Psychiatr Prax 2001; 28(1): 24-28
DOI: 10.1055/s-2001-10502
ORIGINALARBEIT
Originalarbeit
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Aggressivität und suizidales Verhalten

Eine clusteranalytische Studie an Suizidenten und klinisch unauffälligen VergleichspersonenRottraut Ille1 , Helmuth  P. Huber1 , Hans-Georg Zapotoczky2
  • 1Ludwig-Boltzmann-Institut für angewandte klinische Psychologie, Karl-Franzens-Universität Graz, Österreich
  • 2Universitätsklinik für Psychiatrie, Karl-Franzens-Universität Graz, Österreich
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2001 (online)

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Zusammenfassung

Anliegen: Die Arbeit hatte sich zum Ziel gesetzt, sowohl im klinischen als auch im vorklinischen Bereich verschiedene „Aggressionstypen” zu identifizieren und deren Bedeutung unter dem Aspekt der Suizidalität zu untersuchen. Methode: Eine klinische Stichprobe von n = 68 stationär behandelten psychiatrischen Patienten (39 Frauen, 29 Männer) und eine hinsichtlich Alter, Geschlecht und sozioökonomischem Hintergrund vergleichbare nichtklinische Stichprobe von n = 70 psychisch unauffälligen Probanden (38 Frauen, 32 Männer) wurde unter Berücksichtigung ihrer Aggressivitätsstruktur cluster-analytisch in homogene Untergruppen aufgeteilt. Der Beitrag der einzelnen Aggressivitätsdimensionen zur Gruppentrennung wurde diskriminanzanalytisch bestimmt. Ergebnisse: Sowohl für die klinische als auch für die nichtklinische Stichprobe ergaben sich jeweils zwei Subgruppen (Cluster), die sich hinsichtlich ihrer Aggressivitätsstruktur signifikant unterschieden. Bei der nichtklinischen Vergleichsgruppe leisteten die Faktoren „Selbstaggressionen/Depressivität” und „spontane Aggressionen” den größten Beitrag zur Trennung der Subgruppen; bei der klinischen Untersuchungsgruppe trug der Faktor „Erregbarkeit” am meisten zur Gruppentrennung bei. Die clusteranalytisch identifizierten Subgruppen differenzierten a) im nichtklinischen Bereich zwischen Personen mit Suizidgedanken und Personen ohne Suizidgedanken und b) im klinischen Bereich zwischen Erstsuizidenten und Patienten mit wiederholten Suizidversuchen. Darüber hinaus wiesen die Patientencluster im Durchschnitt höhere Werte auf der Hoffnungslosigkeitsskala auf als die Cluster der nichtklinischen Vergleichsstichprobe. Schlussfolgerung: Die Befunde unterstreichen die Bedeutung einer multivariaten Aggressivitätsdiagnostik bei der Beurteilung suizidalen Verhaltens.

Aggressiveness and Suicidal Behavior: A Cluster Analytic Approach in Clinical and Non-Clinical Subjects

Aims: An attempt was made to examine the relationship between different dimensions of aggression and suicidal behavior in clinical and non-clinical subjects. Method: A clinical sample of 68 suicide attempters (39 females, 29 males) and a matched sample of 70 non-clinical subjects (38 females, 32 males) were subgrouped by cluster analytic techniques. Classification variables included the scales of the Aggressive Factors Questionnaire (AFQ). Discriminant function analyses were performed on the clusters to determine the quality of group separation and to assess the power of each input variable. External variables such as the amount of hopelessness, suicidal ideation and the number of suicide attempts were used to assess the clinical relevance of the identified clusters. Results: Two subgroups were identified in each sample. Variables that contributed most to group separation were Auto-aggression/Depression and Spontaneous Aggression in the non-clinical sample and Excitability in the clinical sample, respectively. The clusters identified within the non-clinical sample differentiated between ideators and non-ideators. Cluster allocation within the clinical sample was indicative of the number of suicide attempts. Conclusions: Clusters defined on the basis of different dimensions of aggressiveness turned out to be a classification with significant implications for the assessment of suicidal behavior.

Literatur

Univ.-Prof. Dr. Helmuth P. Huber

Ludwig-Boltzmann-Institut für angewandte klinische Psychologie

Karl-Franzens-Universität Graz

Universitätsplatz 2/III

8010 Graz

Österreich

eMail: Helmuth.Huber@kfunigraz.ac.at