Zusammenfassung
Die Berechnung des Bettenbedarfs zur akutstationären Versorgung von Patienten mit
psychosomatischen Erkrankungen muss beim gegenwärtigen Stand des Wissens weitgehend
aus Schätzungen aufgrund der Inzidenz und Prävalenz für psychosomatische Erkrankungen
erfolgen, da es keine verlässlichen Daten über den Bedarf an psychosomatischen Krankenhausplätzen
zur Durchführung von Krankenhausbehandlung gemäß § 39 SGB V gibt. Die einzelnen Parameter,
auf denen die Berechnung des Gesamtbettenbedarfs basiert, wie Krankenhaushäufigkeit,
Verweildauer und Bettennutzungsgrad, werden sehr unterschiedlich eingeschätzt. Bei
der Berechnung der Bettenzahl für Bayern wurden eine Krankenhaushäufigkeit von mindestens
1,3 pro 1000 Einwohner und eine fachlich begründete Verweildauer von durchschnittlich
50 Tagen angenommen. Um nicht unnötige Wartezeiten entstehen zu lassen, wird realistisch
eine Bettennutzung von 90 % angenommen. Daraus ergibt sich ein Mindestbettenbedarf
für Bayern von 2453 Betten. Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen erhalten
zur Zeit eine fachspezifische stationäre Behandlung in psychosomatisch-psychotherapeutischen
Fachabteilungen in Allgemeinkrankenhäusern, in Fachkrankenhäusern für psychosomatisch/psychotherapeutische
Medizin, in psychosomatischen Rehabilitationskliniken und in Fachkrankenhäusern und
Universitätskliniken für Psychiatrie und Psychotherapie mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
In Bayern waren zum Zeitpunkt der Expertise dafür etwa 2500 Betten vorhanden. Sie
verteilen sich auf Akutkrankenhäuser (nach § 108 SGB V) und Rehabilitationseinrichtungen
(nach § 111 SGB V). Nur 76 Betten befanden sich zum Zeitpunkt der Expertise an Allgemeinkrankenhäusern.
Zur Beurteilung der tatsächlichen Qualität der vorhandenen stationären Behandlungsplätze
und als Voraussetzung für weitere Planungen sind jedoch dringend Mindestanforderungen
für die Strukturqualität zu berücksichtigen. Eine klare Abgrenzung zwischen akutmedizinischer
und rehabilitativer stationärer Behandlung und eine Schätzung des Rehabilitationsbedarfes
von Patienten ist aus fachlicher Sicht gegenwärtig nur ansatzweise zu leisten. Die
Pluralität des Versorgungsangebotes in den verschiedenen Typen von Behandlungs- und
Rehabilitationseinrichtungen ist sinnvoll, da so mit jeweils spezifischen Vorteilen
und Zielsetzungen ein unterschiedliches Segment des stationären Behandlungsauftrages
und -bedarfes von Patienten mit psychosomatischen Krankheiten abgedeckt werden kann.
Bei der zukünftigen Entwicklung des Systems ist auch die Flexibilisierung und stärkere
Vernetzung der einzelnen Behandlungsformen zu berücksichtigen. Ungekürzt wiedergegeben
wird der Ergebnisbericht der Projektgruppe „Akutstationäre Versorgung von Patienten
mit psychosomatischen Erkrankungen in Bayern”, der im Dezember 1999 dem Bayerischen
Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit übergeben
wurde.
Abstract
Estimations of the requirement for acute in-patient care of patients with psychosomatic
diseases in Bavaria have to rely on respective data on their incidence and prevalence
as valid requirement data are missing. The required capacity of in-patient beds depends
on several, inconsistently figured parameters: hospitalization rate, length of stay,
occupancy rate. Based on conservative assumptions the hospitalization rate was calculated
to be at least 1.3 admissions per 1000 and for adequate treatment the average length
of stay should not be limited to less than 50 days. In order to avoid unnecessary
delay of treatment a realistic occupancy rate has to be 90 %. Thus the minimal capacity
for in-patient care is assessed to be 2453 beds. At present patients with psychosomatic
diseases in Bavaria receive in-patient treatment in psychosomatic departments of general
hospitals, hospitals and rehab clinics of psychosomatic and psychotherapeutic medicine,
and in hospitals of psychiatry and psychotherapy, in each with a different focus.
When the expertise was drafted these acute care and rehab hospitals provided some
2500 beds - with only 76 beds in general hospitals. For quality assessment of the
available beds for in-patient care and future planning minimal standards of structural
quality have to be consented. At present it is not possible to make a clear and substantial
distinction between the treatment for patients with psychosomatic diseases in acute-care
hospitals and in psychosomatic rehab clinics respectively. Thus, the necessary in-patient
rehab capacity can only be assessed roughtly. The existing pluralism of the in-patient
care providing system for patients with psychosomatic diseases is considered to be
appropriate for different needs of this patient group. In the future excellent care
for this patient group will acknowledge options for a more flexible and interconnected
care-providing system. This is a publication of the complete expertise by the project
group „Acute In-patient Care for Patients with Psychosomatic Diseases in Bavaria”
which has been handed to the Bavarian Ministry of Social Affairs in December 1999.
Key words
In-patient care - Psychosomatic medicine - Quality standards - Consultation-liaison
psychiatry
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Prof. Dr. med. Michael von Rad
Institut und Poliklinik für Psychosomatische Medizin · Psychotherapie und Medizinische
Psychologie der TU München · Abteilung für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie
· Städt. Krankenhaus München-Harlaching
Sanatoriumsplatz 2
81545 München