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DOI: 10.1055/s-2001-12638
Der zukünftige Internist nach US-Vorbild?
Publication History
Publication Date:
31 December 2001 (online)
Mit großem Interesse habe ich den Beitrag von Hahn [1] über die Qualifikation des künftigen Internisten gelesen. Da ich seit 7 Jahren in den USA als Arzt tätig bin, fielen mir viele Parallelen mit der amerikanischen Medizinerausbildung auf. Diese baut - wie von Hahn erwähnt - bereits im Studium auf Praxisbezug, was seit 1993 auch (im Gegensatz zum früheren FMGEMS) im »US-Physikum« (US-MLE Step 1) reflektiert ist. Ohne bereits wissenschaftlich tätig gewesen zu sein, entwickelt der US-Medizinstudent früh kritisches Denken im Umgang mit Lehrmeinungen und Fachpublikationen, was sich in den täglichen Visiten mit Interns, Residents (Assistenten), Fellows und Professoren konstruktiv niederschlägt. Die klinische Ausbildung bildet den Grundstock (»common trunk«) des US-Internisten, obwohl es hier Unterschiede gibt je nach US-Klinik, wie zu sehen ist an der Unterteilung in »research-oriented« (z. B. Harvard University, Boston) oder »comprehensive« Krankenhäusern (z. B. Ohio State University, Columbus). Die letzteren haben (auch aus wirtschaftlichen Gründen) einen größeren (meist doppelten) Patientendurchlauf [2]. Darauf aufbauend entscheidet sich der US-Internist, ob er eine wissenschaftliche Karriere oder Subspezialisierung einschlagen möchte, die dann im Rahmen einer sog. Fellowship erfolgen. Die Fellowships (z. B. Gastroenterologie) bestehen aus klinischer und wissenschaftlicher Tätigkeit. Anschließend kann man sich zur praktischen oder akademischen (Assistant/Associate/Full Professor) Berufsausübung entscheiden.
Diese Ausbildungsstruktur macht die Übertragung klinisch-relevanter Fragestellungen in die Grundlagenforschung und umgekehrt effektiver/sinnvoller - ähnlich einem Ingenieur, der zuvor eine praktische (handwerkliche) Ausbildung hatte, und darauf aufbauend marktfähige Konzepte und Produkte entwickelt, im Gegensatz zu einem Ingenieur, der von Anfang an rein theoretisch tätig war und nicht die Kommunikation zum »untergeordneten« Handwerker/Praktiker schafft (der jedoch essenziell für die Wirtschaft ist).
Um eine strukturierte Ausbildung mit adäquaten Rotationen und Exposition von unterschiedlichen Krankheitsbildern zu gewährleisten, die letztendlich in der schriftlichen Facharztprüfung (ABIM-Diplom) abgefragt werden, wird jedes US-Trainingsprogramm alle 3-4 Jahre vom »Accreditation Council for Graduate Medical Education« (ACGME) extern evaluiert. Auch wird die Kompetenz eines bereits vom »American Board of Internal Medicine« (ABIM) - zertifizierten Internisten neuerdings alle 10 Jahre überprüft mit Hilfe der sog. Rezertifizierung, die u. a. mit Durcharbeitung des »Medical Knowledge Self-Assessment Program« (MKSAP) erworben werden kann. Zusätzlich ist die Approbation/Lizenz jedes US-Arztes nur für 2 Jahre gültig, jedoch erneuerbar bei Nachweis von entsprechenden »Continuing Medical Education«(CME)-Kreditpunkten.
Neben diesen im US-Medizinersystem bereits vorhandenen Eigenschaften erwähnt Hahn Kompetenzbereiche des zukunftsfähigen Internisten, die oft nicht bei den US-Medizinern zu finden sind. Diese umfassen u. a. im Prinzip den Sektor Allgemeinbildung einschließlich eines multikulturellen Verständnisses und der Beherrschung von mindestens einer Fremdsprache.
Im idealen Fall sollte man nicht alles von den USA übernehmen (z. B. das »Health Maintenance Organisation«[HMO]-Gesundheitssystem mit der Unter- oder Nichtversicherung vieler Bürger, den Ärzteverklagungswahn »to make a quick buck«, etc.), sondern kritisch die guten und schlechten Seiten eines jeden Landes abwägen und dabei die Implementierung der Vorteile realisieren.
Literatur
- 1 Hahn E G. Welche Kenntnisse und Fertigkeiten muss der zukünftige Internist (2010) haben ?. Dtsch med Wschr. 2000; 125 738-740
- 2 Koch C A. Am Anfang steht der Kontakt zum Patienten. Dt Ärztebl. 1996; 93 A1102-1104
Dr. med. Christian A. Koch
Diplomate of Internal Medicine and Endocrinology
(ABIM) Clinical Investigator, Senior Staff
National Institutes of Health, NICHD, PREB
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