Dtsch Med Wochenschr 2017; 142(09): 694-695
DOI: 10.1055/s-0043-105591
Facharztfragen
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Refluxkrankheit

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Publication Date:
28 April 2017 (online)

Zu Ihnen kommt eine 54-jährige Frau. Sie klagt über immer wieder, zuletzt fast täglich auftretendes Sodbrennen. Welche Fragen stellen Sie, um die Ursachen des Beschwerdebilds näher einzugrenzen?
Antwort

Auslöser (Süßes, Saures, Nikotin, Koffein, Alkohol)? Aggravierung der Beschwerden beim Liegen oder Bücken? Linderungsmöglichkeiten?

Kommentar

Typische Anamnese der Refluxkrankheit:

  • Auslösung der Beschwerden durch bestimmte Nahrungsmittel und Getränke

  • Hochbringen von Speisen beim Bücken und im Liegen

  • promptes Ansprechen auf säureblockierende Medikamente

Welche Untersuchung führen Sie durch?
Antwort

Obere Intestinoskopie.

Kommentar

Obere Intestinoskopie bei V. a. Refluxkrankheit, Ausschluss/Nachweis von:

  • entzündlichen Veränderungen

  • refluxbegünstigenden Faktoren (Kardiainsuffizienz, Hiatushernie)

  • konkurrierenden Erkrankungen (Ösophaguskarzinom, Achalasie, epiphrenisches Divertikel)

  • Langzeitkomplikationen der Refluxerkrankung (peptische Stenose, Barrett-Epithel, Adenokarzinom des distalen Ösophagus)

Sie haben bei der o. g. Patientin eine obere Intestinoskopie durchgeführt. Abgesehen von einer leichten Kardiainsuffizienz können Sie keinen auffälligen Befund erheben. Was liegt bei dieser Patientin vor?
Antwort

Höchstwahrscheinlich das Bild der endoskopisch unauffälligen gastroösophagealen Refluxkrankheit.

Kommentar

Bei den weitaus meisten Patienten finden sich trotz typischer Anamnese keine akuten oder chronischen entzündlichen Veränderungen im distalen Ösophagus. Man unterscheidet nach dem Ergebnis der Spiegelung:

  • endoskopisch positive gastroösophageale Refluxkrankheit = ERD (Erosive Reflux Disease, erosive Refluxkrankheit)

  • endoskopisch negative gastroösophageale Refluxkrankheit = NERD (Non-Erosive Reflux Disease, nicht erosive Refluxkrankheit)

Merke

Im klinischen Alltag ist die NERD wesentlich häufiger als die ERD.

Wie sichern Sie nun bei dieser Patientin die Diagnose?
Antwort

PPI-Test (PPI: Protonenpumpen-Inhibitor).

Kommentar

PPI-Test:

Gabe eines PPI, z. B. 40 mg Pantoprazol. Nach wenigen Tagen ist eine eindeutig spürbare oder komplette Beschwerdelinderung zu erwarten. Hierdurch kann die säurebedingte Genese der Beschwerden als fast gesichert angesehen werden. Der PPI-Test reicht – nach Durchführung einer Spiegelung – für die Diagnose einer Refluxkrankheit in der täglichen Praxis in aller Regel aus.

Welche zusätzlichen Untersuchungsmöglichkeiten bestehen zur weiteren Eingrenzung refluxbedingter Beschwerden?
Antwort

24-Stunden-pH-Metrie, Manometrie, Röntgenuntersuchung.

Kommentar

24-Stunden-pH-Metrie:

  • Registrierung der Dauer und Häufigkeit von Refluxepisoden

  • PPI 1 Woche vor Durchführung der Untersuchung absetzen

Manometrie:

  • Nachweis eines inkompetenten unteren Ösophagussphinkters

  • insbesondere vor operativer Sanierung angezeigt

Radiologische Untersuchung:

  • im Nachweis axialer Gleithernien der Endoskopie überlegen

Sie haben einen Patienten endoskopiert, der monatelang unter Sodbrennen gelitten hatte. Dabei haben Sie eine erosive Refluxösophagitis gesehen. Sie planen jetzt die Therapie. Können Sie uns Ihre Therapieziele nennen?
Antwort

Im Vordergrund steht die Beschwerdelinderung für den Patienten, nachgeordnet das Verhindern eines Rezidivs. Langfristig: Verhinderung von Komplikationen der Refluxkrankheit.

Kommentar

Ziele der Antirefluxtherapie:

  • Linderung der Beschwerden

  • Verhinderung des Rezidivs

  • Verhinderung der Komplikationen

Wie wird die Refluxkrankheit behandelt?
Antwort

Mit Protonenpumpenhemmern.

Kommentar

Behandlung der Refluxkrankheit mit PPI:

  • primär Wahl eines hochwirksamen Medikaments in hoher Dosierung (Step-down-Therapie), nicht mit Antazida o. Ä. beginnen

  • individuell notwendige Dosis finden (normale therapeutische Dosis oder halbe therapeutische Dosis), individuell notwendiges Einnahmeintervall finden (täglich, alle 2 Tage, intermittierend)

  • bei Rezidivneigung Langzeitrezidivprophylaxe

Warum geben Sie eigentlich PPI und nicht H2-Blocker bei der Refluxerkrankung?
Antwort

PPI sind stärker und länger wirksam.

Kommentar

Vorteile der PPI in der Therapie der Refluxkrankheit:

  • PPI bewirken eine fast 100 %ige Säuresuppression, H2-Blocker nur eine 50 %ige.

  • PPI wirken schneller bei der Refluxerkrankung.

  • PPI beugen wirksamer einem Rezidiv vor als H2-Blocker.

Welches sind denn die gravierendsten Komplikationen der Refluxkrankheit?
Antwort

Die gravierendste Komplikation ist das distale Adenokarzinom des Ösophagus auf dem Boden eines Barrett-Epithels, nicht selten sind peptische Stenosen.

Kommentar

Gravierende Komplikationen der Refluxkrankheit:

  • Barrett-Ösophagus, Dysplasien, Adenokarzinom

  • Ulzerationen und Blutungen

  • peptische Stenose

  • nicht-ösophageale Veränderungen: refluxassoziierte Laryngitis, refluxassoziiertes Asthma bronchiale, refluxassoziierte Lungenfibrose

Sie haben einen Patienten mit ausgeprägten Refluxbeschwerden gespiegelt. Als einzigen Befund haben Sie eine Kardiainsuffizienz gesehen. Entzündliche Veränderungen bestehen nicht. Der Patient hat einen Bericht im Fernsehen gesehen, danach soll für Menschen mit Sodbrennen ein erhöhtes Risiko für den Speiseröhrenkrebs bestehen. Was sagen Sie ihm?
Antwort

Sein Krebsrisiko ist nicht erhöht.

Merke

Das Stadium der NERD ist in über 95 % der Fälle über viele Jahre nicht progredient.

Aber sollten Sie nicht trotzdem sicherheitshalber mit einer gewissen Regelmäßigkeit endoskopisch kontrollieren?
Antwort

Nein.

Kommentar

Eine endoskopische Kontrolle bei NERD ist nicht nötig.

Ein 72-jähriger Mann klagt über immer wieder auftretendes Sodbrennen. Manchmal 2 – 3 ×pro Woche, dann wieder mehrere Wochen Ruhe. Die Beschwerden sind relativ gering ausgeprägt, sogenannte Alarmsymptome bestehen nicht. Ansonsten ist der Mann beschwerdefrei. Einer Spiegelung steht er ablehnend gegenüber. Was tun Sie?
Antwort

Ich empfehle, trotzdem zu spiegeln. Eine frühzeitige Endoskopie wird auch bei Fehlen von Alarmsymptomen empfohlen.

Kommentar

Frühzeitige Endoskopie bei Refluxerkrankung:

  • definitive Diagnosesicherung

  • Festlegung des Schweregrads (Index-Endoskopie)

  • sicherer Ausschluss eines Malignoms

  • ggf. Patientenberuhigung

Sie haben einen Patienten mit Refluxbeschwerden gespiegelt und eine erosive Refluxösophagitis diagnostiziert. Welche weiteren Untersuchungen führten Sie durch?
Antwort

Keine.

Kommentar

Bei der endoskopisch nachgewiesenen Refluxösophagitis ist in der Regel keine weitere Diagnostik notwendig. Die makroskopische Diagnose ist ausreichend sicher.

Sie spiegeln einen Patienten mit Refluxbeschwerden und erkennen deutliche Erosionen im distalen Ösophagus, Sie diagnostizieren eine Refluxösophagitis Stadium C. Sollen hier Proben entnommen werden?
Antwort

Nein.

Kommentar

Die Frage wurde oben schon beantwortet. Auch bei Erosionen, Erythem, Schwellung wird keine Probenentnahme empfohlen, wenn ein Barrett-Ösophagus ausgeschlossen werden kann.

Und wie verhalten Sie sich, wenn Sie Ulzerationen sehen?
Antwort

Dann sollten Proben entnommen werden.

Kommentar

Probenentnahme bei Refluxösophagitis:

  • Barrettepithel

  • Ulzeration

  • exophytische Läsion

  • Stenosen

Halten Sie die Gabe von Antazida bei Refluxbeschwerden für gerechtfertigt?
Antwort

Ja, mit Einschränkungen. Viele Patienten berichten über eine Linderung ihrer Beschwerden unter Antazida.

Kommentar

Die Frage ist nicht einfach zu beantworten. Hier besteht eine große Bandbreite unterschiedlichster Ansichten. Derzeit lässt sich Folgendes sagen:

  • Die Antazida spielen eine große Rolle in der Selbstmedikation des Patienten vor Aufsuchen eines Arztes, sie scheinen hier eine gewisse Linderung zu bringen.

  • Der Wert von Antazida in der Behandlung erosiver Ösophagitiden ist durch klinische Studien nicht belegt.

  • Die Trennung zwischen endoskopisch negativer Refluxkrankheit und nicht-ulzeröser Dyspepsie vom Refluxtyp ist nicht immer möglich.

  • Der Plazeboeffekt jeglicher Medikation ist bei nicht ulzeröser Dyspepsie beachtlich (bis 30 %).

  • Von mehrmals täglichen Antazidagaben über längere Zeiträume wird abgeraten.

Nach: Berthold Block,

Facharztprüfung Innere Medizin,

3000 kommentierte

Prüfungsfragen.

5., vollständig überarbeitete

Auflage 2017

ISBN 9783 131 359 551