Pneumologie 2000; 54(6): 243-248
DOI: 10.1055/s-2000-8994
DER INTERESSANTE FALL
Georg Thieme Verlag Stuttgart ·New York

Interferon α-2a zur Therapie einer diffusen thorakalen Angiomatose im Erwachsenenalter - Ein Fallbericht

Interferon-α 2a in the Treatment of Diffuse Thoracic Angiomatosis in Adults. A Case Report:A. Eichler1 , D. Ukena1 , H. Wilkens1 , K. Reitnauer2 , M. Girmann3 , K. Remberger2 , B. Kramann3 , G. W. Sybrecht1
  • 1Medizinische Universitätsklinik V
  • 2Abteilung für allgemeine und spezielle Pathologie, Pathologisches Institut der Universität des Saarlandes
  • 3Abteilung für Radiodiagnostik, Radiologische Klinik, Universitätskliniken des Saarlandes, Homburg
Weitere Informationen

Dr. med. Andreas Eichler

Medizinische Universitätsklinik Innere Medizin V

66421 Homburg

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2000 (online)

Inhaltsübersicht #

Zusammenfassung:

Eine diffuse Angiomatose mit Befall thorakaler Organe ist eine seltene, häufig tödlich verlaufende Erkrankung, welche vor allem im Kindesalter auftritt. Nicht selten wird die definitive Diagnose erst durch Autopsie gestellt. Eine spezifische Therapie ist nicht bekannt. Im vorliegenden Fallbericht schildern wir den Verlauf eines 37-jährigen Patienten mit ausgedehnter diffuser thorakaler Angiomatose unter Interferon-α-2a-Therapie. Während der 18-monatigen Monotherapie mit Interferon α-2a zeigte sich sowohl eine erhebliche Besserung der klinischen als auch der funktionsanalytischen und radiologischen Befunde. Der vorgestellte Fall bestätigt die Bedeutung von Interferon α-2a zur palliativen Therapie aggressiver angiomatöser Krankheitsbilder.

A diffuse angiomatosis affecting thoracal organs is a rare, frequently fatal disorder occurring mainly in childhood. The definite diagnosis is usually made by autopsy. A specific treatment does not exist. In the case report presented here we describe the course of an 37-year old patient presenting initially with dyspnea and hemoptysis. Radiological investigations showed a mass lesion in the anterior superior mediastinum, bihilar masses and a periesophageal mass with soft tissue density and a pericardial effusion. Bilateral interstitial infiltrations were also present. CT-guided mediastinal biopsies and bronchial mucosal biopsies were nonspecific. Open-lung biopsy revealed the diagnosis of an extensive diffuse angiomatosis affecting mediastinum, pericardium and pleura. During the 18-month monotherapy with interferon-α 2a the patient showed significant improvements of clinical as well as laboratory and radiological parameters. The presented case confirms the experience of several authors, that the diagnosis of a diffuse thoracal authors can only be made by open lung biopsy or autopsy. The presented case also underlines the possibility of a palliative therapy of aggressive angiomatous diseases with interferon-α 2a.

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Einleitung

Ein Befall thorakaler Organe durch eine diffuse Angiomatose ist ein seltenes, häufig rasch tödlich verlaufendes Krankheitsbild, welches in der Regel im Kindesalter auftritt. In vielen Fällen wird die definitive Diagnose erst post mortem gestellt. Mit der vorliegenden Kasuistik möchten wir über den Fall eines Erwachsenen mit thorakaler Angiomatose und Beteiligung von Mediastinum, Pleura und Perikard berichten, der unter einer 18-monatigen Therapie mit Interferon α-2a einen günstigen Verlauf aufwies.

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Fallbericht

Ein 37-jähriger Patient stellte sich im März 1997 erstmals in der Ambulanz unseres Klinikums wegen eines bereits von seinem niedergelassenen Internisten diagnostizierten Perikardergusses vor. Anamnestisch waren dem zuvor sportlich aktiven Patienten eine seit ca. 2 Jahren zunehmende Leistungseinschränkung und Belastungsdyspnoe aufgefallen sowie wiederholte kardiale Palpitationen. Mehrfach war Husten mit blutig tingiertem Auswurf aufgetreten. Der Patient gab eine Gewichtsabnahme von 4 kg innerhalb der letzten 6 Monate an. Seit 1995 seien nicht näher spezifizierte Veränderungen des Thoraxröntgenbildes bekannt, und er habe seit Jahren unter intermittierendem Reizhusten gelitten. Auch unter einer einmonatigen Kortikosteroidtherapie sei es zu einer kontinuierlichen Zunahme der Beschwerden gekommen.

An Vorerkrankungen wurden eine 1994 durchgemachte Hepatitis A und eine seit Jahren bestehende Rhinitis allergica angegeben. Risikofaktoren für eine kardiale oder pulmonale Erkrankung waren nicht eruierbar. Beruflich bestand ebenfalls keine Exposition mit potenziellen pulmonalen, kardialen oder onkogenen Noxen, der Patient ist von Beruf Fahrradhändler. In der Familienanamnese wurden keine Lungenerkrankungen berichtet.

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Befund

Bei der körperlichen Untersuchung zeigte sich der Patient in leicht reduziertem Allgemeinzustand und mit einem Gewicht von 63 kg bei 170 cm Körpergröße. Auskultatorisch zeigte sich im Bereich des rechten Unterlappens inspiratorisches Knistern, die Herztöne waren arrhythmisch bei einer zentralen Herzfrequenz von 120/min mit peripherem Pulsdefizit von 8 Schlägen/Minute. Der Blutdruck war 130/80 mm Hg. Der abdominelle Befund und der neurologische Befund waren unauffällig. Ödeme, Lymphknotenvergrößerungen, Trommelschlegelfinger oder Zyanose waren nicht nachweisbar.

Serologische Untersuchungen für bakterielle oder virale Infektionen unter Einschluss der HIV-Serologie waren unauffällig.

Differenzialblutbild, BSG, Schilddrüsenparameter und sämtliche klinisch-chemischen Untersuchungen inklusive Immunglobulin-Subklassenanalyse waren ebenfalls unauffällig.

Immunfluoreszenzanalytisch ergaben sich keine Hinweise auf eine Autoimmunerkrankung.

Im EKG Nachweis einer Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern, ohne Störung der ventrikulären Erregungsausbreitung oder -rückbildung und ohne Ischämie- oder Hypertrophiezeichen.

Nach Gabe von Sotalol erfolgte eine Konversion in einen normofrequenten Sinusrhythmus.

Bodyplethysmographisch zeigten sich altersentsprechende Normalwerte, blutgasanalytisch kein Hinweis auf eine Gasaustauschstörung.

In der Röntgenaufnahme des Thorax in zwei Ebenen zeigte sich eine feine retikulonoduläre Zeichnungsvermehrung präferentiell in beiden Unter- und Mittelfeldern sowie betonte, verplumpte Hili.

Computertomographisch stellten sich streifige Verdichtungen bilateral ab Höhe der Trachea dar, welche als interstitielle Flüssigkeitsansammlungen interpretiert wurden. Es zeigten sich außerdem eine inhomogene Raumforderung im Bereich des vorderen oberen Mediastinums und ein organisierter Perikarderguss sowie bilaterale hiläre Raumforderungen und eine den Ösophagus ummauernde retrokardiale, weichteildichte Struktur.

Fiberbronchoskopisch imponierte eine bronchiale Mukosa mit diffusen, hellroten Fleckchen, erweiterten Gefäßen und weißlich-fleckförmigen Veränderungen. Histopathologisch fanden sich in den entnommenen Mukosaproben Zeichen der unspezifischen Entzündung mit reichlichen Hämosiderinablagerungen und narbenähnliche Fibrosezeichen.

Differenzialdiagnostisch war eine Vaskulitis möglich. Eindeutige Zeichen eines vaskulären Prozesses zeigten sich jedoch nicht.

Die BAL-Zytologie zeigte eine normale Gesamtzellzahl und eine normale Zellverteilung. Mikrobiologisch ergab sich im Bronchialaspirat kein richtungsweisender Befund, insbesondere kein Nachweis von Mykobakterien.

Eine CT-gesteuerte perthorakale Probebiopsie erbrachte keinen richtungweisenden Befund. In den entnommenen Proben von Mediastinum und Perikard zeigten sich lediglich unspezifische floride und chronische entzündliche Veränderungen mit vermehrten Ablagerungen von Hämosiderinpigment.

Am 17. 4. 97 wurde daher eine diagnostische Thorakotomie anterolateral rechts durchgeführt. Intraoperativ fand man diffuse bilaterale Veränderungen vor allem der Unterlappen und des Mittellappens. Makroskopisch war das Lungenparenchym vor allem subpleural mit dunkelroten Knötchen durchsetzt. Im Hilusbereich fand sich verdicktes, entzündlich verändertes, vielfach gekammertes Gewebe, welches bei der Resektion erheblich blutete. Dieses Gewebe setzte sich in Richtung auf die Pleurakuppel und den Hilus fort. Eine komplette Resektion des Fremdgewebes war nicht möglich.

Auf den Schnittflächen durch das entnommene Weichteilgewebe mit Perikard zeigten sich zahlreiche, bis 1 cm große, blutgefüllte, dünn- und glattwandige Hohlräume. Das Lungenresektat wies eine unregelmäßige Oberfläche mit Verwachsungssträngen auf.

Histologisch zeigten sich im mediastinalen Fett- und Bindegewebe und im Perikard zahlreiche überwiegend kavernöse, zum Teil auch kleinere kapilläre Gefäßspalten, die durch flache Endothelzellen ausgekleidet wurden. Atypien oder Mitosen waren nicht nachweisbar. Die Gefäßlumina waren überwiegend prall mit Erythrozyten angefüllt. Partiell beinhalteten sie jedoch auch zellarme eosinophile Flüssigkeit. Die Gefäßhohlräume entsprachen am ehesten Lymphgefäßspalten. Die Gefäßwände waren sehr dünn. Im angrenzenden Fett- und Bindegewebe zeigten sich unspezifische entzündliche Veränderungen, Fibrosierungen und reichlich hämosiderinbeladene Makrophagen.

Gleichartige kavernöse und kapilläre Gefäßhohlräume wurden auch in der Pleura des angrenzenden Lungenresektates gefunden. Im Lungenparenchym wurden Hämorrhagien, entzündliche Veränderungen und Fibrosierungen nachgewiesen. Alveolarsepten, Bronchien und pulmonale Gefäße waren regelhaft strukturiert. Es wurde die Diagnose einer diffusen, überwiegend kavernösen, zum Teil jedoch auch kapillären Angiomatose mit mediastinalem, pleuralem und perikardialem Befall gestellt.

Der unmittelbare postoperative Verlauf war unauffällig. Dem Patienten wurde die Einleitung einer Therapie mit Interferon α-2a vorgeschlagen. Aus persönlichen Gründen wurde der Therapiebeginn auf Juli 1997 verschoben. Zu diesem Zeitpunkt bestanden bereits eine Ruhedyspnoe (NYHA IV), radiologisch und sonographisch bilaterale Pleuraergüsse (rechts ca. 1,5 l, links < 300 ml). Echokardiographisch kein Vorhofflimmern. Bodyplethysmographisch ergab sich eine mittelgradige restriktive Ventilationsstörung (FVC 63 % des Solls, FEV1 60 & des Solls).

Die Pleuraergüsse wurden zunächst wiederholt punktiert, wobei sich serös-hämorrhagische Pleuraflüssigkeit zeigte. Laboranalytisch lag ein serös-hämorrhagisches Exsudat (hb 2,6 % des Solls). Die Pleuraergüsse wurden zunächst wiederholt punktiert, wobei sich serös-hämorragische Pleuraflüssigkeit zeigte. Laboranalytisch lag ein serös-hämorragisches Exsudat (Hb 2,6 g/dL) ohne Hinweise auf ein Emphysem vor.

Die Einlage einer Pleuradrainage und eine Pleurodese wurden von dem Patienten zunächst abgelehnt.

Eine Therapie mit 3 Millionen Einheiten (MIE) Interferon α-2a/m2KOF/Tag s. c. in abendlicher Einmaldosierung wurde unter stationären Bedingungen beginnend mit 2 MTE/Tag einschleichend über 4 Tage eingeleitet. Die Dosis wurde zunächst täglich um 1 MIE gesteigert, am 4. Tag um 0,5 MIE bis zur Zieldosis 4,5 MIE/Tag. Die Therapie wurde in dieser Dosierung beibehalten, von dem Patienten gut toleriert und konnte nach 4 Tagen ambulant weitergeführt werden. Bereits 7 Tage nach Beginn der Interferontherapie berichtete der Patient über Verbesserung der Dyspnoe. Fieber, Störungen der Leberfunktion oder eine Leukopenie traten im Verlauf nicht auf.

Wegen rezidivierender Ergussbildung wurde rechtsseitig im September und November 1997 eine Pleurodese mit Tetrazyklin durchgeführt. Danach waren keine Pleurapunktionen mehr erforderlich, bis 7/98 trat lediglich ein kleiner rechtsseitiger Ergusssaum auf. Der linksseitige Erguss bildete sich ohne erneute Thorakozentese zurück.

Im Dezember 1997 trat wiederum eine Tachyarrhythmia absoluta auf. Bei hyperthyreoter Stoffwechsellage wurde eine thyreostatische Therapie mit Carbimazol eingeleitet. Es erfolgte eine Spontankonversion in einen normofrequenten Sinusrhythmus.

Bei den ambulanten Kontrollen bis Februar 1999 zeigte sich die klinische Symptomatik des Patienten deutlich gebessert. Kardiale Palpitationen oder Belastungsdyspnoe waren nicht mehr aufgetreten. Neben mäßigem Müdigkeits- und Abgeschlagenheitsgefühl zeigten sich keine Nebenwirkungen der Interferontherapie. Er war weiterhin berufstätig und konnte ab März 1998 wieder mehr als 30 Kilometer Fahrrad fahren. Die Lungenfunktionsparameter hatten sich bis Januar 1998 nahezu normalisiert (FVC 87 %, FEV1 94 % des Solls). Perikardergüsse wurden echokardiographisch ausgeschlossen, die pulmonalen Infiltrate zeigten radiologisch eine rückläufige Tendenz.

Bei der computertomographischen Kontrolluntersuchung nach 14 Monaten IFN-Therapie zeigte sich eine deutliche Befundverbesserung.

Nachweisbar war jetzt nur noch eine 1,5 - 2 cm breite, weichteildichte, plattenförmige Struktur im vorderen Mediastinum bis an das Perikard heranreichend, eine Perikardverdickung mit maximaler Breite 1,2 cm und kleinknotige Formationen bis 1 cm Dicke prätracheal und im Bereich der pleuroperikardialen Umschlagsfalte. Insgesamt ergab sich im Vergleich zu den Voraufnahmen eine deutliche Rückbildung der zum Teil knotigen, zum Teil fibroseartigen mediastinalen und perikardialen Veränderungen und der pulmonalen Befunde.

Eine tachyarrhythmische Episode war nicht mehr aufgetreten, ebenso keine Hämoptysen.

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Diskussion

Angiomatöse Erkrankungen betreffen vor allem Patienten im Kindesalter, meist Kleinkinder. Man geht von einer Häufigkeit von bis zu 3 % bei Kindern aus [[1]]. Ein alleiniger thorakaler Befall oder eine thorakale Mitbeteiligung bei generalisiertem Befallsmuster sind möglich [[2], [3], [4], [5]]. Die meisten Veränderungen sind dabei benigner Natur, jedoch können unkontrolliert wachsende Läsionen durch Zerstörung, Kompression oder Verlegung lebenswichtiger Organe zu vitaler Bedrohung führen [[2], [3], [4], [6], [1]].

Eine diffuse Angiomatose thorakaler Organe ist eine sehr seltene Erkrankung, Häufigkeitsangaben sind daher nicht möglich. Histologisch ist die diffuse Angiomatose durch die abnorme Proliferation kleiner, zum Teil kavernöser, zum Teil kapillärer Gefäßspalten gekennzeichnet. Diese sind durch eine einzige Schicht flacher Endothelzellen ausgekleidet. Die Endothelzellen können von variabel dicken Schichten von glattem Muskelgewebe und Bindegewebe umgeben sein, diese Wandstrukturen können auch völlig fehlen. In angrenzenden Geweben können entzündliche Veränderungen, Hämorrhagien, Ödem und Fibrosierung nachgewiesen werden [[2], [7], [8]].

In der Lunge sind vor allem Interlobulärsepten und Bronchiolen betroffen [[2], [7], [9]]. Die Angiomatose kann auf Lunge und Pleura beschränkt sein, aber auch Mediastinum, Thymus und Perikard oder einzelne extrathorakale Organe wie z. B. Milz, Pankreas oder Schilddrüse befallen. Gelegentlich tritt die Angiomatose als generalisiertes Krankheitsbild unter Mitbeteiligung thorakaler Organe auf [[2], [3], [4], [5], [7]]. Die Erkrankung tritt meist im Kindesalter auf, wobei beide Geschlechter gleich häufig betroffen sind [[2], [3], [4], [5], [7]]. In den meisten Fällen werden die Patienten erst durch Ausbildung von Zeichen einer pulmonalen Hypertonie klinisch auffällig. Die initiale Anamnese beinhaltet häufig Gewichtsverlust, Fieber, Husten, Hämoptysen und Dyspnoe. Bei der körperlichen Untersuchung fallen meist Zyanose, Tachypnoe, Tachykardie und pulmonale Rasselgeräusche oder Knistern auf. Auch basale Klopfschalldämpfungen und Trommelschlegelfinger wurden mehrfach beschrieben [[2], [7], [9]].

Bei den Laborbefunden fallen neben einer respiratorischen Partial- oder Globalinsuffizienz häufig eine Anämie und eine Thrombozytopenie auf. Letztere wird durch Thrombozytensequestration in den angiomatösen Gefäßspalten erklärt [[7]].

Bei der radiologischen und sonographischen Abklärung der Thoraxorgane finden sich meist diffuse, bilaterale interstitielle Infiltrationen und häufig Pleuraergüsse. Echokardiographisch lassen sich in manchen Fällen Perikardergüsse nachweisen [[3], [4], [7], [9]].

Sowohl die klinischen als auch die apparativen Befunde führen häufig nicht zu einer korrekten Diagnose. Die diffuse Angiomatose kann klinisch und apparativ häufig nur schwer von anderen Erkrankungen mit ähnlicher Symptomkonstellation abgegrenzt werden. Die möglichen Differenzialdiagnosen umfassen pulmonale kapilläre Hämangiomatose, Lymphangiomatose, Lymphangioleiomyomatose, arteriovenöse Hämangiome, epitheloide Hämangioendotheliom, Lungenfibrose, veno-okklusive Erkrankung, rezidivierende Lungenembolien oder Lymphangiosis carcinomatosa [[10] [11] [12], [13], [14], [1], [9]]. Die korrekte histologische Diagnose kann in der Mehrzahl der Fälle nur durch eine größere offene Mediastinal- oder Lungenbiospie gestellt werden. Gelegentlich führt erst die feingewebliche Untersuchung einer Lob- oder Pneumonektomie oder eine Obduktion zu der Diagnose einer Angiomatose.

Bei angiomatösen thorakalen Erkrankungen ergibt selbst eine operative Probeentnahme nicht immer einen richtungweisenden Befund, so dass die definitive Diagnose häufig erst post mortem klar wird [[11], [4], [15], [1]]. Bei lokalisierten Angiomatosen eingesetzte Therapieverfahren wie Strahlentherapie, Lasertherapie, Kryotherapie, Embolisationen und verschiedene chirurgische Verfahren haben bei ausgedehntem, organüberschreitendem und diffus infiltrierendem Wachstum angiomatöser Erkrankungen höchstens einen begrenzten, palliativen Stellenwert [[1]]. Der Einsatz von Kortikoiden und Zytostatika, welcher sowohl bei diffuser als auch bei pulmonal-kapillärer Angiomatose beschrieben wurde, hatte bei den in der Literatur berichteten Fällen keinen relevanten therapeutischen Effekt [[2], [4], [7], [16], [1], [9]].

Im Gegensatz hierzu wurde bereits von einigen Autoren über gute Erfahrungen mit Interferon α-2a bei der Therapie der pulmonalen Hämangiomatose und anderer aggressiver angiomatöser Erkrankungen im Kindesalter berichtet [[16], [1], [8], [9]].

Da bei unserem Patienten mit lebensbedrohlicher, ausgedehnter Beteiligung der Thoraxorgane keine kausale Therapie existierte und eine lokale Sanierung nicht möglich war, entschlossen wir uns zu einer Behandlung mit Interferon (IFN)-α2a.

IFN-α hemmt in vitro Proliferation und Motilität von Endothelzellen, Fibroblasten und glatten Muskelzellen und die Kapillarneubildung [[17], [18], [19], [20]]. Aus In-vitro-Studien geht ebenfalls hervor, dass Interferone sowohl die immunologische als auch die tumorinduzierte Angioneogenese hemmen können, und dass die Effekte von Wachstumsfaktoren durch Interferone gehemmt werden können, wenn auch kein kompetitiver Antagonismus besteht [[21], [19], [15]].

Hämangiome sind charakterisiert durch schnelles Wachstum und erhöhte Endothelzell-Wachtumsraten sowie hohen Zellumsatz in der Zellkultur [[22]]. Die besondere Empfindlichkeit der angiomatösen Gewebe gegen antiproliferative Substanzen wie IFN α-2a könnte mit den raschen Wachstumsraten der angiomatösen Gewebe zusammenhängen [[1]].

White et al. [[1]] behandelten 2 Kinder mit pulmonaler Hämangiomatose und ein Kind mit Angiosarkom und thorakaler Beteiligung mit IFN α-2a. Sie erreichten damit eine Besserung der klinischen Symptomatik wie Belastungsdyspnoe und Hämoptysen und von apparativen Befunden wie der Lungenfunktion und der radiologischen Befunde wie im vorliegenden Fall. Von einer Therapieunterbrechung oder einer Dosisreduktion sahen White et al. [[1]] auch nach über 30-monatiger Dauer ab, da alle Patienten immer noch Krankheitszeichen aufwiesen und die Erkrankung eine sehr schlechte Prognose hat. Bei Patienten mit Haarzellleukämie kam es zur Bildung von Antikörpern gegen Interferon, deren klinische Signifikanz jedoch noch unklar ist [[23], [24]].

White et al. [[1]] halten eine erhöhte Inzidenz von Antikörperbildungen durch längere Niedrigdosierung für möglich.

Die Therapie mit IFN α wird in der Regel ausreichend gut toleriert, so dass es über längere Zeiträume appliziert werden kann. Die Interferontherapie bei dieser Indikation ist noch mit vielen Unklarheiten behaftet. So sind z. B. adäquate Therapiedauer, Dosis- oder Intervalländerungen, genauer Wirkungsmechanismus und die Bestimmung des Therapieerfolges noch ungelöste Probleme [[1]].

Bei der Beurteilung des Therapieerfolges muss man den natürlichen Verlauf berücksichtigen. Bei den meisten Patienten mit einer thorakalen Angiomatose entwickelt sich im Verlauf eine progrediente, schwere Dyspnoe und die Patienten sterben meist innerhalb 1 - 3 Jahren nach Beginn der Symptome unter dem Bild eines dekompensierten Cor pulmonale [[2], [3], [4], [7], [1]]. Im vorliegenden Fall ist eine erhebliche Besserung des Krankheitsbildes unter der IFN-Therapie durch die mit dem Therapiebeginn eingetretenen günstigen klinischen, funktionellen und radiologischen Befundveränderungen sehr wahrscheinlich. Der vorgestellte Fall bestätigt damit die Bedeutung von Interferon α-2a bei der Therapie seltener, aggressiver angiomatöser Krankheitsbilder.

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Dr. med. Andreas Eichler

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Dr. med. Andreas Eichler

Medizinische Universitätsklinik Innere Medizin V

66421 Homburg

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