Zusammenfassung
Bei der Einführung von Fallpauschalen als Abrechnungssystem für stationär-psychiatrische Behandlung wird manchmal befürchtet, dass sich das Behandlungssystem in Richtung einer intensivierten „Drehtürpsychiatrie” entwickeln würde: Nicht nur die erwünschte Verkürzung von Verweildauern, sondern gleichzeitig auch eine Erhöhung der (bevölkerungsbezogenen) Hospitalisierungsquoten und (patientenbezogenen) Wiederaufnahmezahlen wären die Folge. Der Artikel untersucht die empirische Situation in Österreich nach Einführung der „leistungsorientierten Krankenhausfinanzierung” auch in der Psychiatrie zum 1. 1. 1997: Anhand der Zeitreihe der kompletten Krankenhausentlassungsstatistik aller Einwohner im Bundesland Salzburg aus den Jahren 1991 - 1998 lässt sich zeigen, dass die spezielle Form von Fallpauschalen in der Psychiatrie weder Strukturbrüche in den Zeitreihen hervorgerufen hat, noch einen beschleunigenden oder bremsenden Einfluss auf die langjährigen Entwicklungstrends bei Verweildauern, Krankenhaushäufigkeit und Rehospitalisierungen genommen hat. Im Vergleich zu diesen Ergebnissen lassen sich aber bei verschiedenen somatischen Fächern zum Teil ganz erhebliche Veränderungen im Behandlungssystem im Zusammenhang mit der Fallpauschalierung nachweisen. Einige Beispiele werden gezeigt. Die Bedeutung dieser Ergebnisse für das deutsche Versorgungssystem wird diskutiert.
Hospital Financing in In-Patient Psychiatry via DRG-Based Prospective Payment - The Salzburg Experience
Hospital financing via case-related prospective payment sometimes is suspected to be responsible for accelerating the „revolving-door”-phenomenon in psychiatry. According to this reasoning, stablishing diagnoses-related groups (DRGs) ruling a prospective payment system could not only reduce lengths of stay but could also simultaneously raise hospitalization and readmission rates. This study analyses the Austrian experience after the implementation of such a payment system, the „performance-oriented financing of hospitals” (leistungsorientierte Krankenanstalten-Finanzierung, LKF) in 1997. Time series analyses based on the complete hospital discharge statistics of the Salzburg province were used as methods. Results showed that neither length of stay, nor hospitalization or readmission rates in psychiatry have substancially changed or deviated from their long-term trends after implementation of the LKF system. Other medical disciplines have experienced statistically significant changes. The possibility to transfer these results to the German psychiatric health care system is discussed.
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Dr. Ulrich Frick
AG Versorgungsforschung Klinik und Poliklinik für Psychiatrie der Universität Regensburg
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