Einleitung
Einleitung
Mit dieser katamnestischen Untersuchung soll ein Beitrag zur Qualitätssicherung ambulanter
Rehabilitation bei Alkoholabhängigen geleistet werden. Während in
vielen Studien und Metaanalysen die Wirksamkeit der stationären
Rehabilitation Alkoholabhängiger nachgewiesen werden konnte, auch im
deutschsprachigen Raum, gibt es zum Erfolg ambulanter Rehabilitation
Alkoholabhängiger nur sehr wenige Studien [1, 2]. Entsprechend
groß ist die Unsicherheit bei der Einschätzung der Wirksamkeit
ambulanter Rehabilitation.
Süß [1] kam in seiner Metaanalyse zu einer
durchschnittlichen Abstinenzrate von 37,3 % bei ambulanter
Rehabilitation (nach der Berechnungsform F4, [3]). Diese Rate ist nur
geringfügig niedriger als die bei stationärer Rehabilitation
(39,3 %). Auch bei einem gezielten Vergleich von stationärer
und ambulanter Therapie konnte Süß [1] keine Belege für die
Überlegenheit einer dieser beiden Behandlungsformen finden
(ES-F4 = - 0,08). Bei diesen Vergleichen
müssen aber die unterschiedlichen Behandlungsbedingungen und vor allem die
unterschiedlichen Patientenselektionen berücksichtigt werden. So wird
z. B. vermutet, dass die soziale Stabilität der ambulant
behandelten Patienten größer ist als die der Patienten in
stationärer Therapie.
Betrachtet man den deutschen Sprachraum, so wird die
Einschätzung der Wirksamkeit ambulanter Therapie nicht nur durch die
geringe Anzahl an Studien erschwert, sondern auch durch die unterschiedlichen
Konzeptionen ambulanter Therapie. Das Spektrum reicht von speziellen
Motivationsbehandlungen im ambulanten Setting [4] und ambulanter Entgiftung [5]
über ambulante Entwöhnungsbehandlungen ([6-8]; siehe auch [2])
und tagesklinische Programme [9] bis hin zur kombinierten stationären und
ambulanten Behandlung [10, 11] und ambulanter Nachsorge [12].
Für die vorliegende Studie sind vor allem neuere
katamnestische Studien zur ambulanten
Entwöhnungsbehandlung von Bedeutung. Soyka u. a. [7] kamen in
einer 18- bis 24-Monats-Katamnese bei 65 Alkoholikern zu einer Abstinenzrate
von 48,0 % (F4). Zu einem ähnlichen Ergebnis kam Zeissler
[8]. Ein halbes Jahr nach Abschluss der Behandlung waren 53,7 %
der Patienten abstinent, 45,2 % dauerhaft abstinent (F4). Diese
Raten liegen über denen der Metaanalyse von Süß [1].
Die vorhandenen Indikationskriterien für die ambulante
Behandlung leiten sich in erster Linie aus der beruflichen Erfahrung ab,
gezielte empirische Studien liegen nicht vor. Dieser geringe empirische
Kenntnisstand über die Wirksamkeit, Indikation und Prognose ambulanter
Rehabilitation ist verwunderlich, denn die Empfehlungsvereinbarung
„Ambulante Rehabilitation Sucht” trat bereits 1991 in Kraft,
mittlerweile führen 369 Suchtberatungsstellen ambulante
Entwöhnungsbehandlungen durch und jährlich werden von den
Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung über 10000 Anträge
auf ambulante Rehabilitation bewilligt [13]. Die Bedeutung der vorliegenden
katamnestischen Studie leitet sich aus diesem geringen Kenntnisstand ab.
Die beiden wichtigsten Fragen dieser
Untersuchung sind:
Methodisches Vorgehen
Methodisches Vorgehen
Die Psychosoziale Beratungs- und
Behandlungsstelle (PSBB) ist eine Einrichtung des Caritasverbandes
Hildesheim und führt ambulante Beratungen und Behandlungen für
Suchtgefährdete und Suchtkranke durch, die in der Regel aus dem
Einzugsgebiet der Stadt und des Landkreises Hildesheim stammen. Für die
Beratung und Behandlung sind sechs Mitarbeiter zuständig. Die Klientel der
Beratungsstelle besteht in erster Linie aus Alkoholabhängigen. Seit dem
1.1.1998 wird die ambulante Behandlung entsprechend der Empfehlungsvereinbarung
„Ambulante Rehabilitation Sucht” durchgeführt. Aufgenommen
werden alle Patienten mit Bereitschaft zu aktiver und regelmäßiger
Mitarbeit, Patienten mit gravierenden psychischen Störungen oder
hirnorganischen Beeinträchtigungen werden nicht behandelt. Die ambulante
Behandlung erfolgt in der Regel durch eine Kombination aus Einzel- und
Gruppentherapie. Als Maßnahmen kommen gesprächspsychotherapeutische,
verhaltenstherapeutische und familientherapeutische Methoden zum Tragen. Die
Behandlung gliedert sich in vier Phasen mit unterschiedlichen Schwerpunkten: 1.
Beratungsphase (bis zu 5 Einzelgespräche): Diagnostik,
Motivationsförderung, Antragstellung, 2. Vorbereitungsphase (2-4
Monate): ggf. Entgiftung, Informationsvermittlung,
Motivationsunterstützung, 3. Intensivphase (6-12 Monate): Einzel-
und Gruppentherapie und 4. Nachsorgephase (2-4 Monate): Einzel- und
Gruppengespräche, Anschluss an eine Selbsthilfegruppe.
Die Gesamtstichprobe besteht aus 349
Patienten. Es handelt sich dabei um all diejenigen Patienten, die mindestens
zwei Gespräche mit einem Suchtberater bzw. Suchttherapeuten geführt
und diese zwischen dem 1.1.1996 und dem 31.7.1999 beendet hatten. Entsprechend
den beiden zentralen Aufgaben der PSBB wurde die Gesamtstichprobe unterteilt in
eine Beratungsstichprobe
(n = 264, 75,6 %) und eine
Therapiestichprobe (ambulante Rehabilitation,
n = 85, 24,4 %). Die ambulante
Rehabilitation wurde bestimmt durch eine Mindestanzahl von 20 Gesprächen
in einem Zeitraum von maximal neun Monaten.
Zur Ermittlung von Selektionskriterien
für die ambulante Rehabilitation wurde geprüft, ob sich die ambulant
behandelten Patienten (n = 85) von den Beratungsklienten
(n = 264) unterscheiden. Untersucht wurden die Merkmale
Alter, Geschlecht und Art der Therapiebeendigung. Die Ergebnisse zeigen, dass
die ambulant behandelten Patienten im Durchschnitt drei Jahre älter sind
(47,9 vs. 44,9 Jahre), außerdem sind Frauen etwas häufiger vertreten
(29,4 % vs. 22,0 %). Diese Unterschiede sind aber
nicht signifikant, nur tendenziell vorhanden (p = 0,07
bzw. p = 0,16). Wie zu erwarten, unterschieden sich die
ambulant behandelten Patienten von den Beratungsklienten hinsichtlich der Art
der Therapiebeendigung hochsignifikant (p < 0,001).
Während nur 18,8 % der Therapiepatienten die Therapie
abbrechen, sind es bei den Beratungsklienten 53,8 %
(Tab. [1]).
Tab. 1 Beschreibung der
Stichproben und Überprüfung der
Repräsentativität
Merkmal | Gesamtstichprobe | Beratungsstichprobe | Therapiestichprobe | Stat. Prüf. | Katamnesestichprobe | Nichtantworter | Stat.
Prüf. |
| n | % | n | % | n | % | p | n | % | n | % | p |
Alter
(M) | 45,7 | 44,9 | 47,9 | 0,07 | 49,9 | 44,4 | < 0,01 |
Alter bis
30 31-40 41-50 51-60 über
60 |
21 102 115 75 36 |
6,0 29,2 33,0 21,5 10,3 |
20 82 83 52 27 |
7,6 31,1 31,4 19,7 10,2 |
1 20 32 23 9 |
1,2 23,5 37,6 27,1 10,6 |
0,09 |
0 10 19 17 8 |
0,0 18,2 34,5 30,9 14,5 |
1 10 13 6 1 |
3,2 32,3 41,9 19,4 3,2 |
0,13 |
Geschlecht |
Männer Frauen | 266 83 | 76,2 23,8 | 206 58 | 78,0 22,0 | 60 25 | 70,6 29,4 | 0,16 | 36 18 | 66,8 33,3 | 24 7 | 77,4 22,6 | 0,30 |
Therapie-beendigung |
Abbruch regulärbeendet | 158 191 | 45,3 54,7 | 142 122 | 53,8 46,2 | 16 69 | 18,8 81,2 | < 0,01
| 8 46 | 14,8 85,2 | 8 23 | 25,8 74,2 | 0,21 |
Durchführung der Katamnese und Repräsentativität
der Katamnesestichprobe
Die katamnestische Untersuchung wurde von Februar bis März
2000 durchgeführt. Sie erfolgte postalisch mit Hilfe eines aus 23 Items
bestehenden Fragebogens, der in Anlehnung an den SEDOS-Nachbefragungsbogen
zusammengestellt wurde. Angeschrieben wurden alle 85 Patienten der
Therapiegruppe (ambulante Rehabilitation). Erinnerungen erfolgten nach zwei und
vier Wochen. Von den 85 angeschriebenen Patienten antworteten 54
(Rücklaufquote: 63,5 %). Die Katamnesedauer betrug im
Durchschnitt 2œ Jahre. Da bei der Beantwortung Selektionsprozesse zu
erwarten sind, wurden, um die Art und das Ausmaß dieses Prozesses
abschätzen zu können, die Patienten, die geantwortet haben
(Katamnesestichprobe), mit den Patienten verglichen, die nicht geantwortet
haben (Nichtantworter). Berücksichtigt wurden auch hier die Merkmale
Alter, Geschlecht und Art der Therapiebeendigung. Die Nichtantworter sind im
Durchschnitt 5œ Jahre jünger als die Antworter und damit noch etwas
jünger als die Patienten der Beratungsstichprobe (44,4 vs. 49,9,
p < 0,01). Vor allem die über 50-Jährigen sind
überproportional häufig unter den Antwortern (45,4 vs.
22,6 %). Hinsichtlich des Geschlechts unterscheiden sich die
beiden Gruppen zwar nicht signifikant, betrachtet man aber die
Häufigkeiten, so sind auch hier die Frauen überrepräsentiert
(33,3 vs. 22,6 %, p = 0,30). Wie zu
erwarten, liegt auch hier die Abbruchrate bei den Nichtantwortern etwas
höher (25,8 vs. 14,8 %, p = 0,21). Die
Katamnesestichprobe kann nach diesen Ergebnissen nur sehr bedingt als
repräsentativ betrachtet werden. Vor allem befinden sich in der
Katamnesestichprobe gehäuft ältere Patienten (Tab. [1]).
Bei der statistischen Auswertung wurden
Häufigkeitsanalysen, Chi2- und t-Tests durchgeführt.
Ergebnisse
Ergebnisse
Effektivität der Behandlung
Hinweise auf die Effektivität der ambulanten Therapie geben
die Haltequote (Anteil regulär beendeter Behandlungen), die Abstinenzrate
und die soziale Situation der Patienten. Die Haltequote der Therapiestichprobe beträgt
81,2 %.
Nach den Katamneseergebnissen variieren die Abstinenzraten entsprechend den Katamnesestandards der
DGSS [3] zwischen 80,4 und 49,4 % (Tab. [2]). Von den 46 Patienten, die die Therapie beendeten und
antworteten, sind 80,4 % abstinent (n = 37);
von den acht Patienten, die die Therapie abbrachen und antworteten, sind
fünf abstinent; 38 dieser 42 abstinenten Patienten der Katamnesestichprobe
waren seit Beendigung der Therapie ununterbrochen abstinent. Geht man
konservativ von allen ambulant behandelten Patienten aus und ordnet alle
Nichtantworter als rückfällig ein, so beträgt die Abstinenzrate
zum Zeitpunkt der Befragung (im Durchschnitt 2œ Jahren nach Abschluss
der Therapie) 49,4 % (n = 42).
Tab. 2 Abstinenzraten nach
den
DGSS-Katamnesestandards
Berechnungsform | abstinent (n) | nicht
abstinent (n) | Abstinenzquote
(%) |
DGSS 1
(n = 46) (Beender und
Antworter) | 37 | 9 | 80,4 |
DGSS 2
(n = 69) (Beender,
Nichtantworter = nicht abstinent) | 37 | 32 | 53,6 |
DGSS 3
(n = 54) (alle Antworter) | 42 | 12 | 77,8 |
DGSS 4
(n = 85) (alle Patienten,
Nichtantworter = nicht abstinent) | 42 | 43 | 49,4 |
Zusätzlich zur Abstinenz wurden soziale
Merkmale als Erfolgsindikatoren untersucht:
-
Berufliche Situation und Verbesserungen: 53,7 %
der Befragten sind Vollzeit (40,7 %), Teilzeit
(7,4 %) oder geringfügig beschäftigt
(5,6 %), 22,2 % Rentner und 13,0 %
arbeitslos. 57,1 % geben an, dass sich ihre berufliche Situation
verbessert hat.
-
Partnerschaft und Familienstand: 63,0 % der
Befragten sind verheiratet, 75,5 % leben in einer
Partnerschaft.
-
Gesundheitliche Folgen und Zufriedenheit mit der
gesundheitlichen Situation: 94,3 % der Befragten nennen keine
gesundheitlichen Folgen des Alkoholismus, 83,3 % sind mit ihrer
gesundheitlichen Situation entweder sehr zufrieden (25,9 %) oder
zufrieden (57,4 %).
-
Zufriedenheit mit der Lebenssituation: 77,8 %
der Patienten sind mit ihrer Lebenssituation entweder sehr zufrieden
(25,9 %) oder zufrieden (51,9 %).
Diese Ergebnisse zeigen, dass die meisten Patienten sozial
integriert sind, außerdem sind sie mit ihrer Lebenssituation
überwiegend zufrieden. Auffällig ist, dass in keinem Fall die
untersuchten sozialen Merkmale mit der Abstinenz signifikant korrelieren.
Prognostische Merkmale
Untersucht wurden die demografischen Merkmale Alter und Geschlecht
sowie die Verlaufsmerkmale Art der Therapiebeendigung, Kontaktanzahl, Besuch
von Selbsthilfegruppen und weitere therapeutische Maßnahmen nach
Abschluss der Behandlung.
-
Männer sind signifikant häufiger abstinent als
Frauen (86,1 % vs. 61,1 %,
p < 0,05). Demgegenüber besteht zwischen dem Alter und
der Abstinenzrate kein signifikanter Zusammenhang.
-
Verlaufsmerkmale: Die Abstinenzrate ist zwar bei den
planmäßig Entlassenen etwas höher als bei den
Therapieabbrechern (80,4 % vs. 62,5 %), dieser
Unterschied ist allerdings nicht signifikant. Eine Kontaktanzahl unter 30
scheint sich eher ungünstig auf die Abstinenzrate auszuwirken (20-30
Kontakte: 69,2 % vs. über 30 Kontakte: 86,7 %,
p < 0,05). Eine über 30 hinausgehende Kontaktanzahl steht
mit der Abstinenz in keinem erkennbaren Zusammenhang mehr.
-
40,1 % der Patienten besuchten im Anschluss an
die Behandlung eine Selbsthilfegruppe. Bei diesen Patienten lag die
Abstinenzrate aber nur geringfügig höher als bei denen, die keine
Selbsthilfegruppe besuchten (81,8 % vs. 75,0 %).
29,6 % der Patienten nahmen im Anschluss an die Therapie weitere
therapeutische Maßnahmen in Anspruch. Auch dies steht mit der Abstinenz
in keinem bedeutsamen Zusammenhang (75,0 % vs.
78,9 %).
Diskussion
Diskussion
Die Untersuchung kommt zu zwei wichtigen Befunden: Zum einen ist die
Abstinenzrate bei den Patienten der ambulanten Rehabilitation 2œ Jahre
nach Abschluss der Behandlung mit 49,9 % (DGSS 4) vergleichsweise
hoch, zum anderen wird dieses Angebot der ambulanten Rehabilitation
(Mindestanzahl von 20 Kontakten) lediglich von 24,4 % der
Gesamtklientel in Anspruch genommen.
Diese Abstinenzrate entspricht der vergleichbarer Untersuchungen zur
ambulanten Rehabilitation z. B. von Soyka u. a. [7] und Zeissler
[8], die Raten von 48,0 % und 53,7 % erhielten.
Dieses hohe Maß an Übereinstimmung rechtfertigt die
Schlussfolgerung, dass mindestens die Hälfte ambulant behandelter
Alkoholiker 2œ Jahre nach Behandlungsabschluss abstinent leben. Der
größte Teil dieser Patienten ist ununterbrochen trocken
(44,7 %, n = 38). Ein Vergleich mit den
Abstinenzraten stationärer Rehabilitation macht deutlich, dass die Raten
ambulant behandelter Patienten auf keinen Fall geringer sind (bei
vergleichbaren Katamnesezeiträumen). So kamen z. B. Küfner,
Feuerlein und Huber [14] in ihrer 4-Jahres-Katamnese zu einer Abstinenzrate von
34,8 % (18-Monats-Katamnese: 42,2 %; DGSS 4; totale
Abstinenz im gesamten Katamnesezeitraum) und Missel u. a. [15] in ihrer
1-Jahres-Katamnese zu einer Abstinenzrate von 47,0 % (DGSS 4;
totale Abstinenz im gesamten Katamnesezeitraum). Die Abstinenzraten der
deutschen Katamnesestudien ambulanter Rehabilitation sind höher als die in
Meta-Analysen berichteten Raten ([1]: 37,3 %, s. o.).
Dieses Ergebnis verwundert nicht, da die Raten deutscher Studien generell
höher sind als die internationaler, vor allem amerikanischer Studien
[1].
Die Inanspruchnahmerate ambulanter Rehabilitation beträgt
24,4 %. Sie liegt damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt
(Männer: 9 %, Frauen: 14 %; siehe [16]). Diese
Rate ist zum einen positiv zu bewerten, denn sie zeigt, dass die
Empfehlungsvereinbarung „Ambulante Rehabilitation Sucht” nach
einer langen Anlaufzeit langsam an Bedeutung gewinnt, zum anderen stellt sich
bei der hohen Abbruchrate von 45,3 % (Beratungs- und
Therapiestichprobe) die Frage, ob und wie sich die Inanspruchnahmerate
ambulanter Rehabilitation erhöhen lässt. Eine Möglichkeit der
Erhöhung der Inanspruchnahmerate liegt sicher in dem gezielten Einsatz von
Motivationsprogrammen bei den Patienten, bei denen eine ambulante Behandlung
indiziert ist. Diese Studie kam zu dem Ergebnis, dass überproportional
häufig Frauen und Ältere die ambulante Therapie durchführen.
Dass Frauen häufiger eine ambulante Behandlung in Anspruch nehmen, steht
in Übereinstimmung mit den Ergebnissen von Simon und Palazzetti [16] und
liegt vermutlich in den Schwierigkeiten insbesondere von Müttern
begründet, eine längere Abwesenheit von zu Hause für eine
stationäre Therapie zu organisieren. Für die häufigere
Inanspruchnahme von Älteren ist möglicherweise die Zusammensetzung
der Mitarbeiter der Beratungsstelle verantwortlich, die zum größten
Teil zwischen 50 und 60 Jahre alt sind und naturgemäß zu den
Problemen Jüngerer eine größere Distanz haben. Es stellt sich
hier die Frage, wie sich das ambulante Behandlungsangebot für Jüngere
attraktiver gestalten lässt.
Als wichtigstes Ergebnis zu den prognostischen Merkmalen lässt
sich festhalten, dass sich eine Kontaktanzahl unter 30 eher ungünstig auf
die Abstinenzrate auszuwirken scheint und dass eine darüber hinausgehende
Kontaktanzahl mit der Abstinenz in keinem erkennbaren Zusammenhang mehr steht.
Dieses Ergebnis stimmt mit den Ergebnissen der Metaanalyse von Sonntag und
Künzel [2] überein, die für die stationäre Rehabilitation
einerseits einen positiven Zusammenhang zwischen Therapiedauer und
Therapieerfolg fanden, andererseits aber auch zeigen konnten, dass ab einer
bestimmten Therapiedauer eine weitere Behandlung keinen Einfluss mehr auf den
Therapieerfolg hat. Weiterhin scheint der Besuch einer Selbsthilfegruppe ohne
Einfluss auf den Behandlungserfolg zu sein. Die Abstinenzraten von Männern
sind zwar signifikant höher als bei Frauen, dieser Effekt verliert aber
seine Bedeutung, wenn man berücksichtigt, dass Männer häufiger
den Katamnesefragebogen nicht beantwortet haben. Möglicherweise wird die
Indikation bei einigen Frauen aber auch weniger aus therapeutischen
Gründen gestellt, sondern eher aus den Schwierigkeiten, eine
stationäre Therapie zu organisieren.
Diese vorliegenden Ergebnisse bestätigen, dass die ambulante
Rehabilitation eine erfolgreiche Alternative zu den klassischen
stationären Entwöhnungsbehandlungen darstellt. Die Indikationsfrage
ist allerdings nach wie vor empirisch ungeklärt, die Indikationssteller
sind weiterhin auf das Erfahrungswissen angewiesen.