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DOI: 10.1055/s-2003-38670
Fokale Lungenparenchymveränderungen in der konsolidierten Lunge: Ein sonographischer Bildessay
Focal Lesions in the Opacified Lung: A Sonographic Pictorial Essay
Dr. med. C. Görg
Med. Univ.-Klinik · Philipps-Universität
Baldingerstraße · 35043 Marburg ·
Telefon: 06421/286-6273
Fax: 06421/286-6358
eMail: goergc@mailer.uni-marburg.de
Publikationsverlauf
eingereicht: 8. Juli 2002
angenommen: 21. November 2002
Publikationsdatum:
16. April 2003 (online)
- Zusammenfassung
- Abstract
- Prädominant echofreie intraparenchymatöse Herde
- Prädominant echoarme intraparenchymatöse Herde
- Prädominant echoreiche intraparenchymatöse Herde
- Literatur
Zusammenfassung
Die transkutane Thoraxsonographie hat sich mittlerweile als ergänzende Methode bei röntgenologisch flächenhaften Lungenverschattungen etabliert. Innerhalb von Lungenkonsolidierungen unterschiedlicher Ätiologie lassen sich synchron und metachron fokale Herdbildungen sonographisch darstellen, deren pathomorphologisches Korrelat häufig zunächst unklar ist. Ziel des vorliegenden Bildessays ist es, das sonographische Spektrum von fokalen Herdbildungen und ihre Differenzialdiagnose in der konsolidierten Lunge darzustellen.
#Abstract
Transcutaneous ultrasound of pleural lesions has been established as a method complementary to conventional X-ray examination. The opacified lung allows the sonographical investigation of the lung parenchyma for synchronous and metachronous focal lesions. The aim of the pictorial essay is to describe the sono graphic patterns and to discuss the differential diagnosis, as well as the pathological correlation of focal lesions in the opacified lung.
Im Bereich des Thorax hat sich die transkutane Exploration von Thoraxwandprozessen [1], von intrapleuralen Flüssigkeitsansammlungen [2] sowie von peripheren pleurawandständigen Lungenprozessen bewährt [3]. Aufgrund nahezu 100 %iger Schallreflexion an Luft sind der sonographischen Darstellung von Lungenparenchymveränderungen enge Grenzen gesetzt.
Wenn flächenhafte luftverdrängende Lungenprozesse die Lungenoberfläche erreichen, können sie sonographisch dargestellt werden. So ist das sonographische Erscheinungsbild von Lobärpneumonien [4], Atelektasen [5], Lungeninfarkten [6] und Bronchialkarzinomen [7] beschrieben. Eine definitive Beurteilung pathologischer Parenchymveränderungen ist allerdings in den allermeisten Fällen nur in Verbindung mit der Röntgenuntersuchung des Thorax und einer Computertomographie möglich. Die flächenhafte fehlende Belüftung von Lungenparenchym führt zunächst zu einer variablen echoarmen Transformation von Lungengewebe im Sinne einer „Hepatisation” und ermöglicht so die sonographische Detektion von synchron oder metachron entstandenen fokalen Lungenparenchymveränderungen, deren Ätiologie und Dignität häufig unklar ist. Dabei weist das Lungenparenchym einige pathophysiologische Besonderheiten auf, deren Kenntnis für die Beurteilung fokaler Parenchymveränderungen hilfreich ist. Die für die sonographische Darstellung der Lunge notwendige Luftverdrängung ist immer bereits der erste pathologische Prozess, welcher entweder durch verdrängende Infiltration (entzündlich/tumorös) oder durch Resorption bei zentraler Obstruktion bedingt ist. Aufgrund des Euler-Lilljestrand-Reflexes kommt es bei fehlender Ventilation zu einer Vasokonstriktion mit konsekutiver Minderperfusion. Auf dieser Grundlage können sich im konsolidierten Lungenparenchym weitere pathologische Prozesse entwickeln, bevorzugt fokale Herdbildungen 1. durch obstruktive bronchiale Retention und 2. durch nutritiv destruierende Liquidefizierung. Dabei erfordert das physiologische Vorkommen von bronchialer Luft eine ortsspezifische Interpretation der sonographischen Befunde. Ähnlich wie in anderen parenchymatösen Organen werden fokale Herde im Vergleich zum umgebenden Gewebe in prädominant echofrei, echoarm und echoreich eingeteilt.
#Prädominant echofreie intraparenchymatöse Herde
Echofreien Lungenparenchymveränderungen liegt entweder eine zystisch imponierende Erweiterung vorbestehender Hohlraumsysteme (z. B. Bronchien, Pulmonalarterie, Pulmonalvene) oder eine sekundäre Destruktion von Lungengewebe mit Liquidefizierungen zugrunde (z. B. einschmelzender Tumor, postentzündliche Abszessbildung).
Bei länger bestehender zentraler Bronchusobstruktion, sei es durch Tumor, Schleimverhalt oder externe Bronchuskompression durch Lymphome mit konsekutiver Ausbildung einer Atelektase, kann es zu einem Sekretverhalt mit Darstellung von rundlichen, aber auch länglich angeordneten echofreien Bronchiallumina unterschiedlicher Größe kommen, welche auch als „Fluidbronchogramm” bezeichnet werden (Abb. [1] und [2]). Sie können bei chronischer Obstruktion zu einer pseudozystenartigen Bronchialtransformation im atelektatischen Lungengewebe führen (Abb. [3]). Bei zystischen Raumforderungen im Lungenhilus kann mittels Farbdopplersonographie die erweiterte Pulmonalarterie differenzialdiagnostisch abgegrenzt werden (Abb. [4]). Ein anderes Bild präsentieren polyzystisch einschmelzende Tumoren (Abb. [5]). Die Inzidenz von Kavitationen in Lungenkarzinomen wird mit 10 % angegeben [8]. Sie treten bei größeren Tumoren auf. Die Höhlenbildung kann zentral, aber auch peripher auftreten. Grundsätzlich ist auch bei echofreien Formationen eine abszedierende Einschmelzung zu bedenken. Hierbei lassen sich Mikroabszesse von Makroabszessen differenzieren. Einen Sonderfall stellt das Lungengangrän dar mit postpneumatischer Entwicklung von nekrotischen Lungenfragmenten innerhalb eines Lungenabszesses (Abb. [6]).
Differenzialdiagnostisch sind der abgekapselte Erguss im Lappenspalt, die primäre Lungenzyste, das dorsal wandständige thorakale Aortenaneurysma und seltene Gefäßanomalien (z. B. Morbus Osler) der Lunge zu erwähnen, die, falls pleurawandständig, sonographisch dargestellt werden können.
#Prädominant echoarme intraparenchymatöse Herde
Hier müssen grundsätzlich echoarm-liquide von echoarm-soliden Rundherden abgegrenzt werden.
Ätiologisch liegt bei konsolidierter Lunge dem intraparenchymatös echoarm-liquiden Herd ein entzündlich einschmelzender Prozess oder ein bronchial-obstruktiver Sekretverhalt zugrunde. So kann es im Rahmen einer meist komplett konsolidierten Pneumonie zu vorübergehenden (Abb. [7]), aber auch persistierenden Einschmelzungen kommen. Gelegentlich imponieren die Einschmelzungen multifokal mit komplexer Echogenität (Abb. [8]). Bei länger bestehenden Tumorobstruktionen (obstruktive Pneumonitis) werden in der nachgeschalteten Atelektase nicht selten echoarm-liquide Raumforderungen gesehen. Hier kommen pathophysiologische pseudozystisch erweiterte bzw. destruierte Bronchiallumina mit Sekretverhalt (Abb. [9]) oder aber auch eine sekundäre Abszedierung infrage (Abb. [10]). Diagnostisch wegweisend für eine Superinfektion sind hier die Klinik sowie der eventuelle Nachweis von Luft im liquide imponierenden Areal.
Ätiologisch lässt sich beim intraparenchymatös echoarm-soliden Herd eine meist periphere Lokalisation von Lungenrundherden von einer zentralen Lokalisation von hilären Raumforderungen unterscheiden. Echoarme solide Rundherde im Sinne von Metastasen sind im Einzelfall von echoarm-liquiden Formationen auch unter Zuhilfenahme der Farbdopplersonographie (FDS) nicht sicher abzugrenzen. So zeigen auch solide Lungenrundherde im Vergleich zum umgebenden Gewebe häufig eine fehlende Gefäßdarstellung (Abb. [11]) oder sind wegen ausgeprägter Dyspnoe nicht mit der FDS zu charakterisieren (Abb. [12]). Ein echoarmer Halo, wie er sonographisch bei Lebermetastasen häufig zu finden ist, fehlt in der konsolidierten Lunge. Bei tumorbedingten Atelektasen gelingt es, durch das konsolidierte Gewebe als „akustisches Fenster” zentrale Lungenabschnitte darzustellen und gegebenenfalls den echoarmen zentralen Tumor vom atelektatischen Lungengewebe abzugrenzen (Abb. [13]).
#Prädominant echoreiche intraparenchymatöse Herde
Pathophysiologisch liegt den fokal echoreichen Herden bei bestehender Lungenkonsolidierung in den allermeisten Fällen ein Luftverhalt in den Bronchien zugrunde. Dieser Luftverhalt, auch als „Airbronchogramm” bezeichnet, wird typischerweise bei Pneumonien, in seltenen Fällen auch beim Bronchialkarzinom, speziell beim bronchio-alveolären Karzinom, gesehen und kennzeichnet indirekt das Ausmaß der Infiltration („Negativbild”). Es lassen sich unterschiedliche Muster von Airbronchogrammen mit vereinzelten Reflexen, astartigen Reflexen und größeren lufthaltigen Arealen sonographisch darstellen und differenzieren (Abb. [14] [15] [16]). Lufthaltige Einschmelzungen (Mikroabszesse) sind sonographisch von einem fokalen Airbronchogramm kaum abgrenzbar. So kann eigentlich nur der meist zentral gelegene fokal echoreiche Herd ohne atemabhängige Motilität in der komplett konsolidierten Lunge als obstruktiver und dann auch meist als entzündlicher Verhalt gewertet werden (Abb. [17]) (Makroabszesse). Da hinter Luft ein „diagnostischer Totraum” durch komplette Schallauslöschung besteht, ist zur definitiven Diagnose der luftgefüllten Abszesshöhle eine Computertomographie notwendig. Periphere pneumonische Einschmelzungsherde werden in 20 - 45 % von Patienten mit Tuberkulose beobachtet [9]; sie sind sonographisch in der Regel gut darstellbar. Dabei kann sich das sonographische Bild der Einschmelzung im Verlauf kurzzeitig ändern, wenn der Herd Kontakt zum Bronchus bekommt (Abb. [18]). Selten, in unter 1 %, können maligne Lungentumoren zentral Verkalkungen bilden, die sonographisch bei Tumorkontakt zur viszeralen Pleura dargestellt werden können [10].
Zusammenfassend ist die sonographische Beurteilung von fokalen Parenchymläsionen nur im Kontext des primär zugrunde liegenden Pathomechanismus möglich. Die definitive Diagnose ist in den allermeisten Fällen durch invasive Prozeduren, wie kontrastmittelunterstützte Computertomographie, Bronchoskopie und interventionelle Maßnahmen, zu stellen.
#Literatur
- 1 Görg C, Görg K, Schwerk W B. et al . Pleural effusion: An „acustic window” for sonography of pleural metastases. JCU. 1991; 19 93-97
- 2 Yang P C, Luh K T, Chang D B. et al . Value of sonography in determining the nature of pleural effusion: analysis of 320 cases. AJR. 1992; 159 29-33
- 3 Yang P C, Luh K T, Chang D B. et al . Ultrasonographic evaluation of pulmonary consolidation. Am Rev Respir Dis. 1992; 146 757-762
- 4 Gehmacher O, Mathis G, Kopf A. et al . Ultrasound imaging of pneumonia. Ultrasound Med Biol. 1995; 21 1119-1122
- 5 Görg C, Weide R, Walters E. et al . Sonographic findings in lung atelectases. Ultraschall Klin Prax. 1996; 11 14-19
- 6 Mathis G, Dirschmid K. Pulmonary infarction: sonographic appearance with pathologic correlation. Eur J Radiol. 1993; 17 170-174
- 7 Yuan A, Chang D B, Yu C J. et al . Color doppler sonography of benign and malignant pulmonary masses. AJR. 1994; 163 545-549
- 8 Byrd R B, Carr D T, Miller W E. et al . Radiographic abnormalities in carcinoma of the lung as relation to histological cell type. Thorax. 1969; 24 573-579
- 9 Woodring J H, Vandiviere H M, Fried A M. et al . Update: The radiographic features of pulmonary tuberculosis. Am J Röntgenol. 1986; 146 497-502
- 10 Theros E G. Varying manifestations of peripheral pulmonary neoplasms: a radiologic-pathologic correlative study. Am J Röntgenol. 1977; 128 893-899
Dr. med. C. Görg
Med. Univ.-Klinik · Philipps-Universität
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Literatur
- 1 Görg C, Görg K, Schwerk W B. et al . Pleural effusion: An „acustic window” for sonography of pleural metastases. JCU. 1991; 19 93-97
- 2 Yang P C, Luh K T, Chang D B. et al . Value of sonography in determining the nature of pleural effusion: analysis of 320 cases. AJR. 1992; 159 29-33
- 3 Yang P C, Luh K T, Chang D B. et al . Ultrasonographic evaluation of pulmonary consolidation. Am Rev Respir Dis. 1992; 146 757-762
- 4 Gehmacher O, Mathis G, Kopf A. et al . Ultrasound imaging of pneumonia. Ultrasound Med Biol. 1995; 21 1119-1122
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- 7 Yuan A, Chang D B, Yu C J. et al . Color doppler sonography of benign and malignant pulmonary masses. AJR. 1994; 163 545-549
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- 9 Woodring J H, Vandiviere H M, Fried A M. et al . Update: The radiographic features of pulmonary tuberculosis. Am J Röntgenol. 1986; 146 497-502
- 10 Theros E G. Varying manifestations of peripheral pulmonary neoplasms: a radiologic-pathologic correlative study. Am J Röntgenol. 1977; 128 893-899
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