Zusammenfassung
Hintergrund Die Stigmatisierung von Patienten mit Krebs kann weitreichende Folgen haben, sowohl für den einzelnen Betroffenen als auch für die Gesellschaft. Quantitative Untersuchungen zur Stigmatisierung von erwerbstätigen Patienten mit Krebs liegen bisher kaum vor. Ziel der vorliegenden Studie ist die Untersuchung der wahrgenommenen Stigmatisierung von Patienten mit Krebs in Abhängigkeit vom Erwerbsstatus sowie die Beeinflussung wahrgenommener Stigmatisierung durch soziodemografische, krankheits- und berufsbezogene Prädiktoren.
Methoden Im Rahmen einer bizentrischen Studie wurden 858 Patienten mit Brust-, Darm-, Lungen oder Prostatakrebs quantitativ befragt, von denen n=305 erwerbstätig waren und in die Auswertung eingingen (Altersdurchschnitt 55 Jahre, 43% weiblich, 47% Brustkrebs). Als Vergleichsgruppe wird aus unserem Datensatz ein gematchtes Sample nicht-Erwerbstätiger (n=213) herangezogen. Neben Fragen zu arbeits- und gesundheitsbezogenen Aspekten wurde Stigmatisierung mit dem SIS-D erfasst (Social Impact Scale). Die Daten werden uni- und multivariat ausgewertet.
Ergebnisse Erwerbstätige, v. a. Patienten mit Prostatakrebs und Brustkrebs, sind in nahezu allen Dimensionen weniger stigmatisiert (p<0,01) als nicht-Erwerbstätige, mit Effektstärken zwischen d=0,35–0,97. Den stärksten Einfluss auf die wahrgenommene Stigmatisierung hat das Merkmal geringe Unterstützung durch den Arbeitgeber, weitere Prädiktoren sind ein schlechter Gesundheitszustand, geringe psychische Arbeitsfähigkeit und Diagnose Brustkrebs (R2 des finalen Modells=0,35).
Schlussfolgerung Die Erwerbstätigkeit von Patienten mit Krebs steht im Zusammenhang mit geringerer wahrgenommener Stigmatisierung. Berufsbezogene Stigmatisierung ist v. a. vom Arbeitsumfeld bzw. der unterstützenden Einstellung des Arbeitgebers abhängig.
Abstract
Background The stigma of cancer patients can lead to far-reaching consequences, both for the individual and for the society. Quantitative studies on the stigmatization of cancer patients are scarce. The present study assessed the stigma of cancer patients in relation to their status of employment, and analyzes sociodemographic, disease and occupational predictors.
Methods In a bicentric study, 858 patients with breast, bowel, lung or prostate cancer were included. Of these, n=305 were employed and entered into the analyses (age average 55 years, 43% female, 47% breast cancer). As a comparison group, a matched sample of non-employed persons (n=213) is used from our data set. In addition to questions on work and health aspects, stigmatization was measured using the SIS-D (Social Impact Scale). The data are evaluated uni- and multivariable.
Results Employed persons with prostate or breast cancer are less stigmatized (p<0.01) than non-employed persons, with effects between d=0.35–0.97. The strongest influence on perceived stigma is the lack of support from the employer, further predictors are poor health, low mental workability and diagnosis of breast cancer (R2 of the final model=0.35).
Conclusion The employment of cancer patients is associated with lesser perceived stigmatization. Occupational stigmatization depends above all on the work environment or the employer’s supportive attitude.
Schlüsselwörter
Krebs - Stigma - Psychoonkologie - Arbeitsplatzdiskriminierung - Krebsüberlebende
Key words
cancer - stigma - psychooncology - workplace discrimination - cancer survivors