PPH 2001; 7(4): 180-188
DOI: 10.1055/s-2001-16178
FORT- UND WEITERBILDUNG
Fort- und Weiterbildung
Georg Thieme Verlag Stuttgart ·New York

Selbsterfahrung für psychiatrische Pflegekräfte!

Weiterbildung und Reflexion A. Schröder-Bergstermann
  • Axel Schröder-Bergstermann, Krankenpfleger, Pflegewissenschaftler (BScN), Tiefenpsychologischer Körpertherapeut (International Academy for Bodytherapy, Niederlande), Student im pflegewissenschaftlichen Masterprogramm an der Universität Witten/Herdecke, zur Zeit tätig als Abteilungsleitender Krankenpfleger in der Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin einer großen psychiatrischen Klinik.
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Der Artikel ist eine gekürzte Fassung einiger Kapitel der pflegewissenschaftlichen Bachelor-Abschlussarbeit „Selbsterfahrung in der Weiterbildung zu psychiatrischen Fachpflegekräften mit den Methoden der Tiefenpsychologischen Körpertherapie”. Sie wurde von den Pflegewissenschaftlerinnen Frau Anneke de Jong (MSc) und Frau Prof. Dr. Ruth Schröck (beide Universität Witten/Herdecke) begleitet.

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01 Zur besseren Lesbarkeit wird im Text die „Weiterbildung zu Fachkrankenschwestern, -pflegern, Fachkinderkrankenschwestern, -pflegern, Fachaltenpflegerinnen und -pflegern in der Psychiatrie” durch den Begriff „Fachpflegeweiterbildung” ersetzt.

02 Im Text wird wegen der besseren Lesbarkeit zum Teil die männliche, zum Teil die weibliche Form verwendet. Gemeint sind jeweils beide Geschlechter.

03 Clinical debriefing ist im Allgemeinen für das Ende eines (jeden) klinischen Tages konzipiert und wird als ein Prozess beschrieben, in dem Gruppenmitglieder (nursing students) durch die Ideen, Probleme, Gefühle oder Anliegen der Gruppenteilnehmer miteinander ins Gespräch kommen und arbeiten (Horsfall, 1990 [20]). Journaling soll den Lernenden ermöglichen, sich nochmals mit gemischten Erfahrungen auseinander zu setzen, um für zukünftiges Handeln neue Perspektiven zu entwickeln. Es kann sich dabei um einen Dialog z. B. zwischen Lehrenden und Schüler oder um eine individuelle Reflexionsarbeit handeln. Journaling bietet die Möglichkeit, bestimmte Probleme, Fragen oder Anliegen persönlich zu bearbeiten, und eignet sich damit insbesondere für Themen, die nicht in der Gruppe mitgeteilt werden (Davis, 1995) [15]. Beim Journal keeping handelt es sich um eine „Form der Reflexion, bei der schriftliche Notizen über ein bestimmtes Ereignis, z. B. während einer Woche des praktischen Einsatzes gemacht werden. Diese Notizen sollen neben der Beschreibung der Situation auch die Gefühle, Einstellungen, Absichten usw. des Schreibenden darlegen. Die Unterrichtskraft bzw. der Reflexionsleiter lesen die Aufzeichnungen und fertigen in einem vereinbarten Turnus Feedbacks an. Unter Umständen werden daneben Treffen organisiert, die Raum lassen, bestimmte Themen in der Gruppe zu diskutieren” [32].

04 „Der Begriff der Übertragung hat eine verschieden weite Anwendung erfahren. Der allgemeinste Gebrauch sieht Übertragung als a) ubiquitäres Phänomen, weil rasch sichtbar wurde, dass Übertragungsprozesse natürlich nicht nur zwischen Arzt und Patient, sondern überall, z. B. in Partnerbeziehungen (Übertragung der Mutter auf die Ehefrau!) oder im Berufsleben (Übertragung des Vaters auf den Chef!) vorkommen. Eine engere Verwendung begrenzt den Begriff auf b) die Gefühle des Patienten in therapeutischen Situationen. Hier ist z. B. auch noch dann von Übertragung zu reden, wenn etwa ein internistischer Patient zu seinem Stationsarzt eine bestimmte Form der emotionalen Beziehung entwickelt, die für den Behandler genauso lästig wie angenehm sein kann. Speziell ist dann natürlich die Übertragung in psychotherapeutischen Situationen gemeint. Die stärkste Einengung erfuhr der Begriff als c) Bezeichnung nur der pathologischen Gefühlsäußerungen des Patienten innerhalb von Psychotherapie (…). Eine ähnliche Weite der Verwendung gilt für den Begriff der Gegenübertragung. Freud verstand darunter lediglich den Einfluss des Patienten auf die unbewussten Gefühle des Arztes. Er betonte, dass jeder Psychoanalytiker nur so weit komme, als er seine eigenen Komplexe und inneren Widerstände bearbeitet habe, d. h., dass sich Freud einer Verschränkung von Übertragung und Gegenübertragung nicht mehr als unerwünscht neurotische Reaktion des Therapeuten auf die Übertragungsneurose des Patienten, sondern versteht die durch die Übertragungsgefühle des Patienten ausgelösten Regungen im Therapeuten als komplementäres Phänomen. Durch die Beachtung der eigenen Emotionen in Bezug auf den Patienten, das ist ja mit Gegenübertragung gemeint, erhält der Therapeut ein ausgesprochen positiv zu bewertendes diagnostisches Mittel und Forschungsinstrument für die unbewussten Prozesse des Patienten. Wesentlich ist, dass der Analytiker die übertragenden Gefühle aushält und versucht, sie zu verstehen, statt sie wie der Patient abzureagieren. So erhält der patient die Chance zum Bewusstmachen eigener unbewusster Gefühle” [19].

Axel Schröder-Bergstermann

Arneckestraße 68

44139 Dortmund

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