT-Untersuchung im Rahmen der Schockraumbehandlung, konnte kein signifikanter Unterschied der Krankenhausmortalität detektiert werden. Die mit TBCT diagnostizierten Patienten waren über den gesamten Krankenhausaufenthalt einer signifikant höheren Strahlenexposition ausgesetzt. Die Strahlendosis der Subgruppe der Polytraumapatienten war hingegen gleich groß. Die Studie weist jedoch methodische Schwächen auf.


Pädiatrische Notfälle

  • Ertrinkungsunfälle

    • Nicht überraschend wurde die Submersionszeit als überragender prädiktiver Faktor für das Überleben identifiziert. Ein günstiger Prognosefaktor ist das Erbrechen im Rahmen der Rettung. Es existieren jedoch sehr widersprüchliche Arbeiten zur Prognoseabschätzung nach Ertrinkungsunfällen, was die Tatsache widerspiegelt, dass die zum Ertrinkungstod führenden pathophysiologischen Vorgänge bislang nur unzureichend verstanden sind.

    • Die Etablierung eines extrakorporalen Kreislaufs zur Wiedererwärmung führt nur sehr selten zu einem günstigen Outcome.

    • Bei tief unterkühlten Ertrinkungsopfern, bei denen durch eine Phase therapeutischer Hypothermie die Wiedererwärmung unterbrochen wurde, zeigte sich kein Benefit durch diese Maßnahme gegenüber in Normothermie behandelten Patienten.

  • Traumatologische Notfälle

    • Der Pittsburgh Infant Brain Injury Score (PIBIS), eine klinische „Prediction Rule“, kann zur Indikation von CCT-Untersuchungen bei misshandlungsgefährdeten Säuglingen dienen. Bei intrakranieller Blutung wird die großzügige Indikation zu (weiterer) Bildgebung empfohlen.

  • Vergiftung

    • Auf die Gefährdung von Kleinkindern durch die neuartigen Wasch- oder Geschirrspülmittel-Pods wurde hingewiesen.

  • Krampfanfälle

    • Bei Kindern sind Diazepam i. v. und Lorazepam i. v. zur Coupierung von ≥ 5 Minuten dauernden Anfällen gleichwertig. Alternativ kann neben Midazolam i. m. auch auf rektales Diazepam bzw. intranasales oder bukkales Midazolam zurückgegriffen werden.

    • Säuglinge mit „unkompliziertem Fieberkrampf“ wurden lumbalpunktiert zum Ausschluss einer bakteriellen Meningitis; eine solche konnte in keinem einzigen Fall gefunden werden.