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DOI: 10.1055/s-2000-7167
Überlassung von Krankenhausentlassungsberichten durch Vertragsärzte
Publication History
Publication Date:
28 April 2004 (online)
Zuschrift Nr. 1
Zu dem Beitrag von Rieger[1] ist aus unserer Sicht folgendes festzustellen.
Anforderung von Krankenhausentlassungsberichten durch bzw. für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK):edizinische Unterlagen werden zum einen durch den MDK direkt bei den Leistungserbringern, insbesondere beim jeweils behandelnden Arzt, angefordert. Zum anderen fordert die AOK im Einzelfall auch direkt beim behandelnden Arzt Unterlagen zur Weiterleitung an den MDK an. Dabei wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die betreffenden Unterlagen (z. B. Krankenhausentlassungsberichte) direkt an den MDK weiterzuleiten sind.
Zulässig sind die Erhebung dieser Daten und die Weiterleitung durch den behandelnden Arzt auf der Grundlage von § 276 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz SGB V. Danach sind die Leistungserbringer verpflichtet, Sozialdaten auf Anforderung des Medizinischen Dienstes unmittelbar diesem zu übermitteln, soweit dies für die gutachterliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist. Sozialdaten sind gemäß § 67 SGB X Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Der MDK unterliegt eindeutig den Regelungen von § 35 SGB I. Dementsprechend sind alle Unterlagen, die vom MDK für die Durchführung von Begutachtungen angefordert werden, auch Sozialdaten im Sinne von § 67 SGB X. Die Spezialregelung von § 76 SGB X für die besonders schutzwürdigen Daten legt in Abs. 3 ausdrücklich fest, daß im Rahmen der Einschaltung des Medizinischen Dienstes durch die Krankenkassen das Widerspruchsrecht des Betroffenen gemäß Abs. 2 nicht besteht.
Der Gesetzgeber hat aus unserer Sicht mit den dargestellten Regelungen ausdrücklich den direkten Austausch medizinischer Unterlagen zwischen der ärztlichen Schweigepflicht unterliegenden Ärzten (behandelnder Arzt, begutachtender Arzt des MDK) legitimiert. Wenn überhaupt, ist der Begriff »Sozialdaten« in § 276 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz SGB V ein Formulierungsfehler, der im Rahmen des Gesundheitsreformgesetzes 2000 mittels der Verwendung des Begriffes »personenbezogene Daten« korrigiert werden soll. Gerade deshalb ist nicht nachvollziehbar, wenn in dem vorliegenden Aufsatz damit argumentiert wird, daß Ärzte zur Herausgabe von Krankenhausentlassungsberichten zumindest an den Medizinischen Dienst nur bei Vorlage einer Schweigepflichtsentbindungserklärung des Patienten verpflichtet sind. Dies würde im übrigen die im Interesse der betroffenen Patienten zügig durchzuführenden Begutachtungen durch den MDK wesentlich erschweren und auch zeitlich verlängern. Sofern die AOK selbst medizinische Unterlagen, wie Krankenhausentlassungsberichte, beim behandelnden Arzt für den MDK anfordert, erfolgt dies nur zur Beschleunigung des Verfahrens (Überlastung der MDK-Geschäftsstellen). Es wird diese Verfahrensweise im Einzelfall auch vom Landesdatenschutzbeauftragten akzeptiert, wenn der behandelnde Arzt ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß die Unterlagen für den MDK bestimmt und direkt der betreffenden MDK-Geschäftsstelle übersandt werden sollen.
Anforderung von Krankenhausentlassungsberichten durch und für die Krankenkasse:Zunächst ist die Weitergabe patientenbezogener Daten durch die Krankenhäuser an die Krankenkasse auf der Grundlage von § 301 SGB V geregelt. Sofern im Einzelfall weitergehende Unterlagen für die Prüfung eines Antrags wegen der Erbringung von Sozialleistungen erforderlich sind, ist zunächst nachzuweisen, für welche konkreten Zwecke die umfangreicheren Unterlagen benötigt werden. Dies gilt sowohl bei der Anforderung beim behandelnden Arzt als auch direkt beim betreffenden Krankenhaus. Für diese Anforderung weitergehender Unterlagen zu einer Krankenhausbehandlung besteht keine unmittelbare rechtliche Grundlage. Vielmehr muß in begründeten Einzelfällen die Mitwirkung des Leistungsberechtigten gemäß §§ 60ff SGB I herangezogen werden. Dabei muß zunächst auch auf die Folgen einer fehlenden Mitwirkung hingewiesen werden. Für die praktische Umsetzung bedeutet dies, daß der betroffene Versicherte seine Einwilligung in die Erhebung solcher Unterlagen durch die Krankenkasse konkret schriftlich bestätigt. Im Rahmen dieser Einwilligung ist dabei auf seine Mitwirkungspflicht und die Folgen einer fehlenden Mitwirkung hinzuweisen.
Fazit
Zusammenfassend sind wir der Meinung, daß die Weiterleitung von Krankenhausentlassungsberichten direkt durch den behandelnden Arzt, sofern er im Besitz dieser Unterlagen ist, datenschutzrechtlich zulässig und zwingend notwendig ist. Auch in den Fällen, in denen solche Entlassungsberichte direkt beim behandelnden Krankenhaus angefordert werden, ist die datenschutzrechtliche Zulässigkeit gegeben.
Die Anforderung kompletter Krankenhausentlassungsberichte durch die Krankenkasse ist nur im begründeten Einzelfall zulässig. Sie erfolgt auf der Grundlage einer einzelfallbezogenen schriftlichen Einwilligungserklärung des betroffenen Versicherten.
Literatur
- 1 Rieger H J. Herausgabe von Krankenhausentlassungsberichten an Krankenkassen und den Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Dtsch med Wschr. 1999; 124 403-404
Dr. Rolf HobergStv. Vorsitzender des Vorstandes
AOK Baden-Württemberg
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