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DOI: 10.1055/s-2001-17305
Aktuelle Kardiologie
Current cardiologyPublication History
Publication Date:
20 September 2001 (online)
Prof. Dr. V. Hombach, Ulm
Prof. Dr. E. Erdmann, Köln
Dieses Themen-Schwerpunktheft Kardiologie kommt zur Herbsttagung der deutschen Gesellschaft für Kardiologie (27.-29. September 2001 in Ulm) heraus. Wieder will die DMW aus diesem Anlass auf aktuelle kardiologische Entwicklungen mit allgemeiner Bedeutung für die Diagnostik und Therapie hinweisen. Der wissenschaftliche Fortschritt in der Medizin und speziell in der klinischen Kardiologie verläuft weiterhin rasend schnell. Neue, immer potentere Pharmaka werden zunehmend und bei immer größeren Kollektiven eingesetzt. Leider kommen dann auch - größtenteils unvorhergesehene - Nebenwirkungen zum Vorschein, die uns große Probleme bereiten. Es hat sich bei der Rücknahme von Cerivastatin aus dem Markt gezeigt, dass die meisten kardiologischen Patienten nicht ein oder zwei sondern oft zehn und teilweise sogar mehr verschiedene wirksame Substanzen gleichzeitig einnehmen. Tatsächlich ist auch für den gut ausgebildeten Arzt praktisch nicht zu übersehen, welche Interaktionen bei der Vielzahl der zusammen eingenommenen Medikamente dann möglich sind, wenn zusätzlich eingeschränkte Nieren- oder Leberfunktion, ein niedriges Herzminutenvolumen oder andere, metabolische Störungen vorhanden sind. Probanden mit derartigen Komplikationen werden ja in der Regel bei klinischen Testungen neuer Pharmaka von vornherein ausgeschlossen. Wir vermuten, dass diese Problematik uns in Zukunft zunehmend beschäftigen wird. Die medikamentöse Therapie darf nicht aus einer Unzahl von gleichzeitig verordneten Substanzen gegen eine Vielzahl von mehr oder weniger wichtigen körperlichen Störungen bestehen! Der permanente Gedankenaustausch auf Tagungen und Kongressen ist auch wegen der vielen neuen Pharmaka mit zum großen Teil noch wenig bekannten Nebenwirkungen unersetzlich. So wie nicht alle Antiarrhythmika gleich sind, müssen sicher ebenso bei den Statinen oder anderen, vermeintlich gruppengleichen Pharmaka Unterschiede gemacht werden.
Schwer abzuschätzen hinsichtlich seiner zukünftigen Bedeutung ist der katheterinterventionelle Verschluss von Vorhofseptumdefekten im Erwachsenenalter (siehe Beitrag la Rosée et al., Seite 1030). Dass die paradoxe Embolie im Erwachsenenalter häufiger ist, als wir uns das früher vorgestellt haben, wird klar, wenn alle Patienten mit durchgemachtem embolischem Hirninfarkt entsprechend genau untersucht werden. Etwa 30 % aller Erwachsenen haben ein offenes Foramen ovale. Oft kommt es bei Husten, Anstrengungen und z. B. Tauchen zum Rechts-links-Shunt. Dieser lässt sich meist gut dopplerechokardiographisch oder durch MR-Angiographie darstellen. Ohne große Nebenwirkungen innerhalb eines Jahres ist der interventionelle Vorhofseptumverschluss möglich. Langzeitergebnisse stehen allerdings noch aus. Darauf muss zukünftig allerdings genau geachtet werden.
Zunehmend mehr Kinder und Jugendliche mit komplexen angeborenen Vitien und Zustand nach herzchirurgischer Intervention erreichen das Erwachsenenalter. Postoperative Spätkomplikationen sind häufig und müssen rechtzeitig erkannt werden. Nur wenige Kardiologen sehen viele dieser Patienten (siehe Beitrag Peters et al., Seite 1037). Hier besteht eindeutig Fortbildungsbedarf. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Kinderkardiologen, Kardiologen und Kardiochirurgen ist notwendig.
Neue echokardiographische Methoden mit immer besserer Auflösung erweitern unser diagnostisches Spektrum wesentlich (siehe Beitrag Lethen et al., Seite 1048). Ob sich diese speziellen Methoden allerdings im klinischen Alltag bewähren bzw. durchsetzten werden, ist noch nicht abzusehen. Die eingeschränkte Beurteilung echokardiographischer Parameter insbesondere bei übergewichtigen Kranken bleibt ein Problem.
Molekularbiologische therapeutische Interventionen mit autologen Knochenmarkszellen und rekombinanten Wachstumsfaktoren sind im Augenblick en vogue. Im sehr kritisch angelegten Beitrag von Nikol et al. (Seite 1054) werden die aktuellen gentherapeutischen Strategien in vitro und in vivo diskutiert. Der unkritische Einsatz eines viralen Gentransfers mit letalen Folgen hat hier wohl nur einen Aufschub der innovativen Bemühungen bewirkt. Wir stehen insbesondere in der kardiovaskulären Medizin hier wahrscheinlich an der Schwelle zu therapeutischen Großversuchen. Auch diagnostisch nimmt der Stellenwert molekularpathologischer Untersuchungen zu (siehe Beitrag Lentini et al., Seite 1044). Wie häufig nennen wir einen Perikarderguss idiopathisch? In diesem Fall gelang der Nachweis EBV-spezifischer-DNA-Sequenzen und die genaue kausale Zuordnung. Gewiss lässt sich dieser kasuistische Beitrag als Anstoß zu einer besseren differentialdiagnostischen Abklärung verstehen.
Die Fortentwicklung diagnostischer und therapeutischer Methoden ist unser aller Ziel. Hoffentlich schaffen wir es noch lange, up to date zu bleiben oder zumindest unseren ständigen Fortbildungsbedarf zu decken. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine angenehme und weiterführende Lektüre dieses aktuellen Heftes. Wir hoffen, praktisch und klinisch wichtige Themen für dieses Themen-Schwerpunktheft ausgewählt zu haben und verbleiben
mit herzlichen, kollegialen Grüßen
Prof. Dr. med. Vinzenz HombachUlm
Präsident der 25. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft
für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung, Herausgeber dieses Heftes
Prof. Dr. med. Erland Erdmann, Köln
Schriftleiter der DMW, Herausgeber dieses Heftes