Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2000; 35(5): 271-272
DOI: 10.1055/s-2000-350
EDITORIAL
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Prof. Dr. med. Dr. med. h.c. Gunter Hempelmann 60 Jahre

H. A. Adams1 , H. F. Herget2
  • 1Hannover
  • 2Gießen
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Prof. Dr. med. Dr. med. h.c. Gunter Hempelmann wird 60 Jahre alt. Dieser runde Geburtstag ist Anlaß, den Lebensweg eines hervorragenden Anästhesisten nachzuzeichnen und zu versuchen, seiner Person in wenigen Zeilen gerecht zu werden.

Gunter Hempelmann wurde am 19. Mai 1940 in Elmshorn bei Hamburg geboren. Schon in Geburtstag und Geburtsort spiegeln sich zwei seiner wesentlichen Charakterzüge wider: Die leistungsbereite und leistungsbetonte Einstellung einer Generation, deren Kindheit von Krieg und Nachkriegsperiode geprägt war, und die hanseatisch-hamburgische Grundhaltung. Die Schule besuchte Gunter Hempelmann in Vechta und Hamburg sowie in Arlington, Virginia, um 1960 in Nürnberg das Reifezeugnis zu erlangen. Das Studium der Humanmedizin in Erlangen und Hamburg schloß er 1966 in Erlangen mit der Ärztlichen Prüfung und der Dissertation über ein Thema aus dem Bereich der Kreislaufregulation ab. Die Hämodynamik hat ihn später immer wieder fasziniert und durch das wissenschaftliche Leben begleitet.

Den Medizinalassistenten hielt es nur kurz am Krankenhaus Halle in Westfalen. Nach einjährigem Aufenthalt am Institut für Anästhesie des Universitäts-Zentralkrankenhauses Helsinki und der Approbation trat er am 1. Oktober 1968 in das von Erich Kirchner geleitete Institut für Anästhesiologie der Medizinischen Hochschule Hannover ein, wo er einen in Fragen der Hämodynamik renommierten und interessierten Chef und eine aufstrebende Klinik fand, die alle Möglichkeiten eröffneten. Unterbrochen vom Wehrdienst schloß er die Weiterbildung im Jahr 1972 ab. In der Folge konnte er seine Kenntnisse durch ein Ausbildungsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft am Hospital for Sick Children in London erweitern. Nach nur fünf Jahren in Hannover erfolgte 1973 die Habilitation über „Respiratorische und hämodynamische Probleme im anaesthesiologischen Bereich. Ergebnisse einer fortlaufenden Sauerstoffpartialdruckmessung im Blut sowie der Herzzeitvolumen-Bestimmung mit der Kälteverdünnungsmethode”. Nach der Ernennung zum apl. Professor im Jahr 1977 wurde Gunter Hempelmann am 14. Juni 1978 zum H 4-Professor und Leiter der Abteilung für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen ernannt. Damit hatte eine steile und zielstrebige wissenschaftliche Karriere in jungen Jahren ein Ziel erreicht.

Noch heute sind die Spuren von Gunter Hempelmann an der Medizinischen Hochschule Hannover zu erkennen. Die damaligen operativen Partner besonders in der Unfall- sowie Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie kennzeichnen ihn als ebenso kompetenten wie selbstbewußten Kollegen, auf den unbedingter Verlaß war, sowohl klinisch als auch in der interdisziplinären Forschung. Diese Eigenschaften kennzeichnen auch seinen Weg in Gießen, einer Stadt, die nicht im Ruf steht, durch überzogenen Charme und Ablenkung zielgerichteter Arbeit im Wege zu stehen. Die von Heinrich L'Allemand übernommene und durch den frühen Tod des Chefs verwaiste Abteilung stand wie alle deutschen anästhesiologischen Einrichtungen, ob nun an großen oder kleinen Häusern, vor einem schwierigen und herausfordernden Weg. Es galt, aus der Heimstatt der „Narkotiseure” das heutige Fachgebiet mit den vier Säulen Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie zu entwickeln. Dieser Weg ist in Gießen mit beispielhaftem Weitblick und in ganzer Konsequenz gegangen worden, nicht zu jedermanns Freude, aber zum unbedingten Nutzen der Patienten, des Fachgebiets und der gesamten klinischen Medizin. Neben der Etablierung einer renommierten Intensiv- und Schmerztherapie sowie einer operativen Tagesklinik wurden andere zukunftsorientierte Bereiche wie die Eigenblut-Spende und der Intensivtransport systematisch er- und bearbeitet. Kennzeichnend war der unbedingte Wille zur Erbringung von Vorleistungen, die erst später im Stellenplan abgesichert werden konnten - auch dies typisch für den Weg unseres Fachgebiets. Reibungen blieben nicht aus, aber stets stand das patienten- und leistungsorientierte Streben im Vordergrund und fand letztlich die gebührende Anerkennung. Kennzeichnend für diesen Weg ist die Antwort, die einer der Autoren einmal auf die etwas zynisch gestellte Frage gab, was er denn „nach” (im Sinne von „wie”) Hempelmann mache. Die Antwort war klar: „Die Organisation”.

Forschung und Lehre standen hinter dieser großen klinischen Aufgabe nicht zurück - im Gegenteil. Auch und gerade für die „Forscher” der Abteilung waren klinischer Fleiß und klinische Leistung unverzichtbarer Maßstab und Vorbedingung der Förderung durch den „Chef”. Jeder war sich dessen bewußt und regelte seinen Tageslauf entsprechend - Laborzeiten möglichst vor und nach Dienst, Freistellung nur aus besonderem Anlass. Dies hat die große Zahl der in der Klinik von Gunter Hempelmann habilitierten Anästhesisten davor bewahrt, den Patienten und ihr Handwerk zu vernachlässigen. Nicht jedem schien jeden Tag die Sonne, aber es wird kaum jemanden geben, der nicht mit Dankbarkeit auf die klinische und wissenschaftliche Förderung und Forderung zurückblickt. Die Forschungsschwerpunkte haben sich gewandelt und sind der allgemeinen Tendenz gefolgt - von der Pathophysiologie und angewandten Pharmakologie hin zu molekularbiologischen Fragestellungen. Gleich geblieben ist die aufmerksame, kritische und kompetente Begleitung und das immer offene Ohr eines vorbildlichen akademischen Lehrers.

Der aufgezeichnete klinische und wissenschaftliche Weg blieb für Gunter Hempelmann nicht „folgenlos”. Zu diesen Folgen zählen die Schriftleitung der „Anästhesiologie - Intensivmedizin - Notfallmedizin - Schmerztherapie” seit 1995, die Präsidentschaft der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin im Jahr 1998 und die Ausrichtung des 10. Europäischen Anästhesie-Kongresses in Frankfurt 1998, bei dem sich die deutsche Anästhesiologie ihren europäischen und außereuropäischen Freunden in einem hervorragenden Rahmen präsentieren konnte. Zu den internationalen Folgen zählen die Ehrendoktorwürde der Universität Selc¿uk in Konya (Türkei), die Ehrenmitgliedschaft ausländischer Fachgesellschaften und die Übertragung mehrerer Positionen in der World Federation of Societies of Anaesthesiologists.

Seinen Schülern ist Gunter Hempelmann ein hochgeachteter Chef und Lehrer, der es immer verstanden hat, seine Mitarbeiter vom Fach her und für das Fach zu motivieren. Das gab und gibt seiner Abteilung einen ausgeprägten Korpsgeist, wie er selten zu finden ist. Dieser Zusammenhalt gab Sicherheit in der täglichen Arbeit und Rückhalt gegenüber den operativen Partnern. Der unbedingten Unterstützung nach außen folgten dann die sehr konkreten Fragen im Chefzimmer „auf dem Sofa”, die manchen ins Schwitzen brachten. Damit ist neben den vielen beruflichen Facetten der Mensch Gunter Hempelmann berührt, der nicht leicht zu charakterisieren ist. Zunächst ist da das häusliche Refugium mit der stets liebenswürdigen und zurückhaltenden Ehefrau Dr. med. Wiltrud Hempelmann, mit der er seit 1969 verheiratet ist und zwei Kinder hat. Sie kompensiert einiges von der hanseatischen Distanz ihres Mannes, die dieser nur selten aufgeben kann und will. In diesen Momenten jedoch wird das tiefere Wesen Gunter Hempelmanns spürbar, dem viele Dinge sehr wohl nahegehen, sei es das Schicksal eines schwerkranken oder mittellosen ausländischen Patienten oder die persönliche oder berufliche Lebenskrise von Mitarbeitern. In diesen Situationen kann man mit ihm sehr wohl „Pferde stehlen” und Dinge (sogar mit Humor) anpacken, die sonst nicht einmal anzusprechen wären. Im Zweifel steht die Tür des Chefzimmers offen oder Frau König „stellt durch”.

Es steht nicht zu erwarten, daß es um Gunter Hempelmann so bald ruhig werden wird. Zu sehr liegt ihm sein Fach am Herzen, und für diese Leidenschaft wünschen wir ihm Gesundheit und Gottes Segen.

H. A. Adams, Hannover H. F. Herget, Gießen

Herausgeber und Verlag schließen sich diesen Glückwünschen an und gratulieren Gunter Hempelmann von Herzen zu seinem 60. Geburtstag. Seit 1995 ist Gunter Hempelmann Mitglied im Herausgeberstab von AINS und hat im Trio der schriftführenden Herausgeber die Zeitschrift in diesen Jahren mitgeprägt. Als 1994 die Nachfolge von Peter Lawin und Horst Stoeckel geregelt werden musste, fiel die Wahl aus wohlüberlegten Gründen auf einen Mann, der bis dahin nicht im Umkreis der Redaktion von AINS tätig war. Diese Entscheidung hat sich als richtig und zukunftsträchtig erwiesen. AINS hat ihr Gesicht in den letzten 5 Jahren nochmals deutlich verändert und aus der Sicht der Herausgeber (und hoffentlich auch der Leser) eine gelungene Mischung zwischen Originalia und strukturierten Rubriken, zwischen wissenschaftlichem Anspruch also und qualifizierter Fort- und Weiterbildung erreicht. G. Hempelmann hat einen nicht geringen Anteil an dieser Entwicklung. Seine Qualitäten und Meriten für unser Fach sind von den Editorialisten Adams und Herget gewürdigt worden. Für das „Machen” einer Zeitschrift sind seine Eigenschaften geradezu passend: Präzise Analyse der Situation, kritisches Nachfragen und kompromisslose Aufmerksamkeit im Hinblick auf Wahrung der Qualität, schnellste Reaktion auf Anfragen und Aufzeigen konkreter Lösungsvorschläge bei anstehenden Problemen, der (für eine Zeitschrift überlebensnotwendige) stete Blicke nach vorne, zukünftige Trends erkennend und mitbestimmend sowie jederzeit fairer Dialog im engeren Herausgebergremium. Wir danken Gunter Hempelmann für sein Engagement als Schriftleiter in AINS und in der Gesamtherausgeberschaft des an AINS angebundenen Lehrbuches und wünschen ihm weitere viele Jahre in voller Gesundheit und Schaffenskraft.

Claude Krier Jochen Schulte am Esch

Prof. Dr. med. H. A. Adams

Zentrum Anästhesiologie - Abteilung Anästhesiologie I Medizinische Hochschule Hannover

Carl Neuberg-Str. 1 D-30625 Hannover

Email: E-mail: adams.ha@mh-hannover.de