Schlüsselwörter
Vitamin D - Brustdichte - BMI - Alter - Menopausenstatus
Einleitung
Vitamin D und sein Einfluss auf Vorgänge im menschlichen Körper sind in den letzten
Jahren immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt und der Anteil an Publikationen
dazu steigt weiterhin an [1]. So reguliert Vitamin D nicht nur den Calciumhaushalt, sondern besitzt auch ein
großes Spektrum an immunologischen und antiproliferativen Wirkungen. Auf Grundlage
dieser zusätzlichen, pleiotropen Funktionen wird derzeit u. a. eine mögliche Risikoreduktion
durch Vitamin D für verschiedene epitheliale Krebsarten einschließlich Brustkrebs
diskutiert [2].
Vitamin D ist ein Prohormon, das sowohl enteral aufgenommen werden kann als auch zum
überwiegenden Teil vom Körper selbst mithilfe von Sonnenlicht hergestellt wird. Der
Begriff „Vitamin“ ist somit im eigentlichen Sinne falsch, da echte Vitamine ausschließlich
mit der Nahrung zugeführt werden. Der erste Schritt in der Herstellung von Vitamin
D erfolgt in der Leber: Hier wird Cholesterol zu 7-DHC (7-Dehydrocholesterol) umgewandelt
[3]. Nach Transport zur Haut entsteht daraus mittels eintreffender UV-B-Strahlung Vitamin
D3 (Cholecalciferol) [4]. Die kutane Vitamin-D3-Synthese steigt exponentiell mit Höhe des Sonnenstands an und erreicht folglich während
der Sommermonate auf der Nordhalbkugel ihr Maximum [5]. In diesem Zeitraum ist die Haut je nach Aufenthaltsdauer im Freien, Hauttyp und
Ort mit einem Anteil von bis zu 90 % der Hauptlieferant von Vitamin D in unserem Körper.
Die Zufuhr von Vitamin-D3-haltigen Nahrungsmitteln wie Fisch, Pilzen und Milchprodukten trägt ebenfalls zur
Vitamin-D3-Bereitstellung bei und kann besonders im Winter von entscheidender Bedeutung für
den Vitamin-D-Stoffwechsel sein.
Das aufgenommene bzw. synthetisierte Vitamin D3 wird in der Leber zu 25-Hydroxyvitamin D [25(OH)D, Calcidiol] hydroxyliert [6], [7]. Dieses gelangt über das Blut vor allem in die Niere, aber auch in andere Gewebe
und wird dort in seinen biologisch aktiven Metaboliten, 1,25-Dihydroxyvitamin D (Calcitriol)
umgewandelt [6], [8]. Calcitriol wiederum kodiert durch Komplexbildung mit dem intrazellulären Vitamin-D-Rezeptor
„VDR“ Proteine, die eine wichtige Rolle bei der Induktion von Zelldifferenzierung
und Apoptose sowie bei der Inhibition von Zellproliferation und Angiogenese spielen.
Somit liegt der Verdacht nahe, dass durch diesen Mechanismus auch Krebszellen oder
Krebsvorstufen zur Apoptose gezwungen bzw. unkontrollierte Zellproliferationen verhindert
werden.
Zu den von Vitamin D und VDR beeinflussten Geweben scheint auch das Brustepithel zu
gehören [6], [8], [9], [10]. Entsprechend konnte bereits in einigen empirischen Forschungsarbeiten zu diesem
Thema eine inverse Assoziation von Serum-Vitamin-D-Spiegel und Brustkrebsrisiko beobachtet
werden [10], [11], [12], [13], [14], [15], [16]. Andere Studien wiesen allerdings keinen Zusammenhang auf [17], [18], [19]. Studien, die sich hauptsächlich mit der Vitamin-D-Aufnahme durch die Nahrung und
deren Auswirkung auf das Brustkrebsrisiko beschäftigten, erzielten ebenfalls keine
einheitlichen Ergebnisse [20].
Durch seine Wirkung auf die Brustepithelzelle könnte Vitamin D jedoch nicht nur direkten
Einfluss auf das Brustkrebsrisiko, sondern auch auf die Brustdichte haben. Eine höhere
Brustdichte in der Mammografie ist durch einen proportional erhöhten Anteil epidermaler
und Stromazellen im Vergleich zu Fettgewebe bedingt. Da eine vermehrte Proliferation
von Stroma- und Epithelgewebe nicht nur zu einer dichteren Brust führt, sondern auch
mit einer gesteigerten Entartungswahrscheinlichkeit einhergeht [21], liegt der Verdacht auf eine Assoziation von hoher Brustdichte und erhöhtem Brustkrebsrisiko
nahe. Aufgrund dieser Überlegung befassten sich bereits einige Forschungsteams mit
der Konsequenz von täglicher Vitamin-D-Präparateinnahme auf die mammografische Brustdichte
als Brustkrebsrisikofaktor. Leider waren auch hier die Ergebnisse sehr unterschiedlich
[22], [23], [24], [25], [26]. Soweit den Autoren bekannt, wurde bisher kaum – und ebenfalls mit starker Inkongruenz
– der Effekt von im Serum bestimmten 25-Hydroxyvitamin-D-Werten auf die mammografische
Brustdichte untersucht [26], [27].
Ziel dieser Querschnittsstudie mit 984 Probandinnen war es daher, zu überprüfen, inwiefern
der Vitamin-D-Serumspiegel mit der mammografisch bestimmten Brustdichte korrelierte
und durch welche weiteren Faktoren diese beiden Parameter möglicherweise beeinflusst
wurden. Details der Studiendurchführung sowie ein Vergleich zwischen Frauen mit malignen
und solchen mit benignen Befunden in der Mammografie wurden bereits publiziert [28].
Patientinnen und Methoden
Patientinnen und Methoden
Nach positivem Votum durch die Ethikkommission der Fakultät für Medizin der Technischen
Universität München erfolgte die Rekrutierung von 1104 Frauen im Alter von 20 bis
88 Jahren. Von diesen Probandinnen erhielten 984 eine mammografische Bestimmung der
Brustdichte. Das Kollektiv umfasste asymptomatische Frauen, Frauen mit einem Tastbefund,
sowie genetisch belastete Patientinnen mit einem Langzeiterkrankungsrisiko von mindestens
30 % für Brustkrebs, darunter auch Mutationsträgerinnen des BRCA-1-/BRCA-2-Gens [29].
Von der Studie ausgeschlossen waren Schwangere und stillende Frauen und Patientinnen
nach Brustaugmentation mit Implantaten, Mammakarzinom in der Eigenanamnese oder nach
bereits erfolgter Operation an der Mamma bei B3-Läsion.
Anamnestische Angaben
Ein kurzes fragebogengestütztes Interview erfolgte zu allgemeiner und gynäkologischer
Anamnese, zu bekannten Risikofaktoren für Brustkrebs, sowie zu Lebensstil und Ernährungsgewohnheiten.
Dabei wurden u. a. Angaben zu Alter und Body-Mass-Index (BMI), Alkohol- und Nikotinkonsum
sowie zu chronischen Erkrankungen erhoben. Auch reproduktive Faktoren wie Menarchealter,
Schwangerschaften, Menopausenstatus, Hormonersatztherapie, und eventuell erfolgte
Ovarektomie wurden erfragt und dokumentiert. Frauen wurden laut WHO-Definition als
postmenopausal eingestuft, wenn die letzte spontane Menstruation mindestens 12 Monate
zurücklag und die ausbleibende Blutung durch den Verlust bzw. das Nachlassen der endokrinen
Funktion der Eierstöcke verursacht wurde und nicht durch eine Hysterektomie begründet
war. Vorangegangene Operationen der Mamma sowie familiäres Vorkommen von Brust- oder
Eierstockkrebs wurden erfasst und Angaben zu Vitamin-D-reichen Nahrungsmitteln (Milchprodukte,
Fisch, etc.), zu Calcium- und Vitamin-D-Präparateinnahme sowie zu körperlicher Aktivität,
Aufenthaltsdauer im Freien und Verwendung von Sonnenschutzmitteln wurden ebenfalls
dokumentiert.
Im Anschluss an das Interview erfolgte die Abnahme von 7,5 ml venösem Blut zur Bestimmung
der Serumkonzentrationen von 25(OH)D, Calcium, Phosphat und Kreatinin. Die Bestimmung
von Vitamin D erfolgte mittels des VD3-RIA-Kits (Fa. DiaSorin S. p. A.).
Um zu starke saisonale Schwankungen mit einem Maximum während der Sommermonate zu
vermeiden, wurden die Probandinnen ausschließlich von Oktober bis Juni rekrutiert.
Mammografie
Die mittels konventioneller Geräte durchgeführte Zwei-Ebenen-Mammografie war nicht
studienbedingt und erfolgte bei den meisten Patientinnen (n = 920) am Tag der Befragung.
Die Aufnahmen wurden bez. Architekturstörungen, Mikroverkalkungen und Herdbefunden
bewertet und nach BI-RADS-Kategorien 0–6 klassifiziert. Die Einteilung der Parenchymdichte
erfolgte nach ACR-Klassifikation in die Kategorien 1 bis 4.
Alle Mammografien wurden mit der gleichen Technik erstellt, auf digitalen Platten
gespeichert und mit Doppelbefundung ausgewertet. Alle Teilnehmerinnen erhielten eine
Standardmammografie mit 2 Ebenen (kraniokaudal [CC] und mediolateral oblique [MLO]),
sowie bei Bedarf zusätzliche Spezialaufnahmen. Zwei Radiologieexperten befundeten
die mammografische Dichte mittels BI-RADS-Standard-Lexikon. Danach wird die Brustdichte
in 4 Gruppen klassifiziert/eingeteilt: ACR 1 (nahezu vollständig Fettgewebe oder aber
Drüsengewebe < 25 %), ACR 2 (versprengtes/verteiltes dichtes Drüsengewebe oder Drüsengewebe
von 25–50 %), ACR 3 (heterogen dicht oder Drüsengewebe von 50–75 %) und ACR 4 (extrem
dicht oder Drüsengewebe von > 75 %).
Auffällige mammografische Befunde wurden histopathologisch abgeklärt. Die Biopsieergebnisse
lagen schriftlich vor.
Statistische Auswertung
Mittels SPSS wurden Lage- und Streuungsmaße der einzelnen Charakteristika erfasst
sowie deren Korrelation mit der mammografischen Dichte nach ACR-Klassifikation und
dem Serum-Vitamin-D-Spiegel untersucht. Zur Prüfung von 25(OH)D-Mittelwertsunterschieden
wurde der t-Test für unabhängige Stichproben angewandt.
Zudem wurden multinomiale logistische Regressionsanalysen zur Prüfung des Einflusses
verschiedener Faktoren auf die Brustdichte durchgeführt. Parameter, die bereits in
der deskriptiven statistischen Analyse mit ACR korrelierten und in der Regression
ebenfalls einen deutlich signifikanten Zusammenhang zu ACR zeigten, wurden in Modell
1 ([Tab. 3]) als sogenannte „Hauptconfounder“ zusammengefasst. Diese waren Alter, Menopausenstatus
und BMI sowie 25(OH)D zur Prüfung der Fragestellung dieser Studie. Alle darauffolgenden
logistischen Modelle basieren auf Modell 1 unter zusätzlicher Betrachtung weiterer
möglicher Confounder. Hierzu gehörten Blutparameter, Ernährungsgewohnheiten und Lebensstil,
Brustveränderungen und -eingriffe, familiäres Risiko, Reproduktionsparameter und chronische
Erkrankungen. Die ermittelten Regressionskoeffizienten (B) entsprechen logarithmierten
Odds. Odds lassen sich aus den Quotienten der Eintrittswahrscheinlichkeit (p) eines
Ereignisses und dessen Gegenwahrscheinlichkeit (1-p) berechnen. In der hier vorliegenden
Analyse entspricht 1-p der Wahrscheinlichkeit, dass die jeweilige unabhängigen Variable
innerhalb der ACR-Kategorie 4 liegt. Dagegen beschreibt p, wie wahrscheinlich das
Vorliegen der Variable innerhalb der jeweiligen ACR-Kategorien 1, 2 oder 3 ist. Das
Signifikanzniveau wurde auf α = 0,05 festgelegt.
Tab. 1 Vitamin-D-Mittelwerte nach Zeitraum der Blutentnahme sowie nach anamnestischen Angaben
zu exogener Vitamin-D-Zufuhr, Gewichtsklassen, sportlicher Betätigung, Aufenthalt
im Freien und Biopsieindikation durch den mammografischen Befund. Dargestellt sind
die 25(OH)D-Mittelwerte mit Standardabweichungen (SD) und die Anzahl der Studienteilnehmerinnen
(n) in den einzelnen Untergruppen.
|
Charakteristika
|
Untergruppen
|
25(OH)D (SD)
|
n
|
|
Kollektiv
|
|
17,2 (7,5)
|
984
|
|
Blutabnahmezeitpunkt
|
Oktober – Dezember
|
19,4 (7,7)
|
371
|
|
Januar – März
|
15,5 (6,9)
|
384
|
|
April – Juni
|
16,6 (7,1)
|
229
|
|
Vitamin-D-Präparateinnahme
|
nein
|
16,5 (7,1)
|
838
|
|
ja
|
23,3 (7,7)
|
87
|
|
BMI
|
Untergewicht
|
15,9 (7,9)
|
16
|
|
Normalgewicht
|
18,0 (7,8)
|
602
|
|
Präadipositas
|
16,3 (6,4)
|
261
|
|
Adipositas
|
14,8 (7,1)
|
105
|
|
sportliche Aktivität
|
selten
|
15,2 (7,0)
|
271
|
|
gelegentlich
|
16,7 (7,4)
|
329
|
|
häufig
|
19,1 (7,5)
|
384
|
|
Aufenthalt im Freien
|
selten
|
14,7 (6,7)
|
347
|
|
gelegentlich
|
17,7 (7,4)
|
405
|
|
häufig
|
20,1 (7,5)
|
232
|
|
Histologie erfolgt
|
nein
|
17,4 (7,5)
|
882
|
|
ja
|
15,7 (6,8)
|
102
|
Tab. 2 Verteilung der mammografischen Brustdichte (nach ACR) nach Menopausenstatus, Abstand
zur Menopause, BMI-Klassen innerhalb der prä- und postmenopausalen Gruppen sowie insgesamt;
nach Vitamin-D-Spiegel-Quantilen prä- und postmenopausal sowie insgesamt, exogener
Vitamin-D-Einnahme und nach Biopsieindikation durch den mammografischen Befund. Dargestellt
ist jeweils der prozentuale Anteil der Studienteilnehmerinnen mit den Brustdichtekategorien
ACR 1 (geringe Dichte) bis 4 (hohe Dichte) innerhalb der einzelnen Untergruppen und
die absolute Stichprobengröße der jeweiligen Untergruppen (n).
|
Charakteristika
|
Menopausenstatus
|
Untergruppen
|
ACR 1
|
ACR 2
|
ACR 3
|
ACR 4
|
n
|
|
Kollektiv
|
prämenopausal
|
|
2,9 %
|
33,0 %
|
46,4 %
|
17,7 %
|
412
|
|
postmenopausal
|
|
12,4 %
|
57,2 %
|
26,6 %
|
3,8 %
|
572
|
|
insgesamt
|
|
8,4 %
|
47,1 %
|
34,9 %
|
9,7 %
|
984
|
|
Jahre seit Menopause
|
≤ 5
|
9,9 %
|
49,1 %
|
31,7 %
|
9,3 %
|
161
|
|
6–10
|
10,7 %
|
57,9 %
|
28,9 %
|
2,5 %
|
121
|
|
11–15
|
14,5 %
|
62,7 %
|
20,9 %
|
1,8 %
|
110
|
|
16–20
|
14,5 %
|
56,6 %
|
27,7 %
|
1,2 %
|
83
|
|
> 20
|
14,4 %
|
63,9 %
|
20,6 %
|
1,0 %
|
97
|
|
BMI
|
prämenopausal
|
Untergewicht
|
|
10,0 %
|
40,0 %
|
50,0 %
|
10
|
|
Normalgewicht
|
0,3 %
|
25,4 %
|
51,5 %
|
22,7 %
|
295
|
|
Präadipositas
|
2,9 %
|
49,3 %
|
46,4 %
|
1,4 %
|
69
|
|
Adipositas
|
23,7 %
|
68,4 %
|
7,9 %
|
|
38
|
|
postmenopausal
|
Untergewicht
|
|
33,3 %
|
66,7 %
|
|
6
|
|
Normalgewicht
|
6,2 %
|
52,8 %
|
34,9 %
|
6,2 %
|
307
|
|
Präadipositas
|
16,7 %
|
62,5 %
|
19,3 %
|
1,6 %
|
192
|
|
Adipositas
|
29,9 %
|
64,2 %
|
6,0 %
|
|
67
|
|
insgesamt
|
Untergewicht
|
|
18,8 %
|
50,0 %
|
31,3 %
|
16
|
|
Normalgewicht
|
3,3 %
|
39,4 %
|
43,0 %
|
14,3 %
|
602
|
|
Präadipositas
|
13,0 %
|
59,0 %
|
26,4 %
|
1,5 %
|
261
|
|
Adipositas
|
27,6 %
|
65,7 %
|
6,7 %
|
|
105
|
|
25(OH)D-Spiegel
|
prämenopausal
|
< 5
|
|
33,3 %
|
50,0 %
|
16,7 %
|
6
|
|
5–9
|
2,7 %
|
37,0 %
|
43,8 %
|
16,4 %
|
73
|
|
10–19
|
3,8 %
|
30,7 %
|
44,3 %
|
21,2 %
|
212
|
|
20–29
|
2,0 %
|
36,0 %
|
51,0 %
|
11,0 %
|
100
|
|
≥ 30
|
|
28,6 %
|
52,4 %
|
19,0 %
|
21
|
|
postmenopausal
|
< 5
|
|
66,7 %
|
33,3 %
|
|
6
|
|
5–9
|
16,4 %
|
52,7 %
|
29,1 %
|
1,8 %
|
55
|
|
10–19
|
12,7 %
|
59,7 %
|
23,0 %
|
4,7 %
|
300
|
|
20–29
|
11,4 %
|
55,4 %
|
30,3 %
|
2,9 %
|
175
|
|
≥ 30
|
11,1 %
|
50,0 %
|
33,3 %
|
5,6 %
|
36
|
|
insgesamt
|
< 5
|
|
50,0 %
|
41,7 %
|
8,3 %
|
12
|
|
5–9
|
8,6 %
|
43,8 %
|
37,5 %
|
10,2 %
|
128
|
|
10–19
|
9,0 %
|
47,7 %
|
31,8 %
|
11,5 %
|
512
|
|
20–29
|
8,0 %
|
48,4 %
|
37,8 %
|
5,8 %
|
275
|
|
≥ 30
|
7,0 %
|
42,1 %
|
40,4 %
|
10,5 %
|
57
|
|
Vitamin-D-Präparate
|
prämenopausal
|
nein
|
2,8 %
|
32,2 %
|
46,2 %
|
18,8 %
|
388
|
|
ja
|
9,2 %
|
45,5 %
|
45,5 %
|
|
11
|
|
postmenopausal
|
nein
|
13,1 %
|
58,4 %
|
23,8 %
|
4,7 %
|
450
|
|
ja
|
11,8 %
|
47,4 %
|
39,5 %
|
1,3 %
|
76
|
|
insgesamt
|
nein
|
8,4 %
|
46,3 %
|
34,1 %
|
11,2 %
|
838
|
|
ja
|
11,5 %
|
47,1 %
|
40,2 %
|
1,1 %
|
87
|
|
Biopsie erfolgt
|
prämenopausal
|
nein
|
3,3 %
|
34,8 %
|
43,8 %
|
18,1 %
|
365
|
|
ja
|
|
19,1 %
|
66,0 %
|
14,9 %
|
47
|
|
postmenopausal
|
nein
|
12,8 %
|
56,9 %
|
26,1 %
|
4,3 %
|
517
|
|
ja
|
9,1 %
|
60,0 %
|
30,9 %
|
|
55
|
|
insgesamt
|
nein
|
8,8 %
|
47,7 %
|
33,4 %
|
10,0 %
|
882
|
|
ja
|
4,9 %
|
41,2 %
|
47,1 %
|
6,9 %
|
102
|
Tab. 3 Regressionskoeffizienten zum Einfluss diverser Einflussfaktoren auf die mammografische
Brustdichte nach ACR (American College of Radiologists) in 8 verschiedenen logistischen
Regressionsmodellen. Dargestellt sind die Regressionskoeffizienten und Standardfehler
(in Klammern). Modell 1: adjustiert für Hauptparameter: BMI (kontinuierlich), Alter (kontinuierlich), Postmenopause
(Referenz: Prämenopause), 25(OH)D (kontinuierlich). Modell 2: prämenopausales Kollektiv: adjustiert für BMI (kontinuierlich), Alter (kontinuierlich),
25(OH)D (kontinuierlich). Modell 3: postmenopausales Kollektiv: adjustiert für BMI (kontinuierlich), Alter (kontinuierlich),
25(OH)D (kontinuierlich). Modell 4: Brustparameter: aufgelistete unabhängige Variablen: Hauptparameter, BI-RADS 1/2 (Referenz:
BI-RADS 5/6); nicht aufgelistete unabhängige Variablen: BI-RADS 0, BI-RADS 3/4, Mastitiden,
Brusteingriffe, benigne Brustveränderungen, Biopsie an der Mamma, familiäres Brust-
und Eierstockrisiko. Modell 5: gynäkologische Parameter: aufgelistete unabhängige Variablen: Hauptparameter, Ovarektomie
beidseits (Referenz: keine Ovarektomie); nicht aufgelistete unabhängige Variablen:
Menarchealter, HRT, Hysterektomie. Modell 6: Ernährungsgewohnheiten: aufgelistete unabhängige Variablen: Hauptparameter, Vitamin-D-Präparateinnahme
(Referenz: keine Vitamin-D-Präparateinnahme); nicht aufgelistete unabhängige Variablen:
Fisch-/Milch-/Joghurt-/Käsekonsum, Ca-Präparateinnahme. Modell 7: prämenopausales Kollektiv: Confounder wie in Modell 6 außer Postmenopause. Modell 8: postmenopausales Kollektiv: Confounder wie in Modell 6 außer Postmenopause.
|
Confounder
|
ACRa
|
Modelle
|
|
Modell 1
|
Modell 2
|
Modell 3
|
Modell 4
|
Modell 5
|
Modell 6
|
Modell 7
|
Modell 8
|
|
a: ACR 4 wurde als Referenzkategorie verwendet. ***, **, *: Regressionskoeffizient statistisch ungleich Null bei einem Signifikanzniveau
von 0,1 bzw. 1 bzw. 5 %.
|
|
konstanter Term
|
1
|
− 21,037*** (1,773)
|
− 24,574*** (4,846)
|
− 18,645*** (3,053)
|
− 41,642*** (2,136)
|
− 20,434*** (1,927)
|
− 21,030*** (2,231)
|
− 28,870*** (7,300)
|
− 20,146*** (3,601)
|
|
2
|
− 13,064*** (1,357)
|
− 11,824*** (1,945)
|
− 12,521*** (2,736)
|
− 12,302*** (1,842)
|
− 12,650*** (1,491)
|
− 12,504*** (1,730)
|
− 12,422*** (2,368)
|
− 13,172*** (3,224)
|
|
3
|
− 6,518*** (1,274)
|
− 5,757*** (1,720)
|
− 7,912** (2,738)
|
− 6,301*** (1,741)
|
− 6,499*** (1,405)
|
− 6,291*** (1,655)
|
− 5,727** (2,106)
|
− 7,532* (3,226)
|
|
BMI
|
1
|
0,555*** (0,059)
|
0,753*** (0,101)
|
0,426*** (0,092)
|
0,596*** (0,062)
|
0,555*** (0,060)
|
0,557*** (0,068)
|
0,808*** (0,133)
|
0,459*** (0,101)
|
|
2
|
0,421*** (0,054)
|
0,505*** (0,072)
|
0,316*** (0,088)
|
0,431*** (0,055)
|
0,425*** (0,054)
|
0,421*** (0,061)
|
0,509*** (0,084)
|
0,330*** (0,096)
|
|
3
|
0,227*** (0,052)
|
0,271*** (0,067)
|
0,149 (0,089)
|
0,231*** (0,054)
|
0,228*** (0,053)
|
0,219*** (0,060)
|
0,266*** (0,079)
|
0,142 (0,098)
|
|
Alter
|
1
|
0,092*** (0,025)
|
0,068 (0,074)
|
0,145*** (0,035)
|
0,110*** (0,027)
|
0,097*** (0,026)
|
0,090*** (0,028)
|
0,110 (0,099)
|
0,137*** (0,039)
|
|
2
|
0,063** (0,020)
|
0,007 (0,030)
|
0,120*** (0,032)
|
0,071*** (0,021)
|
0,066** (0,021)
|
0,060** (0,023)
|
− 0,006 (0,035)
|
0,114*** (0,036)
|
|
3
|
0,043* (0,019)
|
0,007 (0,027)
|
0,097** (0,032)
|
0,050* (0,021)
|
0,045* (0,021)
|
0,035 (0,022)
|
− 0,002 (0,032)
|
0,085* (0,036)
|
|
Postmenopause
|
1
|
1,203* (0,597)
|
|
|
1,020 (0,615)
|
1,272* (0,633)
|
0,992 (0,675)
|
|
|
|
2
|
0,745 (0,421)
|
|
|
0,676 (0,425)
|
0,570 (0,458)
|
0,378 (0,476)
|
|
|
|
3
|
0,068 (0,411)
|
|
|
0,013 (0,415)
|
0,003 (0,448)
|
− 0,029 (0,470)
|
|
|
|
25(OH)D
|
1
|
0,042 (0,024)
|
0,071 (0,053)
|
0,045 (0,037)
|
0,044 (0,025)
|
0,043 (0,024)
|
0,072* (0,029)
|
0,097 (0,076)
|
0,055 (0,044)
|
|
2
|
0,038* (0,018)
|
0,041 (0,022)
|
0,041 (0,033)
|
0,038* (0,018)
|
0,038* (0,018)
|
0,065** (0,022)
|
0,073** (0,028)
|
0,049 (0,040)
|
|
3
|
0,037* (0,017)
|
0,031 (0,020)
|
0,048 (0,033)
|
0,037* (0,017)
|
0,038* (0,017)
|
0,055** (0,021)
|
0,064* (0,026)
|
0,031 (0,040)
|
|
BI-RADS 1/2
|
1
|
|
|
|
20,486*** (0,731)
|
|
|
|
|
|
2
|
|
|
|
− 0,518 (1,032)
|
|
|
|
|
|
3
|
|
|
|
− 0,565 (0,972)
|
|
|
|
|
|
Ovarektomie bds.
|
1
|
|
|
|
|
18,546*** (0,598)
|
|
|
|
|
2
|
|
|
|
|
18,524*** (0,368) –
|
|
|
|
|
3
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Vitamin-D-Präparateinnahme
|
1
|
|
|
|
|
|
1,533 (1,344)
|
20,265*** (3,539)
|
0,737 (1,543)
|
|
2
|
|
|
|
|
|
1,684 (1,221)
|
20,096*** (0,942)
|
0,974 (1,435)
|
|
3
|
|
|
|
|
|
2,407* (1,229)
|
–
|
1,892 (1,467)
|
Ergebnisse
Die mittlere Serumkonzentration für 25-OH-Vitamin D lag im Gesamtkollektiv bei 17,2 ng/ml.
Zwei von 3 Frauen (n = 652) wiesen ein Vitamin-D-Defizit (< 20 ng/ml) und lediglich
6 % eine physiologisch ausreichende 25-Hydroxyvitamin-D-Versorgung mit mindestens
30 ng/ml auf. Im März wurden die niedrigsten und im November die höchsten Vitamin-D-Mittelwerte
(14,65 ng/ml ± 6,61 SD vs. 20,78 ng/ml ± 9,17 SD) gemessen. Erwartungsgemäß hatten
Frauen, die täglich Vitamin-D-Präparate einnahmen, höhere Vitamin-D-Spiegel als Frauen
ohne jegliche Substitution (23,29 ng/ml ± 7,66 SD vs. 16,53 ng/ml ± 7,14 SD). Zwischen
25(OH)D und BMI zeigte sich ein umgekehrt U-förmiger Zusammenhang, wobei normalgewichtige
Frauen den höchsten Vitamin-D-Serumspiegel aufwiesen und der Unterschied zwischen
normalgewichtigen und adipösen Probandinnen hochsignifikant war (18,04 ng/ml ± 7,79 SD
vs. 14,81 ng/ml ± 7,12 SD, t = 4,23, p < 0,001). Die sportliche Aktivität sowie der
Aufenthalt im Freien korrelierten nahezu linear mit 25(OH)D. Frauen, die im Anschluss
an ihre Mammografie eine histologische Abklärung erhielten (n = 102), hatten durchschnittlich
um 1,6 ng/ml niedrigere Vitamin-D-Werte als Frauen ohne Biopsie (15,67 ng/ml ± 6,81 SD
vs. 17,37 ng/ml ± 7,51 SD, t = 2,37, p = 0,019). Die Befunde der histologischen Untersuchung
korrelierten jedoch nicht mit 25(OH)D (vgl. [Tab. 1]).
Mammografische Brustdichte nach ACR
Die Mehrheit des Kollektivs hatte eine mittlere Brustdichte (ACR 2: n = 463; ACR 3:
n = 343). Nach der Menopause sowie mit zunehmender Anzahl der Jahre seit der Menopause
sank der Anteil der Frauen mit hoher Brustdichte zugunsten einer geringeren Brustdichte
deutlich ab.
Eine inverse Korrelation zeigte sich auch zwischen ACR und BMI: Hatte jede 3. untergewichtige
Frau eine sehr hohe Brustdichte (ACR 4), so fand sich bei Frauen mit Adipositas niemand
mit ACR 4. Prämenopausale Frauen, bei denen die Notwendigkeit einer Biopsie bestand,
hatten deutlich häufiger hohe Brustdichten (ACR 3 oder 4) als Frauen ohne histologische
Abklärung (80,9 vs. 61,9 %). Probandinnen mit sehr hoher Brustdichte hatten tendenziell
geringere 25(OH)D-Spiegel als Teilnehmerinnen mit mittlerer Brustdichte (ACR 4: 15,91 ng/ml
± 7,84 SD, ACR 3: 17,74 ng/ml ± 7,77 SD, t = 2,03, p = 0,044). Nach weiterer Unterteilung
bez. des Menopausenstatus der Probandinnen war dieser Unterschied jedoch nicht signifikant
mehr ([Abb. 1]). Eine regelmäßige Vitamin-D-Substitution ließ eine Reduktion der Brustdichte vermuten
(vgl. [Tab. 2]).
Abb. 1 Zusammenhang zwischen Vitamin D und Brustdichte bei prä- und postmenopausalen Frauen.
Mediane Vitamin-D-Spiegel mit jeweiligen 95 %-Konfidenzintervallen für die aufsteigenden
jeweiligen ACR-Kategorien unter Berücksichtigung des Menopausenstatus der 984 Studienteilnehmerinnen
(n = 412 prämenopausal, n = 572 postmenopausal).Von den prämenopausalen Teilnehmerinnen
hatten 2,9 % ACR 1, 33,0 % ACR 2, 46,4 % ACR 3 und 17,7 % ACR 4. Von den postmenopausalen
Frauen hatten 12,4 % ACR 1, 57,2 % ACR 2, 26,6 % ACR 3 und 3,8 % ACR 4.
Insgesamt gaben 386 Frauen – hiervon waren 94 % bei Fragebogenerhebung postmenopausal
– an, in der Vorgeschichte bereits Hormone im Sinne einer Hormonersatztherapie in
den Wechseljahren eingenommen zu haben. Zum Zeitpunkt der Studienteilnahme waren dies
nur noch 111 Frauen. Eine aktuelle Hormoneinnahme zeigte in diesem Kollektiv keinen
Zusammenhang mit der Brustdichte, möglicherweise weil mit zunehmendem Abstand von
der Menopause die Brustdichte deutlich abnahm.
Sowohl eine jemals erfolgte als auch eine zum Zeitpunkt der Studienteilnahme laufende
Hormontherapie ging mit einem höheren Vitamin-D-Wert einher als keine Hormontherapie.
Allerdings war die Serumwertdifferenz bei aktueller Hormoneinnahme im Vergleich zu
keiner aktuellen Einnahme deutlich geringer (Differenz 0,71 ng/ml) und mit deutlich
größerem Fehlerbalken belastet als bei jemals erfolgter Hormoneinnahme verglichen
mit niemals erfolgter Hormoneinnahme (Differenz 1,64 ng/ml).
Multivariates logistisches Modell
In einem multivariaten logistischen Modell mit ACR als abhängige Variable wurde der
Einfluss der möglichen Hauptconfounder BMI, Alter, Menopausenstatus und 25(OH)D auf
die mammografische Brustdichte untersucht (Modell 1 aus [Tab. 3]). Hierbei zeigte sich mit steigendem Alter und BMI ein signifikant häufigeres Vorkommen
einer niedrigen im Vergleich zu einer hohen Brustdichte (ACR 1 vs. ACR 4, p jeweils
< 0,001). Ein Regressionskoeffizient B von 0,555 für BMI bedeutet dabei, dass es e0,555 = 1,742-mal
wahrscheinlicher ist, eine sehr geringe Brustdichte (ACR 1) als eine hohe Brustdichte
(ACR 4) zu haben, wenn der BMI um eine Einheit anstieg. Postmenopausale Frauen hatten
eine höhere Wahrscheinlichkeit, eine sehr niedrige Brustdichte (ACR 1) zu haben, als
prämenopausale Frauen (B = 1,203 bei p = 0,044). Ein erhöhter Vitamin-D-Spiegel machte
eine mittlere Brustdichte (ACR 2 und 3) wahrscheinlicher als eine hohe Brustdichte
(p = 0,032 und p = 0,028). Die jeweiligen Regressionskoeffizienten von 25(OH)D waren
innerhalb der Gruppen ACR 1 bis 3 annähernd gleich groß (B = 0,042; 0,038; 0,037).
Somit unterschieden sich diese 3 Kategorien in ihrer Vitamin-D-Verteilung nur geringfügig
voneinander, gingen jedoch im Vergleich zu einer hohen Brustdichte alle mit einem
höheren Vitamin-D-Spiegel einher ([Tab. 3]).
Nach getrennter Analyse von prä- und postmenopausalen Frauen korrelierten sowohl BMI
als auch Alter postmenopausal invers mit der Brustdichte (p < 0,001). 25-Hydroxyvitamin
D schien allerdings keinen Einfluss auf die postmenopausale Brustdichte zu haben.
Anders verhielt es sich bei den prämenopausalen Probandinnen: BMI war negativ mit
der Brustdichte assoziiert (p < 0,001), nicht aber Alter. Ein höherer Vitamin-D-Spiegel
war nicht signifikant häufiger mit einer mittleren Brustdichte (ACR 2) als mit ACR 4
in Relation (p = 0,060), bei insgesamt kleiner Gruppengröße (n = 412).
Die Adjustierung für sämtliche erfasste Brustveränderungen sowie für das familiäre
Brust- und Eierstockkrebsrisiko nach den Kriterien von Meindl [29] ergab wenig überraschend, dass BI-RADS 1 oder 2 deutlich häufiger mit ACR 1 vergesellschaftet
waren als die BI-RADS-Kategorien 5 oder 6 (p < 0,001).
Unter allen weiteren betrachteten gynäkologischen Parametern ging lediglich der Zustand
nach beidseitiger Ovarektomie mit einer hochsignifikant niedrigeren Brustdichte einher
(ACR 1: B = 18,55, ACR 2: B = 18,52 mit jeweils p < 0,001).
Einfluss von exogener Vitamin-D-Zufuhr
Bei Berücksichtigung von Ernährungsgewohnheiten der Probandinnen in der Analyse war
die tägliche Verwendung von Vitamin-D-Präparaten im Gesamtkollektiv nur schwach mit
einer geringeren Brustdichte assoziiert (ACR 3: B = 2,41, p = 0,05). Führte man jedoch
jeweils getrennte Auswertungen für prä- und postmenopausale Frauen durch, so hatten
prämenopausale Frauen eine signifikant niedrigere Brustdichte bei regelmäßiger Einnahme
von Vitamin-D-Präparaten im Vergleich zu keiner Einnahme (p < 0,001). Das Alter korrelierte
prämenopausal nicht mit der Brustdichte. Postmenopausal schienen Vitamin-D-Präparate
dagegen keinerlei Einfluss auf ACR zu zeigen, das Alter jedoch umso mehr. Weder Vitamin-D-haltige
Lebensmittel, Blutparameter (Calcium, Phosphat, Kreatinin), Sport, Verwendung von
Sonnenschutz und Aufenthalt im Freien noch Alkohol und Rauchen und die Anzahl sowie
das Alter bei Schwangerschaften waren eindeutig mit der Brustdichte assoziiert. Kontrollierte
man für Vitamin-D-haltige Nahrungsmittel einschließlich der Vitamin-D-Präparate, verstärkte
sich jedoch die negative Assoziation von 25(OH)D und ACR. Alle weiteren Regressionsmodelle
erbrachten bez. eines Zusammenhangs von Vitamin D und Brustdichte Ergebnisse, die
denen aus Modell 1 sehr ähnlich waren.
Diskussion
25(OH)D-Spiegel von weniger als 10 ng/ml gelten als unzureichend [30], [31]. Seit 2010 wurde vielerorts der bis dahin gültige Mindestwert eines normalen Vitamin-D-Spiegels
von 20 auf 30 ng/ml angehoben. Inwiefern dies für Krebsprävention oder andere pleiotrope
Wirkungen von Vitamin D gilt, ist bislang ungewiss [30].
In unserer Studie hatten lediglich 6 % der Teilnehmerinnen eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung
(≥ 30 ng/ml) und knapp zwei Drittel wiesen erniedrigte Vitamin-D-Spiegel (< 20 ng/ml)
auf. Zwar kam Vitamin-D-Mangel in unserem Kollektiv deutlich häufiger vor, als in
anderen europäischen Studien beschrieben wurde, jedoch unterschieden sich diese Studien
in ihrer Wahl des Kollektivs bzw. in ihren Studienkriterien teilweise stark von der
vorliegenden Studie [32], [33], [34], [35].
Da die kutane Vitamin-D-Synthese stark vom Einfallswinkel der Sonnenstrahlen abhängt
[36], sind die in unserem Studienkollektiv gefundenen saisonalen Schwankungen des Vitamin-D-Spiegels
mit niedrigsten Werten im März (Mittelwert 14,65 ng/ml) und Maximalwerten im Oktober
und November (20,36 und 20,78 ng/ml) nicht verwunderlich. Der quantitative Aufenthalt
im Freien korrelierte hoch positiv, die Aufnahme Vitamin-D-reicher Nahrungmittel dagegen
gar nicht mit dem 25(OH)D-Spiegel. Bei Menschen unter 60 Jahren ist die kutane Synthese
mit bis zu 90 % Anteil der Hauptlieferant von Vitamin D, Nahrungsmittel spielen eine
eher untergeordnete Rolle im Vitamin-D-Haushalt [37], [38]. Anders scheint es in Ländern zu sein, in denen Nahrungsmittel wie Milchprodukte
und Zerealien mit Vitamin D fortifiziert werden. So konnte in einer systematischen
Übersichtsarbeit von OʼDonnell et al. [39] eine signifikant positive Wirkung von Produkten mit Vitamin-D-Zusätzen auf den Vitamin-D-Spiegel
gezeigt werden. Eine regelmäßige Einnahme von Vitamin-D-Präparaten ging in unserem
Kollektiv mit einer Erhöhung des Vitamin-D-Serumspiegel um durchschnittlich 40 % einher.
Auch häufige sportliche Aktivität zeigte eine positive Korrelation mit dem Vitamin-D-Spiegel,
da Sport häufig im Freien stattfindet [40], [41] und eine negative Korrelation zwischen Sport und BMI besteht [42], [43]. Der BMI wird ebenfalls als Einflussfaktor des 25(OH)D-Spiegels diskutiert, da sowohl
stark untergewichtige als auch adipöse Frauen weniger Haut der Sonne exponieren und
häufiger Aktivitäten im Freien meiden [44], [45]. Die Ergebnisse unserer Studie sprechen ebenfalls für einen inversen Zusammenhang
zwischen BMI und Vitamin D. Fettgewebe speichert Vitamin D und kann dem Blut daher
25(OH)D entziehen und so zu erniedrigten Vitamin-D-Serumwerten beitragen [46]. Auch ein genetischer Zusammenhang wird diskutiert. So zeigte sich in einer aktuellen
Arbeit von Vimaleswaran et al. mit 42 024 Probanden, dass Vitamin-D-Mangel gehäuft
bei Personen mit übergewichtsspezifischen Genvarianten auftrat [47].
Unsere Analysen zeigten eine inverse Assoziation zwischen BMI und Brustdichte. Neben
der Brustdichte gehört auch der BMI zu einem der wichtigsten Risikofaktoren vor allem
für postmenopausalen Brustkrebs [48]. Fettgewebszellen, die durch Aromatisierung Östrogene produzieren, begünstigen Zellproliferationen
sowie Mutationen und erhöhen sowohl die Brustdichte als auch das Brustkrebsrisiko
[49], [50]. Bei höherem BMI ist nicht nur der Gesamtkörperfettgehalt, sondern auch der Fettanteil
in der Brust erhöht, was ebenfalls die inverse Assoziation von BMI und Brustdichte
erklärt [51], [52].
Die postmenopausale Reduktion der mammografischen Dichte, wie sie sich auch in unseren
Daten zeigte, erklärt sich durch die Abnahme epithelialer und Stromazellen infolge
der Änderungen des Hormonhaushalts [53], [54]. Entsprechend war es auch nicht verwunderlich, dass beidseits erfolgte Ovarektomie
hochsignifikant mit einer geringeren Brustdichte einherging. Die Assoziation von Brustdichte
und Brustkrebsrisiko könnte auch genetisch bedingt sein [55], [56], [57].
Zusammenhang zwischen Vitamin D und Brustdichte
In unserer Analyse machte eine regelmäßige Einnahme von Vitamin-D-Präparaten eine
mittlere Brustdichte (ACR 3) knapp signifikant wahrscheinlicher als eine hohe Brustdichte
(ACR 4) (p = 0,05; [Tab. 3]: Modell 6). Vitamin-D-reiche Nahrungsmittel schienen dagegen nicht relevant für
die Brustdichte zu sein. In anderen Studien zur Assoziation von Vitamin D und Brustdichte
wurde meist lediglich die Aufnahme von Vitamin D durch die Nahrung mittels spezifischem
Fragebogen, nicht jedoch der Vitamin-D-Serumwert betrachtet. Bei postmenopausalen
Frauen zeigte sich dabei meist keine Korrelation [23], [24], [58], [59], [60], die Brustdichte von prämenopausalen Frauen schien dagegen signifikant invers mit
der Vitamin-D-Aufnahme assoziiert zu sein [22], [58], [59], [61]. Da in diesen Studien die prozentuale Brustdichte anstatt der von uns verwendeten
ACR-Klassifikation bestimmt wurde, ist nur ein eingeschränkter Vergleich möglich.
Soweit den Autoren bekannt wurde in lediglich einer Studie ebenfalls die ACR-Klassifikation
zur Bestimmung der Brustdichte verwendet [25]. Diese Studie fand einen marginal signifikanten inversen Zusammenhang von ACR und
Vitamin-D-Aufnahme bei Frauen mit hohem familiären Risiko für Brust- und Eierstockkrebs.
Prämenopausale Frauen, die regelmäßig Vitamin D substituierten, wiesen in unserem
Kollektiv bei einem relativ großen Regressionskoeffizienten (> 20) hochsignifikant
häufiger niedrigere Brustdichten auf als prämenopausale Frauen ohne Vitamin-D-Einnahme,
obwohl die Stichprobe dieser Auswertung deutlich kleiner war als die in Modell 6.
Bei postmenopausalen Frauen ließ sich kein derartiger Zusammenhang finden.
Ob die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten zumindest bei prämenopausalen Frauen zu einer
Senkung der Brustdichte führen könnte, ist damit noch nicht geklärt.
Unsere Ergebnisse sprechen für einen bedingten inversen Zusammenhang von 25(OH)D und
Brustdichte. Zwar machten nach multivariater Adjustierung niedrige Vitamin-D-Spiegel
das Vorliegen einer hohen Brustdichte (ACR 4) signifikant wahrscheinlicher, jedoch
unterschieden sich die Vitamin-D-Serumwerte der jeweiligen ACR-Gruppen 1–3 kaum voneinander.
Somit könnte vermutet werden, dass der Vitamin-D-Spiegel lediglich bei einer hohen
Brustdichte von Bedeutung sei. Die wenigen Studien zu dem Einfluss von Vitamin D auf
die mammografische Dichte hatten größtenteils postmenopausale Probandinnen und fanden
kaum Zusammenhänge [26], [62], [63], [64]. Die kürzlich von Bertrand et al. veröffentlichten Analysen zu 835 prämenopausalen
Frauen zeigten deutlich höhere prozentuale Brustdichtewerte bei Vitamin-D-Spiegeln
innerhalb des obersten im Vergleich zu Spiegeln im untersten 25(OH)D-Quartil [27]. Nach Einschluss des jeweiligen Brustkrebsrisikos zeigte sich jedoch, dass unter
Frauen mit hoher Brustdichte höhere Vitamin-D-Serumspiegel mit einem niedrigeren Risiko
für Brustkrebs korrelierten. Bei Frauen mit niedriger bis mittlerer Brustdichte konnte
keine derartige Assoziation gefunden werden. Dies würde wiederum im Einklang mit unseren
Ergebnissen stehen.
In für prä- und postmenopausale Frauen getrennten Regressionsanalysen zeigten sich
deutlich abweichende Ergebnisse zu Modell 1: Korrelierten BMI und ACR sowohl prä-
als auch postmenopausal weiterhin hochsignifikant invers miteinander, so war das Alter
lediglich postmenopausal invers mit der Brustdichte assoziiert. Bei prämenopausalen
Teilnehmerinnen ging höheres Vitamin D im Serum tendenziell mit einer niedrigeren
Brustdichte einher (p = 0,060 bei ACR 2 vs. ACR 4), postmenopausal konnte kein derartiger
Zusammenhang gefunden werden. Die Ergebnisse sprechen daher eher für einen primär
prämenopausalen Effekt von Serum-Vitamin D auf die Brustdichte. Postmenopausal scheint
25(OH)D dagegen von untergeordneteter Rolle für die Brustdichte zu sein. Aufgrund
der mit dem Abstand zur Menopause deutlich abnehmenden Brustdichte zeigte sich in
dem kleinen Kollektiv mit aktueller HT (n = 111) kein signifikanter Einfluss von aktueller
Hormontherapie auf die Brustdichte.
Fazit
Obwohl Vitamin D eine stark antiproliferative und immunmodulatorische Wirkung zugeschrieben
wird, lieferten Studien zu einem Zusammenhang von Vitamin D und Brustkrebs bisher
sehr heterogene Ergebnisse. Auch die Assoziation mit der Brustdichte als etabliertem
Risikofaktor für Brustkrebs wird sehr kontrovers diskutiert.
Die Ergebnisse unserer mit knapp 1000 Probandinnen großen Querschnittstudie sprechen
dagegen durchaus für eine inverse Relation zwischen Vitamin D und mammografischer
Dichte, die stark vom Menopausenstatus der Frau abhängig zu sein scheint. So zeigte
sich unter allen prämenopausalen Frauen auch nach multivariater Adjustierung für verschiedene
Einflussfaktoren der Brustdichte sowohl bei hohen 25(OH)D-Spiegeln als auch bei regelmäßiger
Vitamin-D-Substitution ein signifikant häufigeres Auftreten von niedrigerer Brustdichte
([Tab. 3], Modelle 2 und 7). Postmenopausal zeigte Vitamin D keine Korrelation mit ACR, BMI
und Alter korrelierten dagegen hochsignifikant invers mit der Brustdichte.
Zur Bestätigung der Hypothese eines primär prämenopausalen Zusammenhangs von Vitamin
D und Brustdichte sind weitere Untersuchungen notwendig. Im Rahmen eines Follow-ups
könnte neben möglichen Langzeitauswirkungen von 25(OH)D und Vitamin-D-Präparaten auf
die Brustdichte auch die Brustkrebsinzidenz erfasst werden. Ergebnisse dazu könnten
uns möglicherweise der erfolgreichen Prävention von Brustkrebs einen großen Schritt
näher bringen.
Unabhängig davon, wie wichtig Vitamin D in der Prävention von Brustkrebs ist, besteht
mittlerweile Einigkeit darüber, dass Vitamin-D-Mangel in der Bevölkerung sehr häufig
ist und nicht unterschätzt werden sollte. Die bereits bekannten, deutlich negativen
Konsequenzen auf die Knochendichte sowie die mögliche Verbindung zu einer Vielzahl
weiterer Krankheiten machen es umso wichtiger, den genauen Wirkmechanismus von Vitamin
D und seinen Derivaten im menschlichen Körper in weiteren Studien zu untersuchen und
zu verstehen.