Dtsch Med Wochenschr 2002; 127(7): 331-334
DOI: 10.1055/s-2002-20153
Übersichten
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Die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit[¹]

New variant Creutzfeldt-Jakob diseaseS. Poser, I. Zerr, K. Felgenhauer
  • Neurologische Klinik und Poliklinik, Georg-August-Universität Göttingen (Ärztlicher Direktor Prof. Dr. M. Bähr)
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Publication History

Manuskript-Eingang: 24. September 2001

Annahme nach Revision: 11. Dezember 2001

Publication Date:
14 February 2002 (online)

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Glossar

sporadische Form (der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit): mit einer Inzidenz von 1,3/1 Mio auftretende tödliche spongiforme Enzephalopathie des Menschen

neue Variante (der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit): durch pathologisches Prionprotein vom Rind getriggerte (»infektiöse«) Erkrankung des Menschen

Prionprotein (PrPc = prion protein cellular): im Organismus weitverbreitetes Gewebsprotein unbekannter Funktion

Scrapieprotein (PrPSc = prion protein scrapie): durch molekulare Umfaltung protease-resistent gewordenes pathologisches Prionprotein, das in Nervenzellen aggregiert und diese zerstört. Wird auch bei Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verwendet zur Kennzeichnung des pathologischen Proteins

BSE (bovine spongiform encephalopathy): durch Verfüttern von Scrapieprotein-haltigem Tiermehl getriggerte Rinderseuche

Das 1993 begonnene deutsche Forschungsprojekt zur Epidemiologie der spongiformen Enzephalopathien des Menschen sollte drei wichtige Fragen beantworten:

Wie häufig ist die schon seit 1920 bekannte sporadische Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit in Deutschland? Dazu gab es vor 1993 keine systematischen Untersuchungen. Wird die seit 1986 in Großbritannien grassierende Rinderseuche BSE einen Einfluss auf die Häufigkeit haben? Lässt sich die Diagnose einer Creutzfeldt-Jakob-Krankheit ohne Hirnbiopsie zu Lebzeiten etwa durch biochemische Diagnosemarker im Liquor oder Blut sichern?

Die ersten beiden Fragen hatten schon in mehreren europäischen Ländern zu ähnlich konzipierten Studien geführt, die von Großbritannien aus im Rahmen eines Forschungsprojektes der Europäischen Union koordiniert werden. Regelmäßige Arbeitstagungen gewährleisten eine einheitliche Methodik. Eine Zusammenführung aller Befunde in einer Datenbank in Rotterdam erlaubt den direkten Vergleich und eine Gesamtübersicht. So konnte 1995 auf einem Symposium in Göttingen bei dem ersten Bericht der britischen Kollegen über auffallend viele junge Patienten auch schnell festgestellt werden, dass ähnliche Fälle in den anderen Ländern nicht aufgetreten waren. In der gesamten Weltliteratur waren bisher nur vier Fälle im Teenageralter veröffentlicht.

Im März 1996 wurden die ersten zehn Fälle der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit publiziert [20]. Es ergab sich aus den Befunden, dass es sich um eine neue Unterform der Krankheit handeln muss, die bis dahin nur in Großbritannien beobachtet worden war.

1 Die Studie »Untersuchungen zur Epidemiologie, Frühdiagnose und molekularen Pathologie humaner spongiformer Enzephalopathien« läuft seit 1993 mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit und wird fortgeführt (Az 325-4471-02/15).