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DOI: 10.1055/s-0043-124386
Rhinoplastik
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
05. Februar 2018 (online)

Die Gestaltung der Nasenspitze
Leitsätze zur Gestaltung der Nasenspitze
Erfahrene Operateure erachten die Chirurgie der Nasenspitze als den herausforderndsten und anspruchsvollsten Aspekt der Rhinoplastik. Der Operateur wird mit anatomischen Gegebenheiten konfrontiert, die bilateral auftreten, eine symmetrisch ausgeführte chirurgische Technik und gleichmäßige Wundheilung erfordern, mobil sind und Bewegungen mitmachen, was eine Reduktion, Verstärkung oder einfach Erhaltung vorhandener Strukturen und Gestalt erfordern kann.
Rhinochirurgen sind im Laufe der Zeit zu der Überzeugung gelangt, daß eine radikale Exzision und extensive Ausdünnung der Flügelknorpel und anderer spitzenformender Strukturen häufig zu einer unnatürlichen oder „chirurgischen“ Nasenspitze führen.
Ein gedankliches Konzept des abgestuften, schrittweisen und sich an der Anatomie orientierenden Herangehens an die Chirurgie der Nasenspitze ist von größter Wichtigkeit, um durchgängig natürlich wirkende Ergebnisse zu erzielen ([ Abb. 2 ]). Die sparsame Reduktion des Umfangs des kranialen Randes des Crus laterale unter Erhalt eines nicht zu schmalen ununterbrochenen Streifens verbleibenden Flügelknorpels gilt als bevorzugter Eingriff bei den Patienten, deren Nasenspitze keine tiefgreifenden Veränderungen erfordert. Wenn die vorliegende Nasenspitzendeformität stärker ausgeprägt ist, werden aggressivere Techniken erforderlich, die von einer Fächerung und Schwächung ([ Abb. 1 ]) des erhaltenen Flügelknorpelstreifens bis hin zu seiner kompletten Unterbrechung reichen, wodurch eine tiefgreifende Veränderung seiner Größe, Form und Stellung erreicht wird.




Eine Modellierung der Nasenspitze kann nicht isoliert erfolgreich vorgenommen werden, ohne die wichtigen (primären) und nicht so wichtigen (sekundären) spitzenformenden Strukturen zu kennen, zu respektieren und zu erhalten (oder zu rekonstruieren). Der Verlust der Stützstruktur für die Nasenspitze im Rahmen der postoperativen Heilung ist einer der häufigsten Fehler in der Rhinochirurgie.
Bei der Mehrzahl der Patienten sind die wichtigsten spitzenformenden Primärstrukturen ([ Abb. 3a ]):
-
Größe, Form und Dicke der Flügelknorpel,
-
Ansatz der oberen Lateralknorpel an den Flügelknorpeln,
-
Ansatz der distalen Enden der Crura medialia („Fußplatten“) am kaudalen Septum.


a
1 Flügelknorpel (Crus laterale)
2 Verbindung von Flügelknorpel und Dreiecksknorpel
3 Verbindung von Crus mediale und Septum
b
1 Dreiecksknorpel
2 Interkrurales, „interdomal“ Ligament
3 Membranöses Septum
4 Spina nasalis anterior
5 Umgebender Haut- und Weichteilmantel
6 Nasenflügelrand
Die für die resezierten Spitzenanteile ersatzweise vorgenommene Wiederherstellung einer stabilen Nasenspitzenunterstützung sollte intraoperativ bedacht und erledigt werden, wenn eine oder alle spitzenformenden Strukturen durch den Eingriff signifikant beeinträchtigt sind.
Weitere die Spitze stützende Sekundärstrukturen ([ Abb. 3b ]), die bei bestimmten anatomischen oder ethnischen Gegebenheiten die Funktion von Primärstrukturen annehmen können, umfassen:
-
das dorsale knorpelige Septum,
-
die ligamentäre Verbindung zwischen den Nasendomen,
-
das membranöse Septum,
-
die Spina nasalis,
-
die bedeckende Haut und die Weichteile,
-
die Seiten der Nasenflügel.
Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse sollten die Inzisionen sowie der Zugang zur Nasenspitze so geplant werden, daß soviel spitzenformende Strukturen wie möglich erhalten bleiben. Niemals sollte nur ein Routineverfahren zur chirurgischen Modellierung der Nasenspitze angewandt werden. Statt dessen ist nach Analyse der jeweiligen Spitzenanatomie ein entsprechend adäquates Vorgehen zu wählen, was das chirurgische Konzept, die Schnittführung und die einzelnen spitzenformenden Techniken umfaßt. Einige wichtige Faktoren müssen vor der Wahl des chirurgischen Vorgehens an der Nasenspitze berücksichtigt werden. Der Operateur muß festlegen, welche Veränderungen an der Nasenspitze erforderlich sind:
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Veränderungen der Stellung und Orientierung der Flügelknorpel,
-
Veränderungen der Spitzenprojektion,
-
Kranialrotation der Nasenspitze.
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Operationstechnik
Chirurgische Zugangswege zur Nasenspitze
Zugangswege sollen lediglich das Ziel verfolgen, die anatomischen Strukturen der Nasenspitze zu erreichen, ohne sich in technischen Einzelheiten zu verlieren. Im Idealfall sollten normale und ästhetisch ansprechende Nasenspitzenstrukturen unberührt bleiben, sofern das der Zugangsweg erlaubt.
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Minimalinvasive Techniken
Wenn bei einer Nasenspitze nur eine geringfügige Volumenreduktion indiziert ist, ermöglichen folgende Techniken, daß die Normalstrukturen nur geringfügig beeinträchtigt werden. Damit gelingt es dem Operateur, den Heilungsprozeß besser zu steuern.
Der transkartilaginäre Zugang
Der transkartilaginäre Zugang ist wegen seiner atraumatischen und einfachen Anwendbarkeit bei der konservativen Spitzenchirurgie vorrangig indiziert ([ Abb. 4a–Abb. 4ac ]).


Dieser Zugang wird bei Patienten gewählt, deren Spitzenanatomie ästhetisch weitgehend befriedigend ist und bei denen einzig eine Volumenreduktion des kraniomedialen Randes des Crus laterale zur besseren Konturierung erforderlich ist, wobei ein breiter ununterbrochener Reststreifen erhalten bleibt ([ Abb. 5d ]). Der Anfangsschnitt durchtrennt nur die Vestibulumhaut, die unter dem Crus laterale liegt. Der Hautlappen läßt sich leicht präparieren und bleibt erhalten, bevor die Schnittführung durch den Flügelknorpel fortgesetzt wird.


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Eversionsmethode
Dieser konservative, atraumatische Zugang ähnelt dem transkartilaginären Vorgehen, außer, daß ein interkartilaginärer Schnitt (IC-Schnitt) angewendet wird, bevor der vestibuläre Hautlappen retrograd präpariert wird, um den Flügelknorpeloberrand zu exponieren und zu verkleinern ([ Abb. 5a–Abb. 5e ]).
Aus: Kastenbauer E. R., Tardy jr., Eugene M. Ästhetische und Plastische Chirurgie an Nase, Gesicht und Ohrmuschel. 3., unveränd. Aufl. 2005.
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