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DOI: 10.1055/s-2001-18918
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Zur Behandlung (Evidence-Based Medicine) pharmakogen induzierter Psychose, Demenz, Depression und Angststörung bei idiopathischem Parkinson-Syndrom
Treatment (Evidence-based Medicine) of Drug-Induced Psychosis, Dementia, Depression and Anxiety in Idiopathic Parkinson SyndromePublication History
Publication Date:
06 December 2001 (online)
Unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen der Pharmakotherapie psychiatrischer Symptome und Komplikationen des überwiegend idiopathischen Parkinson-Syndroms wurden in einer Expertenrunde Therapieempfehlungen unter dem Prinzip der Evidence-Based Medicine (EBM) erarbeitet. In kurzen Skizzen werden diese übersichtsartig dargestellt.
Bei den häufig auftretenden, meist pharmakogen (mit-)induzierten psychotischen Symptomen steht an erster Stelle eine Optimierung, oft Reduzierung der Antiparkinsonmedikation.
1. EBM - pharmakogen induzierte Psychose, Strategie des Vorgehens:
Medikamente reduzieren
-
Anticholinergika
-
Selegilin
-
Amantadin
-
Dopaminagonisten
Gegenwärtig stehen vier atypische Neuroleptika mit unterschiedlicher Eignung zur Verfügung, weitere werden bald folgen.
2. EBM - pharmakogen induzierte Psychose, Psychopharmaka:
-
Clozapin: atypisches Neuroleptikum (Einschränkung: Blutbildveränderungen)
-
Quetiapin: atypisches Neuroleptikum (Einschränkung: kurzer Kenntnisstand)
-
Olanzapin: atypisches Neuroleptikum (Einschränkung: EPS möglich)
-
Risperidon: atypisches Neuroleptikum (Einschränkung: EPS häufig)
Daraus ergibt sich ein Anwendungsalgorhythmus, auf den sich die Autoren einigen konnten.
3. EBM - pharmakogen induzierte Psychose, Algorhythmus Psychopharmaka:
1a) Quetiapin
bei subakutem Beginn
Wirksamkeit < Clozapin
keine Blutbildveränderungen
Speichelfluss < Clozapin
1b) Clozapin
bei akutem Beginn
schwere Symptomatik
auch antidepressive Wirkung
antisuizidale Wirkung
Kosten geringer
Besserung des Tremors
1c) Olanzapin
1d) Risperidon
Weniger solide ist die Befundlage bei der Entwicklung einer demenziellen Störung, wo gegenwärtig jedoch ein Behandlungsversuch gerechtfertigt ist.
4. EBM - Demenz, Therapie:
Cholinesterasehemmer:
-
Versuch über 3 - 6 Monate gerechtfertigt
-
keine ausreichenden Daten bei MP
-
keine offiziellen Empfehlungen möglich
Eine wirkliche Bereicherung stellen die neuartigen Antidepressiva aufgrund ihrer deutlich geringeren Nebenwirkungen bei der Behandlung der Depression dar.
5. EBM - Depression, Therapie
Stabilisierung des Zustandes so früh wie möglich
-
SSRI (z. B. Citalopram): keine anticholinergen NW, bei Angst, Kosten hoch
-
NaSSA (z. B. Mirtazapin): keine anticholinerge NW, i. v. Gabe möglich, Kosten hoch
-
Trizyklika (z. B. Amitriptylin): bei Schlafstörungen, cave kardiale NW, Kosten niedrig
Im Wesentlichen überlappen sich diese Antidepressiva in ihrer Wirksamkeit bei Angststörungen.
6. EBM - Angststörung, Therapie
-
Paroxetin (SSRI)
-
Venlafaxin (SNRI)
-
Citalopram (SSRI)
Unter Beachtung dieser Therapievorschläge lassen sich heute Patienten mit M. Parkinson im Spätstadium bzw. bei Komorbidität mit psychischen Störungen deutlich besser und sicherer behandeln. Gerade in der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Facharzt für Allgmeinmedizin, Neurologie und Psychiatrie erscheint die Verständigung auf neue Behandlungen von hoher Bedeutung.
Prof. Dr. med. Werner Felber
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Fetscherstraße 74
01307 Dresden