Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2003-43442
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Atemwegsinfektionen im Kindesalter - Was ist gesichert? - Teil 2: Infektionen der unteren Atemwege
Publication History
Publication Date:
07 November 2003 (online)
Bronchitis
Die akute Bronchitis kommt im Kindesalter selten isoliert vor, meist ist sie Teil einer unkomplizierten Atemwegsinfektion. Sie beginnt mit einem trockenen Husten, der mit retrosternalen Schmerzen, erhöhter Körpertemperatur, Rhinopharyngitis und Erbrechen einhergehen kann. In den folgenden Tagen wird der Husten produktiver, die Krankheit heilt von selbst innerhalb von sieben bis zehn Tagen. Ätiologisch stehen RS-, Parainfluenza-, Influenza-, Adeno- und Rhinoviren mit über 90 % im Vordergrund, eine Labor- oder Röntgendiagnostik ist nur bei dringendem Verdacht auf Pneumonie oder Fremdkörperaspiration indiziert. Antigene von RS-, Adeno- und Influenzaviren sowie Chlamydien und Mykoplasmen können mittels PCR aus Rachenspülwasser oder Nasopharyngealsekret nachgewiesen werden. Therapeutisch sind abschwellende Nasentropfen und Kochsalz-Inhalation hilfreich, hustendämpfende Mittel sollten nur mit strenger Indikation in der Initialphase eines schmerzhaften quälenden Reizhustens gegeben werden. Manche Kinder können noch 4-8 Wochen nach einer Bronchitis unproduktiv husten, zur Behandlung einer ausgeprägten postinfektiösen bronchialen Hyperreagibilität können inhalative β-Mimetika und Steroide versucht werden.
Die komplizierte Bronchitis zeichnet sich durch einen protrahierten Verlauf (mehr als zwei Wochen) aus und entspricht meist einer sekundären bakteriellen Superinfektion. Von einer chronischen Bronchitis wird bei durchgehender Persistenz von Husten und ggf. pathologischem Auskultationsbefund über drei Monate gesprochen. Bei anhaltendem Husten sollte ein Thorax-Röntgenbild zur Erfassung von Atelektasen, Infiltraten oder regionaler Überblähung angefertigt und ein intrakutaner Tuberkulin-Test angelegt werden. Differentialdiagnostisch kommen ferner angeborene Anomalien der Atemwege, gastroösophagealer Reflux sowie Störungen der Zilienfunktion oder Immunabwehr in Frage (siehe [Tabelle 3]).
Nur bei komplizierter Bronchitis, Bronchitis mit Fieber über mehr als drei Tage, anderen Hinweisen auf eine bakterielle Infektion oder Vorliegen einer schweren Grundkrankheit sollte antibiotisch behandelt werden. Das Erregerspektrum umfasst S. pneumoniae, H. influenzae, M. catarrhalis, S. aureus, B. pertussis und parapertussis sowie M. pneumoniae und Chlamydien. Zur Behandlung werden Oralcephalosporine oder Makrolide über zehn bis 14 Tage empfohlen, ferner Feuchtinhalation mit Kochsalz und ggf. Zusatz von β-Mimetika.
Eine Sonderform stellt die obstruktive Bronchitis dar, welche im Säuglings- und Kleinkindalter häufig ist.
Risikofaktoren sind angeboren eher kleine Atemwege, Tabakrauchexposition, Atopie-Belastung und männliches Geschlecht. Klinisch imponieren die Kinder mit Tachydyspnoe, exspiratorischem Stridor, unproduktivem Husten, Unruhe und Blässe. Auskultatorisch finden sich eine verlängerte Ausatemphase mit Giemen und Brummen sowie grob- und mittelblasige Rasselgeräusche. Ein deutlich abgeschwächtes Atemgeräusch (»stille Lunge«) weist auf eine hochgradige Obstruktion hin, die Messung der transkutanen Sauerstoffsättigung ist zur frühzeitigen Erkennung einer drohenden respiratorischen Insuffizienz wertvoll. Die Therapie stützt sich auf systemische Steroide, bronchodilatatorische Feuchtinhalationen sowie Sauerstoffgabe bei Bedarf, ggf. zusätzlich Antibiotika und Physiotherapie bei kompliziertem Verlauf [7].
Literatur
- 1 Dai Y, Foy HM, Zhu Z, Chen B, Tong F. Respiratory rate and signs in roentgenographically confirmed pneumonia among children in China. Pediatr Infect Dis J. 1995; 14 48-50
- 2 Freihorst J, Götz M. Bakterielle, virale und atypische Pneumonien. In: Rieger C, von der Hardt H, Sennhauser FH, Wahn U, Zach M (Hrsg) Pädiatrische Pneumologie. Berlin: Springer Verlag. 1999; 793-821
- 3 Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie . Leitlinien zur Diagnostik und Therapie bei Erkrankungen der Atemwege im Kindesalter. Online abrufbar unter www.awmf-leitlinien.de.
- 4 Klassen TP. Croup. A current perspective. Pediatr Clin North Am. 1999; 46 1167-1178
- 5 Koopman LP, Smit HA, Heijnen ML. et al. . Respiratory infections in infants: interaction of parental allergy, child care, and siblings - the PIAMA study. Pediatrics. 2001; 108 943-948
- 6 Korppi M. Mixed microbial aetiology of community-acquired pneumonia in children. APMIS. 2002; 110 515-22
- 7 Modl M, Zach MS. Obstruktive Bronchitis/ Bronchiolitis im Säuglingsalter. Monatsschr Kinderheilkd. 2002; 150 511-521
- 8 Scholz H, Ahrens P, Belohradsky BH. et al. . Atemwegsinfektionen. In: Scholz H, Belohradsky BH, Heininger U, Kreth W, Roos R (Hrsg.) Handbuch der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie. München: Futuramed Verlag. 2003; 751-781
- 9 Strachan DP, Cook DG. Health effects of passive smoking: Parental smoking and lower respiratory illness in infancy and early childhood. Thorax. 1997; 52 905-914
Dr. med. Michael Barker
Kinderklinik, Bereich Pneumologie/Allergologie
Universitätsklinikum der Rheinisch-Westfälischen
Technischen Hochschule Aachen
Pauwelsstr. 30, 52074 Aachen
Email: Barker@rwth-aachen.de
Zur Person
Dr. med. Michael Barker
Kinderarzt und Allergologe, Leiter des Funktionsbereichs Pneumologie/ Allergologie der Universitäts-Kinderklinik Aachen. Medizinstudium an der RWTH Aachen, seit 1992 an der dortigen Kinderklinik tätig, Promotion über Spiroergometrie bei Kindern und Jugendlichen mit Mukoviszidose. 2002 Fakultätsstipendium für den wissenschaftlichen Nachwuchs, Forschungsaufenthalt in den USA: Untersuchung von Entzündungsmarkern in der Ausatemluft.
Tätigkeitsschwerpunkte: Ambulante und stationäre Diagnostik und Therapie von Kindern und Jugendlichen mit Atemwegserkrankungen, Mukoviszidose-Betreuung sowie wissenschaftliche Projekte zu Atemmarkern, neuen Lungenfunktions-Verfahren und Belastungstestung.