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DOI: 10.1055/s-2003-37866
© Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart
Kooperation von Hausärzten in der Forschung: das Beispiel Rückenschmerzprojekt
Publication History
Publication Date:
14 March 2003 (online)
Allgemeinmedizin und Forschungskooperation
Vor drei Jahren wurden erstmals medizinische Kompetenznetze durch das Bundesforschungsministerium gefördert. Mit diesen Netzen sollen nicht nur in der Grundlagen- und klinischen Forschung ausgewiesene Zentren miteinander verknüpft werden (horizontale Vernetzung), sondern auch die verschiedenen Versorgungsebenen bis zu den Hausärzten und Patientenselbsthilfegruppen einbezogen werden (vertikale Vernetzung). Ziel ist eine Verbesserung der Forschungslandschaft und der medizinischen Versorgung bei verschiedenen Erkrankungen. Die Kompetenznetze haben Modellcharakter, um ihre Erfahrungen in die Regelversorgung einfließen zu lassen.
Die Einbindung der Allgemeinmedizin wird dabei allerdings sehr unterschiedlich gehandhabt. Nur in wenigen Bereichen leitet sie innerhalb der Forschungsverbünde eigene Projekte (z.B. chronisch entzündliche Darmerkrankungen); vereinzelt ist sie mit wissenschaftlich erfahrenen Vertretern bereits in der Planung eingebunden und spielt eine wichtige Rolle bei der Konzeption der Untersuchungen und Implementierungen.
Die meisten Förderanträge weisen aber eine Pseudo-Einbindung unseres Faches aus: Allgemeinarztpraxen als Datenlieferanten oder Empfänger von Leitlinien bzw. Fortbildungsmaßnahmen, die ausschließlich von Spezialisten entwickelt wurden. Dabei kommt ein traditionelles Konzept zum Zuge, das eine vertikale Vernetzung nach dem »top-down-Prinzip« vorsieht. Damit ist gemeint, dass Qualitätskriterien, Leitlinien und andere Empfehlungen zur Verbesserung der Versorgungsqualität von Spezialisten einer Universitätsklinik entwickelt werden (die in aller Regel weder Kenntnisse noch Erfahrungen über die Problemstellungen im primärärztlichen Bereich haben), um sie danach den »fortbildungsbedürftigen« Hausärzten »von oben nach unten« weiterzugeben. Die meisten Versuche, dieses Konzept durchzusetzen, sind bislang (nicht nur in Deutschland) notwendigerweise gescheitert.
Der Forschungsort Hausarztpraxis wird außerdem zunehmend von anderen Wissenschaftlern und Bereichen entdeckt, die uns nicht immer wohl gesonnen sind [1], bzw. die Einbindung der Allgemeinmedizin zur Glorie ihres eigenen Faches instrumentalisieren wollen. Dabei werden z.T. auch Fördergelder akquiriert, die von den Initiatoren ursprünglich für die Weiterentwicklung der Allgemeinmedizin vorgesehen waren. Wir können nur ausdrücklich vor einer Beteiligung an solchen Studien warnen. Die Ergebnisse dienen teils Marketinginteressen, teils dem »Nachweis«, dass Hausärzte viele Dinge übersehen oder mit geringer diagnostischer oder therapeutischer Qualität behandeln. Hier sind neben Kompetenznetzen ohne qualifizierte Beteiligung der Allgemeinmedizin auch einige maßgeblich von Pharmafirmen unterstützte Untersuchungen zu nennen, die sich - mit z.T. suspekter Methodologie - z.B. mit Depressionen, sozialer Phobie oder Mikroalbuminurie beschäftigen. Da diese Profilierung - ohne sachliche Grundlage - nicht selten mit einer Rufschädigung unseres Faches einher geht, sollten sich Hausärzte einer solchen »Kooperation« auf breiter Front verweigern und sich weder durch Geld noch durch Zuwendungen anderer Art zur Teilnahme verleiten lassen.
Literatur
- 1 Kochen MM, Niebling W, Abholz -H H.. Forschen oder beforscht werden?. ZFA. 2000; 76 347-48
- 2 Keller S. Motivation zur Verhaltensänderung. Das transtheoretische Modell in Forschung und Praxis. Freiburg. Br.: Lambertus Kohlmann. 1999;
- 3 Prochaska J, Rollnick S, Mason P, Butler C. Health Behaviour Change. A guide for practitioners. London: Churchill Livingstone. 1999;
Interesse?
An Kooperation interessierte Kollegen in Hessen wenden sich bitte an:
Prof. Baum/PD Dr. Donner-Banzhoff, Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und rehabilitative Medizin der Universität Marburg (donnerba@med.uni-marburg.de)
oder:
Prof. Kochen, Abteilung Allgemeinmedizin der Universität Göttingen (mkochen@gwdg.de)
Weitere Informationen zu dem Rückenschmerzverbund finden sich unter www.dfrs.de.