Laryngorhinootologie 2017; 96(06): 388-389
DOI: 10.1055/s-0043-105796
Der interessante Fall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hirnnervenlähmung nach endonasaler, endoskopischer Nasennebenhöhlenoperation. Fallbericht

Cranial Nerve Paralysis after Functional Endoscopic Sinus Surgery. Case Report
Ioannis Nikolaos Kotrotsos
1   ENT, Universitätsklinikum Würzburg
,
Johannes Schultz
1   ENT, Universitätsklinikum Würzburg
,
Irene McMahon
1   ENT, Universitätsklinikum Würzburg
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. Juli 2017 (online)

Fallbericht

Eine 57-jährige Patientin stellte sich uns mit einer chronischen Rhinosinusitis sowie mit vergrößerten unteren Nasenmuscheln beidseits vor. Als Nebendiagnosen waren Rheuma und ein stattgehabter Bandscheibenprolaps der Halswirbelsäule bekannt. Bei der präoperativen HNO-ärztlichen Untersuchung fanden sich keine Nervenlähmungen oder sonstigen neurologischen Auffälligkeiten. Die Patientin war zum Zeitpunkt der Operation gesund und bis auf die Symptome der chronischen Rhinosinusitis beschwerdefrei.

Die transorale Intubation mit einem 7er Woodbridge-Tubus auf 22 cm durch den Kollegen der Anästhesie erfolgte komplikationslos mittels eines 3er Macintosh-Spatels. Der Tubus wurde im linken Mundwinkel klebefixiert, der Cuff mit 30 cm H2O geblockt. Die Lunge war zu allen Zeiten bds. ventiliert. Der Nacken der Patientin wurde auf Grund des stattgehabten zervikalen Bandscheibenprolaps bei der Intubation nur minimal überstreckt. Während der Nasennebenhöhlenoperation wurde der Kopf in Neutralposition bzw. leicht antekliniert gelagert.

Die endonasale, endoskopische Nasennebenhöhlenoperation wurde ohne Besonderheiten oder intraoperative Komplikationen durchgeführt (Uncinektomie mit Kieferhöhlenfensterung Grad 2 bds., sowie Lateralisation der unteren Nasenmuscheln bds.). Aus anästhesiologischer Sicht war der peri- und postoperative Verlauf, bis auf ein PONV im Aufwachraum, unauffällig. Der behandelnde Anästhesist berichtete nicht über eine Heiserkeit oder Schluckstörung der Patientin während der Zeit im Aufwachraum.

Die postoperative Behandlung unterschied sich nicht von der sonst üblichen Vorgehensweise.

Am ersten postoperativen Tag fiel eine Schluckstörung, sowie Heiserkeit bei der Patientin auf, die laut der Patientin schon seit dem Abend des OP-Tages bestand. Die HNO-ärztliche Untersuchung zeigte klinisch eine Abweichung der Zunge nach rechts ([Abb. 1]) sowie eine Motilitätsstörung der rechten Stimmlippe ohne Zeichen eines Hämatoms oder Ödems in diesem Bereich. Um eine zentrale Ursache der Symptome auszuschließen, wurde zunächst eine CT und eine MRT des Kopfes und des Halses durchgeführt, die eine unauffällige Darstellung der untersuchten Regionen erbrachten. Die zusätzliche klinische neurologische Untersuchung zeigte eine isolierte Parese des N. hypoglossus und des N. laryngeus recurrens rechts ohne sonstige neurologische Auffälligkeiten. Es erfolgte eine phoniatrische Vorstellung der Patientin. Eine fiberendoskopische Schluckdiagnostik (mod. nach Schröter-Morasch) sowie eine Lupenlaryngoskopie und Stroboskopie erbrachten eine oropharyngeale Dysphagie bei Hypoglossusparese rechts sowie einen paramedianen Stimmlippenstillstand rechts bei Recurrensparese rechts ([Abb. 2]). Die Motorik der Lippen, sowie die Sensibilität der Lippen, der vorderen Gaumenbögen, der Zunge, und der Rachenhinterwand war nicht eingeschränkt. Die Gaumensegel waren mobil. Der Würgereflex an der Rachenhinterwand war auslösbar.

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Abb. 1
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Abb. 2

Die Patientin wurde während des stationären Aufenthaltes mit einer intravenösen Korticosteroidtherapie (Prednisolon 250 mg einmal täglich über 3 Tage) behandelt. Zudem erhielt die Patientin ein logopädisches Schlucktraining.

Die HNO-ärztliche Untersuchung 4 Wochen postoperativ zeigte eine deutliche Besserung der Zungenparese mit nur noch sehr geringer, kaum sichtbarer Abweichung nach rechts ([Abb. 3]), ebenso wie eine nur noch geringe Minderbeweglichkeit der rechten Stimmlippe. Klinisch bestand noch eine hörbare Heiserkeit. Die Patientin berichtete, dass sie die Schluckstörung nur noch manchmal bemerke und im Großen und Ganzen nun wieder ohne Schwierigkeiten essen und trinken könne.

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Abb. 3

Es wurde eine Abschlusskontrolle 5 Monate postoperativ veranlasst.

In der Abschlusskontrolle nach 5 Monaten zeigte sich ein vollständiger Rückgang der Zungenparese. Eine Abweichung der Zunge war nicht mehr zu erkennen ([Abb. 4]). Die Stimmlippenmotilität war ebenfalls wieder nahezu normal. Die Heiserkeit bestand noch gelegentlich. Eine Schluckstörung bzw. Schwierigkeiten beim Essen und Trinken bestanden laut der Patientin nicht mehr.

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Abb. 4