Einleitung
Einleitung
Die primäre Varikose beruht auf einem pathologischen Reflux insuffizienter Abschnitte des epifaszialen Venensystems und deren Verbindung zum tiefen Venensystem. Der hieraus entstehende Rezirkulationskreislauf führt zu einer Belastung der tiefen Leitvenen als auch zu Stauungssyndromen, an deren Ende das manifeste Ulcus cruris venosum steht.
Die Zielsetzung der operativen Behandlung besteht somit in der Normalisierung oder Besserung der venösen Hämodynamik, der Besserung oder Beseitigung von Stauungsbeschwerden, in der Abheilung oder Senkung der Rezidivrate von venösen Ulzera und anderen Formen trophischer Störungen sowie der Verhinderung von weiteren Komplikationen wie der Varikophlebitis, der sekundären Leitveneninsuffizienz, der Varizenblutung als auch des arthrogenen Stauungssyndroms.
Die wesentlichen Fortschritte in der operativen Phlebologie beruhen auf einer verbesserten präoperativen Diagnostik und verbesserter Operationstechniken. Ende der 80er Jahre wurde die farbkodierte Duplexsonographie zur genauen topographischen Lokalisation von Refluxen bzw. Perforansinsuffizienzen wie auch zur genauen Darstellung der Mündungsklappenregionen der Vena saphena magna und parva eingeführt [2]. Operationstechniken wurden modifiziert, verfeinert und ergänzt: Strippingverfahren durch Invagination, Kryoresektion, extraluminales Stripping sowie die Einführung von Mikrodissektionstechniken und der cruralen Faszienchirurgie.
Indikationsstellung
Indikationsstellung
Die Indikation zur operativen Therapie ist gegeben bei:
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kompletter und inkompletter Stammvarikosis der Vena saphena magna und parva,
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transfaszialer Varikose der Vena accessoria lateralis und anderer Seitenäste,
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Varikose vom Perforanstyp.
Darüber hinaus bestehen absolute Operationsindikationen bei Komplikationen der Varikose wie Varizenblutung und aszedierender Thrombophlebitis der Vena saphena magna, vor allem crossennah in der Leiste oder in der Kniekehle [15]
[21]. Sekundäre Varizen als Folge einer abgelaufenen Thrombose sind in Ausnahmefällen einer operativen Therapie zuführbar, wenn ausgeschlossen ist, dass diese Venen Kollateralfunktionen haben. Gefäßmissbildungen wie kongenitalen Angiodysplasien können eine Operationsindikation darstellen, wenn die Marginalvene als Zeichen der Angiodysplasie reseziert werden kann und wenn durch eine suffiziente präoperative Diagnostik die Relevanz dieser Vene als Kollateralgefäß ausgeschlossen ist [19]. Die crurale Faszienchirurgie hat die Abheilungen von Ulzerationen und die Rückbildung trophischer Störungen zum Ziel. Dieses Verfahren scheint, auf die Dekompression der oberflächlichen und tiefen Faszienloge einen entscheidenden Einfluss zu nehmen zur Verbesserung der Mikrozirkulation [17]
[18]. Voraussetzung für operative Maßnahmen ist daher eine zeitgemäße klinische und apparative Diagnostik, die pathologischen Refluxe der Stammvenen sowie insuffizienter Perforantes erfasst.
Operationstechniken
Operationstechniken
Die heute verwendeten operativen Techniken stellen Modifikationen bekannter Strippingverfahren dar [4]
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[36]. Trotz minimal invasiver Techniken wird die operative Resektion der Vena saphena magna bis distal des Knies als wesentlich für gute operative Langzeitergebnisse angesehen. Die Therapie der primären Varikose besteht aus vier Einzelschritten: der Crossektomie, der Stammvenenresektion, die heutzutage stadiengerecht durchgeführt wird, einschließlich der Exhairese von Seitenästen sowie der Ligatur oder Dissektion von Venae perforantes. Je nach Ausdehnung der Befunde werden diese in Regionalanästhesie bzw. Tumeszenzanästhesie durchgeführt [32]
[38]. Die stadiengerechte Varizenoperation wird heute bevorzugt, insbesondere zur Schonung des Nervus saphenus im Innenknöchelbereich. Allerdings zeigen Nachuntersuchungen derartig operierter Patienten, dass die sog. Rest-Vena-saphena-magna in einem hohen Prozentsatz teilthrombosiert ist und somit als Bypass-Transplantat nicht mehr zur Verfügung steht. Für das Stripping werden heute in der Regel Invaginationsverfahren, seltener die Kryoresektion angewandt. Mit der Kryosonde steht jedoch ein sehr elegantes, ästhetischesVerfahren zur Verfügung, bei dem im Wesentlichen die Vena saphena magna bis Höhe Kniegelenk entfernt werden kann, ohne dass hierdurch eine Zweitinszision distal des Kniebereiches erforderlich wird (Abb. [1 a]
[b]). Durch Anfrieren der Vene an den Kryostab wird diese nach proximal abgerissen und extrahiert [26]
[28].
Abb. 1 a Kryostripping
Abb. 1 b Links: präoperativ, rechts: postoperativ.
Eine adäquate und zeitgemäße Varizenchirurgie muss damit folgende Kriterien erfüllen:
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Selektive minimal invasive Operationsverfahren in Tumeszenz- oder Regional-, wo erforderlich in Leitungsanästhesie. Die Komplikationen werden hierdurch so gering wie möglich gehalten unter Berücksichtigung der individuellen Gesamtsituation wie Vorbehandlung und Vorerkrankungen.
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Der Einsatz von Mikrodissektionstechniken für höchstmögliche ästhetische Ansprüche bei ausreichender Radikalität.
Das Endstadium einer chronischen venösen Insuffizienz ist das Ulcus cruris venosum, ein oft nässendes, schmerzhaftes, vielfach unangenehmem Geruch verbreitendes, chronisches Geschwür, das im Vergleich zu anderen offenen Wunde nur eine langsame oder keine Abheilungstendenz zeigt. Die Behandlung des Ulcus cruris venosum verschlingt in der Bundesrepublik Deutschland jährlich hohe Kosten bedingt durch Arbeitsausfall, Arzneimittel, stationäre Behandlung und Krankenhausinvestitionen. Ein effektives Konzept zur raschen Abheilung des Ulcus cruris venosum ist damit sowohl zum Vorteil des Patienten als auch unter dem Aspekt der heutigen Bestrebungen zur Kostenersparnis im Gesundheitswesen zu fordern. Vor diesem Hintergrund haben wir ein adjuvantes phlebochirurgisches Vorgehen bei Ulcus cruris venosum in der Vergangenheit vorgestellt. Es wurden 39 Patienten mit insgesamt 50 Ulzerationen phlebographisch, zum Teil in Verbindung mit defektdeckenden Maßnahmen versorgt und in der folgenden Zeit nachuntersucht. Dabei wurden bei 35 Patienten ein Bein und bei 4 Patienten beide Beine operiert. 40 der 50 präoperativ vorhandenen Ulzerationen konnten in allen Operationsgruppen gleichermaßen zur Abheilung gebracht werden, nur ein Ulkus rezidivierte 18 Monate postoperativ. Die als Indikator für die Zufriedenheit gestellte Frage nach einer Operationswilligkeit wurde von 38 der 39 Patienten bejaht. Die Beurteilung der Abheilungsergebnisse, die sowohl subjektiv durch die Patienten als auch objektiv durch festgelegte Kriterien vorgenommen wurde, zeigte, dass die Patienten in vielerlei Hinsicht durch die operative Therapie profitieren und belegen die Effizienz des operativen Vorgehens bei chronisch venösen Ulzerationen (Abb. [2 a]
[b]) [28]
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[42].
Abb. 2 Operative Therapie bei chronischen Ulzerationen; a präoperativ b postoperativ.
Perforansdissektion
Perforansdissektion
Perforansvenen sind von besonderer Bedeutung für trophische Störungen, vor allen Dingen supramalleolär im Bereich der Cockettschen Gruppe wie auch im Oberschenkelbereich der Doddschen Vene als Ausgangspunkt einer inkompletten Stammvarikose vom Perforanstyp. Die Perforansdissektion erfolgt sonographiegesteuert selektiv durch epi- oder subfasziale Dissektion sowie unter Sicht mit endoskopischen Verfahren [3]
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[11]. Bei Dermatoliposklerose wird eine subkutane endoskopische Dissektion insuffizienter Perforansvenen bevorzugt [5]. Diese erfolgt entweder unter direkter Sicht oder videoassistiert. Durch Anwendung der Tumeszenzanästhesie werden Nachblutungen effektvoll verhindert.
Phlebektomie von Seitenästen
Phlebektomie von Seitenästen
Die Mullersche Technik der Mikrodissektion ist in den letzten Jahren verfeinert worden. Durch Weiterentwicklung der Instrumentarien, die aussehen wie kleine Häkelnadeln, ist es über Stichinzisionen mit dem 11er Skalpell möglich, auch größere Seitenäste atraumatisch zu entfernen. Dieses Verfahren garantiert sowohl funktionell als auch ästhetisch bestmögliche Ergebnisse (Abb. [3]).
Abb. 3 Mikrophlebektomie
Phlebextraktion mittels rotierendem Rotor
Phlebextraktion mittels rotierendem Rotor
Ein weiteres in jüngster Zeit vorgestelltes Verfahren stellt die Behandlung von Seitenastvarizen mit einem rotierendem Phlebextraktor unter Transillumination und Tumeszenz des Gewebes dar. Diese von G. Spitz entwickelte Technik beruht auf einer Transillumination der Seitenastarme mit einer Lichtsonde, die gleichzeitig mit einer rotierenden Klinge abgetragen und abgesaugt werden (Abb. [4] u. [5]). Als Vorteil anzusehen ist, dass für größere Venenabschnitte nur wenig Schnitte zur Extraktion erforderlich sind. Demgegenüber steht jedoch ein hoher zeitlicher Aufwand sowie hohe Investitions- und Folgekosten.
Abb. 4 Phlebextraktion mittels rotierendem Rotor.
Abb. 5 Phlebextraktion mittels rotierendem Rotor; links: präoperativ, rechts: postoperativ.
Crurale Faszienchirurgie
Crurale Faszienchirurgie
Die crurale Faszienchirurgie hat das Ziel, eine Dekompression der oberflächlichen und tiefen Faszienloge zu erzielen, die Mikrozirkulation zu verbessern und somit zur kausaleren Abheilung von venösen Ulzerationen beizutragen. Es wird eine halbgeschlossene, von einer endoskopischen Fasziotomie unterschieden, regional oder auch zirkulär durchgeführt. Mit dieser Methode gelingt es auch jahrelang bestehende Ulzerationen zur Abheilung zu führen [17]
[18].
Rezidivvarikosis
Rezidivvarikosis
Die Rezidivvarikosis wird in 15 - 30 % der behandelten Patienten beschrieben. Die Mehrzahl der Rezidivvarizen sind sog. Pseudorezidive, beruhend auf einer inkompletten Crossektomie, vor allem der Seitenäste sowie von Doppelungen der Stammvenen [1]
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[43]. Es ist daher allgemein akzeptierter Standard, jeden kleinen Seitenast im Crossenbereich zu unterbinden. Darüber hinaus belegen Duplexsonographieuntersuchungen, dass eine Revaskularisation im Crossenbereich für echte Rezidivvarizen verantwortlich ist [13]
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Komplikationen
Komplikationen
Die Komplikation der Strippingoperationen umfassen Nervenläsionen, im Wesentlichen Äste des Nervus saphenus und suralis beim Stripping der Vena saphena magna bzw. parva. Durch Modifikation der Strippingverfahren bzw. des subtotalen Strippings sind die Nebenwirkungen auf unter 10 % zurückgegangen. Große vaskuläre Verletzungen stellen eine Rarität dar, ebenfalls thrombembolische Komplikationen bewegen sind im Promillebereich. Die Gefahr sekundärer Lymphödeme ist durch Minimierung der Schnitte praktisch ausgeschlossen.
Zukünftige Entwicklungen
Zukünftige Entwicklungen
Im Wandel zum 21. Jahrhundert gewinnen minimal invasive Operationstechniken zur Vermeidung größeren postoperativen Diskomforts zunehmend an Bedeutung. Endoluminale Obliteration mit Hochfrequenzstrom führt im Ergebnis zur Elektrokoagulation der Venenwand und ihrer Klappen. Längerfristige Exposition zu Hochfrequenzenergie resultiert im kompletten Verlust der Gefäßwandarchitektur mit Desintegration (sog. Radiofrequenzablation (Venus Closure®). Dieses Verfahren ist möglicherweise nicht von einer Neovaskularisation begleitet. Inzwischen liegen zu dieser Methode dreijährige Nachbeobachtungszeiten vor, die bei entsprechender Indikationsstellung sehr vielversprechend erscheinen. Eine ähnliche Entwicklung ist mit endoluminaler Laserapplikation zu vermuten. Hierzu fehlen jedoch entsprechende Langzeituntersuchungen. Möglicherweise werden auch diese Verfahren abgelöst von einer nichtoperativen Renaissance der Sklerosierungstherapie mit Mikroschaum [7]
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