Zusammenfassung
Hintergrund Der Video-Kopfimpulstest (V-KIT) etabliert sich zunehmend in der Abklärung von Schwindel und Gleichgewichtsstörungen und
ergänzt die Funktionsprüfung des Vestibulo-okulären Reflexes (VOR). Die Videoaufzeichnung soll eine objektive Auswertung ermöglichen und
helfen, die Diagnose einer peripher-vestibulären Störung (PVS) zu sichern. Dies muss in der klinischen Routine noch bestätigt werden.
Material und Methode In einer Beobachtungsstudie wurden 171 konsekutive, unselektierte Patienten mit Schwindel einer
HNO-Universitätsklinik nach konventioneller klinischer und apparativer Abklärung unter Einschluss einer kalorischen Prüfung in
Diagnosegruppen aufgeteilt. Zusätzlich wurde bei allen Patienten ein V-KIT in horizontaler Ausrichtung durchgeführt. Dieser wurde dann
bezüglich der Größe des Gain, der Gain-Asymmetrie (GA) sowie des Auftretens von Catch-up Sakkaden (CS) in den Diagnosegruppen ausgewertet.
Zusätzlich wurde die GA mit der aus der kalorischen Prüfung berechneten Seitendifferenz (Canal Paresis, CP) verglichen.
Ergebnisse Bei den Patienten mit einseitiger PVS trat in 31 % ein pathologischer Gain (definiert als < 0,8) auf, die
durchschnittliche GA betrug 4,53 % (± 16,7 %) und es traten bei 60 % CS auf. Bei den Patienten mit zentraler Schwindelgenese trat bei 28 %
ein pathologischer Gain auf, die durchschnittliche GA betrug -1,56 % (± 17,9 %) und es traten bei 45 % CS auf. Isolierte Covert-Sakkaden
traten nur vereinzelt auf. Die GA korrelierte nicht mit der Seitendifferenz aus der kalorischen Prüfung (p = 0,114).
Schlussfolgerung Die klinisch wichtige Zuordnung einer zentralen oder peripher-vestibulären Schwindelursache ist an Hand des V-KIT in
der untersuchten Kohorte nicht möglich.
Abstract
Objective Video-head impulse test (V-HIT) is more and more becoming a routine test in patients with vertigo, contributing information
about the vestibulo-ocular reflex (VOR). According to Ewald’s second law, the unilateral pathological test points to this side’s peripheral
organ as being diseased. The value in clinical routine is still unclear.
Material and Methods 171 consecutive patients with vertigo that had received a V-HIT and caloric testing at presentation in an
academic ENT-department were included. By chart-review, they were categorized in different groups with unilateral peripheral, central and
other etiology of vertigo, irrespective of their V-HIT result. Then the latter was analyzed within the different groups with respect to
Gain, Gain-Asymmetry (GA) and Catch-up Saccades (CS). Canal Paresis (CP) from caloric testing was compared to GA.
Results In patients with unilateral peripheral disease, 31 % showed a pathological gain (< 0.8), the mean GA was 4.53 % (± 16.72 %)
and 60 % had CSs. In patients with presumed or assured central etiology, these data were 28 %, −1,56 % (± 17,89 %) and 45 %. Isolated CS
occurred only sporadically. CP was not correlated with GA in all groups (p = 0,114).
Conclusion In this study V-HIT showed little diagnostic use, especially in separating peripheral from central disease. The lacking
correlation between asymmetry in caloric testing and asymmetry of V-HIT gain challenges current pathophysiological concepts of impaired
VOR.
Schlüsselwörter
Schwindel - Video-Kopfimpulstest - Kalorik - kalorische Prüfung - Gain-Asymmetrie - Catch up Sakkaden - vestibulo-okulärer Reflex - peripher vestibuläre Funktionsstörung - Vestibulopathie - zentralnervöse Schwindelursache
Key words
vertigo - Video head Impulse Test - caloric testing - canal paresis - vestibulo ocular reflex - central vertigo