Pneumologie 2001; 55(7): 343-346
DOI: 10.1055/s-2001-15617
DER INTERESSANTE FALL
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Fataler Verlauf einer multisystemischen Sarkoidose bei einem 54-jährigen Patienten

Fatal Outcome of a Multisystemic Sarcoidosis in a 54-year-old PatientH. Bauer
  • Medizinische Klinik Josephs-Hospital Warendorf(Leitender Arzt: Dr. med. R. Kahlert)
Weitere Informationen

Dr. med. H. Bauer

Josephs-Hospital Warendorf

Kapellenstr. 41

48231 Warendorf

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2001 (online)

Inhaltsübersicht #

Zusammenfassung:

Hintergrund: Die Sarkoidose ist eine granulomatöse Systemerkrankung unklarer Ätiologie mit überaktivem Immunsystem. Die intrathorakalen Lymphknoten sowie das Lungenparenchym sind die häufigsten Manifestationsorte, aber auch alle anderen Organsysteme können befallen werden. Bei überwiegend günstiger Prognose gibt es eine kleine Gruppe von Patienten, welche therapierefraktär sind, und bei denen die Erkrankung einen deletären Verlauf nimmt. Solange eine kausale Therapie nicht möglich ist, gelten Kortikosteroide als Mittel der ersten Wahl. Bei Steroidresistenz steht eine immunsuppressive Kombinationstherapie zur Verfügung, deren klinischer Stellenwert z. Z. intensiv untersucht wird.

Fallbericht: Wir berichten über einen 54-jährigen Patienten, der zur Abklärung pathologischer Leberwerte stationär aufgenommen wurde. Als Ursache fanden wir einen Leberbefall bei Sarkoidose. Auch im Lungenparenchym ließen sich Granulome nachweisen bei unauffälligem Röntgenbild. Vitalkapazität (VC) und Tiffeneau-Test (FEV1) waren normal, die Diffusionskapazität (DLCO) auf 60 % der Norm reduziert. Der Krankheitsverlauf war durch eine progrediente Verschlechterung der Lungenfunktion und des Allgemeinzustandes (Gewichtsabnahme, Leistungsminderung) gekennzeichnet. Es kam in der Folge zusätzlich zum Befall von Kolon, Milz, Knochenmark und Nieren, was sich klinisch als hyperkalzämische Krise sowie als Panzytopenie und Hypersplenismus manifestierte. Die Therapie bestand in der Gabe von Steroiden, die wir symptomadaptiert zeitweilig auf 40 mg/d Prednison erhöhen mussten. Damit konnte eine vorübergehende Besserung von Allgemeinsymptomen und Funktionsparametern erreicht werden, ohne jedoch den deletären Verlauf abwenden zu können. Vier Jahre nach Stellung der Diagnose verstarb der Patient unter den Zeichen einer fortgeschrittenen hepatischen Enzephalopathie infolge ausgedehnter granulomatöser Durchsetzung des Leberparenchyms bei multisystemischer Sarkoidose.

Schlussfolgerung: Aufgrund des geschilderten Verlaufes empfehlen wir bei steroidresistenter, multisystemischer Sarkoidose den frühzeitigen Einsatz einer immunsuppressiven Kombinationstherapie, z. B. mit Azathioprin. Auf die entsprechende Literatur wird verwiesen.

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Fatal Outcome of a Multisystemic Sarcoidosis in a 54-year-old Patient:

Background: Sarcoidosis is a systemic granulomatous disease of unknown etiology in which the immune system is overstimulated. The intrathoracic lymph glands and the lungs are the most common site of involvement but all other organs and systems can be affected. Although the prognosis is mainly favourable there is a small group of patients who are resistant to therapy and will eventually succumb to their disease. There is no causative treatment but corticosteroids are the most effective therapeutic agents for sarcoidosis. If there is resistance to corticosteroids an immunsuppressive combination treatment is available. The immunsuppressive drugs (Azathioprin, Methotrexat, Ciclosporin, Pentoxifyllin, Thaliodomid) and the clinical effectiveness of the combination treatment are still under investigation.

Case report: We describe a 54-year-old patient admitted to our hospital because of abnormal liver function tests. The cause was a sarcoidosis of the liver but we found also an involvement of the lung. The chest x-ray did not show any pathological findings, the lung function tests - VC and FEV1 - were normal but the diffusion capacity (DLCO) was reduced to 60 %. The course of the disease was characterized by a progressive deterioration of the lung function and of the general condition (loss of weight, fatigue, decrease in vitality). In the further course colon, splen, bone marrow and kidneys were involved and hypercalcemia, pancytopenia and hypersplenism occur. The treatment consisted in the application of corticosteroids. We started with 30 mg prednison daily and reduced it over a period of nine weeks to 7.5 mg. In the periods of deterioration we increased the dosis up to 40 mg daily and achieved a temporary improvement of the general condition and the function tests. But eventually the fatal outcome could not be prevented not even after the removal of the massive enlarged splen. The patient died four years after the diagnosis was established. The cause of death was an advanced hepatic encephalopathy as a result of extensive granulomatous involvement of the liver by a multisystemic sarcoidosis.

Conclusion: We conclude that a steroidresistant multisystemic sarcoidosis should be treated early in the course with a combination of two immunsuppressive agents. We recommend Azathioprin in addition to corticosteroids. We refer to the corresponding literature.

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Einleitung

Die Sarkoidose ist eine granulomatöse Systemerkrankung unbekannter Ätiologie. Man nimmt an, dass bei den betroffenen Patienten eine genetisch determinierte oder erworbene Störung des Immunsystems vorliegt, welche im Erkrankungsfall zu einer überschießenden Reaktion auf zahlreiche Antigene führt [1]. Aktivierte Alveolarmakrophagen und aktivierte alveoläre T-Lymphozyten sezernieren Mediatoren, welche Entzündungsprozesse im Lungenparenchym stimulieren. Das Resultat dieser Entzündung ist das nicht verkäsende epitheloidzellige Granulom. Serologische Parameter (ACE, sIL-2R, Neopterin) spiegeln die Aktivität der Entzündung wider [2]. Der Serumspiegel von sIL-2R und der von kultivierten Alveolarmakrophagen freigesetzte Tumor-Nekrose-Faktor-α (TNF-α) sind geeignet, den Verlauf der Erkrankung vorherzusagen [3]. Hauptmanifestationsort der Sarkoidose ist die Lunge und die hilären und mediastinalen Lymphknoten. Es können aber auch alle anderen Organe befallen werden. Der klinische Verlauf kann akut (Tage bis Wochen, Löfgren-Syndrom), subakut (weniger als zwei Jahre) oder chronisch (mehr als zwei Jahre) sein. Die akute Form zeigt die höchsten Spontanheilungsraten, während die chronische Form abhängig vom Röntgen-Typ der Lungensarkoidose oft eine Progression aufweist und bis zu 10 % zu einer Lungenfibrose führt. Extrapulmonale Granulome werden bei der chronischen Verlaufsform häufiger beobachtet [4]. Die Indikation zur Steroid-Therapie richtet sich nach Ausmaß der Lungenfunktionsstörung, nach Befundprogredienz und nach Organbeteiligung [5]. Angesichts der hohen Rate von Spontanremissionen und der potenziellen Nebenwirkungen einer systemischen Steroid-Therapie sollte bei einer neu diagnostizierten pulmonalen Sarkoidose zunächst der Spontanverlauf abgewartet werden. Eine sofortige Therapie-Indikation besteht jedoch bei Beteiligung von Herz, ZNS und Augen, sofern eine lokale Therapie erfolglos war, sowie bei Hyperkalzämie. Auch sollten eine progrediente Einschränkung der Lungenfunktion, auch wenn sie symptomarm verläuft, und eine Funktionseinschränkung eines extrathorakalen Organes behandelt werden [6].

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Fallbeschreibung

Ein 54-jähriger bisher immer gesunder Patient wurde im Mai 1995 zur Abklärung pathologischer Leberwerte (γ-GT 135 U/l, aP 313 U/l) in unser Krankenhaus eingewiesen. Die körperliche Untersuchung war unauffällig; Körpergewicht 65 kg bei 179 cm Größe. In der Sonographie des Abdomens fanden sich multiple echogleiche Herde mit echodichtem Saum, wie bei atypischen Hämangiomen. Laparoskopisch zeigte sich eine vergrößerte Leber mit überwiegend glatter, teilweise leicht welliger Oberfläche von braun-rötlicher Farbe mit multiplen, bis 1,5 cm großen, im Leberniveau liegenden Herden untypisch für Metastasen oder Zirrhoseknoten. Zeichen einer portalen Hypertension waren nicht nachweisbar. Die Leberhistologie erbrachte bei Vorliegen von epitheloidzellhaltigen Granulomen mit Langhans-Riesenzellen den Nachweis einer granulomatösen Hepatitis bei Sarkoidose. Die Röntgenaufnahme der Thorax-Organe zeigte unauffällige Hili und ein unauffälliges Lungenparenchym. In der Bronchoskopie fand sich eine blande Schleimhaut in der transbronchialen Biopsie epitheloidzellhaltige Granulome mit Langhans'schen Riesenzellen und in der BAL eine lymphozytäre Alveolitis (35 % Lymphozyten). Die Lungenfunktion war nicht eingeschränkt (VC 83 %, FEV1 80 %), die Diffusionskapazität jedoch auf 60 % der Norm reduziert. Die BGA wies einen pO2-Abfall unter Belastung (5'70 Watt) von 90 Torr in Ruhe auf 76 Torr als Zeichen einer gestörten Diffusion auf. Wir stellten die Diagnose einer Lungen-Sarkoidose Stad. 0 mit Leberbefall und sahen aufgrund der extrapulmonalen Manifestation die Indikation zu einer Steroid-Therapie, die wir mit 30 mg/d Prednison begannen. Wir empfahlen dem weiterbetreuenden Hausarzt in Abhängigkeit von dem klinischen Befund nach vier Wochen mit einer Dosisreduktion von 2,5 mg wöchentlich zu beginnen und die Therapie für mindestens 6 Monate fortzusetzen.

Im Dezember 1997 wurde der Patient wegen Dyspnoe und Verschlechterung des Allgemeinzustandes erneut stationär eingewiesen. Die körperliche Untersuchung zeigte bis auf eine Gewichtsabnahme von 2 kg seit 1995 keine Auffälligkeiten. Rö-Thorax, Lungenfunktion, Diffusionskapazität waren gegenüber der Voruntersuchung unverändert. Die Leberhistologie zeigte das Bild einer Sarkoidose mit epitheloidzelligen Granulomen und diffus verteilten mesenchymalen Infiltraten mit einzelnen Leberzellnekrosen. Eine Rechtsherzkatheteruntersuchung erbrachte einen Anstieg des PC-Druckes von 7 auf 22 mm Hg unter Belastung von 75 Watt ohne Angina pectoris und ohne EKG-Veränderungen jedoch mit Auftreten von Dyspnoe. Zum sicheren Ausschluss einer koronaren Herzerkrankung wurde eine Koronarangiograhie veranlasst, welche unauffällige Herzkranzgefäße zeigte und eine regelrechte linksventrikuläre Funktion mit einer Ejektionsfraktion von 65 % erbrachte. Eine Myokardbiopsie wurde nicht entnommen. Wir führten die Beschwerden des Patienten auf die bekannte Sarkoidose zurück und erhöhten die zwischenzeitlich auf 7,5 mg/d reduzierte Dosis auf 20 mg/d Prednison.

Im Februar 1998 kam der Patient erneut mit Ruhe-Dyspnoe, weiterer Gewichtsabnahme (59 kg) und Abgeschlagenheit zur stationären Aufnahme. Die Lungenfunktion war jetzt deutlich eingeschränkt (VC 64 %, FEV1 50 %), pO2-Abfall nach 5'70 Watt Belastung von 79 auf 53 Torr, im Rö-Thorax erstmalig diskrete periphere Zeichnungsvermehrung, Hili unauffällig. Da differenzialdiagnostisch auch eine maligne Systemerkrankung erwogen wurde, führten wir eine Koloskopie durch, bei der sich epitheloidzellige, nicht-verkäsende Granulome der Darmschleimhaut fanden. Die wegen einer Leukopenie (3,5 G/l) durchgeführte Knochenmarksbiopsie erbrachte eine epitheloidzellig-granulozytäre Myelitis. Wir erhöhten die zwischenzeitlich auf 7,5 mg reduzierte Steroid-Dosis auf 20 mg und konnten damit eine Besserung der Dyspnoe und eine leichte Gewichtszunahme erreichen.

Im April 1998 erfolgte ein stationärer Aufenthalt in der Rehabilitationsklinik Wehrawald in Todtmoos. Hier wurde eine Zunahme der Diffusionsstörung festgestellt (CO-Transferfaktor 37 % des Sollwertes). Der klinische Zustand des Patienten ließ sich jedoch während des Aufenthaltes soweit stabilisieren, dass er in seinem Beruf als kaufmännischer Angestellter vollschichtig arbeitsfähig mit einer Steroid-Dosis von 12,5 mg Decortin entlassen werden konnte.

Im März 1999 kam der Patient in einer hyperkalzämischen Krise mit einem Serum-Kalzium von 3,40 mmol/l und einem Kreatinin von 3,9 mg/dl zur stationären Aufnahme. Klinisch bestand eine ausgeprägte Adynamie, eine allgemeine Abgeschlagenheit und Kraftlosigkeit. Körpergewicht 56 kg. Es gelang mittels Hydratation, Erhöhung der Steroid-Dosis auf 40 mg sowie Gabe von Bisphosphonaten die Krise zu überwinden. Bei Entlassung betrug der Kalzium-Wert 2,5 mmol/l, der Kreatinin-Wert 1,9 mg/dl.

Im Juni 1999 kam der Patient wegen Panzytopenie bei Hypersplenismus zur Aufnahme mit Leukozyten von 2,1 G/l, Thrombozyten von 72 G/l, Erys von 3,1 T/l, HB von 9,1 g/dl. Klinisch bestand Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme auf 54 kg, Adynamie, Splenomegalie (20,4 cm Längsdurchmesser in der Abdomensonographie). Wir ließen eine Splenektomie durchführen. Die 639 g schwere Milz war von mulitplen epitheloidzelligen Granulomen mit Langhans-Riesenzellen durchsetzt. Wir setzten die Steroid-Therapie mit 40 mg fort und konnten dadurch eine vorübergehende Besserung des Blutbildes erreichen (Leukos 5,4 G/l, Thrombos. 107 G/l, Erys 2,8 T/l HB 8,7 g/dl,).

Im Juli 1999 kam der Patient in einem moribundem Zustand mit Haut- und Sklerenikterus (Bili 5,1 mg/dl), somnolenter Bewusstseinslage, Desorientiertheit, petechialen Blutungen an Stamm und Extremitäten (Thrombozyten 15 G/l), Anisokorie zur stationären Aufnahme und verstarb nach wenigen Stunden unter dem klinischen Bild eines prolongierten zerebralen Komas. Ein CCT wurde nicht mehr durchgeführt.

Bei der Obduktion fanden sich als Zeichen der Sarkoidose multiple, das Lebergewebe in allen Arealen durchsetzende, kleinherdige Granulome mit mehrkernigen Riesenzellen. Darüber hinaus ein subtotal von Granulomen durchsetztes Knochenmark mit nur spärlichen Resten an verbliebenen blutbildenden Zellen. In Herz und Lunge kleine fibrotische Herde (Narben) ohne Nachweis von Granulomen. Im Gehirn mäßiggradige gliale Polidystrophie sowie septische Gliaknötchen, keine sarkoidose-typischen zerebralen Gewebsveränderungen, keine intrazerebrale Blutung. Weiterhin fanden sich Zeichen einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung mit bullösem, randbetontem Lungenemphysem, Längsriffelung der Bronchien und mittelgradiger Pulmonalarteriensklerose sowie Rechtsherzhypertrophie (Kammerwanddicke 0,4 cm) mit chronischer Blutstauung der Leber. Weiterhin fanden sich als Zeichen eines Hypertonus eine Linksherzhypertrophie (Herzgewicht 400 g, Kammerwanddicke links 1,9 cm), eine höhergradige allgemeine Arteriosklerose der großen Körpergefäße bei unauffälligen, eher ektatischen Koronararterien. Als Nebenbefunde fanden sich multiple, bis 3,4 cm messende Hämangiome der Leber, sowie ein Zustand nach Splenektomie. Todesursache war die ausgedehnte granulomatöse Durchsetzung des Leberparenchyms. Die Eintrübung des Patienten kurz vor seinem Tode war Folge einer fortgeschrittenen hepatischen Enzephalopathie. Der Patient ist im Leberversagen bei generalisierter Sarkoidose mit Multiorganbefall verstorben.

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Diskussion

Der hier vorgestellte Fall gehört zu der kleinen Gruppe von Sarkoidose-Patienten (ca. 1 - 4 %), bei denen die Erkrankung einen fatalen Verlauf nimmt [7]. Im Allgemeinen ist die Prognose dieser Erkrankung günstig. So zeigen 95 % der Patienten mit akuter Sarkoidose eine Spontanheilung innerhalb weniger Monate. Patienten mit chronischer Sarkoidose im Stadium I und II weisen in über 80 % eine Spontanheilung innerhalb von 1 - 3 Jahren auf und Patienten im Stadium III in immerhin noch 50 % [8]. Bei ca. 10 % der chronischen Sarkoidose-Patienten kommt es zu einer Progredienz mit Übergang zur Lungenfibrose. Todesursache ist dann häufig eine progressive respiratorische Insuffizienz oder ein Befall des Herzens, der öfters als vermutet vorkommt und meistens erst postmortem diagnostiziert wird [9]. Leberversagen bei Sarkoidose ist selten [10].

Angesichts des dargestellten Krankheitsverlaufes stellt sich die Frage nach der adäquaten Therapie. Bei einer Erkrankung wie der Sarkoidose, deren Ätiologie nicht bekannt ist, ist naturgemäß eine kausale Therapie nicht möglich [11]. Es ist gut belegt, dass die Kortikosteroid-Therapie in der Lage ist, lang anhaltende Remissionen zu induzieren. Sie gilt deshalb bei persistierenden Symptomen oder progredientem Funktionsverlust eines Organs als Therapie der ersten Wahl [12]. Die Mechanismen, die zur Remission führen, sind unbekannt, aber man nimmt an, dass die Kortikosteroide immunologische Prozesse, die auch bei der Spontanremission eine Rolle spielen, begünstigen [13].

Bei nur diskreter Symptomatik (Husten, Dyspnoe, Abgeschlagenheit, Myalgien) oder bei progredienten radiologischen Befunden ohne klinische Symptomatik sollte eine Beobachtungsphase von 6 Monaten abgewartet werden, um zu überprüfen, ob eine Spontanremission eintritt. Ist das nicht der Fall, sollte eine Kortison-Therapie eingeleitet werden mit dem Ziel, die klinischen Symptome zu beseitigen sowie Lungenfunktion und körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern. Es existieren keine kontrollierten Studien zur Kortison-Therapie bei der Sarkoidose [14], so dass Dosierung, Dauer und Handhabung auf der ärztlichen Erfahrung seit Einführung dieser Therapieform beruhen.

Als Initial-Dosis werden 0,6 - 0,8 mg/kg/d empfohlen [15]. In Abhängigkeit vom Ansprechverhalten wird die Dosis nach 2 - 6 Wochen schrittweise reduziert. Nach drei Monaten sollte überprüft werden, ob der Patient auf die Therapie angesprochen hat: Kontrolle von klinischem Befund, Rö-Thorax, Lungenfunktion, Entzündungsparametern, Serum-ACE. Bei Respondern wird die Dosis langsam auf 5 - 10 mg/d reduziert und die Therapie für 12 Monate fortgesetzt. Kommt es in der Reduktionsphase zu einem erneuten Aufflackern der Beschwerden, genügt es in den meisten Fällen, die Steroid-Dosis auf die Stufe zu erhöhen, bei der sich die Beschwerden zurückbilden. Danach erfolgt wiederum die allmähliche Reduktion bis auf die o. g. Erhaltungsdosis. Spricht der Patient jedoch innerhalb von 6 - 12 Monaten nicht auf Steroide an, gilt er als steroid-resistent (immerhin 10 - 20 % der steroid-bedürftigen Patienten). In dieser Situation sollte eine andere Therapie-Modalität gewählt werden, um nicht die ungünstigen Nebenwirkungen einer ineffektiven Steroidlangzeittherapie zu riskieren. Da sich eine Monotherapie mit Immunsuppressiva nicht bewährt hat, darf man aufgrund der Kenntnisse der immunpathogenetischen Vorgänge bei der Sarkoidose [16] annehmen, dass eine Remission nur durch eine immunsuppressive Kombinations-Therapie erreicht werden kann. Einen anerkannten „Goldstandard” gibt es für diese Therapie zur Zeit noch nicht. Auch besitzen die empfohlenen Medikamente noch keine Zulassung zur Therapie der Sarkoidose, so dass sie nur im Rahmen eines Heilversuches nach Aufklärung und Einverständnis des Patienten eingesetzt werden können. In Betracht kommen Azathioprin, Methotrexat, Ciclosporin, Pentoxifyllin und Thalidomid [17] [18] [19] [20] [21] [22] [23] [24]. Die Therapie einer steroid-resistenten Sarkoidose sollte daher in Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Zentrum erfolgen.

Für Azathioprin wird folgendes Vorgehen empfohlen [15]: Azathioprin 2 mg/kg/d (100 - 150 mg/d) zusammen mit initial hohen Steroid-Dosen (0,6 - 0,8 mg/kg/d Prednisolon-Äquivalent), die in den folgenden acht bis zwölf Wochen schrittweise auf eine Erhaltungs-Dosis von 5 - 10 mg/d reduziert werden. Die Azathioprin-Dosis bleibt über die gesamte Therapie-Dauer (24 Monate) unverändert, es sei denn, hämatologische Nebenwirkungen machen eine Reduktion erforderlich. Engmaschige Kontrollen des Blutbildes sind daher zur Therapie-Überwachung notwendig. Die Leukozytenzahl sollte 4000 μl nicht unterschreiten, die Thrombozytenzahl, das rote Blutbild und die Leberfunktion sollten normal sein.

Wegen der höheren Toxizität von Methotrexat und Ciclosporin sollten diese Medikamente erst in zweiter Linie in Betracht gezogen werden. Eine weniger toxische Substanz ist das Xantinderivat Pentoxifyllin. Es wurde wegen seiner antiinflammatorischen Eigenschaften bei der Behandlung der Sarkoidose sowohl als Monosubstanz als auch in Kombination mit Steroiden eingesetzt (25 mg/kg/d). In einer Studie an drei Patienten mit steroid-resistenter Sarkoidose zeigte es gute Erfolge [25].

Wir haben bei unserem Patienten eine immunsuppressive Kombinations-Therapie nicht eingeleitet, weil wir den Eindruck hatten, dass unter der intermittierenden Erhöhung der Steroid-Dosis eine Besserung der subjektiven Symptome, der Lungenfunktion und der Laborparameter zu erzielen war. So ist er im April 1998 aus der Rehabilitationsklinik Wehrawald mit 12,5 mg Decortin vollschichtig arbeitsfähig entlassen worden. Auch nach Überwindung der hyperkalzämischen Krise im März 1999 war durch Erhöhung der Steroid-Dosis eine deutliche Besserung des Allgemeinzustandes zu erreichen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre jedoch die zusätzliche Gabe eines Immunsuppressivums sinnvoll gewesen, denn die ab Juni 1999 einsetzende fulminante Verschlechterung ließ sich therapeutisch nicht mehr beeinflussen.

Aufgrund dieser Erfahrung empfehlen wir bei einer multisystemischen, steroid-resistenten Sarkoidose den frühzeitigen Einsatz (d. h. spätestens nach dem zweiten Rezidiv) einer immunsuppressiven Kombinations-Therapie z. B. mit Azathioprin.

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Dr. med. H. Bauer

Josephs-Hospital Warendorf

Kapellenstr. 41

48231 Warendorf