Fortschr Neurol Psychiatr 2018; 86(05): 265
DOI: 10.1055/s-0044-102203
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Exposition hilft auch gegen Angst vor anderen Stimuli

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Publication Date:
29 May 2018 (online)

Expositionstherapie ist die Behandlung der Wahl bei Angststörungen; ihre Wirksamkeit ist in zahlreichen Studien belegt. Unklar ist allerdings, wie Patienten mit Angst vor mehreren Objekten behandelt werden sollen. Hilft die Exposition gegenüber einem Angstobjekt auch bei anderen Ängsten?

Ängste haben eine Tendenz zur Generalisierung; Patienten mit Spinnenphobie zum Beispiel entwickeln oft auch eine Kakerlakenphobie. Was Patienten mit Angst vor mehreren Objekten therapeutisch angeboten werden kann und soll, wurde bisher kaum untersucht. Immerhin deuten Konditionierungsstudien darauf hin, dass mit dem Verschwinden der Angst vor einem bestimmten Objekt im Rahmen einer Expositionstherapie auch die Angst vor anderen Objekten abnimmt.

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Ängste haben eine Tendenz zur Generalisierung. Die Studie zeigt, dass auch eine Expositionstherapie generalisiert wirken kann. (Quelle: ccvision)

Ein Forschungsteam der Universität Bochum hat dieses Phänomen jetzt genauer unter die Lupe genommen – und dafür auf die häufige Angst vor Spinnen zurückgegriffen: 47 Patienten mit Spinnenphobie wurden randomisiert mit Expositionstherapie behandelt oder auf eine Warteliste gesetzt. Mit einem Behavioral Approach Test (BAT) wurden Vermeidung, Angst und Ekel gegenüber Spinnen und Kakerlaken gemessen – vor und nach der Therapie.

Hocheffektiv, auch für unbehandelte Ängste

Die Behandlung war hocheffektiv – für beide untersuchten Stimuli: Die Patienten näherten sich nach der Therapie sowohl Spinnen als auch Kakerlaken, empfanden dabei weniger Angst und ihr Herz schlug bei der Exposition weniger schnell. Der empfundene Ekel verringerte sich allerdings nur gegenüber Spinnen (dem Objekt, das Gegenstand der Therapie war). Nicht behandelte Patienten erfuhren gar keine Linderung von Angst oder Ekel – weder gegenüber Spinnen noch gegenüber Kakerlaken.

Aus Sicht der Konditionierung ist Expositionstherapie eine korrigierende Lernerfahrung, bei der die Patienten sich Möglichkeiten aneignen, auf angstauslösende Objekte angemessen zu reagieren. Diese neu erlernte Reaktion funktioniert dann offenbar auch bei anderen Objekten als denen, denen die Patienten im Rahmen der Therapie begegnen.


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