Kasuistik
Kasuistik
Buprenorphin wurde zu Beginn des Jahres 2001 in Deutschland zur
Substitution zugelassen und stellt eine Alternative zu dem konventionellen
Standard der Substitutionstherapie mit Methadon dar [6 ]. In Österreich erfolgte eine frühere
Zulassung für Buprenorphin zur Substitution von opiatabhängigen
Patienten im Herbst 1999. Seit dieser Zeit wurden an der Innsbrucker
Universitätsklinik rund 25 % aller Patienten (insgesamt ca.
670 Patienten; davon 447 regelmäßige Substitutionsklienten) auf
Subutex® zur Behandlung umgestellt.
Buprenorphin verfügt über einen anderen pharmakologischen
Wirkmechanismus als reine Opiate und hat damit auch ein unterschiedliches
Wirkprofil [3 5 ]
[7 ]
[8 ]. Verschiedene Studien belegen, dass Buprenorphin einen
geringeren Grad an physischer Abhängigkeit erzeugt als etwa volle
µ-Agonisten (Morphin) und auch aufklärende und antidepressive
Eigenschaften besitzt [9 ]. Darüber hinaus zeigt
Buprenorphin günstige Eigenschaften in der Schwangerschaft
opiatabhängiger Frauen [2 ]
[10 ].
Die Umstellung von Methadon auf Buprenorphin ist bei Patienten, die
eine zukünftige Abdosierung wünschen, auch in Bezug auf die oben
angeführten Eigenschaften und die geringere Entzugssymptomatik, sinnvoll
[15 ]. Empirische Studien, die differenziertere
Indikationen nach Dauer und Schweregrad der Suchterkrankungen ermöglichen,
liegen bis dato jedoch nicht vor.
Konsensustexte empfehlen die Umstellung auf Buprenorphin bei einer
stabilen Methadondosis von 30-40 mg/d, diskutieren aber auch die
Möglichkeit, in ausgewählten Einzelfällen, bei höherer
Dosis umzustellen [15 ]. In dem genannten Dosisbereich
von 30-40 mg/d ist eine Umstellung ohne größere
Probleme möglich [13 ]. Derzeit existieren jedoch
wenige Mitteilungen aus der Praxis zur Umstellung von hochdosierten
Methadonpatienten auf Buprenorphin [1 ]
[11 ].
Im Folgenden wird ein Fallbeispiel geschildert, welches das Vorgehen
an unserer ambulanten Einrichtung bei Umstellung von hochdosierten
Methadonpatienten (80 mg/d) auf Buprenorphin beschreibt.
Fallbeispiel
Fallbeispiel
Der beschriebene Patient ist derzeit 23 Jahre alt und im Oktober
2001 an unserer Ambulanz erschienen. Er ist HIV negativ und Hepatitis-C
positiv. Die Drogenkarriere begann mit 18 Jahren unter anderem mit
Benzodiazepinkonsum und gelegentlich Heroin i. v.
Zum Aufnahmezeitpunkt konsumierte der Patient seit drei Monaten
täglich Compensan und ret. Morphin i. v. Hinzu kam, dass der
Patient eine Haftstrafe von anderthalb Monaten wegen Drogenbesitz offen hatte.
Von sich berichtete der Patient damals, dass er noch an keinem
Substitutionsprogramm teilgenommen hatte.
Der Patient begann ein Substitutionsprogramm an unserer Klinik mit
6 mg Subutex®. Nach vier Tagen berichtete er, dass die im Weiteren
erhöhte Dosis von 8 mg Subutex® ausreiche. Daraufhin wurde ihm
ein Suchtgiftrezept von 8 mg Subutex® ausgestellt.
Sechs Monate später wollte der Patient auf Methadon umgestellt
werden, da er Subutex® nicht mehr „vertrage” und er einen
regelmäßigen Beikonsum von Compensan, Codein und Morphin angab. Die
Methadondosis nach der Umstellung betrug 70 mg Methadon. Nach einer
weiteren Woche wurde die Dosis auf 80 mg Methadon erhöht.
Am darauf folgenden Wochenende präsentierte sich der Patient
nicht mehr zur Substitutionsabgabe an der Klinikeinrichtung und verlangte zu
Wochenbeginn wieder auf Subutex® umgestellt zu werden.
Da der Patient schon den dritten Tag ohne Substitutionsabgabe war,
wurden an ihn 16 mg Subutex® verabreicht. Am darauf folgenden Tag
berichtete der Patient, dass die Dosis zu wenig sei und so wurde er auf
20 mg Subutex® erhöht und weitere 4 mg wurden ihm als
Reserve mitgegeben.
In den ersten drei Tagen zeigten sich bei ihm starke Unruhe und
Hitze-Kälte-Gefühle. Auf der Wang-Entzugsskala [14 ] zeigte der Patient nach dem ersten Tag der
Umstellung einen Score von 16 (Scorewert für leichte Entzugssymptomatik
11 - 20; marginale Entzugssymptomatik
5 - 10; 0 - 4 nicht vorhanden). Nach
einem weiteren Tag klangen die Symptomatiken auf einen Scorewert von 9 ab. Am
vierten Tag nach der Umstellung konnte ein Scorewert von 4 auf der
Wang-Entzugsskala festgestellt werden (Abb.1). Im weiteren Verlauf besserte
sich der gesamte psychische und körperliche Allgemeinzustand. Der Patient
blieb in der Folge auf einer Dosis von 20 mg Subutex® und ist seit
nunmehr zwei Monaten stabil. Im Folgenden wurde dem Patienten ein
Suchtgiftdauerrezept ausgestellt.
Abb. 1 Scorewerte auf der
Wang-Entzugsskala ein bis vier Tage nach Substitutionsbeginn
Schlussfolgerungen
Schlussfolgerungen
Die Behandlung mit Subutex® weist eine gleichwertige
Wirkungsweise wie die Methadonbehandlung auf [7 ]
[12 ]
[3 ]. Unsere prinzipiellen
Erfahrungen mit Subutex® sind positiv.
Die Umstellung von hochdosiertem Methadon auf Subutex® kann, wie
in der vorliegenden Kasuistik dargestellt, auch unter schwierigen
Umständen durchgeführt werden. Bei der Einstellung von hochdosiertem
Methadon auf Subutex® ist eine relativ hohe Einstiegsdosis empfehlenswert.
Eine rasche Aufdosierung, um das Auftreten von Entzugserscheinungen weitgehend
zu verhindern, ist im Weiteren anzustreben. Nach Erreichen einer zu
akzeptierenden Stabilisationsphase können Dosisreduktionen, individuell
vom Einzelfall abhängig, nachfolgend angedacht werden.
Substitutionsänderungen von 70-80 mg Methadon auf
Subutex® können auch in der ambulanten Arbeit umgesetzt werden,
vorausgesetzt, Erreichbarkeit des Arztes und Mitarbeit des Klienten sind in
ausreichendem Maße gegeben.