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DOI: 10.1055/s-2002-31557-2
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Kommentar auf Anforderung der Schriftleitung
Invited CommentaryPublication History
Publication Date:
29 April 2004 (online)
Über einen langen Zeitraum von 1988 bis 1999 wurden die postoperativen Verläufe bei 162 Patienten retrospektiv analysiert, die an einem Sinus pilonidalis erkrankt waren und bei denen entweder eine Exzision mit primärem Wundverschluss oder eine Exzision mit Sekundärheilung angestrebt wurde. Da nur in einem geringen Prozentsatz andere Operationsmethoden (zweizeitiges Vorgehen) zur Anwendung kamen, werden nur diese beiden Gruppen verglichen.
Das Kollektiv verteilt sich nahezu gleichmäßig auf 46,9 % Patienten, bei denen eine sekundäre Wundheilung angestrebt wurde und auf 80 Patienten (45,2 %), bei denen primär die Wunde wieder verschlossen wurde. Die beiden Kollektive sind schwer vergleichbar, denn der Entzündungsgrad als wesentlicher Bestandteil zur Entscheidungshilfe, ob primär oder sekundär vorgegangen wird, war in den beiden Kollektiven von großem Unterschied. Bei der offenen Wundbehandlung fanden sich knapp 20 % blande Entzündungsstadien und etwas mehr als 80 % hoch entzündete Stadien, wohingegen bei der Primärnaht knapp 50 % blande und knapp 50 % entzündet waren. Der Entzündungsgrad ist nicht näher definiert. Nur bei 46 von 80 Patienten, die durch primäre Exzision und primäre Naht versorgt wurden, konnte anhand von Ambulanzkarten der Verlauf nachempfunden werden. Immerhin trat in 6 Fällen primär ein Wundinfekt auf, d. h. es mussten die Nähte noch während des stationären Aufenthaltes entfernt werden und bei 19 Patienten kam es entweder zu einem späten Wundinfekt oder einer Wunddehiszenz, wobei in der Arbeit darauf hingewiesen wird, dass die Wunddehiszenz wahrscheinlich durch eine zu große Spannung in der Mittellinie entstanden ist (Anmerkung des Kommentators: Wo soll denn die Wunddehiszenz auftreten, wenn nicht in der Mittellinie?).
Somit sind also bei 25 von 46 nachvollziehbaren Verläufen mit Primärnaht, also in über 50 % Störungen der Wundheilung aufgetreten. Dies spricht meiner Meinung nach gegen diese Methode und daher minimieren wir die Spannung und die späten Wundinfekte durch Anwendung einer ausgedehnten Limberg-Plastik, die natürlich den späten Wundinfekt nicht immer verhindern kann, aber bei adäquater Technik spannungsbedingte Wunddeshiszenzen und in einem hohen Prozentsatz auch subkutane Serome vermeiden lässt. Dies umso mehr, wenn die Verschiebeplastik durch einzelne adaptierende Nähte auf der Kreuzbandfascie fixiert wird, um den Hohlraum zu verkleinern.
Eine Operationsmethode, bei der in über 50 % Wundheilungsstörungen auftreten, muss in Frage gestellt werden. In vielen Kliniken, so auch bei uns, hat sich folgendes Konzept bewährt: Im hoch akuten Stadium mit Eiterbildung führen wir eine sparsame Exzision und komplette Ausräumung des Eiterherdes durch, nach etwa 6 Tagen kann der Patient entweder entlassen werden oder wir bieten ihm sekundär die Verschiebeplastik nach Limberg an. Bei blandem Sinus, der sich überwiegend durch eine oder mehrere Fisteln zeigt, führen wir ausschließlich die Limberg-Plastik mit guten Ergebnissen und nahezu immer primärer Wundheilung durch.
Prof. Dr. R. Bähr
Direktor der Chirurgischen Klinik
Städt. Klinikum Karlsruhe gGmbH
Molkestraße 90
76133 Karlsruhe
Phone: 07 21/9 74-21 00
Fax: 07 21/9 74-21 19