Pneumologie 2022; 76(06): 425-441
DOI: 10.1055/s-0043-102772
Fort- und Weiterbildung

Asbestbedingte Berufserkrankungen – Ist der Gipfel der Inzidenz überschritten?

Asbestos-related Occupational Diseases – Has the Peak of Incidence been passed?
Alexandra M. Preisser
1   Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Hamburg, Deutschland
,
Julia Pieter
1   Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Hamburg, Deutschland
,
Eva Hampel
2   Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin, Hamburg, Hamburg
,
Natalie Reimers
1   Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Hamburg, Deutschland
,
Volker Harth
1   Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Hamburg, Deutschland
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Dieser Übersichtsartikel beleuchtet das Vorkommen und die Verwendung von Asbest bis heute, die Pathophysiologie der Krankheitsentstehung und die Krankheitsentitäten, welche als Berufskrankheiten in Deutschland anerkannt werden können. Darüber hinaus wird das Programm der Unfallversicherungsträger zur Früherkennung asbestbedingter Berufskrankheiten vorgestellt.

Kernaussagen
  • Asbest besteht aus langen, dünnen und biopersistenten Silikatfasern, welche aufgrund ihrer Stabilität und der guten Isoliereigenschaften zwischen 1950 und 1990 in Deutschland vielfältig eingesetzt wurden.

  • Auch heute noch kann es in bestimmten Berufsfeldern zu Asbestkontakt kommen, z.B. bei Umbau-, Sanierungs- und Renovierungsmaßnahmen. Schutzmaßnahmen nach den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) müssen im Umgang mit Asbest ergriffen werden; auch die Entsorgung asbesthaltiger Materialien unterliegt gesetzlichen Regelungen.

  • Nach dem Einatmen können Asbestfasern über eine chronische Entzündungsreaktion fibrotische Veränderungen an der Lunge, Pleuraplaques und Krebs verursachen. Es besteht eine lange Latenzzeit zwischen Exposition und dem Auftreten von ersten Symptomen; die Erkrankung wird in Deutschland nach durchschnittlich 35 Jahren festgestellt.

  • Auch wenn der Gipfel der Inzidenz ungefähr 2017 überschritten wurde, sind asbestbedingte Erkrankungen weiterhin relevant für die ärztliche Praxis und die Unfallversicherungsträger.

  • Bei dem Verdacht auf eine Berufskrankheit unterliegt jede Ärztin und jeder Arzt einer Meldepflicht. Hilfreiche Informationen und die notwendigen Formulare finden sich auf den Internetseiten der Unfallversicherungsträger.

  • Eine Asbestose ist nicht heilbar. Prävention ist also essenziell.

  • Es gibt ein Früherkennungsprogramm der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zur Früherkennung asbestbedingter Berufskrankheiten.

  • Für die Anerkennung als Berufskrankheit muss der Zusammenhang zwischen einer früheren Asbestexposition während einer versicherten beruflichen Tätigkeit und einer passenden Krankheitsentität (u.a. Pleuraplaques, Lungenfibrose, Lungenkrebs oder Mesotheliom) festgestellt werden.



Publication History

Article published online:
20 June 2022

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