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DOI: 10.1055/s-2001-18469
Idiopathische Subclavia-Thrombose
Publication History
Publication Date:
15 November 2001 (online)

Frage: In kurzer Folge haben wir zwei Fälle einer idiopathischen Subclaviathrombose bei einer 26-jährigen Frau und einem 42-jährigen Mann beobachtet.
Welches ist die optimale Strategie der Behandlung solcher Subclaviathrombosen, wie ist die Nutzen-Risiko-Relation aggressiver Maßnahmen (Katheterlyse, Dilatation, chirurgische Behandlung) im Hinblick auf ausschließliche Antikoagulation mit anschließender Marcumarisierung für 3-6 Monate zu sehen?
Antwort: Spontane Venenthrombosen des Armes, der V. axillaris und subclavia treten relativ selten auf und machen nur ca. 4 % aller Thrombosen des tiefen Venensystems aus [5] [6]. Gleichwohl gibt es prädisponierende oder ursächliche Faktoren für das Entstehen einer venösen Okklusion in dieser Körperregion, die auch als Paget-v.Schroetter-Syndrom bezeichnet wird [9]. [Tab. 1] zeigt die häufigsten Ursachen, die das Entstehen einer Armvenenthrombose bedingen können. Derartige Faktoren lassen sich bei etwa 60-70 % der Patienten eruieren [5] [7]. Die Diagnose einer »idiopathischen Subclavia-Venenthrombose« ist daher nur nach einer entsprechenden umfangreichen und komplett durchzuführenden Ausschlussdiagnostik zu stellen.
In der Regel nimmt die Thrombose an der oberen Extremität ihren Ausgang von der V. subclavia. Wachstum zentralwärts und primär zentraler Sitz in der V. cava superior kommen fast nur bei iatrogenen Thrombosen und bei mediastinalen Grunderkrankungen vor. Häufiger ist eine Ausdehnung einer Subclavia-Venenthrombose in die Peripherie Richtung V. axillaris und V. brachialis.
Als Behandlungsoptionen kommen die intravenöse oder subkutane Antikoagulation, die lokale Katheterlyse, eventuell mit nachfolgender Ballondilatation oder die transaxilläre chirurgische Thrombektomie der V. subclavia und V. axillaris, ggf. mit Resektion der 1. Rippe in Betracht [3]. Therapeutisch wichtig sind in jedem Fall initial die Hochlagerung des Armes und ein fester Druckverband. Prospektiv kontrollierte Studien, die die alleinige Antikoagulation gegen fibrinolytische Therapieverfahren, interventionelle Maßnahmen oder ein operatives Vorgehen vergleichen, liegen nicht vor.
Man wird sich daher in der Therapiewahl an der klinischen Situation orientieren, die das Alter des Patienten, das mutmaßliche Alter der Thrombose, die klinische Ausprägung der Schwellung, mögliche Ursachen der Thrombose (thoracic outlet-syndrome) und etwaige Kontraindikationen für mögliche Therapieoptionen berücksichtigt. Da Lungenembolien bei Subclavia-Venenthrombosen sehr selten auftreten und tödliche Lungenembolie die Ausnahme sind, ist im Hinblick auf die Nutzen-Risiko-Abwägung eine Fibrinolyse, die in 40 - 50 % zu einer kompletten Wiedereröffnung der Vene führt, nur äußerst selten indiziert. Schon bei akuten Phlebothrombosen der unteren Extremität, die mit einem viel höheren Lungenembolierisiko einhergehen, wird die Letalität unter adäquater Heparintherapie um 0,4 - 1,6 % und unter Fibrinolyse mit 1 - 2,4 % angegeben wird [1] [6]. Eine intrazerebrale Blutungskomplikation, mit der in 0,4 - 1,33 % gerechnet werden muss, stellt darüber hinaus bei einer nicht lebensbedrohlichen Erkrankung, bei der trophische Störungen als Spätfolge nicht zu erwarten sind, ein unproportional hohes Gefährungspotenzial für den Patienten mit einer Armvenenthrombose dar.
Tab. 1 Prädisponierende Faktoren für das Entstehen einer Subclavia-Venenthrombose. Traumata Neurovaskuläre Kompressionssyndrome (thoracic outlet-syndrome) Scalenus- bzw. Halsrippensyndrom kostoklavikuläres Syndrom Hyperabduktionssyndrom Zentrale Venenkatheter und Sonden Herzschrittmacher Größere, ungewöhliche Belastung des Schultergürtels (Thrombose par effort) Gerinnungsstörungen des Patienten Antithrombin III-Mangel Protein C-Mangel Protein S-Mangel APC-Resistenz Prothrombinmutation Hypercysteinämie Lupus-Antikoagulans Anti-Cardiolipin-Antikörper (IgG und IgM) Faktor VIII Erhöhung > 150 % Tumorerkrankungen Postoperative Zustände und Immobilität hormonelle Antikonzeption, postmenopausale Hormonbehandlung
Zudem fand sich bei Langzeituntersuchungen keine Korrelation zwischen dem initialen Schweregrad des klinischen Bildes und dem Ausmaß der später verbleibenden Beschwerden [3], sodass nur eine echte Phlegmasia coerula dolens, die in Einzelfällen vorkommen kann, eine Indikation zur Fibrinolyse darstellen kann [8]. Insgesamt wird die konservative Therapie mit initialer intravenöser oder subkutaner und anschließender oraler Antikoagulation für 6 Monate den Vorrang haben [2]. Thrombolyse und Thrombektomie sollten Einzelfallentscheidungen bleiben, die das erhöhte Interventionsrisiko rechtfertigen.
Literatur
- 1 Creutzig A. Phlebothrombose. Urban und Schwarzenberg In: Alexander, K. (Hrsg.): Gefäßkrankheiten 1992: 665-687
- 2 Elliot G. Upper-extremity deep vein thrombosis. Lancet. 1997; 349 1188-1189
- 3 Entz L, Kasprzak P, Gerald B, Raithel D. Gefäßkomplikationen als Indikation zur transaxillären Resektion der ersten Rippe. Vasomed akt. 1991; 4 14-16
- 4 Lindblad B, Bornmyr S, Kullendorf B, Bergqvist D. Venous hemodynamics of the upper extremity after subclavian vein thrombosis. VASA. 1990; 19 218-222
- 5 Martin M. Phleko-/Phlefi-Studien. VASA. 1997; ((Suppl 49))
- 6 Neuerburg-Heusler D, Hennerici M. Gefäßdiagnostik mit Ultraschall. Lehrbuch und Atlas. Stuttgart, New York, Thieme 1999
- 7 Prescott S M, Tikoff G. Deep venous thrombosis of the upper extremity: a reappraisal. Circulation. 1979; 59 350-355
- 8 Theiss W, Rieger H. Tiefe Venenthrombose der oberen Extremität. Berlin, Heidelberg Springer Verlag In: Rieger, H., W. Schoop (Hrsg.): Klinische Angiologie 1998: 1075-1084
- 9 Zell L, Scheffler P, Heyer M, Buchter A. Paget-von-Schroetter-Syndrom als Arbeitsunfall. Dtsch med Wochenschr. 2001; 126 326-328
Dr. Thomas Karasch
Klinik III für Innere Medizin der
Universität zu Köln
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