Die Diagnose des Morbus Parkinson (Synonym: idiopathisches Parkinsonsyndrom) beruht auf klinischen Kriterien. Gemäß den Kriterien der UK Parkinson's disease Society Brain Bank (7) müssen eine Bradykinese und mindestens ein weiteres klinisches Zeichen (Rigor, 4-6 Hz-Ruhetremor, posturale Instabilität) vorliegen. Darüber hinaus müssen die Patienten mindestens drei supportive Diagnosekriterien (Tab. 1) aufweisen. Die Kriterien, welche gegen das Vorliegen eines Morbus Parkinson sprechen, sind in Tabelle 2 genannt. Wichtige Differenzialdiagnosen zum Morbus Parkinson sind in Tabelle 3 aufgeführt. Wegen der Therapie und der Prognose spielt die Abgrenzung des Morbus Parkinson gegenüber atypischen Parkinsonsyndromen eine wesentliche Rolle.
Apparative Zusatzdiagnostik beim Morbus Parkinson
Apparative Zusatzdiagnostik beim Morbus Parkinson
Die klinische Einteilung von Parkinsonsyndromen hat allerdings eine begrenzte Sensitivität und Spezifität: Auch unter sorgfältiger Beachtung der oben genannten klinischen Kriterien kann in zirka 20 % der Patienten die intra vitam gestellte Diagnose eines Morbus Parkinson neuropathologisch nicht bestätigt werden [8]. Andererseits erweisen sich Fälle mit klinisch atypischem Parkinsonsyndrom post mortem als Morbus Parkinson [12]. Dies legt die Diagnose unterstützende Untersuchungen nahe. Hierzu werden die kranielle Kernspintomografie (MRT) und nuklearmedizinische Methoden (IBZM-SPECT, β-CIT SPECT, MIBG-Szintigrafie) herangezogen. Die kranielle MRT kann umschriebene Hirnläsionen - z.B. die subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (vgl. Tab. 3) - als Ursache eines symptomatischen Geschehens ausschließen. Nuklearmedizinische Untersuchungen erlauben eine Prüfung der dopaminergen prä- und postsynaptischen Funktion. Die präsynaptische Funktion wird mit dem β-CIT SPECT (DATSCAN) erfasst und ist sowohl beim Morbus Parkinson als auch bei atypischen Parkinsonsyndromen reduziert. Dabei hat das β-CIT SPECT einer Untersuchung von Kim et al. [9] zufolge bei hoher Sensitivität (>90 %) allerdings eine geringe Spezifität (Morbus Parkinson versus atypische Parkinsonsyndrome). Die postsynaptische Funktion wird mittels Dopaminrezeptor-Liganden-SPECT (z. B. IBZM-SPECT) quantifiziert. Das IBZM-SPECT zeigt beim Morbus Parkinson eine normale bis leicht gesteigerte, bei den atypischen Parkinsonsyndromen eine verminderte D2-Rezeptorendichte an ([2]
[9]
[11]; [Tab. 4]). Bei der MIBG-Szintigrafie wird die Aufnahme des Noradrenalin-Analogons MIBG in myokardiale sympathische Neuronen gemessen. Die myokardiale Aufnahme ist beim Morbus Parkinson reduziert, wohingegen die MIBG-Aufnahme anderer Organe im Normbereich liegt. Sensitivität und Spezifität der MIBG-Szintigrafie sind nach ersten Untersuchungen hoch und eignen sich wohl auch zur Differenzierung der unterschiedlichen Parkinsonsyndrome [5]
[14].
Frühdiagnostik des Morbus Parkinson
Frühdiagnostik des Morbus Parkinson
Der Verlauf des Morbus Parkinson kann in drei Phasen eingeteilt werden. In der Phase der Disposition (Phase I) existieren Suszeptibilitätsfaktoren zur Degeneration nigraler Neuronen. Dabei unterscheidet sich die nigrale Degeneration nicht von der eines Vergleichkollektivs. In der prädiagnostischen Phase (Phase II) überschreiten Ausmaß und Geschwindigkeit der nigralen Degeneration die einer Vergleichsgruppe, erlangen allerdings noch keine klinische Signifikanz. In der klinischen Phase (Phase III) treten erste motorische Symptome auf, welche die klinische Diagnose eines Morbus Parkinson ermöglichen. Zu diesem Zeitpunkt ist die striatale Dopaminkonzentration bereits um 80 % abgesunken [4], d.h. erste therapeutische Maßnahmen erfolgen erst in einem weit vorangeschrittenen Krankheitsstadium. Zur frühzeitigen Einleitung einer neuroprotektiven Therapie wäre eine Diagnosestellung in der prädiagnostischen Phase von größter Bedeutung. Aktuell werden zur Frühdiagnostik der Riechtest, die Farbdiskrimination, die motorische Leistungsserie und der transkranielle Ultraschall vorgeschlagen und in ihrem diagnostischen Wert diskutiert.
Die Identifikation und Diskrimination von Geruchsstoffen ist schon in frühen Stadien der Parkinsonerkrankung beeinträchtigt, was jedoch von den Patienten zumeist nicht spontan berichtet wird, sondern durch den Riechtest zu ermitteln ist [13]. Ebenfalls gibt es Hinweise, dass zumindest bei einem Teil der Patienten bereits zu Erkrankungsbeginn eine gestörte Farbdiskrimination auftritt, welche durch einfache Testverfahren dokumentiert werden kann [6]. Die motorische Leistungsserie misst eine klinisch bereits manifeste motorische Symptomatik [10]. Einzelfallberichte deuten daraufhin, dass schon Jahre vor der Diagnosestellung eine asymmetrische Hypokinese vorliegen kann. Eine nicht-invasive bildgebende Methode zur Beurteilung des Hirnparenchyms stellt die transkranielle Duplexsonografie dar. Patienten mit Morbus Parkinson haben eine echogene Substantia nigra [1]. Auch 8 % aller Gesunden weisen eine echogene Substantia nigra auf. PET-Untersuchungen zeigen bei diesen Probanden eine reduzierte [18F]-Dopa-Aufnahme in den Nucleus caudatus und das Putamen, die bislang noch zu keinem greifbaren neurologischen Defizit geführt hat. Eine echogene Substantia nigra stellt somit möglicherweise einen Vulnerabilitätsfaktor bezüglich eines Morbus Parkinson dar [3].
Fazit
Fazit
Die Diagnose des Morbus Parkinson erfolgt klinisch. Nuklearmedizinische Zusatzverfahren werden nur bei Problemen in der diagnostischen Einordnung verwendet, haben aber ebenfalls eine nur begrenzte Spezifität und Sensitivität. Die Frühdiagnose des Morbus Parkinson stellt eine wichtige Herausforderung dar. Hierzu wird ein Set an diagnostischen Zusatzmethoden benötigt, welche einfach durchführbar sind und Gesunde mit erhöhtem Erkrankungsrisiko identifizieren können, um dem Ziel einer frühen neuroprotektiven Therapie näher zu kommen.
Tab. 1 Supportive Diagnosekriterien zum Morbus Parkinson
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einseitiger Beginn
-
Ruhetremor
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voranschreitende Erkrankung
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andauernde Seitenbetonung zur initial betroffenen Seite
-
gutes Ansprechen auf Levodopa
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Ansprechen auf Levodopa über mindestens fünf Jahre
-
klinischer Verlauf von mindestens zehn Jahren (nach 7)
|
Tab. 2 Ausschlusskriterien für das Vorliegen eines Morbus Parkinson
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Anamnese mit wiederholten Insulten und schrittweiser Zunahme der Parkinsonsymptome
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wiederholte Schädel-Hirn-Traumata in der Vorgeschichte
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durchgemachte Enzephalitis
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neuroleptische Behandlung zu Beginn der Erkrankung
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spontane Rückbildung der Parkinsonsymptome
-
mehr als ein erkrankter Verwandter
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ausschließlich einseitige Symptome nach 3 Jahren
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supranukleäre Blickparese oder zerebelläre Symptome
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frühe und schwere autonome Störungen
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frühe und schwere Demenz oder umschriebene neuropsychologische Defizite oder positives Babinski-Zeichen
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zerebraler Tumor oder kommunizierender Hydrozephalus in der kraniellen Bildgebung
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fehlendes Ansprechen auf Levodopa
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(nach [7])
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Tab. 3 Wichtige Differenzialdiagnosen zum Morbus Parkinson
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Tab. 4 Bildgebende Diagnostik
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MRT
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IBZM
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β-CIT
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MIBG
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Morbus Parkinson
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normal
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normal
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pathologisch[*]
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pathologisch
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Multisystematrophie
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pathologisch
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pathologisch
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pathologisch[*]
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normal
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Progressive supranukl. Paralyse
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pathologisch
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pathologisch
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pathologisch[*]
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normal
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Kortikobasale Degeneration
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pathologisch
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pathologisch?
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pathologisch[*]
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normal
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(nach [5]
[9]
[11]
[14])
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1 Die Befunde von Kim et al. [9] zeigen eine geringe Spezifität des ß-CIT hinsichtlich der Differenzierung Morbus Parkinson versus verschiedene atypische Parkinsonsyndrome an.