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DOI: 10.1055/s-0043-105344
Ecthyma contagiosum (Orf) – vom Huf zum Fuß
Ecthyma contagiosum (Orf) – from Hoof to the FootZusammenfassung
Wir berichten über einen 53-jährigen Patienten, der sich im Mai 2016 bei uns vorstellte mit einem indolenten derb-palpablem Ulkus mit blassem Randwall und Umgebungserythem an der rechten medialen Fußkante ohne weitere Begleitsymptome. Anamnestisch gab der Patient auf Nachfrage an vor Auftreten der Beschwerden mit offenen Schuhen über eine Schafswiese gelaufen zu sein. In Zusammenschau von Anamnese, Klinik und im Verlauf durchgeführter Probebiopsie stellten wir die Diagnose eines Ecthyma contagiosum Orf.
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Abstract
A 53-year-old male patient presented in May 2016 with a firm painless ulcer with a milky elevated border surrounded by erythematous peripheral tissue on the medial aspect of the right foot. There were no additional symptoms. On enquiry the patient reported that prior to the appearance of the lesion he had walked across a meadow where sheep were kept. The patient had been wearing sandals. Due to this history, clinical features, and typical histology we diagnosed an Ecthyma contagiosum Orf.
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Einleitung
Das Ecthyma contagiosum Orf ist eine Zooanthroponose, die durch Kontaktinfektion mit Parapoxviren hervorgerufen wird und bei der es im Verlauf zum Auftreten umschriebener entzündlicher Knoten und Ulzerationen an der Haut kommen kann.
Erreger ist das Parapoxvirus ovis, früher Orf-Virus genannt. Es ist weltweit verbreitet und hoch infektiös. Erregerreservoir sind Hautkrusten und Borken betroffener Tiere, v. a. von Schafen und Ziegen. Das Virus haftet an geschädigten Hautstellen und vermehrt sich vorwiegend lokal.
Bei Schafen und Rindern kann sich die Erkrankung in Form pustulöser Hautveränderungen an Lippen, Nase, Ohren (labiale Form, „Maulgrind“), an Kronrand und Klauen (podale Form, „Fußgrind“), an Euter und Scham (genitale Form) und durch Erregervermehrung auch in den inneren Organen (maligne Form) manifestieren.
Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch direkten Hautkontakt mit dem erkrankten Tier, Kadavern oder infektiösen Abfällen.
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Kasuistik
Ein 53 Jahre alter Patient stellte sich erstmals Ende Mai 2016 mit einem Ulkus am rechten Fuß in unserer Klinik vor. Anamnestisch berichtete er, dass es im April 2016 zunächst zu leichtem Juckreiz und im Verlauf zur Ausbildung einer „Blase“ mit Umgebungsrötung und nachfolgender Erosion an der medialen Fußkante rechts gekommen sei. Bei Persistenz suchte er seinen Hausarzt auf, der lokaltherapeutisch mit Betaisadona Salbe und oral mit Doxycyclin 100 mg 1 × täglich per os behandelte. Hierunter sei es jedoch zu keiner Besserung gekommen, sondern zur Größenprogredienz des Befundes mit Auflagerung einer gelblich-schwarzen Kruste. Es erfolgte die Vorstellung bei einem chirurgischen Kollegen, der die Kruste kürettierte und ein darunter befindliches Ulkus freilegte, mit welchem der Patient zu uns überwiesen wurde. Bis auf den leichten Juckreiz wurden keine weiteren Begleitsymptome angegeben. Vorbestehende Gefäßerkrankungen, immunsuppressive Erkrankungen und Medikamente oder ein Diabetes mellitus wurden verneint. Mögliche Auslöser, wie Traumata, vorangegangene Infekte, Auslandsaufenthalte oder neu eingenommene Medikamente seien nicht erinnerlich. Auf genaue Nachfrage gab der Patient jedoch an, im Frühjahr mehrfach mit offenen Schuhen über die Schafswiese des Nachbarn gelaufen zu sein. Zudem hätten die Schafe wohl eine „Fuß“-Erkrankung gehabt mit offenen Stellen und Madenbefall („Fußgrind“).
Bei Vorstellung in unserer Klinik zeigte sich an der rechten medialen Fußkante ein ca. 3 × 3 cm großes, 2 mm tiefes, rundliches, derb-palpables, schmierig-gelblich belegtes Ulkus mit blass-gräulichem Randwall und Umgebungserythem ([Abb. 1]). Ein Routinelabor stellte sich unauffällig dar. Im mikrobiologischen Abstrich ließ sich Streptococcus gordonii nachweisen. Eine von uns durchgeführte Probeexzision im Randbereich des Ulkus zeigte gefäßreiches Granulationsgewebe, eine ballonierende Degeneration von Keratinozyten in der Epidermis sowie eine multilokuläre Bläschenbildung.
In Zusammenschau aller Befunde und der Anamnese stellten wir die Diagnose eines Ecthyma contagiosum Orf. Bei bakterieller Superinfektion des Ulkus und V. a. beginnendes Erysipel leiteten wir eine Therapie mit Unacid 3 g 3 × täglich intravenös ein, die wir insgesamt 7 Tage fortführten und im Verlauf antibiogrammgerecht um Clindamycin 300 mg 4 × täglich per os für insgesamt 10 Tage ergänzten. Lokaltherapeutisch behandelten wir zudem antiseptisch mit Prontosan Gel® und Mepitel® 1 × täglich.
Bei einem Telefonat im November 2016 gab der Patient an, dass das Ulkus bereits im Juli 2016 abgeheilt gewesen sei und man aktuell nur noch eine leichte Hyperpigmentierung der Haut im Bereich der rechten medialen Fußkante sehen würde.
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Diskussion
Das Ecthyma contagiosum (Orf) ist eine virale Hauterkrankung, die beim Menschen erstmals 1934 von Newson und Cross beschrieben wurde [1]. Sie tritt endemisch bei Schafen und Ziegen auf und kann durch Kontakt auf den Menschen übertragen werden.
Erreger ist das Parapoxvirus ovis, ein quaderförmiges, doppelsträngiges DNA-Virus, welches zur Gruppe der Pockenviren zählt [2]. Das Virus ist äußerst widerstandsfähig und kann in den Wintermonaten an Zäunen, in Futtertrögen und in Scheunen überleben [3]. Schafe und Ziegen infizieren sich durch direkten Kontakt und können pustulöse Hautveränderungen an Maul, Klauen und Genitalien entwickeln [4]. Gerade Jungtiere sind besonders anfällig, sodass eine Häufung des Ecthyma contagiosum beim Menschen vor allem im Frühjahr auftritt, wie auch im hier vorliegenden Fall geschehen.
Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch direkten Hautkontakt mit erkrankten Tieren oder infektiösen Tierprodukten, sodass beruflich exponierte Personen, wie Viehpfleger, Tierärzte und Landwirte, häufig betroffen sind [5]
[6].
Die Hauterscheinungen treten im Bereich der Kontaktstelle, also meist an den Händen, seltener im Gesicht oder an anderen Lokalisationen, nach einer Inkubationszeit von ca. 3 – 10 Tagen auf.
Die Infektion durchläuft sechs jeweils einwöchige Stadien [5] [6] [7]:
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Zunächst entstehen einzelne oder mehrere, derbe, bis 2 – 3 cm große livid-erythematöse Knoten (makulopapulöses Stadium).
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Im Verlauf entwickelt sich eine zentrale Rötung, mit umgebendem weißen, eleviertem Ring und erythematösem Hof (Kokardenstadium).
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Nachfolgend kommt es zu einer seröser Exsudation und
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Ausbildung einer mit gelb-schwarzer Kruste bedeckten Papel,
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deren Oberfläche sich papillomatös umwandelt.
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Ab der 6. Woche bildet sich die Papel in der Regel zurück, die Kruste wird abgestoßen und es findet eine narbenlose Abheilung statt.
Bis auf eine mögliche regionäre Lymphadenopathie treten meist keine Begleitsymptome auf.
Die Diagnose lässt sich oft bereits anhand der typischen Klinik in Kombination mit einer entsprechenden Expositionsanamnese stellen. Bei der dermatohistologischen Untersuchung des erkrankten Gewebes zeigt sich gefäßreiches Granulationsgewebe und in der Epidermis eine ballonierende Degeneration von Keratinozyten sowie eine multilokuläre Bläschenbildung [8]. Zur Bestätigung der Diagnose kann ein Antigen- und elektronenmikroskopischer Nachweis des Virus aus Effloreszenzmaterial erfolgen sowie ein ELISA im Serum [9].
Da das Ecthyma contagiosum eine selbstlimitierende Erkrankung ist, die in der Regel nach 5 – 6 Wochen narbenlos abheilt, werden therapeutische Maßnahmen vor allem zu Vermeidung einer Sekundärinfektion angewendet. Dies erfolgt zumeist mit lokal desinfizierenden Substanzen. Kryochirurgie, oberflächliche Abtragung und die Anwendung von Imiquimod lokal können den Heilungsverlauf beschleunigen [10] [11].
Vorbeugenden Maßnahmen ist eine wichtige Bedeutung beizumessen. Infizierte Tiere sollten umgehend isoliert werden. Ferner empfiehlt sich eine gute Handhygiene bei Menschen, die Umgang mit potenziell infizierten Tieren haben und die Verwendung von Schutzhandschuhen. In dem hier beschriebenen Fall haben wir jedoch die Verwendung von festem, geschlossenem Schuhwerk beim nächsten geplanten Spaziergang über eine Schafswiese empfohlen.
Was sich in dieser Kasuistik (wieder einmal) deutlich zeigt, ist der nicht zu unterschätzende Stellenwert einer sorgfältigen Anamnese – in diesem Fall bezüglich eines Tierkontaktes. Bei klinisch klassischem Bild eines Ecthyma conatgiosum sollte man nicht aufhören nach einer möglichen Infektionsquelle zu suchen, da die positive Expositionsanamnese erheblich zur Diagnosestellung beiträgt.
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Interessenkonflikt
Die Autorinnen geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
- 1 Newson IE, Cross F. Sore mouth in sheep transmissible to man. J Am Vet Man Ass 1934; 84: 790-802
- 2 Bodilsen J, Leth S. Orf Parapoxvirus can infect humans after relevant exposure. Ugeskr Laeger 2013; 175: 1121-1122
- 3 Duchateau NC, Aerts O, Lambert J. Autoinoculation with Orf virus (ecthyma contagiosum). Int J Dermatol 2014; 53: e60-e62
- 4 Spyrou V, Valiakos G. Orf virus infection in sheep or goats. Vet Microbiol 2015; 181: 178-182
- 5 Georgiades G, Katsarou A, Dimitroglou K. Human orf (ecthyma contagiosum). J Hand Surg Br 2005; 30: 409-411
- 6 Chahidi N, de Fontaine S, Lacotte B. Human orf. Br J Plast Surg 1993; 46: 532-534
- 7 Meier R, Sommacal A, Stahel A. et al. Orf – an orphan disease?. JRSM Open 2015; 6: 1-3
- 8 Fleming SB, Wise LM, Mercher AA. Molecular genetic analysis of orf virus: a poxvirus that has adapted to skin. Viruses 2015; 7: 1505-1539
- 9 Hartmann AA, Büttner MB, Stanka F, Elsner P. Sero- und Immunodiagnostik bei Parapoxvirus-Infektion des Menschen. Hautarzt 1985; 36: 663-669
- 10 Degraeve C, De Coninck A, Senneseael J, Roseeuw D. Recurrent contagious ecthyma (Orf) in an immunocompromised host successfully treated with cryotherapy. Dermatology 1999; 198: 162-163
- 11 Erbagci Z, Erbagci I, Almila Tuncel A. Rapid improvement of human orf (ecthyma contagiosum) with topical imiquimod cream: report of four complicated cases. J Dermatolog Treat 2005; 16: 353-356
Korrespondenzadresse
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Literatur
- 1 Newson IE, Cross F. Sore mouth in sheep transmissible to man. J Am Vet Man Ass 1934; 84: 790-802
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