Pneumologie 2018; 72(02): 95
DOI: 10.1055/s-0043-122760
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pulmonale arterielle Hypertonie nach Methamphetamin-Missbrauch

Zamanian RT. et al.
Features and Outcomes of Methamphetamine Associated Pulmonary Arterial Hypertension.

Am J Respir Crit Care Med 2017;
DOI: 10.1164/rccm.201705-0943OC.
Further Information

Publication History

Publication Date:
20 February 2018 (online)

 

    Methamphetamin (Crystal Meth) und Amphetamin haben seit den 1990er Jahren den Missbrauch von Kokain überholt und stehen nun nach Cannabis an 2. Stelle. Aufgrund der lungentoxischen Effekte wurde es als „wahrscheinliche“ Ursache für eine pulmonale arterielle Hypertonie (PAH) eingestuft. Die Autoren stellen Klinik, Histopathologie und Prognose der mit Methamphetamin assoziierten PAH (Meth-APAH) Im Vergleich zur idiopathischen PAH dar.


    #

    Studien zufolge gaben 3,8 % der Europäer sowie 2,2–5,8 % der Bewohner der USA an, in ihrem Leben bereits (Meth-)Amphetamin konsumiert zu haben. Diese Substanzen bewerten Experten als „wahrscheinliche“ Ursache für eine PAH. In dieser prospektiven Kohortenstudie verglichen die Autoren klinische Merkmale und Verlauf von Meth-APAH und iPAH. Mit der Diagnose PAH wurden zwischen 2003 und 2015 untersuchte Patienten eingeschlossen, die einen mittleren Pulmonalarteriendruck von ≥ 25 mmHg und einen Wedge-Druck von ≤ 15 mmHg in Ruhe aufwiesen. Ausschlusskriterien waren HIV-Infektion, signifikante pulmonale Obstruktion oder Restriktion sowie kardiovaskuläre Probleme, die eine PAH verursachen können. Auch Patienten, die Appetitzügler oder Nichtamphetamine wie Kokain konsumierten, nahmen nicht an der Studie teil.

    Als Meth-APAH definierten die Autoren eine PAH bei einer Person, die über mindestens 3 Monate (Meth-)Amphetamin häufiger als 3-mal/Woche verwendet hatte. Primärer Endpunkt der Studie war die Zeit bis zum Tod (jeder Ursache), zur Herz- bzw. Lungentransplantation oder stationärer Aufnahme wegen Rechtsinsuffizienz.

    Die 90 Patienten mit Meth-APAH hatten im Median 60 Monate lang kontinuierlich die Droge konsumiert. 70 % gaben eine tägliche Nutzung an, die meisten rauchten bzw. inhalierten die Substanz. Bei 20 % der Konsumenten ließ sich die Substanz im Urin nachweisen.

    Im Median wurden die Patienten 47,2 Monate in der Studie nachverfolgt. Zwischen den Patienten mit Meth-APAH und den 97 Patienten mit iPAH zeigten sich keine deutlichen Unterschiede bezüglich Alter, BMI oder Einkommen. Vom Auftreten der Symptome bis zur Erstdiagnose war in beiden Gruppen gleich viel Zeit vergangen und in beiden Gruppen erhielt die Mehrheit keine Medikation oder eine Monotherapie. 60,3 % (iPAH) und 46,7 % (Meth-APAH) waren compliant.

    In der Gruppe der Meth-APAH gab es im Vergleich weniger Frauen (63,3 % versus 82,5 %), mehr Personen weißer Hautfarbe (78,9 % versus 52,6 %), mehr Raucher (77,8 % versus 32 %) und deutlich mehr Patienten, die in Bezug auf den funktionellen Allgemeinzustand den WHO-Klassen III oder IV zuzuordnen waren. Ergebnisse im 6-Minuten-Gehtest waren in beiden Gruppen gleich, bei den Meth-APAH-Patienten normalisierte sich die Herzfrequenz aber in den folgenden 2 Minuten deutlich langsamer. Die Lungenfunktionswerte waren grundsätzlich in beiden Gruppen ähnlich; alle Patienten wiesen hämodynamische Werte wie bei schwerer PAH auf. Kardial fielen in der Meth-APAH-Gruppe jedoch im Vergleich ein deutlich höherer rechtsartrialer Druck, ein niedrigeres Schlagvolumen (Herzindex) sowie allgemein fortgeschrittenere Symptome einer Herzinsuffizienz auf.

    Ein Ereignis im Sinne des primären Endpunkts erlitten im Studienverlauf 57,8 % der Meth-APAH- und 40,2 % der iPAH-Patienten. Gemäß der Kaplan-Meier-Analyse ließen sich ereignisfreie 5- und 10-Jahres-Überlebensraten von 47,2 % und 25 % für Meth-APAH versus 64,5 % und 45,7 % für iPAH errechnen. Die Diagnose einer Meth-APAH ging mit einer Hazard Ratio von 1,66 (95 % CI 1,09−2,52; p = 0,02) für ein Ereignis einher. Auch unter Berücksichtigung verschiedener patientenbezogener Variablen ergab sich ein deutlich höheres Risiko für Progression oder Tod für Patienten mit Meth-APAH gegenüber den anderen (HR 2,04; 95 % CI 1,28–3,25; p = 0,003).

    Fazit

    Im Vergleich zur iPAH zeigte sich die Meth-APAH eher bei Männern. Charakteristisch für die Meth-APAH war eine deutliche Rechtsherzinsuffizienz. Herzversagen, Transplantation oder Tod traten signifikant häufiger bei Meth-APAH auf, was sich anhand pulmonaler oder kardialer Funktionsparameter oder der Therapie nicht erklären ließ, so die Autoren. Offenbar liegt ursächlich ein dem (Meth-)Amphetamin eigener Faktor zugrunde; diskutiert werden diverse lungentoxische Mechanismen.

    Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen


    #