Suchttherapie 2002; 3(4): 226-232
DOI: 10.1055/s-2002-36185
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Aspekte zur Entstehung und Entwicklung suizidalen Verhaltens bei Heroinabhängigen

Aspects of Origins and Developments of Suicidal Behaviour in Heroin AddictsCorinna van Niekerk1 , Peer Briken1 , Michael Krausz1
  • 1Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Hamburg
Further Information

Dr. C. van Niekerk

Max-Planck-Institut für Psychiatrie, Klinische Psychiatrie und Epidemiologie

Kraeplinstraße 2

80804 München

Email: niederk@mpipsykl.mpg.de

Publication History

Publication Date:
19 December 2002 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Suizide und Suizidversuche gehören bei Heroinabhängigen mit einer Prävalenzrate von etwa einem Drittel zu den häufigsten Komplikationen. In dieser Studie wurden Einflussvariablen auf suizidales Verhalten Heroinabhängiger, die spezifische Nutzung des Hilfesystems sowie die Bedeutung von Überdosierungen untersucht. Hierzu wurden 350 Heroinabhängige aus verschiedenen Einrichtungen des Hamburger Drogenhilfesystems herangezogen. Heroinabhängige mit Suizidversuchen wiesen ein höheres Ausmaß biografischer Belastungsfaktoren sowie eine ausgeprägtere Persönlichkeitspathologie auf. Die Häufigkeit von Überdosierungen spiegelte das Ausmaß suizidaler Autodestruktivität wider. Hilfsangebote wurden häufiger aufgesucht und gewechselt.

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Abstract

Suicides and suicide attempts of heroin addicted patients are, with a prevalence of about 30 %, among the most commonly occuring complications. For this investigation we examined the influence of biographical and personality-related factors on suicidal behaviour, the use of treatment centres as well as the role of overdoses. For this purpose, 350 heroin addicts were interviewed in different therapeutic settings of Hamburg. Heroin addicts who had previously committed suicide attempts turned out to have had a markedly higher rate of problematic life events. Also, they exhibited a more strongly marked pathology in their respective personality. The rate of occuring overdoses mirrored the grade of suicidality. These patients consulted treatment centres more regularly and changed them more frequently.

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Einleitung

Mit der Zunahme der Anzahl der Heroinabhängigen in den 70er-Jahren rückte das damit verbundene Phänomen suizidalen Verhaltens in klinischen und theoretischen Forschungsarbeiten mehr und mehr in den Vordergrund. Die Problematik wird durch die Häufigkeit von Suizidhandlungen unter Heroinabhängigen (bis zu einem Drittel) deutlich [1]. Zwischen dem Ausmaß der Suizidalität und dem Schweregrad der Sucht lässt sich ein eindeutiger Zusammenhang herstellen: Besonders hoch liegt die Rate der Suizidversuche unter Mehrfachabhängigen [2]. Abhängige, die die Kriterien für die Aufnahme in ein Substitutionsprogramm erfüllen, weisen ebenso in hohem Maße (44 %) Suizidversuche auf [3]. Etwas geringer (23 %) ist dieser Anteil unter Heroinabhängigen aus der stationären Entgiftung [4]. Diese Zahlen spiegeln nicht nur die subjektiv empfundene Ausweglosigkeit der Heroinabhängigen wider, die durch das Missverhältnis zwischen den spezifischen Anforderungen und Ressourcen entsteht. Sie sind ebenso ein Parameter, der den Erfolg oder Misserfolg eines Drogenhilfesystems anzeigt [5].

Als Risikofaktoren für einen Suizidversuch gelten Suizidversuche in der Vorgeschichte [6], mehrere Episoden selbstverletzenden Verhaltens sowie eine komorbide psychische Erkrankung [7]. Verschiedene Studien weisen auch darauf hin, dass insbesondere junge Männer mit Drogenmissbrauch ein hohes Risiko für einen späteren Suizid aufweisen [7 9]. Bei Todesfällen unter Heroinabhängigen ist die wahrscheinlichste Todesursache eine Überdosierung [10] [11]. Die Frage, ob eine Überdosierung mit der Intention eines Suizids zugefügt wurde oder als ein Versehen zu werten ist, ist bei Todesfällen nachträglich oftmals nicht eindeutig zu klären. Püschel et al. [12] fanden allerdings in einer Untersuchung von Drogentodesfällen durch versehentliche Überdosierung im Hamburger Raum einen enorm hohen Anteil (ein Drittel der Verstorbenen), bei denen schwierige Lebensumstände zum Zeitpunkt des Todes vorlagen, die zumindest eine latent vorhandene Suizidalität nahe legen. Als krisenhafte Veränderung kurz vor dem Tod konnten Obdachlosigkeit, Ausschluss aus einer therapeutischen Versorgung, Haftantritt bzw. -ende, Verlust des Arbeitsplatzes, Trennung oder Tod von Verwandten oder Partnern, manifeste Beziehungsprobleme und akute Depression aufgrund der Lebensumstände erhoben werden. In einer Untersuchung von Murphy et al. [13] konnten bei den Heroinabhängigen mit Suizidversuch deutlich mehr vorausgehende Überdosierungen erhoben werden als bei denen ohne Suizidversuch. Andererseits wiesen in einer Studie von Krausz et al. [4] die Heroinabhängigen mit Überdosierungen etwa zu 40 % auch Suizidversuche oder Suizidideen in der Vorgeschichte auf, während nur 16 % bisherige suizidale Gedanken oder Handlungen verneinten.

In Studien zum biografischen Hintergrund kommt unter den kritischen Lebensereignissen den Verlusterlebnissen eine besondere Bedeutung für Suizidalität zu. Hierzu zählt die Trennung oder Scheidung der Eltern mit der Folge des Verlusts eines Elternteils [14 16], der Verlust einer nahe stehenden Person [15] wie auch die Partnerschaftstrennung [17]. Auch bei kritischen Ereignissen, die die Ausbildung (Wiederholen einer Klasse [16], vorzeitiges Verlassen der Schule [15]) oder die körperliche oder psychische Unversehrtheit nahe stehender Personen (Krankheit oder Suizidversuch von Familienmitgliedern oder Freunden [16 18]) betreffen, konnte ein starker Zusammenhang mit suizidalen Handlungen festgestellt werden. Soziale Ressourcen stellen ebenso eine bedeutende Variable dar. Die Relevanz in Bezug auf die Einschätzung derselben wird besonders in aktuelleren Publikationen hervorgehoben [19] [20]. Bei Jugendlichen nehmen im Rahmen der sozialen Unterstützung die Eltern eine wichtige Rolle ein. Insofern wirken sich auch kritische Lebensereignisse, die die körperliche, psychische oder soziale Unversehrtheit der Familie betreffen, gerade bei Jugendlichen häufig negativ auf deren soziale Unterstützung aus. So erleben suizidale Patienten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe häufiger die Trennung oder Scheidung der Eltern [14] [16]. Gould et al. [15] konnten zeigen, dass Suizidopfer im Vergleich zu einer Kontrollgruppe häufiger aus nicht intakten Familien kommen und dass sie weniger befriedigende Unterhaltungen mit den Eltern führen konnten. Körperliche oder psychische Erkrankungen in der Familie wurden von de Wilde et al. [16] und Beautrais et al. [17] als wichtige Risikofaktoren für einen Suizid(versuch) unterstrichen.

Auch in der Genese von Abhängigkeitserkrankungen wurde die Bedeutung kritischer Lebensereignisse in verschiedenen Studien hervorgehoben. Rosenberg [21] fand unter Heroinabhängigen eine doppelt bis dreifach erhöhte Rate einer „Broken-home-Problematik”. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe konnte bei Heroinabhängigen eine signifikant höhere Belastung mit Verlusterlebnissen sowohl im familiären Bereich durch Trennung oder Tod [22] [23] als auch im Freundeskreis [23] beobachtet werden. Auch im Bereich der schulischen Ausbildung sowie der eigenen Gesundheit zeigten sich die Heroinabhängigen durch mehr kritische Ereignisse betroffen [23]. Uchtenhagen und Zimmer-Höfler [22] betonten zusätzlich eine verstärkte familiäre Vorbelastung durch Suchtprobleme der Eltern sowie mehr Suizide und Suizidversuche im sozialen Umfeld in der Gruppe der Heroinabhängigen.

Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung wird sowohl in der Sucht- als auch in der Suizidforschung als wichtiger prädisponierender Faktor diskutiert. So wurde in psychologischen Studien bei einem Drittel der untersuchten Suizidanten durch die Befragung naher Bezugspersonen nachträglich eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert [24] [25]. Auch bei Patienten mit Suizidversuchen konnte eine Häufung der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung festgestellt werden [26]. Die von Poustka [27] gegebene Übersicht über Studien zu klinischen Stichproben zeigt, dass bei bis zu 31 % der Patienten mit Suizidversuch Persönlichkeitsstörungen diagnostiziert wurden. Gorton et al. [28] fanden in einer Untersuchung zahlreicher Querschnittstudien, dass etwa 50 % der Abhängigen während der Abhängigkeit oder der beginnenden Abstinenz die Kriterien für eine Persönlichkeitsstörung nach DSM-III oder DSM-III-R erfüllten. Unter den Persönlichkeitseigenschaften spielen hierbei insbesondere antisoziales Verhalten, Hyperaktivität, Angst, Depression, Neugierde, Impulsivität, Neurotizismus und Geselligkeit eine besondere Rolle.

Um Aussagen über die Implikationen für das Hilfesystem im Hinblick auf suizidales Denken und Handeln Heroinabhängiger treffen zu können, wurden die Wahl sowie die Häufigkeit der Inanspruchnahme der verschiedenen Behandlungsangebote durch Heroinabhängige untersucht. Dementsprechende Ergebnisse liegen in der vorhandenen Literatur nicht vor.

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Material und Methoden

Die Daten der vorliegenden Untersuchung entstammen einer Studie, bei der über einen Fünfjahreszeitraum der Langzeitverlauf Heroinabhängiger verfolgt wurde. Das Hauptaugenmerk dieser Studie lag auf dem Ausmaß psychiatrischer Komorbidität und deren Einfluss einerseits auf den Abhängigkeitsverlauf und andererseits auf den Verlauf und die Prognose der psychiatrischen Erkrankung.

In der Indexerhebung (1995), worauf sich die im Folgenden dargestellten Daten beziehen, konnten insgesamt 350 Heroinabhängige aus verschiedenen Einrichtungen des Hamburger Drogenhilfesystems rekrutiert werden. Hierzu zählen Entzugsstationen eines psychiatrischen Krankenhauses (Klinikum Nord Ochsenzoll), diverse Drogenambulanzen, Praxen substituierender Ärztinnen und Ärzte, ambulante Beratungseinrichtungen und therapeutische Wohngemeinschaften. Die Stichprobe bestand demzufolge aus aktuell konsumierenden Heroinabhängigen, Substituierten sowie aktuell abstinenten Heroinabhängigen in der Entzugssituation oder unter langzeittherapeutischen Bedingungen.

Als für die vorliegende Fragestellung relevante Instrumente wurden folgende eingesetzt:

  • Addiction Severity Index EuropASI [29], ein aus den USA übernommenes Instrument von McLellan et al. [30], das in der 6. Fassung vorliegt und von Gsellhofer et al. [31] ins Deutsche übersetzt wurde. Hierin sind Fragen zum Drogengebrauch sowie zum psychischen Status enthalten.

  • Ein Selbstbeurteilungsfragebogen, der im Rahmen der Shell-Studie „Jugend ‘92” zur Erfassung kritischer Lebensereignisse von Fischer u. Zinnecker [32] entwickelt wurde. Hierbei werden innerhalb einer Liste von 15 vorgegebenen kritischen Lebensereignissen das Alter, in dem das Ereignis eingetreten ist, und die damit verbundene Lebensveränderung in fünf Stufen ermittelt.

  • Der Bereich der Persönlichkeitsstörungen wurde mittels des Personality Diagnostic Questionnaire (PDQ) [33] erhoben. Dieses Selbstbefragungsinstrument umfasst 160 Items, die sich gemäß der DSM-III-R-Kriterien in Subskalen aufgliedern, die den jeweiligen Persönlichkeitsstörungen entsprechen.

Zur Erfassung der Suizidalität der befragten Heroinabhängigen diente im Rahmen dieser Untersuchung einmal die Frage nach der Häufigkeit von Suizidversuchen in der Vorgeschichte. Des Weiteren stellte die Anzahl bewusster Überdosierungen, die in dieser Arbeit als „Überdosierung mit intendiertem Suizid” bezeichnet werden, eine Variante der Suizidart dar, während Vorkommen und Frequenz unbewusster Überdosierungen oder auch „Überdosierungen ohne die Intention eines Suizids” als Ausdruck suizidalen Verhaltens diskutiert werden. Dabei wurde es den befragten Heroinabhängigen selbst überlassen, bezüglich vergangener Überdosierungen einzuschätzen, ob diese zufällig erfolgten oder ob dabei die Absicht, sich das Leben zu nehmen, zugrunde lag. Innerhalb der Erhebung des biografischen Hintergrundes anhand von Fragen nach kritischen Lebensereignissen wird die positive Beantwortung des Items „nicht mehr weiterleben wollen” in dieser Arbeit als eine „suizidale Phase” des Abhängigen beschrieben, da hieraus alleine nicht hervorgeht, ob in dieser Phase auch ein Suizidversuch erfolgte.

Die Interviews wurden von wissenschaftlichen Mitarbeitern des Forschungsprojekts sowie von Doktoranden durchgeführt. Sämtliche Untersucher wurden den Anforderungen der Instrumente entsprechend geschult. Die Auswahl der Untersuchungsteilnehmer erfolgte zufällig, je nachdem, wer sich zum entsprechenden Zeitpunkt in der jeweiligen Behandlung befand und sich zur Teilnahme bereit erklärte. Jeder Teilnehmer erhielt eine Aufwandsentschädigung von 30 DM.

Die statistische Auswertung erfolgte mit SPSS anhand folgender Tests: t-Test für unabhängige Stichproben, χ2 und Spearman-Korrelation.

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Ergebnisse

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Beschreibung der Stichprobe

Von den 350 Heroinabhängigen stellten Männer einen Anteil von 70 % (n = 244), Frauen machten 30 % (n = 107) der Gesamtstichprobe aus. Das Durchschnittsalter lag bei 28,7 Jahren, wobei 30 % 25 Jahre oder jünger waren und 42 % 30 Jahre oder älter. Das durchschnittliche Alter der Frauen lag etwa 2,5 Jahre unter dem der Männer. Der Hauptanteil (42 %, n = 148) der in dieser Erhebung befragten Heroinabhängigen befand sich zum Untersuchungszeitpunkt in einer Substitutionstherapie mit Methadon mit einer durchschnittlichen Therapiedauer von 18,7 Monaten. Eine Langzeittherapie führten zu diesem Zeitpunkt 23 % (n = 79) der Befragten durch, in einer Entzugseinrichtung befanden sich 17 % (n = 61). Von den restlichen 18 % (n = 62) der Befragten waren 3 % (n = 9) in einer ambulanten Behandlung, 10 % (n = 35) in anderen Behandlungen (psychiatrische Klinik/Station, ambulante Einrichtung, nicht psychiatrische Klinik/Station, n. n. b.) und 5 % (n = 18) in keiner Behandlung. Aufgrund der niedrigen Fallzahlen in letztgenannten Einrichtungen liegt in der vorliegenden Arbeit die Konzentration bei Fragestellungen, die behandlungsspezifische Muster unter den Heroinabhängigen untersuchen, auf den drei hauptsächlichen: dem stationären Entzug, der Langzeittherapie und der Substitutionsbehandlung.

Innerhalb der Gesamtstichprobe gaben 58 % mindestens eine suizidale Phase und 44 % mindestens einen Suizidversuch in der Vorgeschichte an. Aus der Gruppe derjenigen, die suizidale Gedanken in einem Ausmaß hatten, dass sie sich zum Zeitpunkt des Interviews daran erinnern konnten, hatten somit 75 % auch einen Suizidversuch verübt. Das Durchschnittsalter lag sowohl bei den Heroinabhängigen mit Suizidversuchen als auch bei denen ohne bei 29 Jahren.

Im Geschlechtervergleich ist unter den Frauen eine deutlich höhere Belastung mit Suizidversuchen erkennbar: 51 % gaben mindestens einen Suizidversuch in der Vorgeschichte an. Unter den Männern lag diese Belastung bei 40 % und somit deutlich niedriger. Auch in der Frequenz der Suizidversuche zeigten die Frauen eine stärkere Ausprägung. Sie verübten durchschnittlich 1,5 Suizidversuche in der Vorgeschichte, Männer hingegen 0,9 (t-Test für unabhängige Stichproben: df = 158, t = 2,42, p = 0,05).

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Lebensgeschichtlicher Hintergrund

Im Mittel gaben Heroinabhängige mit einer suizidalen Phase in der Vorgeschichte sieben (von 14) kritische Lebensereignisse an. Diejenigen, die keine suizidale Phase in der Vorgeschichte hatten, gaben im Mittel 5,8 (p = 0,001) Lebensereignisse an (Abb. [1]).

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Abb. 1 Vergleich der Anzahl der Lebensereignisse der Heroinabhängigen mit bzw. ohne eine suizidale Phase in der Vorgeschichte (t-Test für unabhängige Stichproben, df = 330, t = 4,62, p = 0,001).

Betrachtet man die angegebenen Lebensereignisse dieser beiden Untersuchungsgruppen im Einzelnen (Tab. [1]), so stellt sich eine ausnahmslos höhere Belastung der Heroinabhängigen mit positiver Anamnese einer suizidalen Phase dar. Der deutlichste Unterschied besteht dabei in der Häufigkeit des Verlustes einer nahen Freundin oder eines nahen Freundes: Im Vergleich zu 70 % der suizidalen Heroinabhängigen haben dies 50 % der nicht suizidalen erlebt. Ebenso wenig überrascht die signifikant häufigere Trennung oder Arbeitslosigkeit der Eltern unter den Befragten mit einer suizidalen Phase in der Vorgeschichte. Eine Unterbrechung der schulischen oder beruflichen Laufbahn fand mit 57 % wesentlich häufiger innerhalb der Gruppe der suizidalen Heroinabhängigen statt im Gegensatz zu 42 % der Befragten ohne eine suizidale Phase. Im Kontrast hierzu steht, dass die Anzahl schwerer Abschlussprüfungen innerhalb der Gruppe der Heroinabhängigen mit einer suizidalen Phase deutlich öfter genannt wurde (52 % im Gegensatz zu 41 %).

Tab. 1: Vergleich der Lebensereignisse der Heroinabhängigen, die mindestens eine suizidale Phase in der Vorgeschichte hatten, mit denen ohne eine suizidale Phase (Angaben in %; Signifikanzniveau nach χ2)
keine suizidale Phase n = 140suizidale Phase n = 192χ2
Wechsel auf andere Schule/Ausbildungsplatz8284.672
Sitzenbleiben in der Schule4756.111
wegen Schule/Ausbildung Elternhaus verlassen1724.136
Lehre/Ausbildung abbrechen4257.006
schwere Abschlussprüfung (Schule/Ausbildung)4152.049
Geburt oder Adoption eines Geschwisters2734.136
Umzug an einen anderen Ort7878.964
Trennung/Scheidung der Eltern3850.042
Vater oder Mutter werden arbeitslos1019.041
Tod von Vater oder Mutter3031.851
Tod von Großvater oder -mutter6172.046
Verlust eines nahen Freundes oder Freundin5070.000
eigene schwere Krankheit3445.044
schwere Krankheit einer nahe stehenden Person3840.629

Der zeitliche Zusammenhang von kritischen Lebensereignissen und Suizidalität wird in Tab. [2] dargestellt. Hieraus ist ersichtlich, dass die jeweiligen kritischen Lebensereignisse signifikant häufiger vor der ersten suizidalen Phase eintraten. Aus dieser Darstellung geht jedoch nicht hervor, wie viel Zeit jeweils zwischen dem Lebensereignis und der suizidalen Phase lag.

Tab. 2: Zeitlicher Zusammenhang zwischen den kritischen Lebensereignissen und der ersten suizidalen Phase (n = 351) (Angaben in %; Signifikanzniveau nach χ2)
vor suizidaler Phasenach suizidaler Phaseχ2
Wechsel auf andere Schule/Ausbildungsplatz395.000
Sitzenbleiben in der Schule262.000
wegen Schule/Ausbildung Elternhaus verlassen102.000
Lehre/Ausbildung abbrechen1911.016
schwere Abschlussprüfung (Schule/Ausbildung)188.000
Geburt oder Adoption eines Geschwisters181.000
Umzug an einen anderen Ort355.000
Trennung/Scheidung der Eltern241.000
Vater oder Mutter werden arbeitslos63.000
Tod von Vater oder Mutter114.000
Tod von Großvater oder -mutter2411.000
Verlust eines nahen Freundes oder Freundin2214.012
eigene schwere Krankheit149.000
schwere Krankheit einer nahe stehenden Person147.000
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Persönlichkeitsaspekte

Insgesamt wurde bei 95,8 % der Heroinabhängigen mit suizidaler Phase in der Vorgeschichte eine Persönlichkeitsstörung mittels PDQ-R diagnostiziert. Abb. [2] zeigt, dass unter den Heroinabhängigen mit mindestens einer suizidalen Phase in der Vorgeschichte die Anzahl der mittels PDQ diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen signifikant höher lag als unter den Heroinabhängigen ohne suizidale Phase.

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Abb. 2 Anzahl der Persönlichkeitsstörungen unter Heroinabhängigen mit bzw. ohne suizidale Phase in der Vorgeschichte (n = 351) (t-Test für unabhängige Stichproben, df = 330, t = 4,37, p = 0,001).

Sieht man von dieser kategorialen Trennung der untersuchten Population in Heroinabhängige mit bzw. ohne Persönlichkeitsstörung ab und betrachtet man die dimensionale Ausprägung der Persönlichkeitsakzentuierung anhand des PDQ-R-Total-Scores, erreicht man einen Wert, in dem die Ausprägung der Störung eine stärkere Berücksichtigung findet. Denn hierdurch ist es möglich, dass der Schweregrad einer Persönlichkeitsstörung oder -akzentuierung auf die Berechnung Einfluss nimmt. Gemäß dieser Berechnung zeigt sich die Differenz noch einmal deutlicher: Heroinabhängige mit suizidaler Phase in der Vorgeschichte weisen im Vergleich zu denen ohne suizidale Phase eine signifikant ausgeprägtere Persönlichkeitsakzentuierung gemäß PDQ-R-Total-Score auf (t-Test für unabhängige Stichproben n = 332, df = 330, t = 4,74, p = 0,001).

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Überdosierungen

Unter den 44 % der Gesamtstichprobe mit mindestens einem Suizidversuch in der Vorgeschichte (Durchschnittsalter: 29 Jahre) berichteten 63 % über mindestens eine Überdosis ohne suizidale Intention, während unter denjenigen mit negativer Anamnese eines Suizidversuches (Durchschnittsalter: 29 Jahre) 57 % mindestens eine solche Überdosis aufwiesen (t-Test für unabhängige Stichproben, df = 256: mindestens eine unbewusste Überdosis: t = 1,96, p = 0,05). Wenngleich der Unterschied signifikant ist, so erscheint doch der Anteil von Überdosierungen ohne die Intention eines Suizids unter den Heroinabhängigen ohne Suizidversuche in der Vorgeschichte hoch. Betrachtet man all diejenigen Heroinabhängigen, die mindestens eine unbewusste Überdosis aufweisen (60 % der Gesamtstichprobe), so zeigt sich, dass nur 29 % von diesen auch mindestens eine Überdosis mit suizidaler Intention verübt haben. Deren Durchschnittsalter liegt ebenso wie das der verbleibenden 71 %, die keine Überdosis mit suizidaler Intention aufweisen, bei 29 Jahren.

Unter den Patienten mit nur einem Suizidversuch erlebten 53 % eine unbewusste Überdosis, unter denen mit drei Suizidversuchen hingegen 75 %. Der Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Überdosierungen ohne intendierten Suizid und der Frequenz der Suizidversuche erweist sich als signifikant (Spearman-Korrelation n = 345, r = 0,14, p = 0,01). Es kann daher festgehalten werden, dass die Heroinabhängigen der Stichprobe mit steigender Tendenz zu Suizidversuchen häufiger eine Überdosierung ohne intendierten Suizid aufweisen.

Die Häufigkeit einer bewussten Überdosis bei suizidalen Heroinabhängigen lässt Rückschlüsse über die Methode des Suizidversuchs zu: Während die Patienten mit einem Suizidversuch in der Vorgeschichte nur zu 35,9 % eine Heroinüberdosis angaben, waren es unter den Patienten mit drei Suizidversuchen mit 70 % doppelt so viele. Es kann daher festgehalten werden, dass mit steigender Anzahl von Suizidversuchen die Wahrscheinlichkeit, mindestens einen von diesen durch eine Überdosis mit Heroin zu verüben, zunimmt.

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Das Hilfesystem

Der Anteil von Männern und Frauen in den jeweiligen Einrichtungen entspricht in etwa dem der Gesamtstichprobe. Man kann daraus schließen, dass es unter den untersuchten Heroinabhängigen keine geschlechtsspezifisch bevorzugten Behandlungseinrichtungen gibt. Das Durchschnittsalter war bei den Befragten aus der Langzeittherapie mit 26 Jahren niedriger als bei denen aus der stationären Entgiftung (27,5 Jahre) sowie denen aus der Substitutionstherapie (31 Jahre). Beim Vergleich der Heroinabhängigen in den verschiedenen Behandlungseinrichtungen bezüglich Suizidalität deutet sich lediglich bei den männlichen Befragten eine unterschiedlich starke Ausprägung suizidalen Verhaltens an. Der Anteil der Frauen mit Suizidversuchen in der Vorgeschichte ist unter allen befragten Frauen in den einzelnen Einrichtungen mit jeweils etwa 50 % sehr homogen verteilt und entsprechend der Verteilung in der Gesamtstichprobe stets höher als der der männlichen Befragten. Unter den männlichen Untersuchungsteilnehmern gaben innerhalb der stationären Entgiftung nur 35 % Suizidversuche in der Vorgeschichte an, innerhalb der Substitution waren es 41 %. Der höchste Anteil an Suizidversuchen in der Vorgeschichte fand sich mit 45 % unter denjenigen, die sich zum Zeitpunkt der Untersuchung in der Langzeittherapie befanden. Dementsprechend wiesen die befragten Heroinabhängigen in der Langzeittherapie insgesamt mit 46 % am häufigsten mindestens einen Suizidversuch in der Vorgeschichte auf. Ebenso fand sich unter ihnen die höchste Frequenz von Suizidversuchen: Fast drei Viertel von ihnen verübten zwei oder mehr Suizidversuche.

Die Befragten aus den Substitutionseinrichtungen stellten zwar mit 44 % ebenso einen beträchtlichen Anteil derjenigen mit Suizidversuchen in der Vorgeschichte, allerdings gab die Hälfte der Befragten hier nur einen Suizidversuch an. Das Ausmaß der Autodestruktivität, bemessen an der Anzahl der Suizidversuche über die Lebensspanne, kann daher auch unter Berücksichtigung des vergleichsweise hohen Alters dieser Patienten im Gegensatz zu den Patienten in der Langzeittherapie als geringer eingeschätzt werden. Von den Heroinabhängigen, die während ihres Aufenthaltes im stationären Entzug interviewt wurden, konnte mit 39 % der niedrigste Anteil derjenigen mit Suizidversuchen in der Vorgeschichte erhoben werden. Auch unter ihnen gab etwa die Hälfte nur einen Suizidversuch an.

Die Heroinabhängigen mit Suizidversuchen in der Vorgeschichte haben insgesamt mehr Behandlungsangebote des Drogenhilfesystems vor dem Zeitpunkt des Interviews angenommen als die ohne Suizidversuche (t-Test für unabhängige Stichproben, df = 345, t = 2,8, p = 0,005). Der Unterschied in der Inanspruchnahme von Vorbehandlungen zeigt sich am deutlichsten unter denen, die sich zum Zeitpunkt der Untersuchung in der stationären Entgiftung befanden. Unter diesen haben diejenigen mit Suizidversuchen in der Vorgeschichte in etwa ein Viertel mehr Vorbehandlungen als die ohne Suizidversuche in der Vorgeschichte. Bei den Heroinabhängigen aus der Langzeittherapie sowie der Substitutionsbehandlung zeigt sich der gleiche Trend, allerdings in wesentlich schwächerer Ausprägung. Unter sämtlichen Angeboten des Hilfesystems haben die Heroinabhängigen mit Suizidversuchen in der Vorgeschichte ebenso signifikant mehr verschiedene Behandlungsarten in Anspruch genommen als die Befragten der Vergleichsgruppe (t-Test für unabhängige Stichproben, df = 345, t = 4,1, p = 0,001).

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Diskussion

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass suizidales Denken und Handeln unter Heroinabhängigen ein von biografischen und persönlichkeitsspezifischen Faktoren beeinflusstes Phänomen ist, bei dem das derzeitige Hilfesystem unzureichend erscheint.

Die signifikant höhere biografische Belastung der Heroinabhängigen mit suizidaler Phase in der Vorgeschichte liegt insbesondere im Bereich der Verlust- und Trennungserlebnisse, der beruflichen Ausbildung sowie in einem Mangel familiärer Ressourcen. Diese Ergebnisse entsprechen den in der Literatur hervorgehobenen kritischen Ereignissen, die eine starke Assoziation mit suizidalen Handlungen aufweisen (vgl. auch [14 16]). Sämtliche Lebensereignisse wurden im Mittel signifikant häufiger vor der ersten suizidalen Phase erlebt. Dabei findet die Länge des Zeitraums zwischen dem Ereignis und der suizidalen Phase in der Auswertung keine Berücksichtigung, weswegen man nicht auf eine direkte Einflussnahme des jeweiligen Ereignisses auf eine suizidale Phase schließen kann. Setzt man den Akzent jedoch stärker auf die dynamische Komponente kritischer Ereignisse [34], rückt die Abfolge von Ereignissen über die Zeit und damit deren kumulative Bedeutung für den Prozess der Bewältigung in den Vordergrund. Unter diesem Aspekt kann suizidales Verhalten als das Resultat eines dysfunktionalen Bewältigungsprozesses bei steigenden Anforderungen und eingeschränkten Ressourcen im zeitlichen Verlauf interpretiert werden. Bei der Behandlung Heroinabhängiger sollte aufgrund des schwierigen lebensgeschichtlichen Hintergrunds der Erarbeitung und Erprobung funktioneller Bewältigungsstrategien Raum gegeben werden. Ein zentraler Ansatzpunkt ist dabei die Arbeit an den kognitiven Prozessen, die für die Interaktion mit der Umwelt entscheidend sind. Im Hinblick auf den hohen Einfluss der biografischen Belastung in der Kindheit und Jugend ist eine verstärkte Arbeit mit Jugendlichen, die im Kontakt zur Drogenszene stehen, auch unter Einbeziehung der Familie, von großer Bedeutung. Der Akzent sollte dabei auf der Kontinuität der Beziehung, der Mobilisierung persönlicher Ressourcen und somit der Unterstützung in den hohen Anforderungen an die Bewältigungsprozesse dieser Jugendlichen liegen.

Durch das in dieser Studie verwandte Selbstbefragungsinstrument PDQ-R zur Erfassung der Persönlichkeitsstörungen entstehen einige methodische Probleme. Es ist aus der Literatur bekannt, dass die Prävalenzraten der mittels PDQ-R diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen im Vergleich zu anderen strukturierten Interviews (SIDP-R, IPDE, SCID-II) als zu hoch eingestuft werden können (vgl. [Hyler et al. 1990, Trull u. Larson 1994], nach [35]). Ebenso wird auf eine erhöhte Neigung zu Mehrfachdiagnosen verwiesen [36]. Die Betonung lag daher bei der Auswertung der durch dieses Selbstbefragungsinstrument erzielten Ergebnisse weniger in der Betrachtung der Ausprägung einzelner Persönlichkeitsstörungen. Es sollte vielmehr eine Tendenz im Ausmaß der Persönlichkeitsakzentuierung bis hin zur Störung in Gruppenvergleichen herausgearbeitet werden. Das Ausmaß der Komorbidität der Heroinabhängigen mit suizidaler Phase mit einer Persönlichkeitsstörung ist dementsprechend in der vorliegenden Untersuchung höher (96 %), als in der Literatur angegeben. Wenngleich die Anzahl der Mehrfachdiagnosen mittels PDQ-R insgesamt ebenso als zu hoch eingeschätzt werden muss (s. o.), weist dennoch die signifikant höhere Anzahl von Störungsdiagnosen unter den Heroinabhängigen mit suizidaler Phase in der Vorgeschichte im Vergleich zu denen ohne suizidale Phase auf einen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Akzentuierung oder Störung der Persönlichkeit und suizidalem Geschehen hin. Es kann davon ausgegangen werden, dass unter Verwendung eines anderen Messinstruments der Trend zu einer ausgeprägteren Persönlichkeitspathologie der Heroinabhängigen mit suizidaler Phase bestehen bliebe. Diese Annahme bestätigt sich auch durch die signifikant ausgeprägtere Persönlichkeitsakzentuierung unter den Heroinabhängigen mit suizidaler Phase im Vergleich zu denen ohne suizidale Phase unter Verwendung des PDQ-R-Total-Scores. Da eine komorbide Persönlichkeitsstörung das Risiko für suizidales Verhalten erhöht [24 27], erscheint deren Behandlung als ein wichtiger Baustein im Rahmen der therapeutischen Interventionen.

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen einmal mehr, dass Überdosierungen ohne suizidale Intention mit einer Prävalenz von 60 % in der Gesamtstichprobe unter Heroinabhängigen sehr häufig sind. Dabei kommen solche Überdosierungen unter den Heroinabhängigen, die nie einen Suizidversuch verübt haben, mit 57 % fast so häufig vor wie unter denen, die mindestens einen Suizidversuch verübt haben (63 %). Dass diese Ergebnisse keinem Alterseinfluss unterliegen, deutet darauf hin, dass zufällige Überdosierungen nicht unbedingt eine Vorläuferfunktion für spätere Suizidversuche haben und Suizidalität sich meist nicht erst im Laufe süchtigen Verhaltens entwickelt. Es scheint vielmehr eine Gruppe von Heroinabhängigen zu geben, bei der Suizidalität keine Rolle spielt und bei der unbewusste Überdosierungen am ehesten als ein „unliebsamer Zwischenfall”, bedingt durch die einer typischen Drogenkarriere eigenen Konsummuster und -umstände, interpretiert werden können. Dies unterstreicht die Bedeutung der Präventionsstrategie des „safer use” in der Drogenhilfe. Unter den Heroinabhängigen, die mindestens einen Suizidversuch verübt haben, weist jedoch die hochsignifikante Korrelation zwischen der Frequenz der Suizidversuche und der der unbewussten Überdosierungen darauf hin, dass man trotz des hohen Risikos einer unabsichtlichen Überdosierung diese auch als einen Ausdruck suizidalen Geschehens interpretieren kann.

Für die Methode vergangener Suizidversuche unter den befragten Heroinabhängigen gilt: Mit steigender Anzahl von Suizidversuchen nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass mindestens einer davon bewusst durch eine Überdosis mit Heroin verübt wurde. Dabei wird das Ergebnis der Untersuchung von Wessel [10], wonach bei Todesfällen unter Heroinabhängigen die wahrscheinlichste Todesursache eine Überdosierung ist, um die dynamische Komponente erweitert. Der Zusammenhang zwischen einer steigenden suizidalen Tendenz und einer verstärkten Neigung zu einer bewussten Überdosierung erweist sich als höchst signifikant. Für dieses Phänomen sind mehrere Interpretationen zulässig. Einmal ist es möglich, dass es bei stärkerer suizidaler Intention um so näher liegt, dieser mit dem Stoff nachzugehen, der durch den gewohnheitsmäßigen Besitz greifbar ist. Weiterhin ist es denkbar, dass schon vor der Abhängigkeit ein starker suizidaler Impuls bestand und der Stoff von vornherein dazu diente, diesen zu betäuben. Damit würde diese Funktion schon beim Einstieg eine Rolle spielen und die Menge des injizierten Stoffs im Laufe der Abhängigkeit u. a. der Intensität des Suizidwunsches angepasst werden.

Für das Hilfesystem gilt entsprechend dieser Untersuchung, dass eine erhöhte Neigung zu Suizidalität bei den betroffenen Heroinabhängigen mit zahlreichen Behandlungs- bzw. Therapieversuchen in unterschiedlichen Einrichtungen einhergeht. Die häufige Behandlungsnotwendigkeit sowie die mangelnde Fähigkeit zur Kontinuität spiegeln sicherlich auch die Schwere der Erkrankung dieser Gruppe der Heroinabhängigen wider. Ob dieses Phänomen weitestgehend hierin begründet liegt oder ob eventuelle Defizite im derzeitigen Hilfesystem einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, kann hier nicht hinreichend beurteilt werden. Noch ist unklar, welche Therapieformen oder -bausteine zu einer Verminderung suizidaler Intention beitragen können. Weitere Forschungsbemühungen in dieser Richtung würden klarere Strategien in der Behandlung suizidaler Heroinabhängiger ermöglichen.

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Literatur

  • 1 Schmidtke A. Verhaltenstherapeutisches Erklärungsmodell suizidalen Verhaltens. Regensburg; Roderer 1988
  • 2 Schmidtobreick B. Suizid und Suizidversuche bei Suchtkranken. Ringel E Sucht und Suizid Freiburg; Lambertus Verlag 1976: 37-53
  • 3 Verthein U, Raschke P, Kalke J. Methadone therapy in Hamburg.  European Addiction Research. 1995;  1 99-105
  • 4 Krausz M, Degkwitz P, Haasen C. et al . Opioid Addiction and Suicidality.  Crisis. 1996;  17/4 175-181
  • 5 Heinemann A, Püschel K. Drogentodesfälle bei Jugendlichen und Heranwachsenden.  Päd. 1995;  1 6-20
  • 6 Adams D M, Overholser J C. Suicidal Behaviour and History of Substance Abuse.  American Journal of Drug and Alkohol Abuse. 1992;  18/3 343-354
  • 7 De Moore G M, Robertson A R. Suicide in the 18 Years After Deliberate Self-Harm.  British Journal of Psychiatry. 1996;  169 489-494
  • 8 Tunving K. Fatal outcome in drug addiction.  Acta Psychiatrica Scandinavica. 1988;  77 551-566
  • 9 Hawton K, Fagg J, Platt S. et al . Factors associated with suicide after parasuicide in young people.  British Journal of Medicine. 1993;  306/6893 1641-1644
  • 10 Wessel J. Zu den Umständen des Todes bei Drogentodesfällen.  Zeitschrift für Rechtsmedizin. 1986;  96 215-228
  • 11 Ekeberg Ø, Ellingsen Ø, Jacobsen D. Suicide and other causes of death in a five-year follow up of patients treated for self-poisoning in Oslo.  Acta Psychiatrica Scandinavia. 1991;  83 432-437
  • 12 Püschel K, Schulz-Schaeffer W, Castrup U. et al . Abhängigkeitstypen sowie Erklärungsansätze für eine versehentliche Überdosierung bei Drogentoten.  Sucht. 1994;  6 384-393
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  • 14 Benjaminsen S, Krarup G, Lauritsen R. Personality, parental rearing behaviour and parental loss in attempted suicide: a comparative study.  Acta Psychiatrica Scandinavica. 1990;  82 189-397
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  • 21 Rosenberg C. Young Drug Addicts Backround and Personality.  Journal of Nervous and Mental Disease. 1969;  148 65-73
  • 22 Uchtenhagen A, Zimmer-Höfler D. Heroinabhängige und ihre „normalen” Altersgenossen. Bern; Haupt 1985
  • 23 Krausz M, Degkwitz P, Verthein U. Entwicklungsbedinungen.  Lebensereignisse und psychosoziale Belastungen bis zur Pubertät - Entwicklungsbedinungen Heroinabhängiger und ihrer „normalen” Altersgenossen. Kindheit und Entwicklung. 1998;  7/4 221-230
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  • 27 Poustka F. Suizide und Suizidversuche im Kindes- und Jugendalter. Remschmidt H, Schmidt M Kinder- und Jugendpsychiatrie in Klinik und Praxis Stuttgart; Thieme 1985: 214-245
  • 28 Gorton G E, Akhtar S. The Relationship between Addiction and Personality Disorder: Reppraisal and Reflections.  Integrative-Psychiatry. 1994;  10/2 185-198
  • 29 Kokkevi A, Hartgers C. EuropASI: European adaptation of a multidimensional assesment instrument for drug and alcohol dependence.  Eur Addict Res. 1995;  1 208-210
  • 30 Mc L ellan AT, Luborsky L, O’Brien C P. et al . An improvement evaluation instrument for substance abuse patients: the Addiction Severity Index.  J Nerv Ment Dis. 1980;  168 26-33
  • 31 Gsellhofer B, Fahrner E M. European Addiction Severity Index Europ ASI. Manual für Training und Durchführung von Interviews mit dem EuropASI München; IFT Institut für Therapieforschung 1994
  • 32 Fischer A, Zinnecker J. (Hrsg) .Jugend 92. Lebenslagen, Orientierungen und Entwicklungsperspektiven im vereinten Deutschland (Band 1-4) Opladen; Leske & Budrich 1992
  • 33 Hyler S E, Rieder R O, Williams J BW. et al .The Personality Diagnostic Questionnaire: developement and preliminary results. J Personality Dis 1988 2: 229-237
  • 34 Brim O GJr, Ryff C D. On the properties of life events. Baltes PB, Brim OGJr Life-span development and behaviour; Vol. 3 New York; Academic Press 1980: 368-389
  • 35 Lauckner K. Persönlichkeitsstörungen und Persönlichkeits-eigenschaften bei Heroinabhängigen. Dissertation am Fachbereich Medizin Hamburg; Universität 1997
  • 36 Zimmerman M, Coryell W H. Diagnosing personality disorders in the community.  A comparison of self-report and interview measures. Archieves of General Psychiatry. 1990;  47/6 527-531
  • 37 Kreitmann N. (Hrsg) .Parasuicide. London, New York, Toronto; Wiley and Sons 1977

Dr. C. van Niekerk

Max-Planck-Institut für Psychiatrie, Klinische Psychiatrie und Epidemiologie

Kraeplinstraße 2

80804 München

Email: niederk@mpipsykl.mpg.de

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Literatur

  • 1 Schmidtke A. Verhaltenstherapeutisches Erklärungsmodell suizidalen Verhaltens. Regensburg; Roderer 1988
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  • 31 Gsellhofer B, Fahrner E M. European Addiction Severity Index Europ ASI. Manual für Training und Durchführung von Interviews mit dem EuropASI München; IFT Institut für Therapieforschung 1994
  • 32 Fischer A, Zinnecker J. (Hrsg) .Jugend 92. Lebenslagen, Orientierungen und Entwicklungsperspektiven im vereinten Deutschland (Band 1-4) Opladen; Leske & Budrich 1992
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Dr. C. van Niekerk

Max-Planck-Institut für Psychiatrie, Klinische Psychiatrie und Epidemiologie

Kraeplinstraße 2

80804 München

Email: niederk@mpipsykl.mpg.de

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Abb. 1 Vergleich der Anzahl der Lebensereignisse der Heroinabhängigen mit bzw. ohne eine suizidale Phase in der Vorgeschichte (t-Test für unabhängige Stichproben, df = 330, t = 4,62, p = 0,001).

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Abb. 2 Anzahl der Persönlichkeitsstörungen unter Heroinabhängigen mit bzw. ohne suizidale Phase in der Vorgeschichte (n = 351) (t-Test für unabhängige Stichproben, df = 330, t = 4,37, p = 0,001).