Das Pankreaskarzinom ist die vierthäufigste
tumorassoziierte Todesursache in westlichen Industriestaaten [19]. Es ist charakterisiert durch
eine überwiegend späte Diagnosestellung, aggressives
Wachstumsverhalten und daraus resultierend eine äußerst
schlechte Prognose. Die Gesamtmortalität des Pankreaskarzinoms
(1-Jahresmortalität bis zu 80 %) ist
nahezu identisch mit der Inzidenz.
Pankreaskarzinome sind aufgrund der klinischen Präsentation und
Prognose von Papillenkarzinomen zu unterscheiden und lassen sich
in fünf histologische Gruppen unterteilen. Dabei stellen
die duktalen Karzinome mit 75-90 % die
häufigste Tumorentität dar (Rest: Azinuszellkarzinome,
gemischte, unbestimmte, unklassifizierte Zelltypen).
Durch Senkung der chirurgischen Mortalität und Morbidität konnte
in Abhängigkeit vom Tumorstadium bei entsprechender Selektion
die 5-Jahresüberlebensrate in den letzten Jahren in Schwerpunktzentren
auf 20 bis über 30 % angehoben werden [1]
[5]
[26].
Epidemiologie, Ätiologie und Risikofaktoren
Die Inzidenz des Pankreaskarzinoms beträgt ca. 5-10
pro 100 000 pro Jahr. Das Risiko Männer/Frauen
beträgt 2:1 mit einem Häufigkeitsgipfel zwischen
dem 6. und 8. Lebensjahrzehnt. Dem Tabakkonsum und der Exposition
gegenüber aromatischen Aminen kommt unter den exogenen
Einflüssen die stärkste Bedeutung zu (relatives
Risiko 2-3) [6]
[8]
[14]
[25]. Als weitere Risikofaktoren werden
chronische Pankreatitiden (relatives Risiko ca. 15) [17] und Alkoholkonsum [22] angeschuldigt. Darüber hinaus
gehen die autosomal-dominant vererbten hereditären Pankreatitiden
mit einem erhöhten Risiko einher. An genetischen Alterationen
findet sich in Pankreaskarzinomen eine Aktivierung des dominant
transformierenden Onkogens Ki-ras (ca. 90 %) sowie
eine Inaktivierung verschiedener Tumorsuppressorgene (P 53, DPC4,
CDKN2, BRCA-2).
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kurzgefasst: Der Häufigkeitsgipfel
des Pankreaskarzinoms liegt zwischen dem 6. und 8. Lebensjahrzehnt.
Tabak-, Alkoholkonsum, rezidivierende Pankreatitiden und genetische
Alterationen sind nachgewiesene
Risikofaktoren.
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Diagnostik
Klinische Symptomatik
Ca. 75 % der Pankreaskarzinome sind im Caput
lokalisiert, 20 % im Corpus und 5 % im
Caudabereich und führen im Gegensatz zu den papillennahen
Tumoren häufig zu uncharakteristischen Symptomen wie Oberbauchbeschwerden,
Gewichtsverlust, Rückenschmerzen, spezifischer zu schmerzlosem
Ikterus, neu aufgetretenem Diabetes mellitus oder Pankreatitis [13]. Insbesondere bei Patienten > 60
Jahre mit neu aufgetretenen Rückenbeschwerden oder Diabetes
mellitus sollte immer an ein Pankreaskarzinom mitgedacht werden,
um Verzögerungen in der Diagnostik zu vermeiden.
Da die klinische Untersuchung häufig unergiebig ist,
stehen die bildgebenden Verfahren im Mittelpunkt - sie
folgen sinnvollerweise einem Stufenkonzept (Abb
1).
Abb. 1 Stufenkonzept der Diagnostik
des Pankreaskarzinoms. (M+ = Metastasierung).
Transabdomineller Ultraschall (US)
Aufgrund der kostengünstigen Verfügbarkeit
stellt der US heute die erste und wichtigste Untersuchung bei Verdacht
auf eine Pankreasraumforderung dar [13].
Die Beurteilung, insbesondere der Caudaregion, ist durch retroperitoneale
Lage des Organs und häufige Luftüberlagerungen
erschwert. Es gilt, dass jede hypodense Struktur im Pankreas karzinomverdächtig
ist und die Sensitivität ab einer Tumorgröße
von > 1 cm sprunghaft ansteigt
(bis 72 %). Dabei wird sonographisch die Tumorausdehnung
häufig unterschätzt [20] [23]
. Ein wichtiger Vorteil der US
liegt in der hohen Sensitivität für die Detektion
von Lebermetastasen [3].
Farbduplexsonographie
Durch die Duplexsonographie lassen sich direkte und indirekte Hinweise
auf eine Gefäßinvasion erfassen, unter Umständen lassen
sich pathologische Tumorrandgefäße als zusätzliches Malignitätskriterium
darstellen [23].
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kurzgefasst: Die sonographische
Diagnostik ist insbesondere in der Caudaregion erschwert, die Tumorgröße wird
in der Regel unterschätzt. Die Duplexsonographie dient
dem Nachweis einer Gefäßinfiltration.
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Computertomographie
Die Computertomographie (ggf als Spiral-CT, Dünnschicht-CT
oder Angio-CT) ist nach wie vor das Standardverfahren der bildgebende Diagnostik
beim Pankreaskarzinom mit einer Sensitivität von ca. 90 %.
Problem der CT-Diagnostik ist die Vorhersage der Resektabilität,
welche lediglich bei 60-70 % liegt und
auf der Unschärfe des Verfahrens bei fraglicher Gefäßinfiltration,
Infiltration ins Mesenterium und nach retropankreatisch beruht [9] (Abb. [2]
).
Abb. 2 CT-Darstellung des Pankreaskopfkarzinoms
des beschriebenen konreten Falls (S. 2325). (Leihgabe Abteilung
für Radiodiagnostik Universitätskliniken Homburg).
Pfeilmarkierung des Tumors (großer Pfeil), der keine sichere
Trennschicht zur Venenachse zeigt (kleiner Pfeil).
Magnetresonanztomographie
Die Sensitivität der MRI in der Pankreaskarzinomdiagnostik liegt
nur unwesentlich über der Computertomographie und zeigt
bzgl. der Resektabilitätsvorhersage im Bereich der V. mesenterica/V.
portae, A. mesenterica superior ähnliche Werte wie die
Computertomographie (75-81 %). Hauptvorteil
der MRT-Techniken liegt in der „All-in-One”-Diagnostik
mit Kombination der MRT-Schnittbilddiagnostik, der MR-Cholangiopankreatographie
(MRCP) und der MR-Angiographie (MRA) [3].
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kurzgefasst: Die Computertomographie
ist das Standardverfahren des Tumornachweises. Allerdings ist die
Vorhersage der Resektabilität mit 60-70 % problematisch. Vorteil
der Kernspintomographie ist die „All-in-One-Diagnostik” mit
MRCP und MRA.
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Endosonographie (EUS)
Die geringe Vorhersagekraft von CT und MRI bzgl. der Resektabilität
haben den Einsatz peripankreatisch einsetzbarer bildgebender Verfahren
wie Endosonographie und laparoskopische Sonographie gefördert.
In der Tat lassen sich durch beide Verfahren sowohl die Sensitivität
als auch die Spezifität für die Diagnostik von
Pankreasmalignomen auf > 80 % bzw.
90 % erhöhen, wobei auch hier gilt, dass
die Sensitivität beider diagnostischer Verfahren bzgl.
einer tatsächlichen (histologisch verifizierten) Gefäßinfiltration
unter 67 % liegt [2]
[4]
[11]
[20]. Die erhöhte Sensitivität
der endo- bzw. laparoskopisch sonographischen Verfahren ermöglicht
die Diagnostik auch kleinerer Tumoren, somit früherer Tumorstadien,
sowie die Beurteilung des regionalen Lymphknotenstatus. Die Spezifität
der EUS kann durch eine Feinnadelbiopsie noch gesteigert werden [10]. Diese darf transkutan wegen
der Tumorstreuung entlang des Stichkanals nur mit äußerst
strenger Indikationsstellung erfolgen.
Abb. 3 Endosonographiebefund eines
Pankreaskopfkarzinoms (Leihgabe II. Medizinische Klinik Universitätskliniken
Homburg). Tumor markiert (x,+).
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kurzgefasst: Der zusätzliche
Einsatz der Endosonographie kann die Sensitivität und Spezifität
der Diagnostik auf über 80 % erhöhen,
durch zusätzliche Feinnadelbiopsie kann die Spezifität
erhöht werden. Umgebungsinfiltration und regionaler Lymphknotenstatus
lassen sich mittels EUS am besten vorhersagen.
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Endoskopisch retrograde Cholangio-Pankreatikographie (ERCP)
Da die überwiegende Anzahl der Pankreaskarzinome duktaler Natur
sind, kommt der Pankreasgangdarstellung mit dem charakteristischen
Befund des „Double-duct-sign” (gleichzeitige Stenose
von Ductus pancreaticus und Ductus choledochus) nach wie vor ein
hoher Stellenwert zu [18] (Abb. [4]).
So bietet die ERCP im Vergleich zur MRCP den Vorteil der Intervention
in Form der Gallengangsdrainage oder aber der zusätzlichen
Gewinnung von zytologischem oder histologischem Material zur Diagnosesicherung.
Erkauft wird dieser Vorteil durch eine im Vergleich zur MRCP gelegentlich
relevante Morbidität in Form von Post-ERCP-Pankreatitiden
oder Cholangitiden welche nachfolgende Operationen gelegentlich
erschweren, oder aber Papillotomie-bedingte Komplikationen.
Neuere molekularbiologische Ansätze zeigen, dass durch
den Nachweis von Mutationen im Bereich des Ki-ras-Onkogens im mittles
ERCP gewonnenen Pankreassekret oder Bürstenmaterial die
Sensitivität der Diagnostik gegenüber der konventionellen
Zytologie deutlich gesteigert werden kann [24].
Die präoperative Stenteinlage zur Entlastung des Gallengangs wird
kontrovers diskutiert. Während sie bei längerem
Intervall bis zur operativen Sanierung (Resektion oder Bypass) z. B.
infolge einer neoadjuvanten Therapie indiziert ist, kann bei kurzfristig
anstehender Operation in der Regel auf die Stenteinlage verzichtet
werden [2].
Abb. 4 ERCP mit „Double-duct-sign” bei
Pankreaskopfkarzinom („Der konkrete Fall”)(Leihgabe
II. Medizinische Klinik Universitätskliniken Homburg).
Pfeilmarkierung Stenose Gallengang und Pankreasgang.
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kurzgefasst: Das „Double-duct-sign” in
der ERCP ist fast beweisend für ein Pankreaskarzinom. Der
Vorteil der ERCP gegenüber allen anderen Verfahren liegt
in der Möglichkeit zur Intervention sowie zytologischer,
histologischer oder molekularbiologischer Diagnostik durch Pankreassekret
oder Bürstenmaterial.
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Angiographie
Aufgrund der zunehmenden Verbesserung der CT-Diagnostik und Magnet-Resonanz-Tomographie
mit der Möglichkeit der MRA hat die Angiographie im Rahmen
des präoperativen Stagings an Bedeutung verloren. Sie ist
in Einzelfällen zum Ausschluss von Gefäßvarianten
oder dem präoperativen Nachweis einer relevanten Truncus-coeliacus-Stenose
respektive Verschluss zur Operationsplanung sinnvoll und notwendig [7].
Laparoskopie
Ein beträchtlicher Anteil der Patienten mit Pankreaskarzinomen hat
zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits Lebermetastasen oder
eine Peritonealkarzinose, so dass eine Resektion nicht mit kurativem
Ansatz durchgeführt werden kann. Da bildgebende Verfahren
kleine Lebermetastasen nur mit einer Sensitivität von ca.
20 % und die Infiltration der Gefäße
in 50-60 % detektieren, wurde versucht
mittels Laparoskopie die Vorhersage der Resektabilität
bzw. Nicht-Resektabilität zu verbessern.
In einer vergleichenden Untersuchung fanden John und Mitarbeiter [15]
für eine laparoskopisch
gestützte Ultraschalluntersuchung einen positiven prädiktiven
Wert (PPV) für die Nicht-Resektabilität von 0,97,
der PPV für US, CT und Angiographie lag bei 0,8. Conlon
und Mitarbeiter gaben den PPV einer Laparoskopie für die
Resektabilität mit 1 an [5].
Launois wies in einer Übersicht jedoch darauf hin, dass
bei den klinisch vermuteten Gefäßinfiltrationen
letztendlich nur in ca. 50 % auch histologisch eine
Infiltration gefunden wird. Es gibt derzeit keine diagnostische
Modalität, die zwischen tumoröser Infiltration
und peritumoraler desmoplastischer Reaktion unterscheiden kann [16]. Auch für die Infiltration
ins Dünndarmmesenterium, die dorsale Infiltration sowie
kleine intrahepatische Metastasen können weder bildgebende
Verfahren noch die Laparoskopie die manuelle Palpation des Befundes
ersetzen.
Tumormarker
Problematisch ist die geringe Sensitivität und die eingeschränkte
Tumorspezifität der Marker. CA19 - 9
hat die höchste Sensitivität (70 %)
und Spezifität (87 %) und hat in erster
Linie Bedeutung für die Rezidiverkennung im Follow-up [3]
[13].
Weitere Verfahren
Positronen-Emissions-Tomographie
Durch die Positronen-Emissions-Tomographie kann neben der lokalen
und Fernmetastasierung in Einzelfällen auch zwischen chronischer
Pankreatitis und Pankreaskarzinom differenziert werden [12].
Intraduktale Sonographie und Pankreatikoskopie
Für diese neuen diagnostischen Verfahren liegen zum
jetzigen Zeitpunkt keine Daten vor, die eine Bewertung zur Frühdiagnostik
von Pankreaskarzinomen zulassen. Inwieweit hierdurch Fortschritte in
der Beurteilung von kleinen malignen Strukturen im Pankreas bzw.
Gallengang möglich sind, muss erst durch größere
Studien belegt werden.
Nachsorgeuntersuchungen
Aufgrund der eingeschränkten Therapiemöglichkeiten
erscheinen routinemäßige Nachuntersuchungen nicht
gerechtfertigt. In der Regel erfolgt die symptomorientierte Diagnostik
zur Planung der Palliation. Nach palliativer Stenteinlage wird wegen
der Stentokklusion und der konsekutiven Probleme von einigen Autoren
die dreimonatige Kontrolle empfohlen [21].
Fazit für die Praxis
Prinzipiell soll bei jedem Patienten über 60 Jahre mit
neu aufgetretenem Diabetes und uncharakteristischen Oberbauch- oder
gar Rückenschmerzen durch eine Sonographie und im Zweifelsfall
durch ein Kontrast-CT des Oberbauchs ein Pankreaskarzinom ausgeschlossen
werden. Weiterführende Diagnostik ist nur bei begründetem
Verdacht oder konkretem Tumornachweis zur weiteren Therapieplanung
indiziert.
Autorenerklärung: Die Autoren
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