Zusammenfassung
Fragestellung
Heroinkonsum während der Schwangerschaft erhöht die Wahrscheinlichkeit spontaner Aborte,
vorzeitiger Wehen, intrauteriner Asphyxie, niedrigen Geburtsgewichts und neonataler
Entzugssymptome. Abrupte Entzüge von Heroin gehen mit einer erhöhten kindlichen Mortalitätsrate
einher. Substitution mit Levomethadon gilt als eine sinnvolle Behandlungsmöglichkeit
bei opiatabhängigen Schwangeren. Vorgestellt werden die Ergebnisse eines psychosomatischen
Behandlungskonzepts bei opiatabhängigen Schwangeren hinsichtlich medizinischer und
psychosozialer Parameter der substituierten Frauen und deren Neugeborenen.
Methode
Die Stichprobe besteht aus 100 opiatabhängigen Schwangeren, die zwischen 1990 und
2000 an der I. Universitätsfrauenklinik in München am psychosomatischen Behandlungskonzept,
das aus Substitutionstherapie und psychotherapeutischer Begleitung besteht, teilnahmen.
Dargestellt werden soziodemographische und psychosoziale Parameter der substituierten
Frauen, Schwangerschaftskomplikationen, Geburtsparameter und kindliche Daten.
Ergebnisse
Die Daten zeigen eine psychosozial belastete Stichprobe mit einer seit durchschnittlich
sieben Jahren bestehenden Opiatabhängigkeit, häufiger Politoxikomanie und mit einer
späten Realisierung der Schwangerschaft nach durchschnittlich 16 Wochen. Dennoch war
in unserem Kollektiv die Häufigkeit von Schwangerschaftskomplikationen relativ gering,
mit Ausnahme des erhöhten Risikos für vorzeitige Wehen (19 %). Das Gestationsalter
lag mit durchschnittlich 38 Schwangerschaftswochen im Normbereich. Das Frühgeburtsrisiko
war mit 11 % erhöht, es kam jedoch zu keiner Totgeburt. Die Sektiorate und Rate an
vaginal-operativen Entbindungen waren nicht erhöht. Die kindlichen Werte unserer Stichprobe
zeigen bzgl. Kopfumfang, Apgar-Scores und Ph-Werte normale Werte. Die Kinder wurden
mit einem durchschnittlichen Geburtsgewicht von 2869 g geboren. 74 % der Neugeborenen
hatten Entzugserscheinungen, die durchschnittlich nach 39 Stunden einsetzten, und
mit Medikamenten gut zu behandeln waren. Die Hälfte der Patientinnen konnte ihre Substitutionsdosis
bis zur Geburt deutlich reduzieren, 17 % benötigten bis zur Geburt keine Substitutionsmedikamente
mehr.
Schlussfolgerung
Das in der Studie festgestellte hohe Rückfallrisiko unterstreicht die Notwendigkeit,
die Patientinnen psychotherapeutisch zu begleiten und längerfristig an weiterführende
Institutionen anzubinden. Der Einsatz neuer Medikamente zur Substitutionsbehandlung
in der Schwangerschaft bedarf noch der wissenschaftlichen Grundlage.
Abstract
Objective
Heroin intake during pregnancy increases the risk of spontaneous abortion, premature
contractions, intrauterine asphyxia, low birth weight, and neonatal withdrawal symptoms.
Abrupt withdrawal of heroin is associated with increased neonatal mortality, and substitution
with levomethadone is considered useful. We report the results of a psychosomatic
treatment concept for opiate-dependent pregnant women.
Methods
We reviewed 100 opiate-dependent pregnant women enrolled in our psychosomatic treatment
program between 1990 and 2000. The program included substitution therapy and psychotherapy.
We recorded psychosocial parameters, pregnancy complications, birth data, and data
on the newborns.
Results
The average duration of opiate addiction was 7 years and many women abused numerous
substances. The pregnancies were diagnosed at an average of 16 weeks. The rate of
premature labor rate was 19 %; the rate of other obstetric complications was low.
The average gestational age at delivery was 38 weeks and the mean birth weight was
2869 g. The risk of premature delivery was 11 %. There were no stillbirths. The rates
of cesarean and operative vaginal delivery were not increased. Head circumference,
Apgar scores, cord blood pH values were normal. Overall, 74 % of the newborns developed
withdrawal symptoms, beginning after a mean of 39 hours. Neonatal withdrawal symptoms
were well controlled with medication. Half of the women were able to considerably
reduce the substitution dose during pregnancy and 17 % abstained completely from levomethadone
or methadone before delivery. The risk of relapse was high.
Conclusion
The high risk of relapse underscores the necessity of adjuvant psychotherapy and,
in the long term, joint treatment with other institutions.