Einleitung
Aufgrund der steigenden Lebenserwartung und einer damit verbundenen erhöhten Inzidenz
von Tumorerkrankungen, aber auch einer stetig fortschreitenden Verbesserung onkologischer
Therapiekonzepte kann im Hinblick auf die Häufigkeit der Skelettmetastasierung mit
konsekutiven pathologischen Frakturen ein deutlicher Anstieg verzeichnet werden [1].
Pathologische Frakturen sind Knochenbrüche, die akut ohne adäquates Trauma entstehen.
Es werden dabei abhängig von der Primärtumorbiologie Inzidenzen zwischen 0,5 und 5%
angegeben. Eine Ausnahme stellen hierbei die pathologischen Frakturen auf Basis einer
osteoporotischen Vorerkrankung dar, welche deutlich häufiger zu beobachten sind. Hier
zeigen sich bei Frauen im Alter zwischen 50 und 79 Jahren Inzidenzen von 1% für Wirbelkörperfrakturen
und 1,9% für periphere Frakturen. Männer zeigen etwas niedrigere Werte von 0,6 bzw.
0,7% [2]. Bis zu 70% der Patienten mit malignen Tumoren entwickeln im Verlauf ihrer Erkrankung
Knochenmetastasen. Abgesehen von Ausnahmefällen solitärer Metastasen biologisch günstiger
Tumoren ist das Ziel dieser zumeist palliativen Therapie eine Reduktion der Schmerzsymptomatik
und Wiederherstellung der Stabilität und Funktion des betroffenen Skelettabschnitts
[3]. Die Erreichung dieses Zieles kann insbesondere durch die Tatsache erschwert werden,
dass pathologische Frakturen generell, aber insbesondere unter adjuvanter Radiochemotherapie,
eine limitierte Heilungstendenz zeigen [4]. Die Stabilisierung manifester und drohender pathologischer Frakturen ist dabei
für den Erhalt einer akzeptablen, schmerzarmen Lebensqualität, aber auch für die Fortführung
der adjuvanten Therapien integraler Bestandteil des palliativen Therapiekonzepts [5].
Die hierfür u. a. eingesetzte Verbundosteosynthese beschreibt ein Osteosyntheseverfahren,
das speziell bei pathologischen Frakturen und Osteolysen angewandt wird. Hierbei wird
der durch die pathologische Fraktur hervorgerufene Defekt nach oder auch ohne intraläsionale
Resektion/Exkochleation mit Knochenzement aufgefüllt und anschließend mit einem Osteosyntheseverfahren
überbrückt [6]. Müller et al. beschrieben 1962 erstmals dieses Verfahren, um pathologische Frakturen,
die entweder durch eine Osteoporose oder einen primären bzw. sekundären Knochentumor
hervorgerufen wurden, mit einem Kunstharz und einer Plattenosteosynthese zu fixieren
[7]. Als Kunstharz wurde sowohl das Polyurethan Ostamer genutzt, welches mittlerweile
aufgrund seiner Zelltoxizität nicht mehr verwendet wird, als auch das heute noch gebräuchliche
Palacos, ein Polymethylmethacrylat [7]. Erstmals namentlich dokumentiert wurde das Verfahren der Verbundosteosynthese 1976
von Harrington et al. Es wurde hierbei ein Lösungsansatz für eine suffiziente Fixierung
eines pathologisch geschädigten Knochens durch das Einbringen von Knochenzement in
den intramedullären Raum beschrieben [8].
Bei dem verwendeten Knochenzement bzw. Polymethylmethacrylat handelt es sich um ein
Zweikomponentensystem, wobei das Pulver (Härter) unter Zugabe einer Flüssigkeit (Binder)
polymerisiert und aushärtet. Dies wird seit 1941 zur Zahnprothesenherstellung genutzt
und etablierte sich auch bei chirurgischen Eingriffen am Knochengewebe [9].
Indikationen
Indikationen für die klassische Verbundosteosynthese stellen jegliche Arten von pathologischen
Frakturen und tumorös oder infektbedingten Knochenverlusten dar, bei denen zur Wiedererlangung
der Extremitätenkontinuität/-länge oder auch zur biomechanisch suffizienten Implantatverankerung
ossäre Defekte durch Knochenzement aufgefüllt oder Implantate im Knochenzement verankert
werden müssen.
Typische Kombinationen sind Platten-/Schraubenosteosynthesen bei denen in epi-, meta-
und diaphysärer Lokalisation konventionelle, aber winkelstabile Plattensysteme zementgefüllte
Defekte überbrücken oder aber eine Schraubenfixation im ausgehärteten Zement nutzen.
Intramedulläre Kraftträger wie Verriegelungsmarknägel können ebenfalls als Verbundsosteosynthese,
insbesondere bei meta-/diaphysärer Defektsituation eingesetzt werden. Bei der Planung
der Verbundosteosynthese muss bedacht werden, dass bei pathologischer Fraktur betroffene
Knochen infolge tumoröser Ursachen zumeist eine eingeschränkte Heilungstendenz aufweisen
bzw. keine Heilung zeigen [4]. Insofern muss, anders als bei konventionellen Osteosynthesen mit erwartbarer biologischer
Frakturheilung und Lastübernahme im Verlauf durch den heilenden Knochen, davon ausgegangen
werden, dass der eingebrachte Zement wie auch die gesamte Osteosynthese auf Dauer
deutlich mehr belastet und mechanisch beansprucht wird. Primär anzustreben ist daher
ein hoher Grad an Primärstabilität und Ausnutzung aller bestehenden Fixationsoptionen.
Insbesondere Schrauben-/Plattenosteosynthesen müssen dabei stabile Fixationsoptionen
im metastasenfernen tragfähigen Knochen wie auch direkt im eingebrachten Zement nutzen.
Gleiches gilt für die Verriegelungsschrauben von Marknägeln. Jegliche Verbundosteosyntheseverfahren
stoßen an ihre Grenzen, wenn eine derartige Fixationsmöglichkeit nicht mehr besteht.
Dies ist insbesondere bei ausgedehnten gelenknahen Osteolysen ohne suffiziente epi-/metaphysäre
Implantatverankerung im Knochen oder Zement der Fall. Hier ist der endoprothetische
Ersatz dann eher indiziert.
Zur Abschätzung der Gefahr einer drohenden pathologischen Fraktur und der sich daraus
ergebenden Notwendigkeit/Dringlichkeit einer operativen Stabilisierung wurden verschiedene
Scores entwickelt. Der am häufigsten verwendete sog. Mirels Score ([Tab. 1]) dient hierbei zur groben Abschätzung der Instabilität und pathologischen Frakturgefahr
infolge metastatischer Destruktionen langer Röhrenknochen. Anhand von 4 Hauptparametern
(Lokalisation, Schmerz, Struktur und Ausdehnung) und den 3 entsprechenden Zahlenwerten
kann eine Punktzahl von minimal 4 und maximal 12 erreicht werden. Bis zu einer Punktzahl
von 7 liegt das Risiko einer pathologischen Fraktur unter 5%. Ein Wert von 8 geht
mit einem Risiko von 15% einher und ab einem Punktwert von 9 beträgt es 33%. Ab einem
Punktwert von > 8 wird eine dringliche, zwischen 5 und 8 eine relative Indikation
für eine operative Stabilisierung empfohlen [4]. Inwieweit diese dann als Verbundosteosynthese durchzuführen ist, muss von dem Ausmaß
der osteolytischen Destruktion sowie den Verankerungsmöglichkeiten im verbleibenden
Knochen anhängig gemacht werden. Eine weitere Einsatzmöglichkeit der Verbundosteosynthese
ist auch die Stabilisierung bei infektbedingtem Knochenverlust und septischen Revisionen
mit der Notwendigkeit osteosynthetischer Stabilisierung. In solchen Fällen kann dem
eingesetzten Knochenzement ein resistogrammspezifisches Antibiotikum (z. B. Vancomycin)
beigemischt werden.
Tab. 1 Mirels Score zur Risikoabschätzung für das Auftreten einer pathologischen Fraktur
[25]. Bis zu einer Punktzahl von 7 liegt das Risiko einer pathologischen Fraktur unter
5%. Ein Wert von 8 geht mit einem Risiko von 15% einher und ab einem Punktwert von
9 beträgt es 33%. Ab einem Punktwert von > 8 wird eine dringliche, zwischen 5 und
8 eine relative Indikation für eine operative Stabilisierung empfohlen.
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Punktwert
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1
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2
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3
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Lokalisation
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obere Extremität
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untere Extremität
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peritrochantär
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Schmerz
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gering
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mäßig
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stark
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Struktur
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osteoplastische Metastase
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gemischte Metastase
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osteolytische Metastase
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Ausdehnung
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< ⅓ des Knochendurchmessers
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⅓ – ⅔ des Knochendurchmessers
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> ⅔ des Knochendurchmessers
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Verbundosteosynthese langer Röhrenknochen
Verbundosteosynthese langer Röhrenknochen
Palliative Stabilisierungen langer Röhrenknochen mit oder ohne Knochenzement können
mit Marknagelungstechniken oder aber extramedullären Plattenosteosynthesen durchgeführt
werden. Während für diaphysäre Defektlokalisationen die Verriegelungsmarknagelung
neben der minimalinvasiven Plattenosteosynthese die favorisierten Verfahren sind,
werden gelenknahe metastatische Destruktionen eher mit Plattenosteosynthesen in winkelstabiler
Technik stabilisiert. Die Indikation für zusätzliche Verwendung von Zement ergibt
sich aus ausge.prägter Defektgröße und fehlender Möglichkeit zur kortikalen Schraubenverankerung.
Femur
Insgesamt stellt das Femur den am häufigsten von Metastasen befallenen langen Röhrenknochen
dar. 12% aller Skelettmetastasen entwickeln sich dort [10], [11], [12]. Aber auch im Hinblick auf primäre Tumormanifestationen ist das Femur der am häufigsten
betroffene lange Röhrenknochen [13]. Das Leitsymptom eines primären bzw. sekundären Knochentumors ist häufig der Instabilitätsschmerz.
Bedingt durch den Knochensubstanzverlust und die strukturelle Schwächung des Knochens
steigt die Wahrscheinlichkeit einer pathologischen Fraktur [14]. Eine durch eine ossäre Metastase hervorgerufene pathologische Fraktur am Femur
führt häufig nicht nur zur kompletten Immobilisierung des Patienten, sondern auch
zu starken Schmerzen. Daher ist die adäquate und zeitnahe Versorgung dieser Patientengruppe
essenziell, um eine möglichst schnelle Mobilisation und Verbesserung sicherzustellen.
Der aktuellen Literatur nach ist das Mittel der Wahl zur Versorgung pathologischer
Schenkelhalsfrakturen bei Metastasen die zementierte endoprothetische Versorgung.
Bei pathologischen per-/subtrochantären Frakturen muss abhängig von der Defektgröße
entschieden werden, ob ein zephalomedullärer Marknagel mit Schenkelhalsschrauben/-klinge,
ggf. zementaugmentiert, verwendet wird oder aber bei ausgedehnten Osteolysen auch
der Trochanterregion eine tumorendoprothetische Versorgung (proximaler Femurersatz)
durchgeführt wird. Liegen rein diaphysäre Knochenmetastasen vor, ist im palliativen
Therapiekonzept eine Marknagelung bzw. eingeschobene winkelstabile Plattenosteosynthese
mit oder ohne Zement das Verfahren der Wahl [15]. Distale pathologische Femurfrakturen oder protektive Stabilisierungen nach intraläsionaler
Resektion von epi-/metaphysär gelegenen Metastasen bzw. primären benignen Knochentumoren
(z. B. Riesenzelltumor) sind dagegen die Domäne winkelstabiler Plattenfixateur-Systeme
(z. B. LISS) mit Zementauffüllung des Defekts. In Ausnahmefällen kann am distalen
Femur eine zusätzliche mediale Plattenosteosynthese notwendig sein, um bei ausgedehnten
medialen Substanzverlusten eine suffiziente Abstützung zu schaffen [14].
Tibia
Ebenso wie am Unterarm sind ossäre Metastasen im Bereich der Tibia eher selten. Nur
in ungefähr 7% der Fälle einer Knochenmetastase war diese distal des Kniegelenks oder
Ellenbogens lokalisiert. Meistens wird eine durch eine Metastase hervorgerufene pathologische
Fraktur der Tibia operativ stabilisiert.
Für pathologische Frakturen im Bereich des Tibiaschafts ist die intramedulläre Nagelosteosynthese
mit oder ohne Zementaugmentation die Therapie der ersten Wahl. Alternativ können minimalinvasiv
eingebrachte anatomisch vorgeformte Plattenfixateur-Systeme (z. B. LCP Synthes) in
dieser Lokalisation auch verwendet werden. Große Defekte mit oder ohne pathologische
Frakturen der distalen oder proximalen Tibia werden vor allem bei subchondraler Lage
häufig als Verbundosteosynthesen mit eingeschobenen anatomisch vorgeformten Plattenfixateur-Systemen
versorgt ([Abb. 1]) [16].
Abb. 1 57-jährige Patientin mit einer metastatischen Absiedlung eines Mammakarzinoms mit
pathologischer metaphysärer Fraktur der proximalen Tibia.
Humerus
Neben dem proximalen Femur ist auch der Humerus häufig sowohl von metastatischem Befall
als auch pathologischen Frakturen betroffen [3]. Die häufigste Lokalisation ist dabei das proximale Drittel des Humerus. In den
meisten Fällen liegen Metastasen, seltener benigne Tumoren (z. B. Enchondrom) oder
zsytische Läsionen (z. B. juvenile Knochenzysten) zugrunde. Mittel der Wahl zur Therapie
metastatischer Destruktionen ist hierbei die klassische Verbundosteosynthese oder
die tumorendoprothetische Versorgung [17]. Bei Läsionen des Humeruskopfs und der subkapitalen Region ist die Verbundosteosynthese
mittels winkelstabiler proximaler Humerusplatte ein valides Verfahren, das insbesondere
bei ausgedehnten subkapitalen Defekten die sinnvolle Kombination mit Zement erlaubt
([Abb. 2]). Ähnliches gilt für den distalen Humerus, wobei hier anatomisch vorgeformte radioulnare
Doppelplattenosteosynthesen eingesetzt werden. Die Anwendung von Zement zur Defektfüllung
sollte dabei die besondere Anatomie des distalen Humerus (Fossa olecrani) berücksichtigen
([Abb. 3]). Diaphysär lokalisierte Metastasen/pathologische Frakturen des Humerus können in
geschlossener Technik durch verschiedene Marknagelsysteme stabilisiert werden. Segmentale
Destruktionen erfordern dann auch eine meta-/diaphysäre Rekonstruktion, die als Zementmantel
um den Nagel angewendet werden kann ([Abb. 4]). Die Anwendung der retrograden Humerusnagelung ist in unserer Erfahrung mit erhöhter
Komplikationsrate behaftet und wird nur in seltenen Ausnahmefällen von uns durchgeführt.
Abb. 2 73-jähriger Patient mit multipel metastasiertem Nierenzellkarzinom; pathologische
Fraktur des proximalen Humerus; Verbundosteosynthese mit langer Philos-Platte.
Unterarm
Durch Metastasen bedingte Frakturen des Radius und der Ulna sind sehr selten. Nur
in ungefähr 7% der Fälle einer Knochenmetastase ist diese distal des Ellenbogens oder
Kniegelenks lokalisiert. Bei drohender oder manifester pathologischer Fraktur des
mittleren oder distalen Radiusdrittels werden zumeist Plattenosteosynthesen durchgeführt.
Im proximalen Drittel ist aufgrund der engen Lagebeziehung zum tiefen Ast des N. radialis
und des erschwerten Zugangs die elastische Markraumschienung mit oder ohne Zement
ein gleichwertiges Verfahren. Die erleichterte chirurgische Zugänglichkeit der Ulna
erlaubt die Anwendung von Plattenosteosynthesen im gesamten Verlauf. Insgesamt werden
die Plattenosteosynthesen am Unterarm auch bei pathologischen Frakturen oder protektiven
Stabilisierungen als favorisiertes Verfahren angesehen, da sie ausreichende Stabilität
bei torsionalen Belastungen im Rahmen der Pro- und Supination gewährleisten (Rotationstabilität)
[18].
Abb. 3 42-jähriger Patient mit multipel metastasiertem Nierenzellkarzinom; stabilitätsgefährdende
Osteolyse distaler Humerus; Verbundosteosynthese mit VA-LCP distaler Humerusplatte.
Verbundosteosynthese beim Becken
Verbundosteosynthese beim Becken
Sekundäre Tumoren im Bereich des Beckens sind relativ häufig. So kommen 34% aller
Knochenmetastasen im Bereich des Beckens vor. Stabilisierungsindikationen ergeben
sich zumeist bei defektbedingter Unterbrechung des hinteren Beckenrings oder aber
bei periazetabulärer Lokalisationen osteolytischer Metastasen. Harrington et al. entwickelten
1982 eine Klassifikation zur Unterteilung der durch Metastasen hervorgerufenen ossären
Defekte des Azetabulums ([Tab. 2]). Dabei stellt lediglich ein Klasse-III-Defekt eine Indikation für eine Verbundosteosynthese
dar. Der Zugangsweg kann hierbei ilioinguinal gewählt werden, um die periazetabuläre
Metastase zu entfernen. Anschließend erfolgt eine Defektauffüllung mit Knochenzement.
Um eine rasche Stabilisierung zu erreichen, wird der Defekt über eine Plattenosteosynthese,
die vom Os pubis bis zum Os ileum reicht, fixiert ([Abb. 5]). Zusätzlich ist die Implantation eines zementierten Abstützrings sowie eine Hüfttotalendoprothese
nötig, sollte die Gelenkpfanne ebenfalls destruiert sein. Insgesamt ergibt sich die
Indikation für eine Verbundosteosynthese hauptsächlich für diese periazetabuläre Defektlokalisation,
bei der das Azetabulum selbst noch erhalten und eine endoprothetische Stabilisierung
noch nicht notwendig ist.
Tab. 2 Harrington-Klassifikation für metastasenbedingte Knochendefekte des Azetabulums [4]. Klasse-I-Defekte repräsentieren kleine kavitäre Läsionen, zu deren Versorgung eine
zementierte Totalendoprothese verwendet wird. Wohingegen bei Klasse-II-Defekten bei
defizienter medialer Azetabulumwand eine Versorgung mittels Abstützschale und Augmentation
des Knochendefekts mit Zement empfohlen wird. Lediglich Klasse-III-Defekte stellen
eine Indikation für eine Verbundosteosynthese dar. Bei Klasse-IV-Defekten empfiehlt
sich die Verwendung von Sockelpfannen oder speziellen Stützringsystemen.
|
Klasse
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Kennzeichen
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|
I
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kleine kavitäre Läsion, Kortikalis intakt
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II
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Azetabulumwand medial defizient
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III
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wie II, zusätzlich supraazetabulärer und/oder lateraler kortikaler Defekt
|
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IV
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ausgedehnte Destruktion
|
Bei ausgeprägten ossären Destruktionen der Klasse IV sind suffiziente Verankerungen
von Implantaten im Bereich des Azetabulums nicht mehr möglich. Daher wäre hier der
Goldstandard die Verwendung von Sockelpfannen oder speziellen Stützringsystemen [4].
Abb. 4 Metastase eines Mammakarzinoms in der Humerusdiaphyse; weite Diaphysenresektion und
Rekonstruktion mit Verbundosteosynthese (UHN + Zement).
Klinisches Outcome nach durchgeführter Verbundosteosynthese
Klinisches Outcome nach durchgeführter Verbundosteosynthese
Die Versorgung von pathologischen Frakturen mittels der Verbundosteosynthese konnte
in vielen Studien gute bis zufriedenstellende Langzeitergebnisse zeigen. Zumeist wird
eine biomechanisch suffiziente Verankerung und belastungsstabile Stabilisierung für
die verbleibende Lebenszeit erreicht. Komplikationen wie Implantatversagen, Lockerung
und periimplantäre Frakturen ergeben sich meist bei raschem Tumorprogress oder aber
bei Patienten mit längerer Überlebenszeit.
Abb. 5 65-jährige Patientin mit multipel metastasiertem Nierenzellkarzinom; pathologische
subtrochantäre Femurfraktur und große ossäre Läsion aufgrund einer Metastase im Bereich
des linken Beckens; präoperative Embolisierung gefolgt von Marknagelosteosynthese
und Verbundosteosynthese mit 4 langen Kortikalisschrauben zur Verankerung des Zementaufbaus.
Mehrere Studien der letzten Jahre konnten zeigen, dass die Versorgung einer bereits
manifesten oder drohenden pathologischen Fraktur entweder mit Marknagelosteosynthese
oder winkelstabiler Plattenosteosynthese im Sinne einer Verbundosteosynthese, d. h.
mit Zementaugmentation, eine geringere Revisionsrate zeigt als ohne Zementaugmentation.
Die retrospektive Studie von Schwabe et al. mit einem Kollektiv von 66 Patienten mit
ossären Metastasen konnte darstellen, dass es lediglich nach operativer Versorgung
der pathologischen Frakturen mit winkelstabiler Plattenosteosynthese bzw. Marknagelosteosynthese
ohne Zementfixierung zu Revisionseingriffen kam. Bei den Patienten, die mit einer
klassischen Verbundosteosynthese behandelt wurden, kam es zu keinen operativen Folgeeingriffen
[5]. Im Falle der Studie aus München, die 76 Patienten mit pathologischen Humerusfrakturen
einschloss, zeigten sich lediglich 3 Plattenbrüche und eine Revision aufgrund einer
Infektion, insgesamt also eine Revisionsrate von lediglich 10%. Postoperativ kam es
bei 21% zu Komplikationen, die u. a. Parese des N. radialis beinhalteten, welche sich
jedoch alle innerhalb eines Zeitraums von 9 Monaten zurückbildeten [19]. Dies entspricht auch den Ergebnissen von vergleichbaren Studien, in denen ähnliche
Komplikationsraten von 25% und Revisionsraten von ungefähr 10% angegeben wurden [20], [21], [22], [23]. Der Grund der selteneren Anwendung von intramedullären Nagelosteosynthesen besteht
zum einen in der Befürchtung der Akzentuierung der Dissemination von Tumorzellen während
der intramedullären Passage des Marknagels durch das Metastasengewebe. Inwieweit dies
im palliativen Zustand auch von prognostischer Bedeutung ist, ist unklar. Unseres
Erachtens überwiegen, insbesondere bei hochpalliativen Patienten, die Vorteile einer
minimalinvasiv angewendeten Marknagelosteosynthese gegenüber diesen Befürchtungen.
Zum anderen erlauben die neuen minimalinvasiven Plattenfixateur-Systeme auch zunehmend
nicht nur die Stabilisierung gelenknaher Defekte, sondern auch – über perkutane Verriegelung
– die diaphysäre Fixation.
Ähnliche Ergebnissse konnten auch für das Femur in einer Studie von Schwabe et al.
nachgewiesen werden. Auch hier konnte gezeigt werden, dass ein Versagen eines implantierten
Kraftträgers durch eine Verbundosteosynthese signifikant reduziert werden konnte [24].
Komplikationen
Beim Aushärten des Knochenzements im Rahmen der exothermen Polymerisation kann das
Gemisch Temperaturen bis zu 70 °C erreichen. Dies kann zu thermisch bedingten Schädigungen
entlang des umliegenden Gewebes (Nerven, Gefäße, Knorpel) führen. Andererseits führt
diese Hitzereaktion zu einer entlang der intraläsionalen Resektionsgrenzen zusätzlichen
thermischen Zerstörung verbleibender Tumorzellen.
Insbesondere die direkt subchondrale epiphysäre Defektauffüllung wird gelegentlich
als Ursache für die rapide Entwicklung des Knorpelzelluntergangs und damit verbunden
eines erhöhten Risikos der Entwicklung einer sekundären Arthrose gesehen. Allerdings
wird dies nur bei z. B. Verbundosteosynthese nach benigner Knochenzellresektion (z. B.
Riesenzelltumor) relevant und spielt bei einer mittleren Überlebenszeit von i. d. R. wenigen
Monaten bei Patienten mit disseminierten Skelettmetastasen keine nennenswerte Rolle.
Bei raschem Progress oder auch aggressivem benignem Primärtumor kann es zu einem Tumorrezidiv
an der Zement-Knochen-Grenze kommen und eine erneute Resektion mit Entfernung des
Zements oder aber zusätzlicher Auffüllung erforderlich machen. Derartige Rezidive
sind im konventionellen Röntgenbild jedoch aufgrund der röntgendichten Zementanteile
im angrenzenden Knochen gut zu erkennen und erlauben eine frühzeitige Intervention.