Einleitung
Einleitung
Die Therapie von COPD-Patienten, insbesondere in fortgeschrittenen Stadien, ist oft unbefriedigend und undankbar. Die Probleme bei der Behandlung von COPD-Patienten liegen darin, dass die Obstruktion auf der einen Seite durch Veränderungen des Bronchialbaums bedingt ist, die auf Medikamente ansprechen (Kontraktion der glatten Muskulatur, vermehrte Schleimbildung, verminderte mukoziliäre Clearance), auf der anderen Seite aber auch Störungen vorliegen, die auf eine medikamentöse Therapie nicht ansprechen, wie verminderte elastische Retraktionskraft des Lungengewebes und Relaxation der Trachealmembran. Letztere Störungen führen zu einer mechanischen Obstruktion der Atemwege bei forcierter Ausatmung und beim Husten [1 ]
[2 ], die durch physiotherapeutische Maßnahmen gebessert werden kann [15 ].
Das medikamentöse Vorgehen bei COPD ist in nationalen und internationalen Empfehlungen festgelegt [3 ]
[4 ]. Für die Physiotherapie gibt es verschiedene Ansätze von Husten über Atemtechniken bis zu apparativen Hilfen, deren Wirksamkeit erst neulich evaluiert wurde [15 ]. In früheren Untersuchungen konnten wir zeigen, dass die Atemphysiotherapie mit dem RC-Cornet® (einem oszillierenden PEP-System, siehe unten) bei COPD-Patienten das Abhusten von Schleim erleichtert, die Dyspnoe senkt und die Lungenfunktionsparameter verbessert [15 ].
Nachdem Christensen u. Mitarb. 1993 die Zunahme der Wirksamkeit von inhalierten Beta-2-Agonisten durch PEP (positiver exspiratorischer Druck) bei Asthma zeigen konnten [14 ], stellten wir uns die Frage, ob durch oszillierenden PEP die „Wirksamkeit” von Ipratropiumbromid bei COPD-Patienten verbessert wird. In einem solchen Fall würde durch die Inhalation und zeitgleiche Koppelung der physikalischen Therapie eine Vereinfachung und zeitliche Verkürzung der Therapie bei dieser Patientengruppe möglich sein.
Methodik
Methodik
Tab. 1 Demographische Daten der Patienten
n = 35 10 Frauen, 25 Männer
Alter 65 ± 10 Jahre
Körpergröße 170 ± 8 cm
Körpergewicht 75 ± 12 kg
Vitalkapazität (VC) 2,4 ± 0,6 l (65,6 ± 13,9 % Soll)*
Einsekundenkapazität (FEV1 ) 1,15 ± 0,4 l/s (47,1 ± 15,8 % Soll)*
Atemwegswiderstand (Raw ) 0,73 ± 0,29 kPa/l/s
Residualvolumen (RV) 4,03 ± 1,04 l
Rauchverhalten Nichtraucher seit mindestens 5 Jahren (nach persönlichen Angaben)
* EGKS 1993
Studiendesign
Studiendesign
In einer randomisierten prospektiven Cross-over-Studie untersuchten wir 35 Patienten mit COPD (Tab. [1 ]) und tracheobronchialer Instabilität (check-valve in der Fluss-Volumen-Kurve und trapped air in der Bodyplethysmogrammschleife), die sich in einer stabilen Phase (ohne Infekt) befanden, lungenfunktionsanalytisch an 2 aufeinander folgenden Tagen vor und 20 Minuten nach 2 Hub Salbutamol mittels Autohaler (Salbulair®) sowie nachfolgend noch einmal 25 Minuten nach Inhalation von 750 μg Ipratropiumbromid (Atrovent®-Lösung) in 3 ml 0,9 %iger NaCl-Lösung mittels Pari-Inhalierboy und LC-plus-Vernebler.
Die Patienten wurden randomisiert 2 Gruppen A und B zugeordnet. Beide Gruppen inhalierten nach dem gleichen Schema, nur in der Gruppe A war in den Exspirationsschenkel des Pari-Verneblers mittels eines Spezialconnectors ein RC-Cornet® in der Position 1 geschaltet, während die Gruppe B normal aus dem Pari konventionell ein- und ausatmete.
Alle Patienten waren Nichtraucher, die bisherige Therapie (retardiertes Theophyllin, Beta-2-Sympathikomimetika-Inhalationen sowie parasympathikolytische Dosieraerosole und im Schnitt 7,5 mg Prednisolon-äquivalent) wurde beibehalten.
Die Patienten wurden nach frühmorgendlicher Einnahme ihrer Dauermedikation gegen 10.00 Uhr im Lungenfunktionslabor gemessen (Atemwegsresistance im Bodyplethysmographen[1 ], Residualvolumen, Vitalkapazität und Einsekundenkapazität).
RC-Cornet®
RC-Cornet®
Das RC-Cornet® ist ein Physiotherapiegerät, das beim Hineinblasen einen „combined PEP” erzeugt; d. h. es baut sich ein dauerpositiver Druck von etwa 20 cm Wassersäule beim normalen Blasen auf, auf den sich zusätzliche Oszillationen von etwa 5 cm Wassersäule - je nach Blasstärke - aufsetzen (Abb. [1 ]-[3 ]). Es überlagern sich dabei 3 Druckschwankungs-Frequenzen: eine niederfrequente bei ca. 20 Hz, eine mittelfrequente von 80 Hz und eine hochfrequente von 300 Hz. Weitere Details sind vor 1 Jahr in dieser Zeitschrift publiziert worden [6 ].
Die Druck- und Flussschwankungen, die bei der Ausatmung über das RC-Cornet® entstehen, übertragen sich via Mundstück auf die Bronchien, wo sie zu Kaliberschwankungen führen und einem Kollaps der Atemwege entgegenwirken.
Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Programm Statistica der Firma StatSoft, Version 5, Ausgabe 1995, StatSoft Inc. Tulsa, OK USA.
Ergebnisse
Ergebnisse
Die statistische Auswertung des Abfalls des Atemwegswiderstandes in den beiden Gruppen ergab, dass in der Gruppe A, die über das oszillierende PEP-System ausgeatmet hatte, der Abfall der Resistance im Vergleich zur alleinigen Ipratropiumbromid-Inhalation statistisch signifikant (p < 0,0002) größer war (Tab. [2 ]).
Auch die Vitalkapazität stieg in der Gruppe A statistisch signifikant stärker nach Ipratropiumbromid-Inhalation an als in Gruppe B (Tab. [3 ]).
Die Einsekundenkapazität zeigte in der oszillierenden PEP-Therapiegruppe einen signifikant stärkeren Anstieg als bei der normalen Ipratropiumbromid-Inhalation (Tab. [4 ]).
Beim Residualvolumen findet sich trendmäßig eine Abnahme in der mit oszillierendem PEP behandelten Gruppe, das Signifikanzniveau wird allerdings nicht erreicht (Tab. [5 ]).
Wie die Darstellung der Atemwegswiderstände für die einzelnen Patienten zeigt, gibt es individuell erhebliche Unterschiede im Ansprechen auf Beta-2-Sympathikomimetika und Ipratropiumbromid (Abb. [4 ] und [5 ]).
Tab. 2 Verfall des Abfalls des Atemwegswiderstandes in beiden Gruppen
Gruppe A Gruppe B
Atemwegswiderstand (kPa/l/s) mit RC-Cornet® im Ausatemschenkel ohne RC-Cornet®
Beginn 0,73 ± 0,29 0,73 ± 0,25
20 min nach 2. Hub Salbulair® Autohaler 0,62 ± 0,24 0,62 ± 0,25
25 min nach Inhalation von Ipratropiumbromid 0,47 ± 0,24 0,55 ± 0,23
Wilcoxon-Test für verbundene Stichproben: p < 0,0002
Tab. 3 Verlauf der Zunahme der Vitalkapazität
Gruppe A Gruppe B
Vitalkapazität (l) mit RC-Cornet® im Ausatemschenkel ohne RC-Cornet®
Beginn 2,38 ± 0,62 2,38 ± 0,69
20 min nach 2. Hub Salbulair® Autohaler 2,47 ± 0,64 2,48 ± 0,65
25 min nach Inhalation von Ipratropiumbromid 2,65 ± 0,80 2,52 ± 0,72
Wilcoxon-Test für verbundene Stichproben: p < 0,0051
Tab. 4 Verlauf der Zunahme der Sekundenkapazität
Gruppe A Gruppe B
1-Sekunden-Kapazität (l/s) mit RC-Cornet® im Ausatemschenkel ohne RC-Cornet®
Beginn 1,15 ± 0,41 1,18 ± 0,44
20 min nach 2. Hub Salbulair® Autohaler 1,24 ± 0,43 1,22 ± 0,46
25 min nach Inhalation von Ipratropiumbromid 1,34 ± 0,51 1,26 ± 0,55
Wilcoxon-Test für verbundene Stichproben: p < 0,0161
Tab. 5 Verlauf der Abnahme des Residualvolumens in beiden Behandlungsgruppen
Gruppe A Gruppe B
Residualvolumen (l) mit RC-Cornet® im Ausatemschenkel ohne RC-Cornet®
Beginn 4,05 ± 0,98 4,08 ± 1,04
20 min nach 2. Hub Salbulair® Autohaler 3,98 ± 0,98 4,14 ± 1,04
25 min nach Inhalation von Ipratropiumbromid 3,90 ± 1,01 4,14 ± 1,11
Wilcoxon-Test für verbundene Stichproben: p < 0,0555
Diskussion
Diskussion
Diese Untersuchung zeigte, dass die Lungenfunktionsverbesserung nach einer Inhalation von Ipratropriumbromid durch ein in den Ausatemschenkel des Verneblers eingebrachtes RC-Cornet® bei Patienten mit COPD signifikant gesteigert wird.
Bei COPD finden sich unterschiedliche pathologische Veränderungen in den Bronchien, die man in eine reversible (auf Medikamente ansprechende) Komponente der Bronchialobstruktion und eine primär „medikamentenrefraktäre” Komponente, die sich aber durch Physiotherapie bessern lässt, unterteilen kann [9 ]. Wir konnten in einer plazebokontrollierten Prospektivstudie an 90 Patienten mit COPD schon 1997 zeigen, dass durch die Behandlung mit dem RC-Cornet® in der Ausgangsstellung (d. h. eine Stellung mit einem dauerpositiven Druck und zusätzlich darauf gesetzten Druckschwankungen) im Sinne des combined PEP das massiv erhöhte Residualvolumen signifikant gesenkt wurde. Darüber hinaus wurde nach einer solchen Therapie Sputum leichter abgehustet, der frustrane Husen bildete sich zurück und die Patienten fühlten sich unter dieser physikalischen Therapie „wohler” [5 ].
Wie weiterführende Arbeiten gezeigt haben, ist bei COPD-Patienten ein positiver Effekt der Physiotherapie dann ausgeprägt, wenn diese mit einem „combined PEP” durchgeführt wird [10 ]. Der dauerpositive Druck öffnet Kollateralen im Bronchial- und Bronchiolenbereich, so dass Luft durch kollaterale Ventilation erneut hinter kollabierte bzw. bronchialschleimhaltige Bezirke gelangt, was zur Entblähung mit beiträgt [7 ]
[8 ].
Der dyspnoesenkende Effekt des oszillierenden PEP-Systems ist abgesehen von der Senkung der Atemmittellage auch über die Schwingungen bedingt, die das Gerät im Mund, Rachen und am Thorax erzeugt; wie Untersuchungen von Homma u. Mitarb. gezeigt haben, sind es insbesondere mittelfrequente Schwingungen zwischen 80 und 120 Hz, die am Thorax einen dyspnoesenkenden Effekt erzielen [11 ]
[12 ]. Diese Schwingungen bzw. Vibrationen „täuschen” an den Sensoren des Band- und Muskelapparates des Brustkorbs sowie im Bereich des Bronchialbaumes höhere Atemflussraten vor, was als Senkung der Dyspnoe empfunden wird.
Nach ersten Untersuchungen kommt es durch Schalten des RC-Cornet® in den Exspirationsschenkel des Verneblers zu einer besseren Deposition des Inhalates im Bronchialbaum [13 ], was die Zunahme der Bronchodilatation auch pharmakologisch erklärt. Außer der Verbesserung der Bronchospasmolyse verkürzt die Kombination Inhalation mit Düsenvernebler mit gleichzeitiger Physiotherapie den für die „Therapie” notwendigen Zeitaufwand bei COPD-Patienten.
Abb. 1 Schemazeichnungen des Inhalationssystems, das RC-Cornet® ist über einen Spezialadapter mit dem Mundstück des Pari-Gerätes verbunden.
Abb. 2 Registrierung der durch das RC-Cornet® entstehenden Druck- (untere Kurve) und Flussänderungen, ein DIV 20 ms, ein DIV in der Druckkurve 20 H2 O, ein DIV in der Flusskurve 45 l/min, Grün = Druck, Gelb = Fluss.
Abb. 3 Darstellung des oszillierenden Schlauchventilsystems beim RC-Cornet®; man beachte das 2-Kammer-System, das sich nacheinander füllt und entleert, so dass ein dauerpositiver Druck (PEP) bestehen bleibt und bei den Füll- und Entleerungsphasen in diesem PEP aufgesetzte Druck- und Flussänderungen entstehen.
Abb. 4 Darstellung der Änderung des Atemwegswiderstandes (Resistance) vor und nach Sultanol sowie nach Ipratropiumbromid-Inhalation ohne RC-Cornet® (alle 35 Einzelpatienten sind dargestellt).
Abb. 5 Darstellung der Änderung des Atemwegswiderstandes vor und nach Sultanol sowie nach Ipratropiumbromid mit RC-Cornet® im Exspirationsschenkel, Darstellung der 35 Patienten in der gleichen Reihenfolge wie in Abb. [4 ].