Dtsch Med Wochenschr 2002; 127(28/29): 1526-1529
DOI: 10.1055/s-2002-32749
CME
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Frequenzadaptive Schrittmachertherapie bei chronotroper Inkompetenz - Diagnostik

Rate adaptive pacing in patients with chronotropic incompetence - DiagnosticM. Kindermann, G. Fröhlig
  • 1Innere Medizin III (Kardiologie/Angiologie, Direktor: Prof. Dr. med. M. Böhm), Universitätskliniken des Saarlandes, Homburg/Saar
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Dr. med. Michael Kindermann

Innere Medizin III (Kardiologie/Angiologie), Universitätskliniken des Saarlandes

Kirrberger Straße

66421 Homburg/Saar

Telefon: 06841/1623300

Fax: 06841/1623269

eMail: Michael.Kindermann@T-Online.de

Publikationsverlauf

24.04.2002

27.06.2002

Publikationsdatum:
11. Juli 2002 (online)

Inhaltsübersicht #

Leistungsspielraum als Funktion der Herzfrequenz

Ruhe- und Belastungsstoffwechsel eines gesunden Menschen variieren etwa um den Faktor 10, der Sauerstoffbedarf pro Minute zwischen 0,25 und 2,5 Liter. Ausreichende Lungenfunktion vorausgesetzt, nutzt der Organismus zwei Mechanismen, um unter Belastung der arbeitenden Zelle mehr Sauerstoff anzubieten: Er lässt den O2-Gehalt des Blutes stärker ausschöpfen und erhöht die Transportkapazität des Herzkreislaufsystems. In der Bilanz wachsen arteriovenöse Sauerstoffdifferenz und Herzzeitvolumen etwa auf das jeweils Dreifache. Dabei wird die kardiale Auswurfleistung durch Vergrößerung des Schlagvolumens (Faktor 1,5) und der Schlagzahl (Faktor 2,3) angepasst (Abb. [1] ) [1].

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Abb. 1 Stellglieder der Sauerstoffaufnahme in Ruhe und Belastung und ihr relativer Anteil an der metabolischen Leistungssteigerung bei körperlicher Arbeit (modifiziert nach [1]). Am bedeutsamsten für die Steigerung der Sauerstoffaufnahme unter körperlicher Belastung ist die Zunahme der arteriovenösen Sauerstoffdifferenz gefolgt von der Steigerung der Herzfrequenz. VO2: Sauerstoffaufnahme, AVDO2: arteriovenöse Sauerstoffdifferenz („Ausschöpfung”), HF: Herzfrequenz, SV: Schlagvolumen.

Damit bestimmt allein die Herzfrequenz über ein Drittel der körperlichen Leistungsreserve. Unter pathologischen Bedingungen nimmt dieser Anteil noch zu, etwa wenn bei Herzinsuffizienz das Schlagvolumen nicht mehr adäquat gesteigert oder schon der Ruhestoffwechsel nur mit vermehrter Sauerstoffausschöpfung aufrechterhalten werden kann.

Der körperliche Leistungsspielraum ist mit der Fähigkeit, die Herzfrequenz zu steigern, linear verknüpft [16]. Als physiologische Norm gilt, dass bei einem Anstieg der Sauerstoffaufnahme um 1 ml/min pro kg Körpergewicht die Herzfrequenz zwischen 2 und 4 Schlägen/min zunimmt [10], wobei dieser Wert unter- und oberhalb der anaeroben Schwelle leicht differiert und bei Frauen tendenziell höher liegt als bei Männern [15]. Mit wachsendem Trainingszustand ist der Herzfrequenzanstieg geringer, mit zunehmender Herzschwäche wird er größer, auch wenn die Streuung innerhalb der Herzinsuffizienzklassen groß ist und damit ein breiter Überlappungsbereich besteht (Tab. [1]) [10] .

Tab. 1 Beziehung zwischen der Steigerung von Herzfrequenz (HF) und Sauerstoffaufnahme (VO2) bei normalen Probanden und bei Patienten mit Herzinsuffizienz unterschiedlicher Ausprägung. A-C entspricht der Weber’schen Herzinsuffizienzklassifizierung anhand der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max). Im Unterschied zu Gesunden benötigen Herzinsuffiziente in Abhängigkeit vom Schweregrad der funktionellen Einschränkung einen größeren Herzfrequenzanstieg, um denselben Zuwachs in der Sauerstoffaufnahme zu erzielen.

Gruppe

VO2max

[ml/min/kg]

Alter

[Jahre]

n

ΔHF/ΔVO 2

[Schläge/ml/min/kg]

p

(vs. C)

m±SD

Spanne

Normal

Tab (A,G)

30±7

27

2.91±0,51

2,1-3,9

0,001

A

>20

40±17

10

3,43±0,81

2,2-5,3

0,01

B

16-20

42±20

13

3,67±1,13

1,8-5,6

0,05

C

10-16

56±12

34

4,66±1,35

2,4-7,6

-

Tab (A,G): Tabellarischer Sollwert als Funktion von Alter und Geschlecht (nach [10] ), DHF/DVO2:Anstieg der Herzfrequenz in Relation zum Anstieg der Sauerstoffaufnahme, m±SD: Mittelwert ± Standardabweichung


kurzgefasst: Unter physiologischen Bedingungen bestimmt die Herzfrequenz über ein Drittel der metabolischen Reserve. Bei Herzinsuffizienz nimmt dieser Anteil zu, sofern die periphere Sauerstoffausschöpfung bereits in Ruhe als Kompensationsmechanismus benötigt wird und unter Belastung das Schlagvolumen nicht wesentlich gesteigert werden kann.

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Definition der Frequenzinkompetenz

Mangelnde Frequenzanpassung („Frequenzinkompetenz”) ist nicht allgemeingültig definiert: Für maximale körperliche Belastung sind feste Mindestfrequenzen zwischen 100 und 110/min [5] [13] [14] und altersabhängige Zielwerte angegeben worden, die zwischen 60 und 84 % der „maximum predicted heart rate” (MPHR = 220 - Lebensalter [bpm]) betragen sollen [3] [4] [11]. Nachteil solcher Definitionen ist, dass sie auf maximale Belastung abheben und so die Lebensumstände oft wenig trainierter Patienten verfehlen. Eine belastungsphysiologisch fundierte Alternative bietet das „Chronotropic Assessment Exercise Protocol” (CAEP [16] ), das statt maximaler eher niedrige Belastungsstufen austestet. So bildet es die Leistungsanforderung älterer und oft herzkranker Menschen nach, ist für sportlich Ambitionierte aber nach oben beliebig zu erweitern. Das Protokoll ist in Abb. [2] näher erklärt. Der Erwartungsbereich ist durch Ruhefrequenzen von 60-80/min und die normale Variationsbreite der Frequenzsteigerung definiert (2-4 Schläge/min pro ml O2/kg Körpergewicht/min).

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Abb. 2 Chronotropic Assessment Exercise Protocol (CAEP). Ursprünglich für das Laufband angegebene Belastungsstufen von je 2 Minuten Dauer sind an die Fahrradergometrie angepasst. Der Bereich „physiologischer” Frequenzkompetenz beschreibt einen Frequenzzuwachs von 2-4/min pro (geschätzter) Steigerung der Sauerstoffaufnahme um 1 ml O2/kg Körpergewicht und Minute. Die untere Grenze des physiologischen Bereichs errechnet sich mit 60 + 2 Schlägen/min pro mlO2/min/kg. Die obere ergibt sich aus 80 + 4 Schlägen/min pro mlO2/min/kg. Eingezeichnet ist der Frequenzverlauf des Fallbeispiels (viereckige Symbole), wo die Frequenzinkompetenz über die gesamte Ergometrie evident ist. Im zweiten Fall (Dreiecke) besteht sie vor allem auf niedriger Belastungsstufe, während der Sympathikusantrieb bei maximaler Belastung den Normbereich der Frequenzkompetenz noch erreichen lässt. Das Beispiel zeigt die Gefahr der Missklassifikation anhand fixer Frequenzkriterien bei Ausbelastung.


kurzgefasst: Ob eine chronotrope Inkompetenz vorliegt, lässt sich klinisch besser an Alltags- als an maximalen Belastungen beurteilen. Beträgt die Herzfrequenz an der anaeroben Schwelle, die etwa der halbmaximalen Belastung entspricht, weniger als 90/min, so ist von einer relevanten chronotropen Inkompetenz auszugehen. Zur differenzierten Diagnostik der chronotropen Inkompetenz eignen sich standardisierte Ergometrieprotokolle (CAEP-Protokoll).

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Prävalenz chronotroper Inkompetenz

Nach Daten der Literatur [9] [12] und aus eigenen CAEP-Ergometrien (n=100), die von konsekutiv untersuchten Schrittmacherpatienten stammen, ergibt sich folgendes Bild: Bei Patienten mit Sinusknotenerkrnakung ist etwa in der Hälfte der Fälle mit einem unzureichenden Frequenzanstieg unter Belastung zu rechnen. Patienten, die wegen eines reinen AV-Blockes einen Zweikammerschrittmacher erhalten haben, bleiben eigenen Untersuchungen zu Folge nur selten (13%) chronotrop inkompetent, da der Sinusknoten wieder seiner Funktion als Taktgeber nachkommen kann. Bei Patienten mit Zweiknotenerkrankung ist in mindestens der Hälfte mit einer chronotropen Inkompetenz zu rechnen. Beim Brady-Tachy-Syndrom ist der Verlust der Frequenzanpassung fast die Regel (bis 80%), was neben der Grunderkrankung der medikamentösen Flimmerprophylaxe zuzuschreiben ist. Die chronische Bradyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern ist in 2/3 der Fälle mit einem unzureichenden Frequenzanstieg unter Belastung assoziiert. Eigene Untersuchungen an Hand des CAEP-Protokolles haben gezeigt, dass die chronotrope Inkompetenz häufiger diagnostiziert wird, wenn das Erreichen des physiologischen Frequenzbereiches bei der für Alltagsbelastungen relevanteren halbmaximalen Belastungsintensität beurteilt wird."


kurzgefasst: Bei Bradykardie-Tachykardie-Syndrom besteht - besonders unter medikamentöser Therapie - zu 70-80 % eine mangelnde Frequenzanpassung unter Belastung.

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Ursachen chronotroper Inkompetenz

Die autonome Frequenzregulation setzt überwiegend atrial an und moduliert die Automatie des Sinusknotens. Dieser verliert seine Funktion als Mittler zwischen metabolischem Bedarf und Herzfrequenz, wenn er selbst erkrankt und auf vegetativen Antrieb nur zögerlich reagiert oder wenn der Vorhof infolge Rhythmusstörungen (Flattern/Flimmern) der Sinusknotenpriorität entzogen wird. Bei Unterbrechung der atrioventrikulären Erregungsleitung (AV-Block) wird die Kammer von den positiv chronotropen Einflüssen aus dem Vorhof nicht mehr erreicht und bleibt unter Belastung hinter metabolischen Erfordernissen zurück. Auch „bradykardes Vorhofflimmern” setzt eine Überleitungsstörung im AV-Knoten voraus. In allen Fällen sind zusätzliche medikamentöse Einflüsse denkbar, die - wie etwa Antiarrhythmika beim Bradykardie-Tachykardie-Syndrom - im Einzelfall unverzichtbar sind.

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Wer braucht Frequenzadaptation?

Ein Patient wird umso mehr von einem frequenzvariablen Schrittmacher profitieren, je weniger er selbst seine Herzfrequenz bedarfsabhängig steigern kann. Der banal klingende Satz lässt sich differenziert belegen: Orientiert man den Schweregrad der chronotropen Inkompetenz an der Ausbelastungsherzfrequenz (I: ≤ 90/min; II: 91-110/min; III: > 110/min), so beträgt die Zunahme der maximalen Sauerstoffaufnahme durch frequenzadaptive Stimulation 41 % (I; p < 0,01) bzw. 9 % (II; p < 0,05) und 1 % (III; nicht signifikant; [2]). Die Sauerstoffaufnahme an der anaeroben Schwelle steigt unter frequenzadaptiver Stimulation um 33 % (I; p < 0,01) bzw. 14 % (II; p < 0,05) und 3 % (III; nicht signifikant) an.

Der Befund findet seine Entsprechung in Abb. [3] (links), wo ein nennenswerter Leistungszugewinn (> 10 %) an der anaeroben Schwelle nur für die Patienten zu erkennen ist, die ihre Spontanfrequenz an der anaeroben Schwelle nicht über 80/min steigern konnten. Zieht man weitere Arbeiten [6] hinzu, so ergibt sich für die unter Basisbedingungen an der anaeroben Schwelle erzielte Herzfrequenz ein Grenzwert von ca. 90/min, unterhalb dessen davon auszugehen ist, dass der Patient von einer frequenzadaptiven Stimulation einen Leistungsgewinn erhält. Der größte Effekt wird bei Patienten mit AV-Block sichtbar, die ohne Vorhof- oder Sensorsteuerung (VVI, 70/min) die Stimulations- nicht über die Basisfrequenz des Schrittmachers anheben können.

Der Zusammenhang ist rechts nochmals dargestellt, doch ist die Einflussvariable (Abszisse) jetzt die Steigung zwischen Herzfrequenz und Sauerstoffaufnahme, wie sie zur Definition der Frequenzinkompetenz (Abb. [3] ) eingeführt wurde. Die Grafik zeigt, dass mit einer Ausnahme ein signifikanter Leistungsgewinn (>10%) nur bei einem Herzfrequenzanstieg zu erwarten ist, der unter Basisbedingungen weniger als 2/min pro ml O2/kg/min beträgt (Punkte oben links). Dies legt die Nutzung des CAEP-Schemas und des vorgeschlagenen „Normalbereichs” nahe. Tatsächlich ist gezeigt worden, dass dieses Kriterium zur Selektion von Patienten dienlich ist, die von einem frequenzadaptiven Schrittmacher in Belastbarkeit und Lebensqualität profitieren oder - sofern es nicht erfüllt ist - sogar Schaden nehmen [6].

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Praktische Diagnostik

Anamnestisch ist das Schlüsselsymptom die unzureichende Belastbarkeit. Begrenzend ist meist Dyspnoe, weniger eindrücklich - und deshalb oft überhört - sind Müdigkeit der Beine und Schwindelzustände. Pathophysiologisch erklären sich letztgenannte Symptome mit mangelndem Anstieg oder gar Abfall des Blutdrucks infolge peripherer Gefäßerweiterung, die nicht durch Steigerung des Herzzeitvolumens kompensiert werden kann. Antihypertensive bzw. nachlastsenkende Pharmaka akzentuieren diesen Mechanismus.

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Abb. 3 Benefit durch frequenzvariable Stimulation in Abhängigkeit von der vor Chronotropie erreichten Frequenz (links) und vom individuellen Verhältnis zwischen Frequenz- und Metabolismussteigerung (rechts). VO2-AT: Sauerstoffaufnahme an der anaeroben Schwelle, Getestete Modi: AAI/VVI (atriales/ventrikuläres Einkammersystem), DDD: Zweikammersystem, R an der vierten Stelle des Codes: frequenzadaptiv. Patientengruppen: VHF: chronisch persistierendes Vorhofflimmern, AVB: AV-Block, CI(+,++): chronotrope Insuffizienz unterschiedlicher Ausprägung ( nach [8]).

Gezielte Fragen gelten einer potenziell bradykardisierenden Medikation: β-Blocker, Kalziumantagonisten vom Verapamil- oder Diltiazemtyp, Clonidin und Antiarrhythmika (vor allem der Klasse III). Neuroleptika verursachen Erregungsleitungsstörungen, können aber auch anticholinerg wirken und eine hypotone Symptomatik verstärken. Hypothyreose (Thyreostatika, Lithium?) und Hypokortisolismus sollten ausgeschlossen sein. Eine autonome Störung bei Diabetes mellitus resultiert oft in starrem Frequenzprofil, wobei oft recht hohe Ruhefrequenzen nicht an eine chronotrope Störung denken lassen. Die kardiale Anamnese fahndet nach Symptomen der koronaren Herzkrankheit, die häufigste Ursache mangelnder Frequenzanpassung ist; die Kenntnis eines abgelaufenen Infarkts, eines Vitiums, einer Kardiomyopathie oder früherer Interventionen ist für die Einordnung der Symptome essenziell. Wichtig ist herauszufinden, ob mangelnde Belastbarkeit über Trainingsmangel bereits zur Dekonditionierung der Skelettmuskulatur geführt hat; das häufig begleitende Übergewicht sollte nicht vorschnell als (einziges oder vorherrschendes) Belastungshindernis gewertet werden.

Das EKG zeigt oft in Ruhe schon eine niedrige Kammerfrequenz, wobei zwischen Sinusbradykardie bzw. AV-Knotenrhythmus und AV-Blockierung unterschiedlicher Ausprägung zu differenzieren ist. Eine bedeutsame Ruhe-Bradykardie kann fehlen; bei vorbestehender Schrittmacherbehandlung ist das die Regel.

Bildgebende Verfahren (Echokardiographie) decken organische Herzerkrankungen auf und lassen vor allem die (links-) ventrikuläre Funktion abschätzen. Ob die Befunde das Beschwerdebild ausreichend erklären, ist klinisch zu entscheiden.

Schlüsseldiagnostik ist die Ergometrie, die zunächst am Fahrrad oder Laufband nach dem CAEP-Protokoll (Abb. [2]) erfolgt und das Frequenz- und Blutdruckverhalten sowie die Symptomatik des Patienten erfasst. Diagnostisch bewertet wird die Herzfrequenz bei halbmaximaler Belastung; weil diese grob die anaerobe Schwelle markiert, kann beim wenig Trainierten als Kriterium der chronotropen Inkompetenz auch eine Frequenz ≤ 90/min gelten.

Das Langzeit-EKG erlaubt nur mit Einschränkungen, Herzfrequenz und Belastungsstufe zu korrelieren. Dennoch stützt ein Frequenzprofil, das unter Alltagsbelastung (Tagebuch) kaum moduliert ist und oben genannte Kriterien erfüllt, den Verdacht, dass chronotrope Inkompetenz ursächlich für die Beschwerden des Patienten in Frage kommt.

Die Kombination aus linksventrikulärer Funktionsminderung, Trainingsmangel, Übergewicht und Frequenzinkompetenz erlaubt oft nicht, deren jeweiligen Beitrag zum Krankheitsbild abzuwägen. Entscheidungshilfe gibt dann die Spiroergometrie unter temporärer frequenzvariabler Stimulation. Bei Sinusknotenstörungen wird eine transvenöse Schraubsonde im Vorhof, bei AV-Blockierung zusätzlich eine im rechten Ventrikel verankert. Mittels Zweidrahttechnik gelingt dies problemlos, wobei nach Venenpunktion durch die liegende Schleuse ein zweiter Führungsdraht eingelegt, die Schleuse wieder entfernt und jeder Führungsdraht separat zur Kanülierung in Seldinger-Technik benutzt wird. Unter fahrradergometrischer Belastung wird ein physiologischer Herzfrequenzanstieg von 3,5 Schlägen/min pro ml O2/kg/min simuliert. Zur Vereinfachung des Protokolls sind dabei den Laststufen der Ergometrie Zielherzfrequenzen zugeordnet, die manuell am temporären Schrittmacher eingestellt werden [7]. Gewertet wird der Gewinn an metabolischer Leistungsfähigkeit (Sauerstoffaufnahme) gegenüber der Basisuntersuchung ohne Schrittmacher, die möglichst nicht am gleichen Tag stattfinden sollte.


kurzgefasst: Ob eine chronotrope Inkompetenz ursächlich für eine klinische Symptomatik (z. B. Leistungsminderung, Belastungsdyspnoe) ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der kardialen Grunderkrankung und der extrakardialen Erkrankungen entscheiden. Zur quantitativen Abschätzung der klinischen Bedeutung einer chronotropen Inkompetenz ist es in unklaren Fällen hilfreich, vor der definitiven Implantation eines frequenzadaptiven Herzschrittmachers eine spiroergometrische Leistungsbewertung vor und nach temporärer frequenzadaptiver Stimulation vorzunehmen.

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Literatur

  • 1 Alt E. Herzrhythmusstörungen. Springer, Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo In: Naumann d’Alnoncourt D. (Hrsg.) 1986
  • 2 Alt E U, Schlegl M J, Matula M M. Intrinsic heart rate response as a predictor of rate-adaptive pacing benefit.  Chest. 1995;  107 925-930
  • 3 Brinker J, MacCarter D, Shewmaker S. and the Meta DDDR investigators . Improved functional capacity with DDDR pacing in patients with chronotropic incompetence (abst.).  PACE. 1991;  14 684
  • 4 Daubert C, Mabo P, Pouillot C, Lelong B. Atrial chronotropic incompetence: implications for DDDR pacing. Futura, Mount Kisco, New York In: Barold SS, Mugica J (Hrsg.): New perspectives in cardiac pacing 2 1991: 251-272
  • 5 Dreifus L S, Fisch C, Griffin J C, Gillette P C, Mason J W, Parsonnet V. Guidelines for implantation of cardiac pacemakers and antiarrhythmic devices: a report of the ACC/AHA task force on assessment of diagnostic and therapeutic cardiovascular procedures.  Circulation. 1991;  84 455-467
  • 6 Epperlein S, Kreft A, Siegert V, Liebrich A, Himmrich E, Treese N. DDD- versus DDDR-Schrittmacherstimulation: Vergleich der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit, der Häufigkeit von Vorhofarrhythmien und der Lebensqualität.  Z Kardiol. 1996;  85 226-236
  • 7 Kindermann M, Schwaab B, Finkler N, Schaller S, Böhm M, Fröhlig G. Defining the optimum upper heart rate limit during exercise - A study in pacemaker patients with heart failure.  Eur Heart J. (in press); 
  • 8 Lemke B. Einfluss von Vorhofsynchronisation und Frequenzsteigerung auf die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit und neurohumorale Reaktion. Steinkopf, Darmstadt 1997
  • 9 Lukl J, Doupal V, Sovova E, Lubena L. Incidence and significance of chronotropic incompetence in patients with indications for primary pacemaker implantation or pacemaker replacement.  PACE. 1999;  22 1284-1291
  • 10 McElroy P A, Janicki J S, Weber K T. Physiologic correlates of the heart rate response to upright isotonic exercise: Relevance to rate-responsive pacemakers.  JACC. 1988;  11 94-99
  • 11 Prior M, Masterson M, Blackburn G, Maloney J, Wilkoff B. Critical identification of patients with sinus node dysfunction for potential sensor-driven pacing (abst.).  PACE. 1988;  11 512
  • 12 Schwaab B, Fröhlig G, Schwerdt H, Lindenberger I, Schieffer H. Rate adaptive atrial pacing in the bradycardia tachycardia syndrome.  PACE. 1998;  21 2571-2579
  • 13 Simonsen E. Assessment of the need for rate responsive pacing in patients with sinus node dysfunction: A prospective study of heart rate response during daily activities and exercise testing (abst.).  PACE. 1987;  10 1229
  • 14 Sutton R, Travill C, Fitzpatrick A. DDDR pacing in severe chronotropic incompetence (abst.).  RBM. 1990;  12 56
  • 15 Treese N, MacCarter D, Akbulut O, Coutinho M, Baez M, Liebrich A, Meyer J. Ventilation and heart rate response during exercise in normals: Relevance for rate variable pacing.  PACE. 1993;  16 1693-1700
  • 16 Wilkoff B L, Corey J, Blackburn G. A mathematical model of the cardiac chronotropic response to exercise.  J Electrophys. 1989;  3 176-180

Dr. med. Michael Kindermann

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66421 Homburg/Saar

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Fax: 06841/1623269

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Literatur

  • 1 Alt E. Herzrhythmusstörungen. Springer, Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo In: Naumann d’Alnoncourt D. (Hrsg.) 1986
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Dr. med. Michael Kindermann

Innere Medizin III (Kardiologie/Angiologie), Universitätskliniken des Saarlandes

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66421 Homburg/Saar

Telefon: 06841/1623300

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Abb. 1 Stellglieder der Sauerstoffaufnahme in Ruhe und Belastung und ihr relativer Anteil an der metabolischen Leistungssteigerung bei körperlicher Arbeit (modifiziert nach [1]). Am bedeutsamsten für die Steigerung der Sauerstoffaufnahme unter körperlicher Belastung ist die Zunahme der arteriovenösen Sauerstoffdifferenz gefolgt von der Steigerung der Herzfrequenz. VO2: Sauerstoffaufnahme, AVDO2: arteriovenöse Sauerstoffdifferenz („Ausschöpfung”), HF: Herzfrequenz, SV: Schlagvolumen.

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Abb. 2 Chronotropic Assessment Exercise Protocol (CAEP). Ursprünglich für das Laufband angegebene Belastungsstufen von je 2 Minuten Dauer sind an die Fahrradergometrie angepasst. Der Bereich „physiologischer” Frequenzkompetenz beschreibt einen Frequenzzuwachs von 2-4/min pro (geschätzter) Steigerung der Sauerstoffaufnahme um 1 ml O2/kg Körpergewicht und Minute. Die untere Grenze des physiologischen Bereichs errechnet sich mit 60 + 2 Schlägen/min pro mlO2/min/kg. Die obere ergibt sich aus 80 + 4 Schlägen/min pro mlO2/min/kg. Eingezeichnet ist der Frequenzverlauf des Fallbeispiels (viereckige Symbole), wo die Frequenzinkompetenz über die gesamte Ergometrie evident ist. Im zweiten Fall (Dreiecke) besteht sie vor allem auf niedriger Belastungsstufe, während der Sympathikusantrieb bei maximaler Belastung den Normbereich der Frequenzkompetenz noch erreichen lässt. Das Beispiel zeigt die Gefahr der Missklassifikation anhand fixer Frequenzkriterien bei Ausbelastung.

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Abb. 3 Benefit durch frequenzvariable Stimulation in Abhängigkeit von der vor Chronotropie erreichten Frequenz (links) und vom individuellen Verhältnis zwischen Frequenz- und Metabolismussteigerung (rechts). VO2-AT: Sauerstoffaufnahme an der anaeroben Schwelle, Getestete Modi: AAI/VVI (atriales/ventrikuläres Einkammersystem), DDD: Zweikammersystem, R an der vierten Stelle des Codes: frequenzadaptiv. Patientengruppen: VHF: chronisch persistierendes Vorhofflimmern, AVB: AV-Block, CI(+,++): chronotrope Insuffizienz unterschiedlicher Ausprägung ( nach [8]).